Eva von Angern (Die Linke): 

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich denke, ich kann feststellen: Wenn eine als gesichert rechtsextrem eingestufte Partei unseren heute vorgelegten Antrag ablehnt, dann haben wir uns mit unserem Antrag auf den richtigen Weg gemacht.

(Zustimmung bei der Linken - Oliver Kirchner, AfD: Sie hat gar keine blauen Haare!)

- Herr Kirchner, Ihr Vergleich von mir mit Margot Honecker, das sagt mehr über Sie als über mich und zeigt wieder einmal, wie frauenfeindlich Ihre Partei ist.

(Zustimmung bei der Linken und bei den GRÜNEN)

Jetzt komme ich zu dem tatsächlich ernst zu nehmenden Debattenbeiträgen. Frau Ministerin, ich danke Ihnen, aber auch allen folgenden Rednerinnen und Rednern für die sachliche, für die ruhige und aus meiner Sicht auch den angemessenen Umgang mit diesem Thema. Ich merke daran und nicht zuletzt auch an der gestrigen Rede des Ministerpräsidenten, wie sehr allen die Situation in unserem Land bewusst ist.

Herr Redlich, ich sage nicht viel zu Krankschreibungen. Also ganz ehrlich, die Idee finde ich schon absurd. Aber das Wichtigere: Selbstverständlich sind wir als Linke absolut dafür offen, den Themenbereich zu öffnen, also auch ganz klar zu sagen, wenn Sie das wollen, können wir in einer Beschlussempfehlung die Gedenkstätten der SED-Diktatur aufnehmen. Da sind wir die Letzten, die Nein sagen würden. Es ist sogar richtig, das zu tun; auf jeden Fall. Wir haben uns hier auf dieses Thema fokussiert. Aber wenn Sie der Auffassung sind, das erweitern zu wollen, ist das kein Thema.

(Zustimmung bei der Linken)

Noch einmal zurück zu unserem Antrag. Natürlich geht es uns nicht darum, Pädagoginnen und Pädagogen, sei es in den Schulen oder auch in den Gedenkstätten abzuwerten. Aber meine Fraktion war im letzten Jahr in der Gedenkstätte in Bernburg und dieses Jahr in Langenstein-Zwieberge. Die haben ihre Bücher voll mit Anfragen von Besuchergruppen aus Schulen. Sie sagen aber selbst, wir würden gern mehr machen. Wir haben nur die sächlichen und personellen Möglichkeiten nicht.

Das heißt, es geht uns darum, die Gedenkstätten tatsächlich auch in die Situation zu versetzen, eine attraktivere   in Anführungsstrichen  , eine nahegehende Arbeit zu leisten, den Raum zu haben, den Platz zu haben und eben auch die pädagogische Vielfalt zu haben.

Und da bin ich voll bei Ihnen, Frau Dr. Pähle, wenn Sie sagen, da kann man auch ganz andere Sachen ausprobieren. Also gerade so eine Peer-to-Peer-Group-Führung, das ist natürlich noch einmal etwas ganz anderes, als wenn Lehrerinnen, Erwachsene mit jungen Menschen reden. Also, ich habe das selbst erlebt in Schönebeck in der Schule „Leben Lernen“, in der Oskar-Kämmer-Schule, die jedes Jahr ihre Ausstellung um Anne Frank erweitern. Das ist eine ganz lebendige Ausstellung, die so wahrscheinlich nie von einem Museumswissenschaftler oder Historiker angefertigt worden wäre, sondern von Kindern für Kinder, von Schülerinnen für Schüler. Das halte ich wirklich für das Erstrebenswerte, die lebendige Auseinandersetzung von jungen Menschen mit diesem sehr, sehr schwierigen Thema.

(Zustimmung bei der Linken)

Und ja, ein Expertengespräch ist genau der richtige Ansatz. Ich will bei dem Thema nur ausdrücklich dafür werben, nicht nur an die Schülerinnen zu denken, die möglicherweise vor der 9. Klasse die Schule verlassen. Wir haben es inzwischen doch   das wissen wir alle   mit ganz anderen Realitäten in den Schulen zu tun. Grundschülerinnen, auch Fünfklässlerinnen werden leider schon frühzeitig durch die sozialen Medien mit verfassungsfeindlichen Symbolen konfrontiert.

Ein Hakenkreuz im Minecraft-Spiel - das ist eben gelebte Realität von Schülerinnen und Schülern. Es sind nicht wenige Geschichtslehrerinnen, die sagen, bitte lasst uns diesen Raum, lasst uns diese Möglichkeit. Und sie nehmen sie sich im Übrigen zum Glück, sie nehmen sich schon jetzt diesen Raum, um mit ihren Schülerinnen und Schülern darüber zu reden. Das heißt, das finde ich wirklich sehr verantwortungsvoll. Deswegen liegt mir eine Schelte gegenüber Lehrerinnen fern.

Bei mir, Frau Sziborra-Seidlitz, war es tatsächlich Lublin-Majdanek. Dort war ich mit zwölf Jahren im Rahmen eines polnischen Austausches. Und ich gebe zu, für mich war das Nachhaltigste dieser Aschekegel. Ich wusste damals noch nicht, was es bedeutet, wenn ein Mensch verbrannt wird, wie viel Asche dabei übrigbleibt. Ich konnte mir nur nicht vorstellen, wie viele Menschen dieser Aschekegel tatsächlich bedeutet.

In einer Lesung dort im KZ hat ein KZ-Überlebender, Mordechai Strigler, gesagt: Jeder Schritt klopft mit Zweifel am Herzen an. Und, meine Damen und Herren, wir dürfen nicht die Augen verschließen, wir dürfen nicht stehen bleiben, wir müssen weitergehen, alles andere ist keine Alternative. - Vielen Dank.