Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Zur Ministerin. Na ja, Sachsen-Anhalt hat doch leider ein Imageproblem. 

(Lachen - Dr. Andreas Schmidt, SPD: Mit Ihnen!)

Ich erinnere mich noch an 2016, an den Wahlkampf, als die Landtagswahl war. Angela Merkel kam zu Besuch und hat auf irgendeiner Veranstaltung eine Rede gehalten, in der sie ausgeführt hat   also, sie wollte die Einwanderung rechtfertigen  , dass es doch besser ist, wenn mehr Leute hierher kommen als sterben. Damals hat die „heute-show“ einen Witz daraus gemacht und hat das so zusammengeschnitten, dass herauskam: Sachsen-Anhalt ist besser als sterben. Alle haben sich darüber kaputtgelacht. Das ist so ungefähr das Image. Auch deshalb haben wir diese Imagekampagne angestoßen; denn wir finden, dass Sachsen-Anhalt mehr verdient hat. In Sachsen-Anhalt steckt mehr Deutschland. Das kann man einmal herausstellen und aufpolieren. 

(Zustimmung bei der AfD)

Zum Festspiel Bad Lauchstädt. Ich bin sehr dankbar, dass Sie das erwähnt haben; denn ich war dort auch schon ein paar Mal. Dort tritt immer Edda Moser auf. Sie ist dort die Kuratorin. Sie hält dort Reden, die von der AfD, die von mir stammen könnten. Ein bildungsbürgerliches, etwas in die Jahre gekommenes Publikum applaudiert. Der Ministerpräsident sitzt dabei und lässt sich mit ihr fotografieren und freut sich. Dann habe ich zu ihm einmal gesagt: Das, was hier zur Kulturpolitik gemacht wird, ist doch AfD-Politik. Er meint: Nein, nein, das ist meine Politik. - Na ja, aber dann zeigen Sie das auch einmal im Landtag und nicht nur im kleinen Kreis. Sie verstehen sich auf die Kunst, jedem das zu sagen, was er hören will. 

Zum Deutschdenken und zu dem, dass es nicht international attraktiv sei: Quatsch. Menschen, die in ein anderes Land gehen, sind auch immer von der Neugier auf eine fremde Kultur getrieben. Die wollen etwas Neues erfahren. Ich weiß, wovon ich spreche. Die wollen dort, wo sie hinkommen, auf selbstbewusste Menschen treffen, die ihre eigene Kultur authentisch leben. Die wollen doch keinen internationalen Abklatsch, der überall auf der Welt gleich ist. 

(Beifall bei der AfD)

Das heißt, es wäre überhaupt erst einmal attraktiv, wenn wir unsere eigene Identität stolz und durchaus auch weltoffen herausstellen. 

Der Stolzpass ist eine freiwillige Initiative. Es wurde immer so getan, als würden Leute dazu gezwungen. Glauben Sie mir, das würde viral gehen. Vielleicht haben Sie es mitbekommen: Es gab diesen Trend, den Stolzmonat, vor einigen Monaten im Netz. Das hat einen Wirbel gemacht. Das hat viele junge Leute erfasst. Ich bin mir ganz sicher, wenn wir diesen Stolzpass hier etablieren würden   Sie haben gar keine Ahnung davon, was hier los wäre  , dann gäbe es über Monate hinweg kein Hotelzimmer mehr, weil das ganze Land voll wäre. 

(Lachen)

Zu Herrn Hövelmann. Sie kamen wieder mit dem Nazi-Gespenst. Ich habe es schon fast geahnt. Was soll ich dazu sagen? Natürlich, die NS-Zeit ist eine Belastung. Deshalb haben wir sie nicht hineingenommen. 

(Lachen)

Natürlich; denn darauf wollen wir unsere Identität nicht gründen. 

(Holger Hövelmann, SPD: Darauf wollen Sie verzichten, ja?) 

Wenn wir Nazis wären, dann hätten wir doch noch irgendeine NS-Krampe eingebaut. Das haben wir aber gar nicht, wie Sie selbst zugestanden haben. Aber trotzdem sollen wir irgendwie Nazis sein. Das passt alles nicht zusammen. 

(Holger Hövelmann, SPD: Das passt schon sehr gut zusammen!)

Zur Deutschtümelei. Wissen Sie, das ist nichts anderes als so ein billiger Versuch, jede Berufung auf das Deutschtum zu delegitimieren. Wenn Leute ihr Deutschtum pflegen, sich auf ihre deutsche Identität berufen, dann heißt das Deutschtümelei, Deutschtümelei, Deutschtümelei. Das ist irgendwie so ein Igitt-Begriff auf dem intellektuellen Niveau von pfui Deibel und mehr nicht. 

Zu Herrn Gebhardt. Er kam auch wieder mit dem Holocaust an. Wissen Sie, ich will es einmal so versuchen: Ich will einen neuen Erklärungsversuch starten, um Ihnen das beizubringen, und zwar mit Heraklit, einem der ältesten Philosophen der Welt. Er hat etwas gesagt, das jeder kennt: Man kann nicht zweimal in denselben Fluss steigen. Das heißt, Geschichte wiederholt sich niemals. Geschichte wiederholt sich nicht. Die Inhumanität und die Bestialität haben in jeder Zeit und in jeder Kultur ein anderes Gesicht. Heute ist das Gesicht der Inhumanität garantiert nicht die AfD.

(Zurufe von der SPD)

Zu Novalis. Herr Gebhardt, wenn Sie einmal an Novalis denken, an den Heinrich von Ofterdingen und an das schöne Symbol der blauen Blume, dann müssten Sie eigentlich erkennen, dass die AfD die Partei der Romantik ist.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von Stefan Gebhardt, Die Linke)

Die Romantik war auch die Strömung, die den Nationalgedanken gefördert und durchdacht hat. Ich verstehe nicht, weshalb Sie sich auf die Romantik berufen.

Zu Ihrem Zitat von Nietzsche. Es ist schön, dass Sie das hier zitiert haben. Es gibt irgendwie auch so einen Artikel dazu. Fünf Kulturstiftungen haben das gemacht. Nietzsche hat gesagt: Deutsch denken geht über seine Kräfte. Das war eigentlich ein Kompliment, indem er die Frage nach dem deutschen Wesen gemacht hat. 

(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Ah!)

Er hat gesagt, diese Frage ist zu schwer für mich. Es ist eine schwere Frage, in der Tat. Es ist eine schwere Frage. Genau deshalb sollten wir darüber nachdenken und uns im deutsch denken versuchen. 

Und das, was die CDU vorgebracht hat, war diesmal wirklich ganz schwach. Sie haben Deutschtum reduziert auf Effizienz, Sparsamkeit und Disziplin. Da kam von den Linken spontan der Einwand   das fand ich sogar richtig  : Das haben die anderen etwa nicht? Deutschtum ist schon mehr als Effizienz, Sparsamkeit und Disziplin. Die finden wir auch woanders auf der Welt. Deshalb ist unsere Kampagne umso wichtiger, weil sie einlädt, darüber nachzudenken, worin denn das deutsche Wesen besteht.

Zum Logo. Ich muss sagen: Mein Gott, ein gutes Logo kann man auch einmal abwandeln. 

(Beifall bei der AfD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Es gibt eine Intervention von Frau Sziborra-Seidlitz. - Bitte schön. 

(Oh! bei der AfD)


Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):

Ich scheine Sie zu treffen, wenn Sie immer gleich so stöhnen. - Auf Ihr Abtun des entsetzlichsten Teils der deutschen Geschichte möchte ich Ihnen mit einem Zitat 

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

des italienischen Schriftstellers Primo Levi antworten, den Sie sicherlich nicht auf dem Schirm haben, weil Sie ja mit Gedenkstätten, Tourismus und mit dem Gedenken an den Holocaust nichts am Hut haben. Er hat im Jahr 1986 gesagt: „Es ist geschehen und folglich kann es wieder geschehen: Darin liegt der Kern dessen, was wir zu sagen haben.“ Ich glaube, wir tun als Demokratinnen und Demokraten gut daran, das ernst zu nehmen. Das ist im Übrigen der Grund, warum wir einen Verfassungsschutz haben, der Sie beobachtet. 

(Beifall bei den GRÜNEN - Margret Wendt, AfD: Oh!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Dr. Tillschneider, wollen Sie reagieren? 


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Ja. - Ich will etwas Grundlegendes dazu sagen, und zwar will ich auf den Historikerstreit eingehen. Ernst Nolte hat schon Anfang der 1980er-Jahre bemerkt, dass irgendetwas nicht stimmt. Er hat von der Vergangenheit, die nicht vergehen will, geschrieben. Vergangenheit vergeht, sie stirbt ab. Die Zeitzeugen sterben. Die Bezüge zur Gegenwart sterben ab. Ein Lebensvorgang, ein ansonsten ungestört verlaufender Prozess ist hier gehemmt. Darüber sollte man vielleicht einmal nachdenken. Ich denke, wir müssen lernen, Vergangenheit vergehen zu lassen.

 (Dr. Katja Pähle, SPD: Sie machen in Ihrem Antrag nichts anderes! Der ganze Antrag geht um die Vergangenheit! Das ist doch der Punkt!)

Natürlich. Es ist doch ein Unterschied, ob ich eine Vergangenheit meine, aus der Schuld kommt, die belastet, oder ob ich    

(Zurufe von Juliane Kleemann, SPD, und von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE)

- Na klar, selbstverständlich. Das ist doch die Art und Weise, mit Vergangenheit umzugehen. 

(Zurufe)

Lesen Sie doch einmal von Friedrich Nietzsche, der von den GRÜNEN zitiert wurde, „Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben“, was sie wahrscheinlich nie gelesen haben. So müssen wir mit Geschichte umgehen,

(Olaf Meister, GRÜNE: Das ist jetzt ein Versagen! - Zurufe von Dr. Katja Pähle, SPD)

damit sie uns kein Klotz am Bein ist und damit sie das Leben fördert. Diese Geschichtspolitik werden wir umsetzen.