Andreas Silbersack (FDP):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man den Titel dieser Debatte „Quo vadis Sachsen-Anhalt, quo vadis Ostdeutschland?“ ernst nimmt, dann lautet meine Gegenfrage an Die Linke: Wollen Sie wirklich nach vorne oder wollen Sie zurück? Denn das, was die Linksfraktion heute hier fordert, ist kein Aufbruch, es ist ein Rückfallen in eine ökonomische Vergangenheit, die wir im Osten mit schmerzlichen Erfahrungen hinter uns gelassen haben,
(Beifall von Ministerin Eva Feußner)
mit dirigistischen Rezepten, mit staatlicher Gängelung, mit einer tiefen Skepsis gegenüber Freiheit und Eigenverantwortung. Quo vadis Sachsen-Anhalt - sicherlich nicht zurück in die DDR und sicherlich kein Mietendeckel, kein überhöhter Mindestlohn und keine Steuererhöhungsfantasien.
Die Forderung nach einem Mietendeckel zeigt beispielhaft, wie wenig wirtschaftlicher Sachverstand in diesem Antrag steckt. Ein Mietendeckel mag sich gut anhören, aber er wirkt wie ein Preisdeckel auf Brot in der Planwirtschaft. Die Geschichte hat uns gelehrt, dass es am Ende dann keine Brötchen mehr gibt.
Die Mietpreise bilden nicht nur die Nachfrage ab, sie signalisieren auch Knappheit, steuern Investitionen, schaffen Anreize für Neubau und Sanierung. Wer diese Marktmechanismen durch staatliche Verbote ersetzt, bekommt genau das, was wir in Berlin sehen: Wohnraummangel und Investitionsstopp. Wo ein Deckel, da keine Investitionen - so einfach ist das.
Wer von Ihnen vielleicht schon einmal, Frau von Angern, in Lissabon war, der sieht das lebhafte Beispiel dafür, wie eine Stadt verrottet und verkommt, wenn man über Jahrzehnte genau diesen Mietpreisdeckel hat. Es geschehen keinerlei Investitionen, es passiert nichts. Deshalb kann dieser Weg des Mietpreisdeckels wohl nicht zutreffend sein.
Aber ein anderes noch: Wenn Sie über Mietpreisdeckel und Berlin-Mitte sprechen, bildet das meines Erachtens nicht Sachsen-Anhalt ab. Wenn ich alleine an meine Heimatstadt Halle denke, dort haben wir 10 000leerstehende Wohnungen. Das heißt, eine Kleinstadt steht in Halle leer. Wir haben ein ganz anderes Problem in Sachsen-Anhalt als das Thema Mietpreisdeckel. Wir haben das Problem, dass wir zu wenig Menschen haben. Wir haben nicht das Problem von Berlin-Mitte, von Hamburg oder München.
Das heißt, wenn Sie über Mietpreisdeckel reden, dann nehmen Sie bitte einfach einmal Sachsen-Anhalt in den Fokus und schauen, wie die Leerstände in den Mittelstädten sind, ob in Sangerhausen, in Tangermünde oder sonst wo. Dort reden wir über den Rückbau von Wohnungen, weil sie nicht mehr gebraucht werden. Das heißt, Ihre Diskussion geht an der Stelle völlig an der Realität vorbei.
Aber lassen Sie uns über den Antrag zum Mindestlohn reden: Ein gesetzlich verordneter Wohlstand per Dekret mag sich gut in einer Pressemitteilung machen, aber der Praxis zerstört er Arbeitsplätze. Denn die Frage ist doch nicht, was gönnen wir den Menschen auf dem Papier, sondern was kann ein kleiner Handwerksbetrieb in Mansfeld oder ein Pflegeheim in der Altmark realistisch zahlen, ohne den Betrieb dichtzumachen.
Ein Mindestlohn in Höhe von 15 € trifft nicht die Konzerne, sondern die kleine Friseurin, den regionalen Bäcker, den Altenpflegedienst auf dem Land. Er bedeutet weniger Einstiegsmöglichkeiten, weniger Chancen für Geringqualifizierte, mehr Schattenwirtschaft und letztlich wieder mehr Arbeitslosigkeit, besonders im Osten.
Die FDP setzt stattdessen auf eine Politik, die wirklich hilft: Lohnnebenkosten herunter, gerade für niedrige Einkommen, damit mehr Netto bleibt, ohne das Brutto künstlich hochzurechnen, Abschaffung der kalten Progression, also Steuergerechtigkeit, mehr Flexibilität für den Arbeitsmarkt, damit kleine Unternehmen auch in Krisenzeiten Beschäftigung erhalten können.
Was wir nicht brauchen, ist die Illusion, man könne den Wohlstand herbeibeschließen. Was wir brauchen, ist eine Wirtschaft, die sich entfalten kann, und Menschen, die die Chance bekommen, durch Leistung aufzusteigen.
Ihre Unterstellung, wirtschaftsfreundliche Steuerpolitik sei sozial gleichgültig, ist eine Verdrehung der Tatsachen. Wer heute Investitionen und Eigeninitiative steuerlich entlastet, sichert die Steuerbasis von morgen. Wer Unternehmen entlastet, stärkt den ländlichen Raum, schafft Ausbildungsplätze, fördert Innovationen. Wer stattdessen Steuererhöhungen fordert, Investoren abschreckt und Unternehmer mit Misstrauen überzieht, gefährdet die kommunale Handlungsfähigkeit langfristig, und nicht umgekehrt.
Was wir hingegen brauchen, ist ein Sozialstaat, der fördert und fordert. Ihre Kritik an der Aktivierungspolitik hin bis zur Arbeitsaufnahme ist nicht nur realitätsfern, sie ist brandgefährlich. Wer den Sozialstaat auf bedingungslose Versorgung reduziert, der treibt die Spaltung der Gesellschaft weiter voran.
Solidarität ist keine Einbahnstraße. Wer arbeitet, muss mehr haben als derjenige, der es nicht tut. Und wer Hilfe bekommt, bekommt sie nicht als Endstation, sondern als Einstieg in ein eigenverantwortliches Leben. Was Sie als Zwang brandmarken, ist für uns die Grundbedingung eines funktionierenden Sozialstaates: Fördern und fordern.
Die FDP fordert ein soziales Sicherungssystem, das Lust auf Leistung macht, ein Bürgergeld, das motiviert, nicht lähmt. Wir wollen Hinzuverdienstmöglichkeiten massiv ausweiten, damit Arbeit sich immer lohnt, Pflicht zur Qualifizierung statt bloßem Durchreichen. Wer arbeiten kann, muss auch befähigt werden. Deshalb setzen wir auf Bildung statt Bürokratie. Und ganz klar: Wer dauerhaft Unterstützung bekommt, ohne sich zu bemühen, gehört nicht belohnt, sondern aktiviert.
(Beifall bei der FDP)
Denn eines ist auch klar: Ohne Leistungsanreize, ohne Zutrauen in die Fähigkeiten der Menschen fährt dieser Staat gegen die Wand. Unser Sozialstaat soll stark sein, aber für die Schwachen, nicht für die Bequemen. Das ist der Unterschied zwischen linker Vollkasko-Mentalität und liberaler Zukunftspolitik, meine Damen und Herren.
Die Wahrheit über Ostdeutschland ist, dass wir Mut brauchen, nicht Misstrauen. Die Linke zeichnet heute das Bild eines Ostdeutschlands, das von Enttäuschung, Deindustrialisierung und Misstrauen geprägt ist.
Ja, es gibt Brüche. Ja, es gibt strukturelle Herausforderungen, was wir heute schon diskutiert haben. Aber die Antwort darauf kann doch nicht sein, den Menschen ihre Verantwortung abzusprechen. Es braucht Investitionsfreiheit, mutige Gründer, innovationsfreundliche Bedingungen, nicht mehr Staat, sondern mehr Gestaltungsspielraum für die Menschen vor Ort, und es braucht ein klares Signal. Wir trauen den Menschen zu, dass sie mit Freiheit umgehen können, dass sie nicht gelenkt, sondern entlastet werden wollen, dass sie keine Almosen brauchen, sondern Chancen.
Quo vadis Sachsen-Anhalt, quo vadis Ostdeutschland? - Wir als FDP sagen, nicht zurück in eine dirigistische, sozialistische Planwirtschaft, sondern nach vorn in eine offene, dynamische, chancenreiche Zukunft. Nicht mehr Kontrolle, sondern mehr Eigenverantwortung. Nicht mehr Ideologie, sondern mehr Realismus. Die Zukunft von Sachsen-Anhalt entsteht hier vor Ort durch Arbeit, Innovation und Unternehmergeist. Sie entsteht, wenn wir endlich aufhören, den Staat als Lösung für alles zu betrachten und anfangen, den Menschen zu vertrauen. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.