Holger Hövelmann (SPD): 

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich bin in der Bewertung ganz nah bei Minister Schulze. Wir haben in den letzten Jahren ganz viel auf den Weg gebracht, was die Nachwuchsgewinnung im Handwerk fördert und unterstützt, und zwar die Praktikumsgutscheine, der Meisterbonus plus, die Gründungsprämie für angehende Handwerksmeister und - das will ich ergänzen - das Berufswahlprogramm BRAFO sowie die Jugendberufsagenturen. Das sind ebenfalls zwei sehr erfolgreiche Programme, die jungen Menschen Perspektiven im Handwerk eröffnen können.

Nun kann man sagen, viel hilft viel und wir machen ein neues Programm. Ein freiwilliges Handwerksjahr wird aber aus unserer Sicht wenig bringen. Wir haben in Sachsen-Anhalt nicht nur einen Auszubildendenmangel, wir haben auch einen Ausbildermangel. Nur 10 % der Handwerksbetriebe in unserem Bundesland bieten überhaupt noch Ausbildungsplätze für junge Menschen an. Wenn man dem Modell aus Schleswig-Holstein folgt, dann werden auch nur diese 10 % als Standorte für das freiwillige Handwerksjahr in Frage kommen. Zur Nachwuchsgewinnung wird das also nur wenig beitragen.

Wir als Koalition sind daher der Auffassung, es braucht für das Handwerk nicht noch ein Programm. Das freiwillige Handwerksjahr in Schleswig-Holstein greift letztlich auch nur Dinge auf, die wir in etwas anderer Form ohnehin schon machen. Wir sollten stattdessen die bestehenden Fördermöglichkeiten bekannter machen, ausbauen und bei Problemen nachschärfen.

Schülerinnen und Schülern sollte schon vor dem Abschluss gezeigt werden, dass ein Karriereweg nicht durch die Schulform vorgeschrieben sein muss. Ich würde es z. B. begrüßen, wenn wir neben dem Angebot der Praktikumsgutscheine auch das BRAFO-Programm an die Gymnasien bringen könnten.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei den GRÜNEN)

Letztlich müssen wir, meine sehr verehrten Damen und Herren, auch Handwerksbetriebe dazu ermuntern, ihrer ureigenen Aufgabe, nämlich der Ausbildung, nachzukommen. Das bedeutet einerseits das Anbieten von Ausbildungsplätzen, andererseits aber auch den Mut zu haben, das Handwerk bspw. für Frauen oder Menschen mit Behinderungen offener zu machen.

(Beifall bei der SPD)

An dieser Stelle besteht noch eine Menge Potenzial, das sich nutzen lässt. Mit unseren bestehenden Programmen haben wir dafür eine gute Grundlage. Ich bitte um Ablehnung des Antrags der AfD-Fraktion und um Zustimmung zum Alternativantrag der Koalition. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU) 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Vielen Dank, Herr Hövelmann. - Es gibt eine Frage von Herrn Staudt. - Diese lassen Sie zu. Dann kommt Herr Staudt zum Mikrofon und stellt seine Frage. - Herr Staudt, bitte.


Thomas Staudt (CDU): 

Sehr geehrter Herr Hövelmann, Sie sprachen eben davon, dass nur ca. 10 % der Betriebe überhaupt noch ausbilden. Ich als Handwerksmeister und als Firmenchef bilde gerade sieben Leute aus. Wie müssten aus Ihrer Sicht die Betriebe unterstützt werden, damit sich die Quote von 10 % erhöht? Wie können wir aus Ihrer Sicht die Ausbildungsbetriebe, die die Ausbildung noch anbieten, unterstützen?


Holger Hövelmann (SPD): 

Es gibt seit vielen Jahren eine Diskussion darüber, wie man diese Unternehmen unterstützen kann. Meine Partei hat über viele Jahre die Debatte über eine Ausbildungsumlage geführt. Das bedeutet, die Unternehmen, die nicht ausbilden, sollen eine Umlage zahlen, damit die Unternehmen, die ausbilden, entsprechend unterstützt werden. Das ist in der politischen Parteienlandschaft dieser Republik nicht mehrheitsfähig. Ich halte es nach wie vor für einen gangbaren Weg, dafür zu sorgen, dass diese Aufgabe und auch die damit verbundenen materiellen Lasten auf breitere Schultern verteilt werden.

Nun hat der Umstand, dass nur 10 % der Betriebe im Handwerk ausbilden, mehrere Ursachen. Es ist ja kein böser Wille der Handwerksbetriebe, dass sie nicht ausbilden.

Es ist mühselig; es ist teuer. Es war in der Vergangenheit - das muss man ehrlich sagen - nicht nötig; denn der Markt hat genügend fertige Auszubildende bereitgestellt. Das hat sich in den letzten Jahren geändert. Dies zum Anlass zu nehmen, auch in der Wirtschaft und in den Handwerksunternehmen zu überlegen, ob wir nicht doch wieder jemanden qualifizieren, der die Ausbildereignung hat, ob wir nicht doch wieder anfangen, einen Auszubildenden einzustellen, um selbst Ausbildungsbetrieb zu sein, um damit wieder zu starten, wie man es vielleicht vor 20 oder 30 Jahren einmal praktiziert hat, wäre, denke ich, ein ganz gangbarer Weg und würde auch ein wenig die Sorgen im Handwerk minimieren - wenn auch nicht alles lösen; das ist mir schon klar.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Hövelmann.