Eva Feußner (Ministerin für Bildung): 

Danke schön, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe bereits in meiner Einbringungsrede im Oktober betont, dass ich mich auf eine intensive, konstruktive und zugleich politische Diskussion in den Ausschüssen freue. Das sollte nicht untertrieben sein. 

In diversen Ausschusssitzungen   Herr Stehli hat es eben vorgetragen   haben wir nicht immer, aber überwiegend fair und sachorientiert diskutiert und gerungen. Der heutige Stand ist das Ergebnis dieser Arbeit.

Gerade bei kontroversen Fragen hat sich gezeigt, dass wir gemeinsam Verantwortung übernehmen und Kompromisse finden können. Deshalb freue ich mich, dass wir nach langen und intensiven Diskussionen, die einem solchen umfassenden Gesetzentwurf auch angemessen sind, heute die Möglichkeit haben, gemeinsam ein starkes Signal für die Zukunft unseres Bildungssystems zu setzen und das Schulgesetz zu verabschieden, und zwar im Bewusstsein der gemeinsamen Verantwortung für die Bildung und die Zukunft unserer Kinder.

Das Schulgesetz wird seiner neuen Fassung an aktuelle Entwicklungen angepasst. Es erfüllt schulpolitische Zielsetzungen, setzt notwendige weitere Änderungen um und berücksichtigt die Anforderungen des Koalitionsvertrages, des bildungspolitischen Dialogs mit den Ministerpräsidenten und die Vorgaben der Kultusministerkonferenz.

Diese Reform ist nicht nur ein Schritt nach vorn, sondern das Ergebnis eines breiten Dialoges mit den wichtigen Akteuren des Bildungswesens. Auch dazu hat Herr Stehli etwas gesagt. Es ist ein demokratischer Erfolg, auf den wir alle gemeinsam stolz sein können. 

Und entgegen dem Vorwurf, das Ministerium ließe nicht ausreichend Beteiligung zu, haben wir eben gehört, wie viele Sitzungen und Befragungen es gab und wie viele Erklärungen wir gemeinsam in den Sitzungen gemacht haben.

Lassen Sie mich zu den wichtigen Eckpfeilern der Novelle etwas sagen. Zur Schulentwicklungsplanung. Die Novelle ermöglicht mehr Spielraum für bestandsgefährdete Schulen, insbesondere im ländlichen Raum, durch Fusionen und Kooperationen. Damit bleibt eine wohnortnahe Beschulung auch in dünn besiedelten Gebieten erhalten. Nach intensiver Debatte haben wir uns verständigt und schulformbezogene Mindestjahrgangstärken im Anfangsjahr einer Schule festgelegt. - Das ist die neue Fassung des § 13.

Vermeidung von Schulabbruch. Herr Lizureck ist jetzt gerade nicht da; er hat mir vorhin eine Frage dazu gestellt. Das Produktive Lernen und der Praxislerntag bilden praxisorientierte Lernformen, um genau den Übergang in die Berufsausbildung zu erleichtern. Unser Ziel ist   das betone ich noch einmal  : Wir wollen die Zahl der Schulabgänger ohne Schulabschluss deutlich senken und allen jungen Menschen eine Zukunft bieten. - Das ist § 13a.

Damit der Übergang von der Schule in eine Ausbildung reibungslos gelingt, sieht das neue Gesetz vor, dass die Schulen die Daten der Jugendlichen ohne konkrete berufliche Perspektive an die Agenturen für Arbeit weitergeben dürfen. Damit sorgen wir dafür, dass niemand durch das Raster fällt. Auch hierzu gab es im Prozess der Anhörung explizit eine Befürwortung durch das Jobcenter. 

Stärkung des Lehrerzimmers oder multiprofessionelle Teams. Wir verankern unsere neue Personalkategorie „Pädagogische Unterrichtshilfen“. Dazu habe ich in meiner Regierungserklärung einiges gesagt. Dazu muss ich nicht noch einmal etwas ausführen.

Aber dazu gehört auch die Schulsozialarbeit, und die habe ich heute Morgen nicht erwähnt, was Frau Pähle ausdrücklich kritisiert hat. Ich würde mich sehr freuen, wenn das Parlament einen Beschluss mit dem nötigen finanziellen Rahmen schaffen würde. Ich würde das auch gern umsetzen. Aber da ist sozusagen auch die parlamentarische Initiative gefragt. Ich lasse mich dafür ungern immer kritisieren. Ich habe mich heute mit den Schulsozialarbeitern und Schulsozialarbeiterinnen draußen darüber unterhalten.

(Daniel Roi, AfD: Zum Glück sind Sie Abgeordnete!)

Das ist ein wichtiger Bestandteil der multiprofessionellen Teams, die jetzt sozusagen ein Teil der Jugendhilfe sind und in der Schule arbeiten, aber eben nicht bei mir verortet sind. Das ist auch das Problem, über das wir hier schon häufig diskutiert haben. Das will ich jetzt aber nicht noch einmal aufmachen.

Angesichts des anhaltenden Fachkräftemangels kommt den Lehrkräften im Seiteneinstieg eine unverzichtbare Rolle zu. Mit dem neuen Gesetz schaffen wir die Grundlage für ein Verfahren, das Seiteneinsteigern nach erfolgreicher Qualifizierung und mehrjähriger Tätigkeit eine Anerkennung als Lehrer ermöglicht. Das ist eine wichtige Maßnahme, um auch die Schulen zukünftig handlungsfähig zu halten.

Digitalisierung im Klassenzimmer. Neu im Gesetz ist eine explizite Regelung zur Nutzung von digitalen Lehr- und Lernformen. Damit können nach einer Entscheidung der Schule digitale Lehr- und Lernformen an die Stelle des Präsenzunterrichtes treten oder diesen auch ergänzen. Diese Regelung kommt auch dem entsprechenden Auftrag aus dem Koalitionsvertrag nach.

Gesundheits- und Ordnungsmaßnahmen. Auch dafür bin ich heute kritisiert worden. Die Sicherheit in den Schulen wird gestärkt. Schülerinnen und Schüler, die eine konkrete Gefahr für andere oder für sich selbst darstellen, können künftig für bis zu drei Monate vom Schulbesuch ausgeschlossen werden. 

Ferner soll für Schülerinnen und Schüler, die aus gesundheitlichen Gründen nicht das volle Unterrichtsangebot wahrnehmen können, künftig auf der Grundlage einer fachärztlichen oder schulpsychologischen Stellungnahme ein verkürztes Unterrichtsangebot ermöglicht werden. Damit schaffen wir eine unbürokratische Lösung für alle Schularten und stärken auch die individuelle Förderung bei gesundheitlichen Einschränkungen.

Zentrales Bildungsmonitoring. Die Qualitätssicherung im Bildungssystem ist für uns von zentraler Bedeutung. Daher ermöglichen wir es, zentrale Klassenarbeiten auch in weiteren Jahrgängen und Fächer durchzuführen, um die Leistungen der Schülerinnen und Schüler besser vergleichen und gezielt fördern zu können. Wir schaffen damit 


Vizepräsident Wulf Gallert:

Frau Feußner. 


Eva Feußner (Ministerin für Bildung): 

- ich komme zum Schluss, danke, Herr Präsident   


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Das ist schön.


Eva Feußner (Ministerin für Bildung): 

ein starkes Fundament für ein umfassendes Bildungsmonitoring, das uns helfen wird, unsere Schulen kontinuierlich zu verbessern. 

Die Schulgesetzreform, die wir heute beschließen, ist weit mehr als eine bloße Anpassung an aktuelle Entwicklungen. Sie ist unser klares Bekenntnis: Wir gestalten die Schule von morgen aktiv für eine starke Bildung und für faire Startbedingungen für unsere Schülerinnen und Schüler.

Abschließend möchte ich mich bei allen innerhalb und außerhalb des Parlaments für die intensive und konstruktive Diskussion ganz herzlich bedanken. Nur gemeinsam konnten wir diesen Schritt für unsere Schulen beschließen. - Danke schön.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Danke. Dann haben wir eine Frage von Frau Sziborra-Seidlitz, Frau Feußner. 


Eva Feußner (Ministerin für Bildung): 

Ich habe es gesehen. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Ja, ja.


Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE): 

Vielen Dank, Frau Feußner. Meine Frage bezieht sich auf die neu eingeführten Schulassistentinnen. Die haben Sie ja medial erwähnt und auch heute noch einmal erwähnt. 

In Sachsen gibt es ein ähnliches Modell. Sachsen hat kürzlich die sogenannten Schulassistent*innen eingeführt, die sich in Verwaltungsassistent*innen und pädagogische Schulassistent*innen aufteilen. Gestern hat der „Spiegel“ geschrieben, dass Sachsen für die pädagogischen Schulassistentinnen jetzt Mittel des Startchancen-Programm des Bundes nutzen will. Also für all das, was vorher schon errichtet war, auch für die, die es schon gibt, sollen jetzt also Mittel aus dem Startchancen-Programm abgezwackt werden. Damit wird natürlich der Sinn dieses Startchancen-Programms, das Mittel on top geben soll, ein bisschen vermischt.

Nun ist das ein Mechanismus, den wir auch in Sachsen-Anhalt manchmal sehen. Deswegen wollte ich Sie einmal fragen, ob Sie bei den pädagogischen Unterrichtshilfen tatsächlich vorhaben, diese aus dem eigenen Haushalt zu finanzieren, oder ob Sie auch einen solchen Trick vorhaben wie Ihr Kollege in Sachsen?


Eva Feußner (Ministerin für Bildung): 

Das kann ich Ihnen ganz klar und einfach beantworten: Das werden wir aus dem eigenen Haushalt finanzieren und nicht aus dem Startchancen-Programm. Die Personalstellen, die die Startchancen-Schulen bekommen, werden mit Bundesmitteln, die wir mit einem Eigenanteil kofinanzieren müssen, finanziert. Das ist eine ganz andere Kategorie. Das werden wir also nicht miteinander vermischen.

(Zustimmung von Anne-Marie Keding, CDU, und von Jörg Bernstein, FDP)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Jetzt haben wir heute zum zweiten Mal die Situation, dass Frau Feußner die Redezeit der nachfolgenden Abgeordneten verdoppelt hat. 

(Markus Kurze, CDU: Ach!) 

Ein dezenter Hinweis, Frau Feußner: Wir müssen das nicht zwingend jedes Mal machen. Aber jetzt ist es passiert.

(Guido Kosmehl, FDP: Die Landesregierung kann reden, solange sie möchte!) 

- Ja, aber der Präsident und die Vizepräsidentin sind da deutlich rabiater als ich und versuchen, die Dinge rechtzeitig zu lenken. Ich finde auch, man sollte die Leute ausreden lassen.

(Zustimmung bei der CDU - Guido Kosmehl, FDP: Das finde ich auch!)

Aber das bedeutet jetzt auch, dass beim nächsten Mal die Kollegen Parlamentarischen Geschäftsführer gleich bei der Planung der Zeiten etwas genauer hinschauen, und nicht im Nachhinein dafür sind, ihren eigenen Zeitplan über den Haufen zu werfen, Herr Kosmehl. - Dann hätten wir das so weit geklärt.