Olaf Meister (GRÜNE): 

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir erleben gerade in atemberaubender Geschwindigkeit Veränderungen in der Weltwirtschaft. Besonders markant dabei ist die rasante Selbstverzwergung der bisherigen auch wirtschaftlichen Supermacht USA. Wie weit das geht, bleibt abzuwarten.

Dass die zweite Amtszeit Trumps zu radikaleren Umbrüchen führen wird als die erste war zu erwarten. Die globale Lage ist einerseits fragiler, die ideologische Ausrichtung Trumps andererseits konsequenter, wenn man so will. Auch war er besser   in Anführungszeichen  - vorbereitet. Dass Trump und mit ihm sein Land jedoch bereit sein würden, aus ideologischer Borniertheit so radikal gegen die eigenen Interessen zu handeln, lässt mich dann doch staunend zurück.

(Zustimmung von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Die Wachstumsrate im ersten Quartal von 2,4 % unter Biden auf minus 0,3 % unter Trump zu bringen   es gab auch ein paar Sondereffekte, aber das ist die Richtung  , zeigt es an. Alle Achtung, das muss man erst mal machen. Populismus ist schon großer Mist. Wenn man aber auch noch versucht, die populistischen Rezepte tatsächlich umzusetzen, dann wird es schnell unerträglich.

(Zustimmung von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Die Idee Trumps scheint es ja zu sein, dass das Ausland per Zoll seinen Staatshaushalt bezahlt - so verstehe ich ihn zumindest  , die Steuern dann im Inland damit kräftig sinken und die von ausländischer Konkurrenz so geschützte US-Wirtschaft dann richtig durchstartet. - Das ist die Idee. Dieses populistische Märchen vom volkswirtschaftlichen Perpetuum mobile kann man Leuten mit einer Maga-Mütze erzählen, bei uns vielleicht alternativ mit einer AfD-Mütze.

(Zustimmung von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Mit der wirtschaftlichen Realität hat es halt nichts zu tun. Inzwischen dürfte es sich selbst bei Trump-Anhängern herumgeschwiegen haben, dass Zölle gar nicht das Ausland bezahlt, sondern natürlich schon am Ende die US-Bürger selbst.

(Oh! bei der AfD)

Das geschieht übrigens auch dann, wenn sie gar keine ausländischen Produkte kaufen.

Das Absurde am Trump‘schen Zollchaos ist ja die komplette Ausblendung marktwirtschaftlicher Prinzipien. Wenn ein US-Unternehmen sich zum Kauf eines deutschen Produktes entscheidet, ist das keine ruchlose unpatriotische Tat, mit der die USA über den Tisch gezogen werden. Es ist vielmehr die Entscheidung für das effizienteste und günstigste Angebot. Das gilt umgekehrt natürlich genauso, wenn ein deutsches Unternehmen in den USA einkauft.

Die US-Volkswirtschaft profitiert, da sie ansonsten für das gleiche Ergebnis mehr Ressourcen aufwenden müsste. Daher tritt mit Freihandel, wenn er fair ausgestaltet ist, ein erheblicher Wohlstandsgewinn für alle Beteiligten ein. Unfaire Handelspraktiken - ich möchte es an der Stelle zumindest anmerken  , z. B. zulasten des globalen Südens, aber auch zulasten von Sozial- und Umweltstandards, muss man da betrachten. Das ist nun aber gerade nicht Trumps Thema.

Trump nimmt mit seiner Zollmauer sein Land aus diesem Wohlstandsgewinn heraus. Die Abschirmung der eigenen Volkswirtschaft vor ausländischer Konkurrenz im Inland erhöht damit naturgemäß die Preise, eben weil die Konkurrenz in Höhe der Zolltarife ausgeschaltet ist.

Marktwirtschaft - es ist nicht gut, wenn man ihre Prinzipien ignoriert. Es wird die US-Wirtschaft auf Dauer Effizienz, also bares Geld kosten; von der sich deutlich verschlechternden Situation der US-Exportwirtschaft gar nicht zu reden, die nicht nur den heimischen Effizienzverlust mit sich herumträgt, sondern auch noch auf jedem Markt mit andersartigen Vergeltungsmaßnahmen kämpfen muss.

Mal abgesehen von der Ignoranz gegenüber den Vorteilen des Freihandels, die Arroganz und Borniertheit, einen Handelskrieg gleichzeitig gegenüber der gesamten Welt zu erklären, muss man auch erstmal haben. Ja, die USA sind mit ihren 340 Millionen Einwohnern ein ziemlich großer Markt. Gegenüber den acht Milliarden Nicht-US-Amerikanern ist es aber dann doch wenig eindrucksvoll.

(Zustimmung von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE, und von Sebastian Striegel, GRÜNE - Unruhe bei der AfD)

Das ständige Hin und Her und die völlige Ungewissheit, wie sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den USA nächste Woche, geschweige denn, nächstes Jahr darstellen,

(Zuruf von der AfD)

ist Gift für Investitionen in den USA. Das will ich anmerken: Zölle verlängert, ausgesetzt, steigen, sinken, jetzt 90 Tage, ein anderer Wert. Also es ist wirklich verrückt.

Wir hatten neulich ein Treffen im Kapitalmarktausschuss, bei dem der neue Begriff „Schlagzeilenrisiko“ fiel. Das bedeutet, wenn sie tagsüber hier in Deutschland etwas emittieren, dann wissen die nicht, ob nicht am Morgen in den USA mit entsprechenden Zeitverschiebungen etwas Krasses passiert, sodass sich die Entscheidung als fehlerhaft erweist. So groß ist die Unsicherheit geworden. Sie ist nicht mehr kalkulierbar. Wenn die USA diesen Weg weitergehen, werden wir dort einen rasanten wirtschaftlichen Abstieg erleben.

(Lachen bei der AfD)

Was heißt das für uns? - Das ist das eigentliche Thema der Debatte. Uns drohen ernste wirtschaftliche Folgen, zum einen weil die Wohlstandsverluste natürlich alle Partner treffen. Zum anderen drohen Wohlstandsverluste, da das deutsche Wirtschaftsmodell auf Export ausgerichtet ist uns Protektionismus besonders hart betrifft. Unsere bisher schon schlechteren Zahlen lagen ja nicht an schlechter Zollpolitik der EU, sondern an den sich verschlechternden Bedingungen für unser Wirtschaftsmodell.

(Zustimmung von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Sachsen-Anhalt wird mit seiner geringeren Exportorientierung - das stellt man fest, wenn man mal in den bundesdeutschen Vergleich guckt - direkt vielleicht weniger hart betroffen sein als andere Bundesländer. Aber die Auswirkungen der Gesamtlage werden hier deutlich zu spüren sein.

Was sollten wir tun? - Erstens, keine Populisten wählen. Wir haben die Trump-Fans in Form der AfD hier sitzen. Die erzählen genau denselben Mist. Sie tauschen nur den jeweiligen Ländernamen aus.

(Zurufe von der AfD)

Das Ausland ist schuld, die ziehen uns über den Tisch.  Das erzählen Sie die ganze Zeit.

(Zustimmung von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE, und von Sebastian Striegel, GRÜNE - Beifall bei der AfD) 

Raus aus der EU - die ganze Zeit ist das Ihr Ding. Das Ergebnis wird ähnlich sein. Wenn wir die Trump-Geschichte zu Ende denken, dann müssen alle um sich herum eine Mauer bauen, dann müsste es ja super laufen. Das wird natürlich nicht passieren.

(Zuruf von der AfD: Heiliger!)

Wenn auch noch wir diesen Weg der Fakten- und Wissenschaftsfeindlichkeit - auch Volkswirtschaft ist Wissenschaft - gehen, auch wir noch autoritären Ideologien folgen, wird es hier ziemlich finster, wirtschaftlich wie gesellschaftlich.

(Unruhe bei der AfD)

- Weil Sie sich so aufregen. Sie haben bei Ihrem Redner gehört, wie das Herumeiern hier stattfand. - Das war Erstens.

Zweitens bis zehntens, internationale Zusammenarbeit gerade jetzt. Wir müssen weiter international gültige und einzuhaltende faire Regeln anstreben auch mit Staaten, die unser Gesellschaftsmodell vielleicht noch nicht teilen, Stärkung der internationalen Institutionen, Stärkung der europäischen Zusammenarbeit, Stärkung des europäischen Projektes.

Bei aller nötigen Deutlichkeit der Antwort gegenüber den USA: Auch dort sollten wir ohne schnittfestem Schaum vor dem Mund auftreten, aber die Kraft unseres größeren Wirtschaftsraums deutlich machen und auch ausspielen.

(Zustimmung von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE, und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Der Idiotie des „mein Land zuerst“ - Sie haben sich aufgeregt - 

(Zuruf von der AfD: Genau!)

müssen wir die Idee der Zusammenarbeit entgegensetzen. Das ist ein Gebot der menschlichen, aber hier auch schlicht der wirtschaftlichen Vernunft. - Vielen Dank.


(Zustimmung bei den GRÜNEN)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Herr Meister. - Einen Augenblick mal bitte. Wenn Sie das ein bisschen beobachtet haben, dann haben Sie gesehen, dass der Herr Büttner stark mit sich gekämpft hat. Er wollte fragen, dann wollte er nicht fragen. Jetzt will er wieder fragen. - Herr Büttner, bitte.


Matthias Büttner (Staßfurt) (AfD): 

Herr Meister, ich wollte kurzzeitig doch keine Frage stellen. Aber bei dem, was Sie hier abgelassen haben, muss ich eine Frage stellen. Ich frage Sie jetzt mal: Haben Sie mitbekommen, welchen Schaden Ihr Wirtschaftsminister Habeck in den letzten Jahren in Deutschland angerichtet hat?

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Wenn das Frau Reiche hört!)

Das ist also meine erste Frage. Haben Sie mitbekommen, dass das, was Sie gesagt haben, dass wir angeblich die Schuld immer im Ausland suchen, nicht stimmt? Ihr Wirtschaftsminister hat in der ganzen Zeit, also in der gesamten Legislaturperiode, in der er an der Macht war, immer Putin und den Ukraine-Konflikt für alles verantwortlich gemacht hat. Meine Frage ist: Wo nehmen Sie die Frechheit her, sich hier hinzustellen und solche Anekdoten zu erzählen?

(Beifall bei der AfD - Zurufe von der AfD)


Olaf Meister (GRÜNE): 

Eine Anekdote habe ich nicht erzählt. Meine Frechheit beruht darauf, dass ich von der Bevölkerung gewählt wurde

(Oh! bei der AfD) 

und daher das Recht habe, hier zu Ihnen zu reden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Sie das aufregt, müssen Sie damit leben.

Zum Thema Wirtschaftsminister Habeck. Wir haben heute schon hin und wieder mal den Verweis auf die CDU-Wirtschaftsministerin gehabt. Ich nehme sie einmal als Kronzeugin. Frau Reiche hat ihren Amtsvorgänger über den grünen Klee gelobt.

(Matthias Büttner (Staßfurt) (AfD): Ja, das sagt viel aus! - Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

Das hat ja Gründe,

(Unruhe bei der AfD)

wieso sie zu dieser Einschätzung kommt. Tatsächlich meine ich, dass Robert Habeck als Wirtschaftsminister einen sehr guten Job gemacht hat.

(Lachen bei der AfD und bei der FDP)

Deutschland in dieser Situation in eine Krise geraten. Bei einer Industriemacht wie der unsrigen einmal den Energieversorger praktisch über Nacht   es waren drei bis vier Monate   

(Zurufe von der AfD) 

einfach mal so zu wechseln, das müssen Sie erstmal machen,

(Lachen bei der AfD - Florian Schröder (AfD): Das ist an Dummheit nicht zu übertreffen!)

ohne dass hier das Licht geflackert hat.

Die Bundesrepublik Deutschland kam durch diese wirtschaftliche Krise bei allen Schwierigkeiten, die es gab, mit großer Ruhe   das wäre übertrieben  , aber eben tatsächlich relativ schadensfrei. Wir haben das Beste aus dieser Situation gemacht. Und ich kann es auf die Entfernung gar nicht lesen.

(Zurufe und Unruhe bei der AfD)

Insofern sehe ist das tatsächlich als eine positive Entwicklung, die er da angeschoben hat.

(Frank Otto Lizureck (AfD): So viele Insolvenzen wie in dieser Regierungszeit!)

Er hat viele Dinge benannt, die tatsächlich nötig gewesen wären,

(Zurufe von der AfD)

die zum Teil auch aufgrund der finanziellen Situation nicht funktioniert haben. Darüber haben wir vorhin schon diskutiert. Zu der Frage Putin - Ukraine: Na ja, wenn es Dinge im Ausland gibt, die tatsächlich anliegen, dann muss man die klar benennen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Wir haben heute die ganze Zeit über die USA und über die Entscheidungen, die dort getroffen werden, die negative Auswirkungen auf uns haben werden. Das werden Sie erleben. Natürlich ist es so, dass der Krieg in der Ukraine und der Überfall, den Putin veranlasst hat, wirkliche massive Einschränkungen für uns mit sich bringt und unsere Außenpolitik und unsere Wirtschaft maßgeblich prägt. Insofern verstehe ich die Frage nicht wirklich.

(Beifall bei den GRÜNEN - Florian Schröder, AfD: Ja, das glaube ich!)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Herr Meister. - Dann schaue ich mal zu Herrn Hövelmann.

(Holger Hövelmann, SPD: Danke!)

- Er sagt danke, das war genug. - Okay. Dann sind wir am Ende dieser Debatte. Beschlüsse werden nicht gefasst. Damit haben wir den Tagesordnungspunkt 5 erledigt.