Tagesordnungspunkt 1
Befragung der Landesregierung gemäß § 45a GO.LT
Ich eröffne die Befragung. Wir steigen mit der Fraktion der CDU ein. Herr Teßmann stellt die erste Frage. Wir können die Uhr starten.
Tim Teßmann (CDU):
Danke. - Sehr geehrter Herr Präsident! Ich frage die Landesregierung: Welche aktuellen Erkenntnisse liegen der Landesregierung zur Umsetzung des Anspruchs auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder vor? Insbesondere: Wie gestaltet sich die Organisation des ergänzenden Hortangebots und dessen Finanzierung, einschließlich der geplanten Regelung zu Elternbeiträgen?
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Frau Grimm-Benne, bitte.
Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):
Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Zu den ich glaube, es sind zwei Fragen des Abg. Teßmann.
Zu der ersten Frage. Sie alle wissen, am 1. August 2026 tritt der nach dem SGB VIII zu erfüllende bundesweite Rechtsanspruch für Grundschulkinder in Kraft, der eine tägliche achtstündige Betreuung vorsieht. Um insbesondere auch die westlichen Bundesländer zu ertüchtigen, beginnt man dort mit dem ersten Schuljahr. Unser Land erfüllt diesen Rechtsanspruch, wie alle anderen östlichen Bundesländern, seit Jahrzehnten. Deswegen gehen wir von einer verlässlichen Grundschule mit 5,5 Stunden aus - so, wie es im Kinderförderungsgesetz verankert ist. Darüber hinaus haben die Kinder bis zur Versetzung in den siebten Schuljahrgang Anspruch auf zusätzlich sechs Stunden Förderung und Betreuung je Schultag. Während der Ferien besteht ein Anspruch auf einen ganztägigen Platz von bis zu acht Stunden in einer Kindertageseinrichtung.
(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)
Dieser Anspruch kann sogar erhöht werden, auch bis zur Versetzung in den siebten Schuljahrgang oder, was für unsere Förderschulen besonders wichtig war, soweit Plätze vorhanden sind, bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres. Bei Bedarf, wie gesagt, kann das auf bis zu zehn Stunden erhöht werden.
Die aktuelle Betreuungsquote der Sechs- bis Elfjährigen bei uns im Land liegt bei 75 %. Wir gehen davon aus - so ist unser Kinderförderungsgesetz aufgebaut , dass wir damit ein gut ausgebautes und qualitativ hochwertiges Hortsystem haben.
Dennoch haben wir uns als Landesregierung zusammen mit den Koalitionsfraktionen auf den Weg gemacht, obwohl wir diesen Rechtsanspruch schon hinsichtlich der Ganztagsschulangebote erfüllen, noch einmal zu gucken, ob wir das qualitativ und quantitativ im Land verbessern können. Deswegen laufen noch bis zum Sommer unsere Modellprojekte. Es soll dann mit der Kinder- und Jugendstiftung evaluiert und angeguckt werden, wie wir zukünftig im Land damit umgehen.
Ein Punkt, der auch in den Koalitionsfraktionen geeint ist, ist, dass das auf keinen Fall dazu führen sollte, dass wir den Rechtsanspruch auf die Hortbetreuung, so wie wir ihn jetzt haben, schon allein aus Bestandsgründen und aus dem Grund, dass wir familienfreundlich sein und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf haben wollen, kürzen, indem wir den Bundesvorgaben folgen. Vielmehr wollen wir einen Anspruch von bis zu zehn Stunden auch im Hort haben.
Deswegen verstehe ich Ihre zweite Frage nicht ganz; denn Sie sagten „ergänzendes Hortangebot“. Bei uns ist das kein ergänzendes Angebot zur Schule, sondern ein eigenständiges Bildungs-, Betreuungs- und Erziehungsangebot der Kinder- und Jugendhilfe. Es gibt ein Wunsch- und Wahlrecht der Eltern. Das ist ein freiwilliges Angebot, das, wie gesagt, 75 % aller Eltern in Anspruch nehmen. Die Organisation vor Ort läuft zusammen mit den Kommunen und den jeweiligen Trägern. Es gibt unterschiedlichste Modelle, wie man das gestaltet.
Schade ist, dass wir es als Landesregierung im Augenblick nicht vermögen, das unter einem Tenor zu machen, sondern dass wir sagen: Wir haben den Rechtsanspruch erfüllt. Wir wollen ihn nicht einschränken. Wir wollen es vernünftig gestalten hier im Land.
Wenn ich als Sozialdemokratin gefragt werde, dann sage ich: Auch wir haben ein Interesse, gerade im Grundschulalter, an einer echten Ganztagsschule. Das bedeutet aber, dass es im Tagesrhythmus die Möglichkeit geben muss, das zwischen Bildung und Betreuung zu gestalten. Ich finde, wir sollten innerhalb der Koalitionsfraktionen nach der Evaluierung noch einmal gucken, wie wir das hier im Land ab 2027 oder ab dem 1. August 2026 gestalten können.
Wir haben aber keine Sorge, dass wir irgendetwas verpassen; denn es war schon immer klar. Deswegen ist darauf auch beim Bund Rücksicht genommen worden, dass wir im Osten im Grunde genommen diesen Anspruch schon längst erfüllen.
(Beifall bei der SPD)
Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:
Danke. - Herr Teßmann, ich sehe, Sie haben eine Nachfrage. Dann bitte.
Tim Teßmann (CDU):
Dann möchte ich noch die Nachfrage stellen, ob Sie mit den Kommunen noch einmal in das Gespräch gehen können; denn bei den Kommunen herrscht noch so ein bisschen Unsicherheit, wie das alles im nächsten Jahr umgesetzt werden soll, gerade auch hinsichtlich der Finanzierung. Der Bund will, glaube ich, ein bisschen etwas anderes. Der sagt, der Hort wird dann eigentlich übernommen. Wie wollen wir das im Land regeln? - Das war dahin gehend die zweite Frage.
Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):
Ich habe nur vom Hörensagen vernommen, dass in einer der letzten Sitzungen im Bildungsausschuss ein Erlass des Bildungsministeriums zu den Ganztagsschulen diskutiert worden ist. Dazu muss ich sagen: Das ist mit uns nicht abgestimmt. Ich kenne den nur durch Zufall.
Ich will deutlich machen, dass dort auch verpflichtende Elemente enthalten sind. Wir müssen gucken, dass dieser Bereich beitragsfrei ist. Dieser möglicherweise vorliegende Erlass hat etwas zur Verwirrung beigetragen. Das war das, zu dem ich meinte, dass wir vielleicht gemeinsam im Bildungsausschuss und im Sozialausschuss noch einmal überlegen sollten, an dieser Stelle einheitlich vorzugehen, und dass wir die Kommunen, die Träger und vor allem die Eltern nicht hinsichtlich dessen, was ab dem 1. August 2026 passiert, verwirren.