Marco Tullner (CDU):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
(Ulrich Thomas, CDU: Der schönste Mann Sachsen-Anhalts! - Lachen bei der CDU)
- Das war eine despektierliche Bemerkung, Herr Kollege Thomas, weil es hierbei um die Frage des attraktivsten Abgeordneten ging.
(Zuruf von Ulrich Thomas, CDU)
Der Titel gebührt zweifelsohne dem Kollegen Redlich auf Platz 15. - Dazu herzlichen Glückwunsch, lieber Matthias Redlich.
(Beifall bei der CDU)
Aber nun zum Ernst der Sache. Es ist, glaube ich, ein wichtiges Thema, auch wenn der Zeitpunkt leider ein wenig ungünstig ist, weil wir alle schon ein wenig in dem Modus sind, der Einladung zum parlamentarischen Abend zu folgen.
Ich habe diesen Antrag gelesen und bin ein wenig ambivalent. Auf der einen Seite kann ich nachvollziehen, dass die GRÜNEN ein solches Thema besetzen wollen und den Standort Sachsen-Anhalt, Deutschland gut vermarkten wollen. Das ist ein sympathisches Argument. #Auf der anderen Seite finde ich es aber sehr vermessen, in dieser Art und Weise - ist es Selbstbewusstsein, ist es Überheblichkeit? - auf die älteste Demokratie der Welt zu schauen und zu sagen: Es ist alles ganz fürchterlich und schlimm und die Wissenschaft leidet darunter.
Leider - das mache ich wirklich selten - muss ich jetzt den Wissenschaftsminister kritisieren, der bei einer Veranstaltung in Halle, und zwar bei einem Forum der „Mitteldeutschen Zeitung“, Vergleiche zu den 30er-Jahren hergestellt hat, als deutsche Wissenschaftler plötzlich nach Amerika geflohen sind. Ich finde, wir sollten diesbezüglich alle ein wenig abrüsten.
(Zustimmung bei der FDP)
Ich möchte es an einem Beispiel deutlich machen. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hat es neulich sehr deutlich im Feuilleton beschrieben. Der Harvard-Präsident hat Gutachten in Auftrag gegeben, die die Debatten über Antisemitismus und den Nahostkonflikt an der Harvard Universität kritisch reflektieren. Was in den Berichten zutage getreten ist - er hat zwei Berichte anfertigen lassen, und zwar einen aus der jüdischen Perspektive und einen aus der arabischen Perspektive - ist schockierend, meine Damen und Herren.
(Zustimmung bei der FDP)
Eine Institution wie Harvard, in der Sprachlosigkeit herrscht, in der jüdische Studierende, jüdische Studenten - Entschuldigung, Herr Kollege Räuscher - quasi aus dem Diskurs ausgeschlossen wurden, nur weil sie Juden waren.
(Zuruf von Hendrik Lange, Die Linke)
Außerdem wurden arabische Kommilitonen ausgeschlossen, weil sie Araber waren. Das hat am Ende mit Wissenschaft nichts mehr zu tun, Leute.
(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen! An dieser Stelle müssen wir achtsam sein, weil wir diese Debatte in Deutschland gelegentlich auch führen. Ich verweise auf die Bilder, die neulich an der Humboldt-Universität, an der Technischen Universität zu sehen waren.
(Zustimmung bei der FDP)
Deshalb sollten wir uns nicht auf ein sehr hohes moralisches Ross setzen und behaupten, bei uns sei der Olymp der Wissenschaft noch gesichert. - Das ist er.
(Zuruf von Hendrik Lange, Die Linke)
- Herr Kollege Lange, Sie können gleich eine Frage stellen, ich beantworte sie auch, das sage ich Ihnen zu, aber bitte lassen Sie mich ausreden. - Die Verfassung garantiert die Freiheit der Lehre. Vor diesem Hintergrund würde ich sagen: Lassen Sie uns an der Stelle abrüsten.
Wir wollen dafür sorgen, dass wir ein attraktiver Wissenschaftsstandort sind. Wir haben mit dem Instrument, ich glaube, der Humboldt-Stipendien, bereits kluge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Sachsen-Anhalt geholt. Ich erinnere an Frau Décultot, die in Halle unterwegs ist - ich hoffe, ich habe den Namen richtig ausgesprochen - und ich erinnere an Stuart Parkin, der auch in Halle unterwegs ist.
Das heißt, wenn wir versuchen, auf diesem Weg weiter voranzukommen, will ich mich der Debatte stellen, aber ohne auf diesen moralisch hohen Rössern zu sitzen.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Kommen Sie zum Ende.
Marco Tullner (CDU):
Frau Präsidentin, ich habe es gehört. - Das steht uns nicht zu und das sollten wir an der Stelle nicht machen. Vielmehr sollten wir alle gemeinsam dafür sorgen, dass der Standort Sachsen-Anhalt weltoffen, attraktiv und international für alle Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen ist.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Tullner.
Marco Tullner (CDU):
Die Wissenschaftsfreiheit ist ein hohes Gut, das wir schätzen und schützen wollen; nicht wahr, Kollegin Schneider. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der CDU)