Carsten Borchert (CDU): 

Vielen Dank, Herr Min     Herr Präsident.

(Guido Heuer, CDU: Hast du jetzt Ministerpräsidenten gesagt?)

- Nein, ich habe nur „Herr Präsident“ gesagt.

(Marco Tullner, CDU: Danke für die Klarstellung!)

Bildung im Land Sachsen-Anhalt muss sich den Herausforderungen der Zukunft stellen   ein Thema, das wir, glaube ich, jeden Tag behandeln könnten. 

Zunächst möchte ich mich im Namen der CDU-Fraktion bei der Ministerin für ihre Regierungserklärung bedanken. Sie hat deutlich gemacht, was die CDU denkt. 

(Eva von Angern, Die Linke: Na, dann ist ja jetzt alles gut, was?)

Bildung ist und bleibt ein zentrales Zukunftsthema. 

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE - Eva von Angern, Die Linke: Künftig wird dann das Ministerium aus der AG „Bildung“ der CDU-Fraktion geleitet! - Siegfried Borgwardt, CDU, blickt in Richtung Eva von Angern, Die Linke - Eva von Angern, Die Linke: Ich habe ein bisschen das Gefühl, Herr Borchert!)

(Zuruf - Unruhe)

- Ich mag Sie auch. 

(Lachen und Beifall bei der CDU)

Bevor ich - ich habe ein wenig Zeit - ins Detail gehe, möchte ich zu einigen meiner Vorredner einige Worte sagen. Ich fange mit Herrn Dr. Tillschneider an. - Herr Dr. Tillschneider, allein Ihr Auftreten vorhin hat uns den Atem stocken lassen, aber keine Angst gemacht. Es gibt den Spruch: „Hochmut kommt immer vor dem Fall”. 

(Beifall bei der CDU)

Herr Lippmann, wo ist er denn? 

(Tobias Rausch, AfD: Zu Hause!)

Er ist gar nicht da. 

(Zuruf von Dorothea Frederking, GRÜNE)

So wichtig ist ihm das Thema Bildung, dass er nicht einmal anwesend ist, wenn ich spreche. 

(Zuruf von Dorothea Frederking, GRÜNE)

Ein Hauptgrund dafür, dass unsere Schülerzahlen nicht so sind, wie wir sie seit zig Jahren versuchen auszurechnen, ist, dass es leider auf dieser Welt immer wieder Kriege gibt. 

(Ulrich Siegmund, AfD: So ist es!)

Wenn meine Zahlen stimmen, dann sind es aktuell etwa 6 000 ukrainische Kinder, die wir beschulen. Das konnte vor vielen Jahren niemand planen.

(Zuruf von Ulrich Siegmund, AfD)

Es ist schlimm genug, dass es diese Kriege gibt. Aber man muss auch sachlich sagen, dass es im Bildungswesen ein Thema ist, dass wir die Pflicht haben, diese Kinder zu beschulen. 

Frau Sziborra-Seidlitz, ich mag Sie sehr im Bereich des Gesundheitswesens, aber im Bereich der Bildungsfragen komme ich nicht so richtig an Sie heran. Das Thema Skikurse hat nichts mit der Entwicklung der Schule in der Zukunft zu tun. Deshalb stehe ich heute auch nicht hier. Ich möchte die Position der CDU in Bezug auf die Herausforderungen in der Zukunft klarlegen. 

(Zuruf)

Damit komme ich zum Thema. Wir als CDU-Fraktion bekennen uns ausdrücklich zu einem leistungsfähigen, differenzierten und zukunftsorientierten Schulsystem. Bildung ist Ländersache - das ist gut so; denn dadurch schafft man Gestaltungsräume und regionale Verantwortung. Aber - das habe ich schon öfter gesagt  : Der Bildungsföderalismus hat auch seine Grenzen: Gerade bei bundesweiten Themen wie Digitalisierung, Sprachförderung oder Ganztagsschule braucht es weitere unterstützende Impulse vom Bund - finanziell und konzeptionell.

Wenn wir heute über Bildung sprechen, dann können wir dies nicht mehr ausschließlich als Schulbildung begreifen. Bildung beginnt lange vor dem ersten Schultag und endet nicht mit dem Abitur oder dem Berufsabschluss. Ein Kollege, den ich sehr verehre, sagt: Von der Geburt bis zur Barre. 

(Zuruf von der AfD: Ja!)

Unser Ziel muss ein durchgängiges, kontemporäres(?) Bildungssystem sein - vom Kindergarten bis zur Hochschule und darüber hinaus in der Erwachsenen- und Weiterbildung. 

Betrachtet man die Bildung in Sachsen-Anhalt aus dieser Perspektive, dann sind die Herausforderungen, die wir haben, sehr groß. Wir wissen - das ist nichts Neues  , dass wir auch in den kommenden Jahren mit einem strukturellen Lehrerkräftemangel zu kämpfen haben werden. Die Ruhestandswelle - das wurde bereits gesagt - ist angerollt; die ländlichen Regionen sind schon heute besonders davon betroffen.

Die Gewinnung von Lehrkräften bleibt eine zentrale Aufgabe - durch Ausbildung, Rückgewinnung und qualifizierte Seiteneinsteiger. Ich glaube, unsere Ministerin hat in diesem Bereich sehr gute Arbeit geleistet, weil sie an allen Fronten sehr intensiv gekämpft hat, um alle diese Möglichkeiten zu nutzen. Es ist aber nicht unrealistisch, dass wir in sechs oder sieben Jahren hier stehen und sagen: Wohin mit den ganzen Lehrern? Wir haben keine Schüler mehr. Auch das ist realistisch; denn ich persönlich habe so etwas erlebt. 

Aber bleiben wir in der Gegenwart. In den letzten Jahren wurden, wie schon gesagt, vielfältige Maßnahmen umgesetzt. Die Ausbildung von Lehrkräften wurde ausgeweitet, auch wenn es regional noch Unterschiede gibt. Um den Beruf attraktiver zu machen, wurden Verbeamtungen ermöglicht, finanzielle Zuschüsse bereitgestellt, Stipendienprogramme ins Leben gerufen und duale Studiengänge etabliert. Der Seiteneinstieg in den Lehrerberuf wurde nach und nach erleichtert, sodass sogar Lehrkräfte aus dem Ausland für Sachsen-Anhalt gewonnen werden konnten. All das zeigt: Wir handeln. Aber qualifizierte Kräfte wachsen nun einmal nicht in den Himmel. 

Ein weiterer Punkt, der wichtig ist, wurde schon gesagt, ich glaube von dem Kollegen von der FDP - Wo ist er? 

(Zuruf von der FDP)

- Ach, da hinten. Bist du jetzt schon bei uns? - Gleichzeitig sehen wir rückläufige Leistungen bei unseren Schülerinnen und Schülern. Das wurde gerade von meinem Kollegen von der FDP gesagt. Studien wie PISA oder der IQB-Bildungstrend zeigen, dass sich die Basiskompetenzen in Lesen, Schreiben und Rechnen verschlechtern - auch bei uns in Sachsen-Anhalt. Das dürfen wir nicht hinnehmen. Es ist wichtig, den Fokus auf die Kernfächer Deutsch und Mathe zu legen, aber natürlich gehören auch alle anderen Fächer dazu. 

Auch die Digitalisierung im Bildungsbereich bleibt ein offenes Handlungsfeld. Technik allein reicht nicht aus. Die Administration fünf Jahre alter Lehrerendgeräte gehört auch nicht dazu. Aber nachhaltige Konzepte und verlässliche Plattformen gehören dazu. 

(Zustimmung bei der CDU)

Das Thema Integration stellt unsere Schulen vor neue Anforderungen: Sprachförderung, individuelle Förderung und soziale Integration benötigen multiprofessionelle Teams und verlässliche Strukturen. Das wissen wir alle. Wir müssen es nur schaffen, diese zu schaffen und umzusetzen. 

Die wohl größte Herausforderung des Jahrzehnts - auch das wurde von vielen gesagt - ist der demografische Wandel, der sich auf das Bildungswesen natürlich doppelt auswirkt. Wir haben nicht nur einen akuten Mangel an pädagogischen Fach- und Lehrkräften, sondern auch einen Mangel an jungen Menschen, die sich nach dem Schulabschluss für ein Lehramtsstudium entscheiden. Das war früher anders. 

Gleichzeitig haben wir in einigen Regionen rückläufige Schülerzahlen zu verzeichnen, während sich in den Städten Schüler und Schulstandorte ballen. Diese Entwicklung ist überaus komplex und erfordert eine Schulentwicklungsplanung mit Augenmaß und eine vorausschauende Personalpolitik. Das Schulgesetz, das wir heute Nachmittag verabschieden werden, berücksichtigt in dieser Hinsicht einiges. 

Die Ausgangslage ist anspruchsvoll, aber aus meiner Sicht ist die Situation nicht hoffnungslos. Unsere bildungspolitischen Grundsätze als CDU sind klar und bilden eine gute Grundlage für die nächsten Schritte. 

Leistungsorientierung mit sozialer Verantwortung: Bildung muss fördern und fordern, auch individuell. Verlässlichkeit und Qualität sind wichtig; denn Eltern und Schüler brauchen Struktur keine ideologischen Experimente. Starke Lehrer - starke Schulen: Unsere Lehrkräfte verdienen großes Vertrauen, Entlastung und professionelle Unterstützung 

(Zustimmung) 

in persönlichen und schulischen Belangen vor Ort; denn Schule wird vor Ort gemacht, meine Damen und Herren.

Chancengleichheit durch Qualität und nicht durch Gleichmacherei - ein wichtiges Thema. 

(Zustimmung bei der CDU)

Die Förderung muss sich am Potenzial des Einzelnen orientieren und nicht an der Durchschnittlichkeit. 

Wagen wir mit diesen Grundsätzen und Herausforderungen im Hinterkopf einmal einen Blick nach vorn. Ein zentrales Anliegen ist für uns die bessere Verzahnung von Schule und Hort. Betreuung, Bildung und Erziehung müssen aus einem Guss gedacht werden - auch organisatorisch. 

(Beifall bei der CDU)

Der Hort gehört zur Grundschule.

(Beifall bei der CDU - Zuruf: Genau!)

Nur so entstehen gemeinsame pädagogische Konzepte, abgestimmte Tagesstrukturen und eine echte Ganztagsbetreuung. Deshalb haben wir das Modellprojekt „Kooperation Schule und Hort” angestoßen, das in meinen Augen noch nicht so funktioniert, wie man es sich vielleicht vorstellt. Aber es ist ein Anfang, um eine stärkere Zusammenarbeit der Bildungs- und der Betreuungseinrichtungen zu erproben. 

Ein weiterer Schlüssel liegt in der frühkindlichen Bildung. In der öffentlichen Debatte wird noch immer fast ausschließlich über fehlende Kindergartenplätze gesprochen. Wir sagen: Die Kita ist die erste Bildungseinrichtung eines Kindes. Deshalb braucht es verbindliche Sprachstandserhebungen mit anschließender Förderverpflichtung - ob durch Vorschulprogramme oder Sprachtherapie.

In der Grundschule müssen wir uns noch stärker auf die Kernkompetenzen Lesen, Schreiben und Rechnen konzentrieren. Heute verlässt jedes vierte Kind die Grundschule ohne ausreichende Fähigkeiten in diesen Bereichen. Das ist nicht hinnehmbar und wurde auch von meinen Vorrednern bereits festgestellt. 

Wir wollen die Fächer Mathe und Deutsch stärken. Gezielte Förderung soll früher beginnen. Bei Bedarf fünf Jahre in der Grundschule zu verbringen - das ist mit der Schuleingangsphase schon längst Realität, wenn man es denn will. An der Stelle kommen die Eltern ins Spiel. Ich muss mein Kind nicht mit Gewalt in eine höhere Klassenstufe stecken oder ins Gymnasium schicken, nur damit ich etwas darstelle. Ich denke, oft ist ein weiteres Schuljahr in der Grundschule förderlich, um dem Kind die Zeit zu geben, bestehende Defizite aufzuarbeiten. 

(Zustimmung)

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir brauchen auch ein klares Bekenntnis zur beruflichen Bildung. Akademische und berufliche Wege müssen gleichwertig - nicht gleichartig, aber gleich angesehen - sein.

(Zurufe von Guido Kosmehl, FDP, von Ulrich Siegmund, AfD, und von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE)

Die wachsende Zahl unbesetzter Ausbildungsstellen zeigt, dass wir unsere Schulen noch enger mit Handwerk und Wirtschaft vernetzen müssen,

(Beifall bei der CDU)

etwa durch verpflichtende Praxistage, Schulpartnerschaften oder ähnliche Projekte. Das klappt an den Sekundarschulen immer besser. Aber auch an den Gymnasien muss dies Pflicht werden. 

(Zuruf)

Das Thema „Handwerks- oder Meistergymnasium“, das wir hier einmal aufgerufen haben, könnte ein Pilotprojekt sein, um Wirtschaft und Schule im Gymnasialbereich enger zu verzahnen. 

Nicht zuletzt wollen wir die Bildungsübergänge aktiver gestalten: vom Kindergarten in die Schule, von der Schule in den Beruf oder an die Hochschule. 

Sehr geehrte Damen und Herren! Bildungspolitik ist Standort- und Zukunftspolitik. Sie entscheidet nicht nur über die Schülerinnen und Schüler, die jetzt zur Schule gehen, sowie über die Lehrkräfte, die gerade an unseren Schulen unterrichten, sondern auch über die Innovationskraft unserer Wirtschaft, den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft sowie die Zukunft unserer Demokratie und unseres Wohlstandes.

(Beifall bei der CDU)

Prioritäten sind und bleiben daher eine schulische Qualitätsentwicklung auf der Grundlage verlässlicher Daten, die gezielte Gewinnung und Qualifizierung von Personal sowie strukturelle Stabilität, auf die sich Eltern, Schülerinnen und Schüler sowie das Lehrpersonal verlassen können. 

Langfristig betrachtet braucht es ein Ressort, das die gesamte Bildungskette in den Blick nimmt: vom frühkindlichen Bereich über Schule und Hochschule bis hin zur Erwachsenen- und Weiterbildung, verbunden durch eine klare Zielorientierung. Denn eines ist klar: Eine Bildungspolitik, die sich nur um die nächste Klassenstufe kümmert, greift zu kurz. Wir brauchen ein System, das alle Bildungsetappen als Teil einer Gesamtstrategie begreift. Dabei ist es unsere Pflicht, transparent und offen mit unseren Lehrkräften zusammenzuarbeiten, damit gegenseitiges Vertrauen eine Selbstverständlichkeit ist. 

In Anbetracht der Zeit und der Worte meines ehemaligen Studienkollegen verzichte ich auf die Beantwortung von Fragen. Ich bin aus zeitlichen Gründen nicht bereit, diese zu beantworten, und wünsche allen einen schönen Tag.

(Beifall bei der CDU)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Ich hoffe, Herr Borchert, Sie fühlten sich von mir jetzt nicht genötigt. Ich wüsste auch nicht, wodurch ich den Anlass dazu gegeben hätte. Aber wahrscheinlich waren die Blicke im Rund schon etwas hungrig. Das wiederum kann ich akzeptieren. 

Wir sind am Ende der Aussprache zur Regierungserklärung angelangt und beenden die Sitzung.