Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE): 

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Bildung brennt in Sachsen-Anhalt. Das ist kein Schlechtreden, sondern das ist Hingucken.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der Linken)

Das heißt auch nicht, dass unsere Lehrkräfte an den Schulen nicht Großartiges leisten. Das heißt auch nicht, dass Lehrkraft nicht der zweitbeste Beruf der Welt ist; der beste ist natürlich in der Pflege.

(René Barthel, CDU: Ja, ja, ja!)

Und das sagen Pflegekräfte, obwohl sie gleichzeitig sagen, dass es in der Pflege brennt; doch das führt nicht dazu, dass sie nicht mehr Pflegekraft sein wollen.

Lange Zeit wurden hier in Magdeburg die Rauchwolken ignoriert oder man hat versucht, sie wegzublasen. Das Feuer hat verschiedene Ausprägungen, seien es der Lehrkräftemangel, hohe Krankheitsquoten beim Schulpersonal, Unterrichtsausfall, schlechte PISA-Ergebnisse oder hohe Schulabbruchquoten. Man kann die Liste fortführen. Das, was dort passiert, verbrennt nicht nur die Lehrkräfte, die direkt vor Ort um jeden einzelnen Schulerfolg kämpfen, es schadet auch den Schülerinnen und Schülern unseres Landes, die hier für ihre Zukunft lernen.

Wenn wir dieses Feuer endlich bekämpfen wollen - ich höre gleich auf mit dieser Bildsprache  , 

(Ministerin Eva Feußner: Ja! - Olaf Meister, GRÜNE, lacht) 

wird es nicht reichen, nur den Rauch zu entfernen. Wir müssen endlich die Brandherde erkennen, sie identifizieren, unsere Schlussfolgerungen daraus ziehen und diesen Brand letztendlich auch löschen.

Ein Problem ist das jahrelange Sparen im Schulsystem. Ja, die Mittel im Landeshaushalt sind endlich. Genau deshalb muss man bei der Verteilung der Haushaltsmittel priorisieren und in die Zukunft unseres Landes investieren. Die Floskel fiel gestern schon einmal: Köpfe statt Beton. Was ist dann naheliegender als Bildung?

Doch nicht nur bei der Verteilung von Geld, auch bei politischen Entscheidungen müssen wir das Thema Bildung in Sachsen-Anhalt endlich mehr priorisieren. Das Bildungssystem unseres Landes muss grundlegend überarbeitet werden, und zwar jetzt. Wir können nicht mehr länger warten. Wir können uns nicht noch weitere zehn Jahre einen PISA-Schock nach dem nächsten holen, ohne endlich die Konsequenzen zu ziehen.

Wenn man das Bildungssystem grundlegend überarbeitet, dann muss das Schulgesetz unseres Landes auf den Prüfstand. Deswegen bin ich sehr froh über die heutige Debatte zur Änderung dieses Schulgesetzes. Deswegen kann ich ehrlicherweise auch nicht verstehen, warum der Schulgesetzentwurf der Linken nicht überwiesen werden soll. Man könnte ihn durchaus im Ausschuss liegen lassen und dann gemeinsam mit dem Schulgesetzentwurf der Koalition behandeln, der ja jetzt angekündigt worden ist.

(Zustimmung bei der Linken und bei der SPD - Eva von Angern, Die Linke: Dazu würde aber Größe gehören!)

Ein gutes Schulgesetz ist also die Grundlage dafür, dass wir ein funktionierendes Schulsystem in Sachsen-Anhalt haben. Die Fraktion Die Linke will mit ihren Vorschlägen für Änderungen im Schulgesetz ein Konzept für ein chancengerechtes Schulsystem vorlegen. In ihrem Gesetzentwurf haben Sie die bildungspolitischen Forderungen der letzten Jahre zusammengefasst. Daran ist erst einmal nichts Schlechtes. An vielen Stellen haben wir über genau diese Forderungen im Einzelnen bereits im Landtag diskutiert.

Über notwendige Änderungen, z. B. bei der Lehrkräfteausbildung, haben wir in den letzten Monaten schon oft diskutiert. Unsere bündnisgrüne Position dazu ist klar: Wir fordern die Einführung des Stufenlehramts für Sachsen-Anhalt, das dann unterschiedlich gestaltet werden könnte. Inwieweit das aufgeteilt werden sollte, welche Stufen es geben wird, ob das in einem Bachelor- oder Master-System oder mit Studiengängen im Staatsexamen realisiert wird usw. usf. - ich finde, diese Entscheidung sollte den Bildungsexpertinnen an den Universitäten obliegen.

Wir Landespolitikerinnen müssen Ihnen aber den Auftrag dazu geben, eben diese Konzepte zu entwickeln. Dass die Universitäten mehr als bereit dazu sind, das haben Sie in den Fachanhörungen zu unserem Antrag zur Einführung des Stufenlehramts in Sachsen-Anhalt mehr als deutlich gemacht.

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)

Aber, liebe Kolleginnen von der Fraktion Die Linke, in Ihrer Presseerklärung zu dem Gesetzentwurf schreiben Sie, dass Sie mit Ihren Änderungen am Schulgesetz ein Konzept für ein chancengerechtes Schulsystem in Sachsen-Anhalt vorlegen wollen. Das empfinde ich dann doch ein bisschen als False Labeling; denn dafür fehlen einfach ein paar Dinge.

Zu einem chancengerechten Schulsystem in Sachsen-Anhalt gehören weitaus mehr als die Dinge, auf die Sie eingehen. Dazu würde ganz zuvörderst auch ein inklusiveres Schulsystem und eine verbesserte Integration gehören 

(Zustimmung von Katrin Gensecke, SPD) 

und dass wir in Sachsen-Anhalt endlich die Möglichkeit zum längeren gemeinsamen Lernen schaffen und stärken.

Über all das, über Ihre Ideen, über unsere Ideen und über die Ideen der Koalition - ich habe noch drei Minuten Zeit; ich kann also noch zwölf Mal das Wort „Ideen“ sagen - hätte ich sehr, sehr gerne gemeinsam im Ausschuss diskutiert, damit wir zum besten neuen Schulgesetz für Sachsen-Anhalt kommen.

Wir haben gehört: Wir werden es nicht machen. Ich beantrage an dieser Stelle formal trotzdem eine Überweisung in den Bildungsausschuss. Denn Bildung brennt in unserem Land. Wir müssen endlich gemeinsam daran arbeiten, diesen Brand zu löschen. - Vielen Dank.