Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist zum einen ein spannendes Thema und zum anderen kann ich sagen, dass das, was Kollege Hövelmann gesagt hat, zu 100 % das ist, was man dazu sagen kann. 

Wenn man sich auf eine Rede vorbereitet, ist es an einer Stelle ganz spannend, denn dann schaut man, wie eigentlich die aktuelle Lage ist. Bei dem Thema Zölle und USA muss man bis kurz vor einer Rede noch ins Internet schauen, weil sich andauernd irgendetwas ändert. Es gibt Ankündigungen, dann Gegenankündigungen, es gibt Maßnahmen, dann Gegenmaßnahmen. Das Ergebnis, das wir haben, ist tatsächlich ein absolutes Chaos. Es ist nicht nur ein Chaos, sondern es gibt auch eine große Unsicherheit. Wenn man sich die Märkte anschaut - diese reagieren relativ schnell in jegliche Richtung  , dann sieht man, dass Amerika, wenn man „Amerika First“ sagt, überhaupt nicht in der Lage ist, das alles vernünftig umzusetzen, und welche Probleme es bereitet. Also sollte man immer darüber nachdenken, wenn man Leuten nachläuft, die sagen, wir machen das Beste für unser Land, ob sie dies überhaupt auch können.

Ich will einmal darauf verweisen, welche Prognosen die OECD, der IWF und die WTO abgeben. Das sind alles negative Prognosen - im Übrigen langfristig auch für die USA  , weil am Ende des Tages die Herausforderungen für dieses Land sehr groß werden.

Dann habe ich mir, wie Sie wahrscheinlich alle auch, einmal die Begründungen von Donald Trump für diese Zölle angehört und festgestellt, dass diese nicht nur fragwürdig sind, sondern - ich glaube, da muss man nicht einmal groß studiert haben, um das zu verstehen - diese so auch nicht nachvollziehbar sind. 

Wenn ich höre, dass man bspw. deshalb auf deutsche Produkte Zölle einführt, weil wir mit unseren Produkten die Märkte fluten und wir damit den Markt dort kaputt machten, dann sollte man vielleicht einmal darüber nachdenken, ob es nicht Gründe dafür gibt, warum amerikanische Verbraucherinnen und Verbraucher unsere Produkte kaufen. Sie kaufen sie doch deshalb, weil sie eine Qualität und dieses Produkt nachgefragt haben. Vielleicht war es auch an der einen oder anderen Stelle preiswerter als ein vergleichbares amerikanisches Produkt. Das ist halt Freihandel. So funktioniert diese Welt. 

Wenn man ein Produkt am Markt platziert und nicht nur in seinem eigenen Land, sondern in der ganzen Welt erfolgreich sein will, dann versucht man das am Markt entsprechend unterzubringen. Weil die eigene Bevölkerung dieses Produkt gutfindet und dies aus seiner Sicht ein Problem ist, sollte man sich einmal Gedanken darüber machen, warum umgedreht das eine oder andere Produkt, das man als USA selbst am Markt platziert, selbst im eigenen Land nicht so beliebt ist. Deshalb sind die Begründungen schon sehr fragwürdig. 

(Zustimmung von Marco Tullner, CDU, und von Olaf Meister, GRÜNE)

Ich will noch einmal erläutern, warum diese Zölle für Sachsen-Anhalt ein großes Problem sind. Das Land Sachsen-Anhalt hatte im Jahr 2024 - das habe ich heute bereits in einer vorhergehenden Debatte erläutert - ca. 21,6 Milliarden € an Exporten. Das ist für unser Bundesland eine vernünftige Zahl und wenn man die Zahlen gegenüberstellt, größer als der Landeshaushalt. Davon betreffen die direkten Exporte in die USA ca. 900 Millionen €. 

Wenn man hört, dass die USA für Unternehmen, die in den USA produzieren, keine Beschränkungen vorsehen und ihnen sagen „Mensch, verkauft uns doch die Produkte nicht, sondern produziert diese im eigenen Land, dann zahlt ihr auch keine Zölle“, dann kann sich das vielleicht ein großes Unternehmen leisten oder es können sich die Unternehmen das leisten, die Produktionsstätten in die USA haben. Aber die allermeisten Unternehmen, die in Sachsen-Anhalt produzieren, haben keine Produktionsstätte in den USA; zumindest keine Unternehmen, die in Sachsen-Anhalt großgeworden sind. Von der Seite können wir diesen Weg nicht gehen.

Wir haben auch noch ein zweites Problem. Wir produzieren Produkte, bspw. in der Automobilindustrie. Wir haben viele Zulieferer in Sachsen-Anhalt - bei dem einen oder anderen gibt es gerade größere Probleme; diese sind heute schon benannt worden -, die für die deutsche Automobilindustrie Teile produzieren. Diese Teile werden dann in den Autos verbaut, bspw. im Porsche Macan, der in den USA sehr beliebt ist. Wenn diese Teile dann aber mit Zöllen belegt werden, hat man das Problem, dass diese Autos weniger verkauft werden und wir in der Automobilzulieferindustrie auch weniger Absatz für unsere Produkte haben. 

Wir können also nicht ausweichen. Deswegen ist die Herausforderung groß. Auch aus diesem Grund ist es zu begrüßen, dass die neue Bundesregierung einen Weg gehen möchte, hierbei nicht nur in Verhandlungen einzutreten, sondern idealerweise - so hat es Bundeskanzler Friedrich Merz vor Kurzem formuliert - gar keine Zölle mehr zu haben, und zwar für beide Seiten. 

Das ist aus meiner Sicht am Ende des Tages der ideale Weg, dass man sich nicht mit Zöllen gegenseitig hemmt, sondern dass man den freien Handel entsprechend zulässt. Deswegen ist es aus meiner Sicht zu begrüßen, diesen Weg zu gehen. Deswegen begrüße ich es auch, dass Friedrich Merz im Moment diese Gespräche führt. 

Ich habe heute Morgen in einer Debatte so ein bisschen negativ von einer Seite gehört, dass man sich wundert, dass unser Bundeskanzler auch Außenpolitik macht und im Moment mit den großen Vertretern Europas und darüber hinaus in Gesprächen ist. Ich glaube, das ist zum einen die Herausforderung, aber zum anderen auch die Anforderung, die wir an eine Regierung haben sollten, dass der Regierungschef mit allen Vertretern anderer Regierungen entsprechend spricht. So war doch immer die Forderung - das habe ich so von Einzelnen verstanden -, dass man Gespräche führt und nicht übereinander, sondern miteinander spricht. 

Deswegen finde ich es an der Stelle auch richtig, dass Friedrich Merz in Absprache - so hat er es gesagt - mit der europäischen Ebene, mit Ursula von der Leyen, hier vorschlägt, auch darüber zu diskutieren, ob man auf Zölle nicht verzichten könne; wohlgemerkt, es ist aber dann am Ende eine große Herausforderung. 

Kollege Hövelmann hat ein Thema angesprochen, das auch hier wieder genannt werden darf oder sollte - man sollte es nicht unterschlagen -, und das ist das Thema Freihandelsabkommen. Ich kann mich noch daran erinnern, wer aus den verschiedensten Gründen im Jahr 2014 gegen TTIP gewesen ist. 

(Guido Kosmehl, FDP: Ja, die andere Seite!)

Die gleichen Leute, die damals gegen TTIP waren, regen sich heute über die Zölle auf. Das passt irgendwie nicht. 

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deswegen sollte man diese Doppelmoral, die man diesbezüglich hat, beiseitelegen, weil man nicht denken sollte, dass man das, was vielleicht zehn Jahre her ist, schon vergessen hat. Uns wird es an der einen oder anderen Stelle manchmal auch unterstellt, dass gewisse Entscheidungen - was möglicherweise auch richtig ist - nicht immer die richtigen waren. So sollte man auch bei denjenigen, die heute Dinge kritisieren, hinterfragen, warum sie vor einigen Jahren noch auf einem anderen Weg unterwegs waren. 

Insgesamt werden wir das weiter beobachten müssen. Es wird ganz wenig Möglichkeiten bzw. eigentlich keine direkte Möglichkeit für uns als Bundesland geben, darauf irgendwo Einfluss zu nehmen; außer dass wir die Bundesregierung bei ihren Bemühungen, die ich im Moment richtig finde, unterstützen wollen, dass man diese Handelshemmnisse am Ende des Tages abbaut.

Ein Punkt, der für uns spricht - das hat Kollege Hövelmann auch schon angesprochen -, ist: Wir sollten das aus der Stärke heraus machen. Ich finde es immer spannend, wenn man in Richtung Russland oder in Richtung USA schaut und von manchem das Gefühl unterstellt bekommt, man müsse sich denen halt unterwerfen. Das muss man überhaupt nicht. Wir haben den europäischen Binnenmarkt. Das ist der größte Binnenmarkt auf dieser Welt. Er hat eine riesige Handelsmacht. Mit dieser Stärke sollten wir auch mit den USA in Gesprächen treten und nicht aus der Schwäche heraus, dass dies Europa machen sollte. 

Deswegen glaube ich, dass es Möglichkeiten gibt, diesen Weg zu beenden. Ich glaube, dieser Weg von Donald Trump ist falsch. Er schadet am Ende nicht nur den USA, sondern er schadet der gesamten Welt. Wir sollten hier einen klaren Weg einschlagen und das sehr klar aus der Stärke heraus den USA sagen, dass es so nicht funktioniert. Am Ende des Tages sind alle Verlierer, und es gibt keine Gewinner. - Vielen Dank.