Tagesordnungspunkt 15

Zweite Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Kommunalverfassungsrechts

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 8/3424

Beschlussempfehlung Ausschuss für Inneres und Sport - Drs. 8/4025

Änderungsantrag Fraktion Die Linke - Drs. 8/4044

Änderungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/4067

Änderungsantrag Fraktion AfD - Drs. 8/4071

(Erste Beratung in der 56. Sitzung des Landtages am 14.12.2023)


Herr Krull übernimmt die Berichterstattung. Es ist eine Dreiminutendebatte vorgesehen. - Herr Krull, Sie haben das Wort. Bitte.


Tobias Krull (Berichterstatter):

Sehr geehrter Herr Landtagspräsident! Vielen Dank für den Zeithinweis. Da ich die Berichterstattung für den Ausschuss übernehme, gelten die drei Minuten an der Stelle für mich nicht. Denn ich brauche auch mehr Zeit, Herr Präsident.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Kommunalverfassungsrechts wurde in der 56. Sitzung des Landtages am 14. Dezember 2023 zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen. Mitberatend wurden die Ausschüsse für Wirtschaft und Tourismus, für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, für Infrastruktur und Digitales sowie für Finanzen beteiligt.

Mit diesem Gesetzentwurf soll eine Vielzahl von kommunalrechtlichen Regelungen angepasst werden. So soll das Kommunalverfassungsgesetz geändert werden, um unter anderem die Attraktivität des kommunalen Ehrenamtes zu erhöhen. Durch eine Änderung des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit soll eine flexiblere Gestaltung des kommunalen Zusammenwirkens erreicht werden und - das war bereits Gegenstand in der letzten Sitzungsperiode - es sollten Einrichtung und Betrieb kommunaler Meldestellen für den Hinweisgeberschutz geregelt werden, um nur einige Beispiele der zahlreichen Änderungen zu skizzieren.

Auf Bitten der Koalitionsfraktionen legte der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst bereits vor der ersten Ausschussberatung mit dem Ministerium für Inneres und Sport einvernehmlich abgestimmte Empfehlungen zu einem Teil des Gesetzentwurfes vor. Es handelte sich dabei um die im Gesetzentwurf in der Drs. 8/3424 enthaltenen Vorschriften zur Umsetzung der sogenannten Hinweisgeberschutzrichtlinie, welche aufgrund eines EU-Vertragsverletzungsverfahrens bereits vorab herausgelöst werden sollte. Auf die Einzelheiten sowie den diesbezüglichen weiteren Beratungsverlauf möchte ich an dieser Stelle verzichten, da sie bereits Gegenstand meiner Berichterstattung zur Beschlussempfehlung in der Drs. 8/3852 in der vergangenen Sitzungsperiode waren.

Im Ergebnis der Festlegung in der 27. Sitzung des Ausschusses für Inneres und Sport am 11. Januar 2024 wurden in der 29. Sitzung am 7. März 2024 die Kommunalen Spitzenverbände Sachsen-Anhalt, der Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt e. V. und der Verband kommunaler Unternehmen e. V. angehört. Einen Aspekt aus der Anhörung möchte ich gern näher erläutern, da er die nachfolgenden Beratungen maßgeblich prägte.

Mit dem Gesetzentwurf wird beabsichtigt, in § 102 des Kommunalverfassungsgesetzes als Absatz 3 eine Regelung aufzunehmen, nach der die Kommunalaufsichtsbehörde beginnend mit dem Haushaltsjahr 2025 die Genehmigung für die genehmigungspflichtigen Teile zu versagen hat, solange der Jahresabschluss des Vorvorjahres nicht vorliegt. Sofern keine genehmigungspflichtigen Teile vorhanden sind, darf die Haushaltssatzung aber dennoch erst nach der Vorlage des entsprechenden Jahresabschlusses verkündet werden. Kurzum: Sofern der Jahresabschluss nicht vorliegt, würden sich die betreffenden Kommunen in der vorläufigen Haushaltsführung befinden. Das hat insbesondere auf geplante Investitionen Auswirkungen.

Der Städte- und Gemeindebund sprach sich gegen eine derartige Regelung aus, da sie aus seiner Sicht nicht erforderlich sei, um zeitnah die ausstehenden Jahresabschlüsse zu erhalten, und zu kurzfristig erfolge. Der Landkreistag hingegen würde eine solche Regelung begrüßen, da die Jahresabschlüsse auch im Lichte der jüngsten Verwaltungsgerichtsrechtsprechung zur Kreisumlage eine aussagefähige Datengrundlage darstellten. Bis auf diesen Dissens haben die Kommunalen Spitzenverbände jedoch eine gemeinsame Position zu dem vorgelegten Gesetzentwurf vertreten.

Nachdem sich der Landesrechnungshof Sachsen-Anhalt bereits mit einem Schreiben als beratende Äußerung nach § 88 Abs. 2 der Landeshaushaltsordnung an die Ausschüsse für Inneres und Sport sowie für Finanzen gewandt hatte, erhielt er im Rahmen der Anhörung das Wort. Dies nutzte er insbesondere als Fürsprache für die beabsichtigte Regelung in § 102 Abs. 3 des Kommunalverfassungsgesetzes zur Stärkung der Kommunalaufsicht.

Ferner lagen dem Ausschuss schriftliche Stellungnahmen der Anzuhörenden sowie der Arbeitsgemeinschaft der kommunalen Einrichtungen in Sachsen-Anhalt vor.

Damit die entsprechenden Änderungen rechtzeitig vor den Kommunalwahlen 2024 bzw. vor den darauffolgenden Konstituierungen in den kommunalen Gremien in Kraft treten können, wurde im Anschluss an die Anhörung eine vorläufige Beschlussempfehlung an die mitberatenden Ausschüsse verabschiedet.

Grundlage hierfür waren die im Vorfeld der Sitzung bereitgestellten, einvernehmlich mit dem Ministerium für Inneres und Sport abgestimmten Änderungsempfehlungen des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes. Auf die Vielzahl der Empfehlungen, die insbesondere sprachliche, redaktionelle und rechtsförmliche Anpassungen waren, möchte ich an dieser Stelle nicht näher eingehen.

Mit 6 : 3 : 2 Stimmen empfahl der Ausschuss den mitberatenden Ausschüssen die Annahme des Gesetzentwurfs mit den vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst vorgeschlagenen Änderungen.

Im Rahmen der Mitberatung befasste sich der Ausschuss für Infrastruktur und Digitales als erster mit dem Gesetzentwurf. Nach kurzer Kritik hinsichtlich des Verfahrens und der damit nicht gegebenen Möglichkeit, sich in dem mitberatenden Ausschuss mit allen Änderungsempfehlungen des federführenden Ausschusses auseinanderzusetzen, schloss er sich in der 27. Sitzung am 15. März 2024 mit 7 : 3 : 3 Stimmen der vorläufigen Beschlussempfehlung an.

In der 36. Sitzung am 3. April 2024 befasste sich der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung mit dem Gesetzentwurf und empfahl nach kurzer Beratung mit 7 : 3 : 2 Stimmen die Annahme des Gesetzentwurfs in der Fassung der vorläufigen Beschlussempfehlung. 

Der Ausschuss für Wirtschaft und Tourismus befasste sich in der 28. Sitzung am 4. April 2024 mit dem Gesetzentwurf und schloss sich mit 7 : 3 : 3 Stimmen der vorläufigen Beschlussempfehlung an.

Ebenfalls am 4. April 2024 befasste sich der Ausschuss für Finanzen in der 59. Sitzung mit dem Gesetzentwurf. Auf Bitten des Städte- und Gemeindebundes wurden die kommunalen Spitzenverbände zur Ausschusssitzung eingeladen, um auch dort ihre Positionen zu § 102 Abs. 3 des Kommunalverfassungsgesetzes darlegen zu können.

Zur Beratung lag im Ausschuss ein Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Vorlage 21 vor. Durch diesen sollte § 108 des Kommunalverfassungsgesetzes mit dem Ziel geändert werden, dass auch sich in Konsolidierung befindende Kommunen in erneuerbare Energien investieren können. Dieser fand bei 1 : 9 : 2 Stimmen keine Mehrheit im Ausschuss.

Ferner beantragte die Fraktion mündlich zu einer viel diskutierten Regelung in § 102 Abs. 3 des Kommunalverfassungsgesetzes, die Jahresangabe „2025“ durch „2027“ zu ersetzen. Auch dieser Änderungsantrag fand bei 3 : 9 : 0 Stimmen keine Mehrheit und wurde abgelehnt.

Im Ergebnis der ausführlichen Beratung schloss sich der Ausschuss für Finanzen mit 7 : 2 : 3 Stimmen der vorläufigen Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses an.

Noch am selben Tag wandte sich der Städte- und Gemeindebund an den Ausschuss für Inneres und Sport mit der Bitte, zur abschließenden Ausschussberatung eingeladen zu werden, um dort die Problematik erneut erörtern zu können. Der Ausschuss für Inneres und Sport folgte dieser Bitte und lud neben dem Städte- und Gemeindebund auch den Landkreistag zu seiner 30. Sitzung am 11. April 2024 ein. Hier erfolgte eine erneute Anhörung der kommunalen Spitzenverbände und eine ausführliche Erörterung des § 102 Abs. 3 des Kommunalverfassungsgesetzes.

Schließlich brachte sich der Landesrechnungshof abermals in die Diskussion ein und bekräftigte seine Befürwortung der beabsichtigten Regelung. In diesem Zusammenhang möchte ich erwähnen, dass dem Ausschuss Schreiben von insgesamt 25 Städten, Gemeinden und Verbandsgemeinden hinsichtlich der aus ihrer Sicht problematischen Regelung des § 102 Abs. 3 des Kommunalverfassungsgesetzes zugingen.

Zur Abstimmung lagen dem Ausschuss mehrere Änderungsanträge vor. Mit der Vorlage 43 beabsichtigte die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erneut die bereits vom Ausschuss für Finanzen schriftlich und mündlich beantragten Änderungen.

Die Fraktion Die Linke beantragte Änderungen in den §§ 4, 21, 24, 25, 26, 27, 49, 56b und 102 des Kommunalverfassungsgesetzes sowie die Neuaufnahme der §§ 79a, 79b und 80a. Zu den genannten Paragrafen liegt heute in der Drs. 8/4044 ein Änderungsantrag der Fraktion Die Linke vor, worauf diese sicherlich in ihrem Redebeitrag näher eingehen wird.

Schließlich lag die Vorlage 25, der Änderungsantrag der Fraktionen CDU, SPD und FDP, vor. Mit der Änderung soll in verschiedenen Paragrafen des Kommunalverfassungsgesetzes klargestellt werden, dass sich die Auskunftsrechte der kommunalen Gremienvertreter gegenüber den Hauptverwaltungsbeamten und umgekehrt deren Auskunfts- und Informationspflichten auf Angelegenheiten des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises erstrecken.

Abschließend schlug der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst noch eine Folgeänderung vor. Aufgrund einer Anpassung in § 100 Abs. 1 des Kommunalverfassungsgesetzes muss ein Verweis in § 103 Abs. 1 angepasst werden.

Auf der Grundlage seiner vorläufigen Beschlussempfehlung stieg der Ausschuss in das Abstimmungsverfahren ein. Dabei machten sich die Koalitionsfraktionen die Empfehlung der Folgeänderung des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes zu eigen und erhoben diese zu einem Änderungsantrag. Dieser wurde wie auch der Änderungsantrag in der Vorlage 25 jeweils mit 7 : 3 : 3 Stimmen angenommen.

Die Änderungsanträge der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Vorlage 43 sowie die Änderungsanträge der Fraktion Die Linke in der Vorlage 32 fanden bei jeweils 3 : 10 : 0 Stimmen keine Mehrheit.

Bei der anschließenden Gesamtabstimmung wurde die Annahme des so geänderten Gesetzentwurfs mit 7 : 4 : 2 Stimmen empfohlen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Ergebnis der Beratungen in den Ausschüssen für Inneres und Sport, für Wirtschaft und Tourismus, für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung, für Infrastruktur und Digitales sowie für Finanzen wurde Ihnen in der Drs. 8/4025 vorliegende Beschlussempfehlung erarbeitet. Namens des Ausschusses für Inneres und Sport bitte ich um Zustimmung für die Beschlussempfehlung und persönlich bedanke ich mich für Ihre Geduld beim Vortragen der entsprechenden Drucksache. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)