Sebastian Striegel (GRÜNE): 

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hass ist keine Meinung. Der Antrag der AfD-Fraktion offenbart ein mangelndes Verständnis des § 188 StGB, welches sich auch im verworrenen Vortrag des Kollegen in der Eingangsrede bestätigte. Deshalb will ich hier zunächst für ein wenig Klarheit sorgen. Der Kollege Kosmehl hat damit schon begonnen. Ich will dann auch noch auf das von Ihnen beabsichtigte Narrativ kommen, Herr Hecht. 

§ 188 StGB ist keine zusätzliche Einschränkung der Meinungsfreiheit. Er stellt nichts zusätzlich unter Strafe. Stattdessen bietet er einfach einen verstärkten Ehrschutz für alle Personen des öffentlichen Lebens und des politischen Lebens - nicht als Selbstzweck, sondern um die Funktionsfähigkeit und die demokratische Kultur zu schützen. Das bedeutet konkret, § 188 StGB ist entgegen Ihrem Antragstext auch anwendbar auf die Beleidigung, erhöht den Strafrahmen. Einschränkend muss es eine Person des politischen Lebens sein und die Tat muss geeignet sein, ihre Tätigkeit erheblich zu erschweren. In der Anwendung und in der Rechtsprechung sehen wir da gerade eine gute Ausdifferenzierung. 

Ich halte das Gesetz für notwendig. Denn ein Abgeordneter, ein Regierungsmitglied, eine Bürgermeisterin oder ein Stadtratsmitglied zeichnet sich eben nicht zuvörderst durch die Qualitäten Robustheit und Selbstbewusstsein aus, wie Sie das sagen, sondern eher durch klare politische Haltung, Engagement für die Allgemeinheit und den Drang, mit den demokratischen Mitbewerbern um die besten Lösungen zu ringen. Wir brauchen daher mitfühlende Persönlichkeiten, keine Boxer mit Nehmerqualitäten. 

Ich kann nicht mehr zählen, wie oft ich von Mitgliedern aus Gemeinderäten oder aus dem Kreistag angesprochen wurde, die sich zum Teil massivsten Beleidigungen und Bedrohungen ausgesetzt sehen. Gerade in den ländlichen Räumen Sachsen-Anhalts erleben wir insoweit schlimme Auswüchse, bis hin zur Entscheidung von Betroffenen, ihr politisches Engagement zu beenden oder gar wegzuziehen, weil das örtliche Klima nicht mehr aushaltbar ist. 

Demokratie wird von Menschen gemacht. Wir brauchen Menschen, die dazu bereit sind. Dieses Gesetz ist also eine Antwort darauf, das Bestehen der Demokratie zu stützen. Demokratie muss Demokrat*innen schützen. 

Ihnen von der AfD geht es aber vor allem darum, dass Anhänger Ihrer Partei nicht weiter ins Blickfeld von Strafermittlungsbehörden kommen. Ihnen geht es auch darum, Abgeordnete auch außerhalb des Parlaments vor der Strafverfolgung zu schützen. Sie wollen sich das vermeintliche Recht bewahren, Menschen zu verunglimpfen, zu verhetzen, Lügen zu verbreiten und zu beleidigen, ohne dafür die Konsequenzen zu tragen.

(Lothar Waehler, AfD: Oh!)

Damit sind Sie sehr weit weg von einem anständigen Streit unter Demokraten. Höckes Pseudogutachten lässt grüßen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der Linken)

Ich schlage Ihnen Folgendes vor: Wenn Ihnen die automatische Verfolgung von ehrverletzenden Straftaten gegen Sie nicht schmeckt, dann machen Sie von dem extra dafür geschaffenen Recht Gebrauch und widersprechen Sie im Eventualfall einer Verfolgung. - Vielen herzlichen Dank.