Tagesordnungspunkt 10
Aktuelle Debatte
Rechtsextremisten in Sachsen-Anhalt entwaffnen
Antrag Fraktion SPD - Drs. 8/4041
Die Redezeit pro Fraktion ebenso wie für die Landesregierung beträgt zehn Minuten. Folgende Redereihenfolge wurde vereinbart: SPD, AfD, FDP, Die Linke, CDU und GRÜNE. Zunächst spricht für die Antragstellerin Rüdiger Erben. - Bitte sehr, Sie haben das Wort.
Rüdiger Erben (SPD):
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor wenigen Tagen berichteten die Medien das, was man leider vermuten musste: Die Entwaffnung der Rechtsextremisten geht bundesweit nur schleppend voran. Nach Zahlen der Bundesregierung waren im Jahr 2022 insgesamt 1 051 mutmaßliche Rechtsextremisten und etwa 400 sogenannte Reichsbürger und Selbstverwalter bekannt, die Inhaber mindestens einer waffenrechtlichen Erlaubnis waren. Abschließende Zahlen aus den Ländern für das Jahr 2023 liegen noch nicht vor. Ein Jahr zuvor hatten laut Bundesregierung noch 1 561 mutmaßliche Rechtsextremisten sowie etwa 500 Reichsbürger und Selbstverwalter mindestens eine waffenrechtliche Erlaubnis. Nicht zu vergessen sind natürlich auch illegale Waffen in den Händen rechter Akteure.
Mir läuft es bei diesen Zahlen eiskalt den Rücken herunter. Es bleibt nämlich nicht beim Sammeln, Horten und Üben. Rechtsextremisten, die über Waffen verfügen, setzen diese auch ein. Das zeigen die Attentate auf den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke sowie in Halle und Hanau, bei denen Rechtsterroristen zwölf Menschen ermordeten und weitere verletzten.
Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken, müssen Rechtsextremisten und Reichsbürgern Waffenscheine, Waffenbesitzkarten und Sprengstofferlaubnisse konsequent entzogen werden.
(Beifall bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN - Zustimmung von Guido Heuer, CDU)
Dafür braucht es aber auch Behörden, die Waffenfunde bei der extremen Rechten entsprechend einordnen können.
Wir werden sehen, dass die Zahlen nun erst einmal noch deutlich nach oben gehen werden. Durch die Einstufung mehrerer AfD-Landesverbände als - Zitat - „gesichert rechtsextrem“ durch die jeweiligen Verfassungsschutzbehörden geraten auch die Rechtsextremen in der AfD in den Fokus der Behörden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was ist z. B. davon zu halten, wenn ein AfD-Politiker, der Inhaber einer sogenannten Böllererlaubnis und Vorstand eines Schützenvereins ist, die Trauer um einen verstorbenen AfD-Kommunalpolitiker mit einem Böllerschießen an der Friedhofsmauer ausschmückt? Das mag harmlos klingen, doch das ist es nicht. Es ist ein Zeichen. Es ist das öffentliche Kundtun: Wir sind bewaffnet.
(Lachen bei der AfD - Lothar Waehler, AfD: Ein Käse! - Zuruf von der AfD: Der widerlegt sich doch selbst! Lass den nur quatschen! - Weitere Zurufe von der AfD)
- Die Richtigen rufen; vielleicht war der eine oder andere ja dabei. - Vielleicht erinnern sich manche von Ihnen noch, wie gern die früheren AfD-Abgeordneten André Poggenburg und Mario Lehmann auf ihren Social-Media-Kanälen mit Waffen posierten.
(Lothar Waehler, AfD: Der hat doch gar keine Waffenbesitzkarte gehabt! Erzählen Sie doch nicht solchen Unsinn!)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deshalb ist es richtig, dass die Waffenbehörden in Sachsen-Anhalt jetzt die Zuverlässigkeit von Waffenbesitzern prüfen, die gleichzeitig AfD-Mitglieder sind.
(Beifall bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN - Lothar Waehler, AfD: Sie müssen sich mal ein bisschen mehr informieren, Herr Erben!)
Nachdem der hiesige AfD-Landesverband als gesichert rechtsextrem eingestuft wurde, ist es folgerichtig, dass die Waffenbehörden die waffenrechtliche Zuverlässigkeit prüfen und ggf. weitere Maßnahmen veranlassen müssen. Deswegen unterstützen wir als SPD-Fraktion ausdrücklich das Vorgehen des Innenministeriums und des Landesverwaltungsamtes in Sachsen-Anhalt.
(Oliver Kirchner, AfD: Ja, na klar! Weil Ihnen die Wähler weglaufen!)
Wir bauen darauf, dass die unteren Waffenbehörden dies auch umsetzen. Letzteres betone ich deswegen ausdrücklich, weil die Qualität des Vorgehens der Waffenbehörden in der Vergangenheit durchaus unterschiedlich war. So will ich das einmal höflich formulieren.
(Zuruf von Florian Schröder, AfD)
Die erforderliche Zuverlässigkeit ist laut Waffengesetz eine Voraussetzung, die Menschen erfüllen müssen, damit sie eine Erlaubnis zum Waffenbesitz bekommen können. Diese Voraussetzung muss nicht nur einmalig bei der Erteilung der Erlaubnisse erfüllt sein, sondern dauerhaft gegeben sein. Wie auf Knopfdruck kommt es natürlich aus der AfD, das sei eine - ich zitiere ihren Landesvorsitzenden - „politisch motivierte Maßnahme“.
(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ist es auch! - Zuruf von der AfD: Was denn sonst? - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Doch, das ist es!)
Meine Herren von der AfD, das ist falsch.
(Zuruf von der AfD: Das ist richtig!)
Es geht um den Vollzug geltenden Rechts in Sachsen-Anhalt.
(Beifall bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN - Zustimmung von Guido Heuer, CDU - Zuruf von der AfD)
Die Versuche der AfD, die Verfassungsschutzbehörde und deren Arbeit öffentlich zu diskreditieren,
(Jan Scharfenort, AfD: Na, das hat das Bundesverfassungsgericht jetzt schon gemacht mit seinem neuesten Urteil!)
sie sind absolut durchsichtig. Ich betone es hier wie schon bei anderer Gelegenheit: Die Verfassungsschutzbehörde ist kein Werkzeug der Regierung gegen die Opposition,
(Zustimmung von Anne-Marie Keding, CDU, und von Stephen Gerhard Stehli, CDU - Lachen bei und Zurufe von der AfD
wie Sie es gern glauben machen möchten. Die Behörde vollzieht Gesetz und Recht.
(Beifall bei der SPD - Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Genau das!)
Die Prüfung der Zuverlässigkeit von AfD-Mitgliedern ist identisch zu den Prüfungen in anderen Fällen. Dazu gehört nun auch die Abfrage bei der zuständigen Landesverfassungsschutzbehörde. Dass Angehörige eines AfD-Landesverbandes,
(Zuruf von Jan Scharfenort, AfD)
der als gesichert rechtsextremistisch eingestuft worden ist, der zahlreiche Verknüpfungen in die Neonazi-Szene aufweist, der elementare Prinzipien der Demokratie attackiert,
(Lothar Waehler, AfD: Beweisen Sie das alles mal!)
legal über Waffen verfügen
(Jan Scharfenort, AfD: DDR 2.0 reicht bei denen aus!)
sowie Zugriff auf Sprengstoff haben, ist erschreckend und darf nicht hingenommen werden.
(Beifall bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN)
Die AfD ist nicht nur eine Bedrohung für die demokratische Kultur,
(Lachen bei der AfD)
sondern stellt auch eine latente Gefahr für die öffentliche Sicherheit dar.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Felix Zietmann, AfD: Für die Umfragewerte der SPD vielleicht!)
Meine Herren, Sie sind ein Sicherheitsrisiko für Deutschland.
(Beifall bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN - Lachen bei der AfD)
Das zeigen auch die Enthüllungen der letzten Wochen, unabhängig vom Waffenrecht.
(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)
Von den Russen geschmiert und für die Chinesen spionieren -
(Zustimmung bei der Linken, bei den GRÜNEN, von Anne-Marie Keding, CDU, und von Stephen Gerhard Stehli, CDU)
das sind die Vorwürfe, die aktuell im Raum stehen, meine Herren.
(Zuruf von Jan Scharfenort, AfD)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es braucht weiterhin konsequente Bemühungen, AfD-Mitglieder zu entwaffnen, und einen noch stärkeren Fokus auf die Entziehung sprengstoffrechtlicher Erlaubnisse. Gerade das Aufliegen der rechtsterroristischen Gruppierung um Heinrich XIII. Prinz Reuß untermauert das Gefahrenpotenzial,
(Zuruf von der AfD: Die Rollatorrevolution!)
da auch eine frühere AfD-Abgeordnete, zugleich Sportschützin, an Planungen beteiligt war, um den Bundestag mit Waffengewalt zu stürmen.
(Zuruf von der AfD: Und mit Rollator! - Lachen bei der AfD)
Bei den Ermittlungen gegen die Reichsbürgergruppe um diesen Frankfurter Geschäftsmann Prinz Reuß haben die Sicherheitsbehörden - jetzt hören Sie genau zu - die unvorstellbare Zahl von 362 Schusswaffen, 347 Hieb- und Stichwaffen sowie 148 761 Munitionsteilen gefunden.
(Ulrich Siegmund, AfD: Wahnsinn!)
Besser könnte man das nicht untermauern.
Meine Damen, meine Herren! Die rechte Szene - dazu gehören auch weite Teile der AfD -
(Zuruf von Jan Scharfenort, AfD)
muss konsequent und schnellstmöglich entwaffnet werden. - Vielen Dank.
(Starker Beifall bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Als Erstes gibt es eine Intervention von Herrn Lizureck. - Herr Lizureck, Sie haben das Wort.
Frank Otto Lizureck (AfD):
Schönen Dank für das Wort. - Herr Erben, Sie machen sich absolut lächerlich. Ihre Intuition dazu ist doch wohl klar: Genauso wie Ratten, die in die Ecke getrieben werden, beißen Sie um sich,
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Oh, oh, oh!)
weil Ihre Umfragewerte zurückgehen und Sie Angst haben, in der nächsten Legislaturperiode nicht wieder hierein zu rutschen. Dazu bedienen Sie sich eines Tricks. Also, Extremisten finden wir alle äußerst gefährlich
(Dr. Falko Grube, SPD, und Olaf Meister, GRÜNE, lachen)
und diesbezüglich muss auch etwas getan werden.
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Dann treten Sie mal aus der AfD aus!)
Aber Sie verunglimpfen Demokraten in diesem Haus. Wir haben bewiesen, dass wir Demokraten sind.
(Dr. Falko Grube, SPD, und Olaf Meister, GRÜNE, lachen - Lothar Waehler, AfD: Da lacht der Richtige!)
- Darüber können Sie lachen, wie Sie wollen. - Fakt ist doch eines: Genauso wie die NSDAP und die Stasi verunglimpfen Sie Menschen. Sie wissen ganz genau, dass Sie im Unrecht sind. Ich erinnere nur an die einrichtungsbezogene Impfpflicht. Wer hat sich denn da gegen die Demokratie gewandt?
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Sagen Sie doch mal was zu den Waffen bei Extremisten!)
Wer hat denn da Leute in den Tod getrieben? - Sie waren das. Sie haben den Arm hochgehoben und kein anderer hier. Schämen Sie sich dafür.
(Beifall bei der AfD)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Wenn Sie wollen, können Sie antworten.
Rüdiger Erben (SPD):
Herr Lizureck, ich würde sagen: Wenn sich hier jemand lächerlich gemacht hat, dann waren Sie das gerade.
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der Linken)
Also, wie man von der Entwaffnung von Rechtsextremisten zu der einrichtungsbezogenen Impfpflicht kommt
(Angela Gorr, CDU: Ja!)
Das muss man erst einmal hinbekommen.
(Frank Otto Lizureck, AfD: Es ging um Demokraten! Es ging um Demokraten und Sie sind es nicht!)
Wenn in diesem Lande Maßnahmen getroffen wurden, und zwar egal, ob auf der Bundes- oder der Landesebene, dann waren sie demokratisch legitimiert. Wenn es Gesetze waren, dann sind diese ordnungsgemäß durch Gesetz, nämlich durch eine gesetzgebende Körperschaft zustande gekommen.
(Zuruf von Frank Otto Lizureck, AfD)
Wenn es Verordnungen waren, dann basierte das Ganze - regen Sie sich doch nicht so auf -
(Frank Otto Lizureck, AfD: Wenn man kein Gewissen hat, dann ist das so!)
auf der Grundlage einer gesetzlichen Verordnungsermächtigung. Ich weiß überhaupt nicht, was Sie an der Stelle wollen.
Ich weiß auch nicht, welche Umfragen Sie lesen. Aber in Anbetracht der Umfragen, die ich kenne, weiß ich nicht, woraus Sie den Schluss ziehen, dass wir Angst hätten, nicht wieder Mitglied dieses Hauses zu werden.
(Zuruf von Matthias Büttner, Staßfurt, AfD)
Zu dem Thema Extremist. Wissen Sie, was die Besonderheit bei Ihnen ist? - Sie haben den Amtsstempel, Sie sind amtlich bestätigter Extremist.
(Frank Otto Lizureck, AfD: Von welchem Amt?)
Das können Sie für sich in Anspruch nehmen.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Herr Tillschneider, Sie hatten eine Frage.
Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):
Ja.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Sie haben sich erst hinterher gemeldet. - Wollen Sie die Frage beantworten?
Rüdiger Erben (SPD):
Nein.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Er will Sie nicht beantworten. - Danke, Herr Tillschneider. Das war es dann.
(Lachen bei der SPD und bei den GRÜNEN)
Dann kommen wir kurz auf etwas zurück. - Herr Lizureck, Sie haben den Abg. Erben mit einer Verhaltensweise identifiziert: Sie verhalten sich wie Ratten.
(Angela Gorr, CDU: Ja!)
Dafür erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf.
(Beifall bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der CDU)