Henriette Quade (Die Linke):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Dass wir heute erneut über den Schutz der öffentlichen Sicherheit vor bewaffneten extremen Rechten diskutieren und diskutieren müssen, ist Folge Ihres dramatischen Erstarkens in den vergangenen Jahren. Vor dem Einzug der AfD in den Landtag von Sachsen-Anhalt wäre es bei dem Thema Bewaffnung und extreme Rechte zuallererst um organisierte Neonazis, Kameradschaften, militante Netzwerke usw. gegangen.
Heute geht es um die Mitglieder einer Partei, die bundesweit aus den Parlamenten und den kommunalen Vertretungen heraus den demokratischen Rechtsstaat angreift. Diese AfD - das vorweg - ist eine Gefahr für die Demokratie, eine Gefahr für den Rechtsstaat und zunehmend eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit.
(Beifall bei der Linken und bei den GRÜNEN)
Als Innen- und Sicherheitspolitiker und -politikerinnen müssen wir uns auch mit der Frage beschäftigen, inwieweit Teile der AfD inzwischen für eine fremde Macht, gesteuert von ihr oder jedenfalls in Zusammenarbeit und im gemeinsamen Interesse mit einer fremden Macht, nämlich Russland, agieren.
(Beifall bei der Linken und bei den GRÜNEN)
Wenn ich mir anschaue, wie bspw. der Abg. Tillschneider den Kriegsverbrecher Putin in der „Mitteldeutschen Zeitung“ feiert, wenn er sagt - ich zitiere : „Unter Putin geht es den Menschen kontinuierlich besser.“
(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Ja, das ist so!)
und angibt, sich um die Demokratie in der Bundesrepublik mehr Sorgen zu machen als um die in Russland, wo es keine freien Wahlen mehr gibt, keine freien Medien und in dem nach Schätzung der „BBC“ inzwischen mindestens 50 000 russische Soldaten ihr Leben im brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine verloren haben, dann höre ich den Sound russischer Propaganda.
(Beifall bei der Linken und bei den GRÜNEN)
Die Kollegin Martina Renner hat im Zusammenhang mit den Enthüllungen über den AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron darauf hingewiesen, dass mehr als es diese Zahlungen könnten, Ideologie die AfD und die russische Staatsführung verbindet. Die strategische Partnerschaft zwischen Russland und der extremen Rechten charakterisierte die Kollegin im Bundestag jüngst so - ich zitiere :
„Gemeinsame Werte und Ziele machen die russische Staatsführung und die AfD zu engen Verbündeten: aggressiver Nationalismus, Rassismus, Homophobie und die Verachtung liberaler Bürgerrechte und Demokratie, dazu diese Vorstellung, der Westen sei verlottert, zum Sterben geweiht und man müsse ihr nur noch den Todesstoß versetzen.“
Die ehemalige AfD-Abgeordnete Malsack-Winkemann hat sich nach allem, was wir bisher wissen, mutmaßlich mit anderen sehr konkret darangemacht, dem demokratischen Rechtsstaat in der Bundesrepublik den Todesstoß zu versetzen. Diesem geplanten gewaltvollen Umsturz sollten nicht nur eine neue Regierung und eine neue Regierungsform folgen, sondern auch internationale Verhandlungen - wenig überraschend - mit Russland. Dass der geplante Umsturz mit Waffen stattfinden sollte, bringt uns zum Kern dieser Aktuellen Debatte.
Ich muss an dieser Stelle noch einen aktuellen Einschub aufgrund der Nachrichtenlage machen, der sich einfach aufdrängt: Wir haben alle zur Kenntnis genommen, dass ein Mitarbeiter des AfD-Spitzenkandidaten Krah wegen des Verdachts der Spionage für China verhaftet wurde.
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Jetzt sind sie still!)
Wieder ein AfD-Mitglied, wieder eine Diktatur. Die AfD zeigt, sie ist nicht nur eine Gefahr für die innere Sicherheit, sondern zunehmend auch eine Gefahr für die äußere Sicherheit.
(Beifall bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Alles, was sie tut, zielt auf die Destabilisierung der Demokratie ab. Wir werden uns nun verschärft auch damit beschäftigen müssen, wie diese Angriffe auf die liberale Demokratie, unterstützt von deutschen Rechtsextremen, abgewehrt werden können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, damit zurück zum Kern der Aktuellen Debatte: Waffen in den Händen der extremen Rechten stellen immer eine Gefahr dar.
(Zuruf von der AfD: Aber Die Linke nicht!)
Extrem rechte Ideologie ist per se gewaltförmig und damit in sich auf die Ausübung von Gewalt gerichtet. Das umfasst die Ausübung von Gewalt unter Nutzung der Mittel des Staates, siehe etwa die Deportationspläne, die in Potsdam mit Vertretern von AfD und Identitären besprochen wurden,
(Daniel Rausch, AfD: Heilloses Phantasieren!)
aber auch die direkte Anwendung von Gewalt durch Mitglieder und Gruppierungen der extremen Rechten. Recherchen von „Correctiv“ Anfang dieses Monats zeigen, dass sich bei keiner anderen Partei so viele politisch motivierte Straftaten bei Mandatsträgern finden wie bei der AfD. Was ich eben zur Gewaltförmigkeit sagte, lässt sich also auch empirisch zeigen.
Schauen wir nach Sachsen-Anhalt, dann sehen wir weiterhin ein unerträglich hohes Maß an extrem rechts motivierter Gewalt. Allein 140 extrem rechts motivierte Körperverletzungen hat die mobile Opferberatung im Jahr 2023 registriert, insgesamt 233 Angriffe mit 223 direkt Betroffenen, darunter 75 Frauen, 39 Jugendliche und 22 Kinder.
Kommen Waffen ins Spiel, steigt die Gefahr von erheblichen Verletzungen bis hin zur Tötung deutlich. Wegen dieser Gefährdung durch Waffen sind diverse Tatbestände im Strafgesetzbuch so ausgestaltet, dass schon das Mitführen, nicht erst der Einsatz von Waffen, zu einer höheren Strafe führt.
Die hinter dieser gesetzgeberischen Wertung stehende, recht simple Erkenntnis, dass Waffen gefährlich sind, lässt sich auf die hier vorliegende Frage übertragen: Sollten extrem Rechte über Waffen verfügen können? - Die Antwort ist einfach; sie lautet: Nein.
Meine Fraktion fordert seit Jahren eine konsequente Entwaffnung der extremen Rechten, und das schließt die Entwaffnung der AfD ein.
(Beifall bei der Linken und bei den GRÜNEN)
Die Praxis zeigt, dass es bislang ein Vollzugsdefizit bei den Waffenbehörden gibt. Insofern ist es richtig, dass das Ministerium für Inneres und Sport jetzt die Waffenbehörden im Land auf die Rechtslage und ihren Vollzug hinweist. Dazukommen muss eine enge Aufsicht und eine sachgerechte Ausstattung der zuständigen Behörden durch ihre jeweiligen Verwaltungsträger.
Die Ausstattung ist auch deshalb notwendig, weil weiterhin eine Prüfung in jedem Einzelfall trotz Regelvermutung notwendig ist. Hier muss zudem das Innenministerium die Waffenbehörden dabei unterstützen, den Beweis zu führen, dass die AfD eine Vereinigung ist, die gegen die verfassungsgemäße Ordnung und gegen den Gedanken der Völkerverständigung gerichtet ist.
Die Beschlüsse des OVG Sachsen-Anhalt aus dem April 2023, des OVG Thüringen aus dem August desselben Jahres und bezüglich der Jungen Alternative der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs aus dem November 2023 formulieren Voraussetzungen, denen zu genügen einer einzelnen Waffenbehörde allein schwerfallen dürfte.
Damit kein Missverständnis entsteht: Ich habe keine Zweifel, dass sich in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren darlegen lässt, dass feststeht, dass die AfD eine Vereinigung ist, die Bestrebungen verfolgt, aufgrund derer sie entwaffnet werden muss. Wir reden hier immerhin über eine Partei, die offen extrem rechts ist, sich jede Woche weiter radikalisiert
(Zurufe von der AfD)
und bei der wir zunehmend auch eine fachliche Debatte über die Notwendigkeit ihres Verbotes führen.
(Zurufe von der AfD)
Es ist also richtig, dass sich das Innenministerium nun an die Waffenbehörden wendet. Es ist aber wichtig, dass sie sie dann nicht allein im Regen stehenlässt, wenn es um die gerichtliche Auseinandersetzung geht, auch damit behördliche Entscheidungen nicht mangels ausreichender Begründung aufgehoben werden, obwohl materiell-rechtlich Entzug oder Versagung der waffenrechtlichen Erlaubnis zulässig sind.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat ist es notwendig, wie es der doch etwas knappe Begründungstext der antragstellenden SPD-Fraktion festhält, dass die Waffenbehörden nun auch bereits erteilte waffenrechtliche Erlaubnisse prüfen und in den Fällen, in denen die Regelvermutung der genannten Norm des Waffengesetzes nicht widerlegt wird, die waffenrechtliche Erlaubnis entzieht. Waffen gehören nicht in die Hände einer extrem rechten Umsturzpartei.
(Beifall bei der Linken, bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Dass wir darüber überhaupt diskutieren müssen, zeigt, wie weit die Normalisierung der extremen Rechten bereits vorangeschritten ist. Dagegen müssen wir uns auch in diesem Landtag offensichtlich stärker und unter den demokratischen Fraktionen einiger als bisher auflehnen; denn die Gefährlichkeit der AfD wird weiter zunehmen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der Linken und bei den GRÜNEN)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Es gibt eine Intervention von Herrn Tillschneider. - Bitte sehr.
Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):
Wenn man die Taten dieser sogenannten Hammerbande in Betracht zieht und wenn man den tobenden Antifa-Mob anschaut, dann, glaube ich, kann sich jeder die Frage selbst beantworten, wo in diesem Land die politische Gewaltaffinität zu Hause ist. - Das dazu.
Dann zu diesem „MZ“-Interview, auf das Sie angespielt haben. Ich bin gefragt worden, wie ich die Demokratie in Russland bewerte.
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Es gibt keine!)
Darauf habe ich geantwortet: Angesichts der Umstände, dass man hier in Deutschland allen AfD-Mitgliedern die Waffen wegnehmen will, dass man unserer Stiftung die Finanzierung rechtswidrig verweigert, dass man gefordert hat, Björn Höcke die Wählbarkeit zu entziehen, dass man über ein Verbot der AfD diskutiert, mache ich mir Sorgen um die Demokratie in Deutschland und nicht um die Demokratie in Russland.
(Beifall bei der AfD)