Ulrich Thomas (CDU):

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist ein wichtiges Thema, über das wir hier debattieren; allerdings finde ich den Titel etwas zu kurz gesprungen. Es hätte uns mehr gefreut, wenn wir nicht über die Erdgaspreise allein diskutieren, sondern wenn wir über die gesamten Energiepreise diskutieren. Anderenfalls wäre das zu klein gedacht.

(Zustimmung)

Denn der Endverbraucher braucht nicht nur das Gas, er braucht auch Strom und auch noch den Diesel oder den Benzinkraftstoff, wenn er dann pendelt, meine Damen und Herren.

Und wenn Sie jetzt Verbraucher sind und das einmal betrachten, was sich dabei für Entwicklungen abzeichnen, dann muss man schon sehr genau unterscheiden: Geht es um die wirtschaftliche Entwicklung oder geht es um die Entwicklung aus privater Sicht? Aus privater Sicht wird diese Kostenerhöhung sicherlich erst mit einem halben Jahr Verzögerung bei den Verbrauchern bemerkbar sein, weil dann die Rechnungen kommen. Aber sehr wohl hat er im Blick, dass er damit rechnen muss, dass zum Jahreswechsel der Liter Kraftstoff 2 € oder mehr kostet. Das macht den Leuten Sorgen.

Dann diskutieren wir zusätzlich auch noch über das Heizen. Die Wärme wird teurer werden, im Schnitt pro Haushalt um etwa 100 €. So kalkuliert man nach den derzeitigen aktuellen Entwicklungen. Die ersten Stadtwerke und Anbieter haben ihre Gaspreise schon um 13 % erhöht, erhöhen müssen, weil die Situation international an den Märkten so ist, wie sie ist.

In der Wirtschaft haben wir bereits das erste prominente Beispiel: SKW Piesteritz muss die Produktion drosseln, weil ganz einfach das Endprodukt sonst nicht mehr bezahlbar ist aufgrund der hohen Gaspreise, was wiederum Folgen hat in den Ketten. Denn mit dem AdBlue, diesem Harnstoff, wollen wir die Verbrennungsmotoren eigentlich sauberer machen. Nun bekommen wir das wahrscheinlich oder unter Umständen nicht mehr hin, weil nicht mehr genügend AdBlue zur Verfügung steht. Es ist zu befürchten, dass es womöglich zu Hamsterkäufen kommt oder - auch das haben wir hier im Landtag schon diskutiert - Lkw-Fahrer ihr Fahrzeug so manipulieren, dass sie auch ohne AdBlue durch die Gegend fahren. Dann erreichen wir genau das, was wir nicht wollten, nämlich dass wir wieder mehr Schmutz produzieren, als nötig wäre.

Meine Damen und Herren! Dann hören wir immer von den Fraktionen, die hier vehement für erneuerbare Energien kämpfen, die immer sagen, wir müssen noch viel mehr tun.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Wir haben doch gar nichts gesagt!)

Ich freue mich ja schon, dass Sie sich angesprochen fühlen. Ich habe auch gar nicht zu Ihnen geguckt, Frau Lüddemann. Es ist nun auch schade, dass Sie nicht als Verkehrsministerin darauf Einfluss nehmen können. Ich kann das verstehen. Aber nichtsdestotrotz will ich sagen, die, die immer den Ausbau hier fordern und dann am Ende mit den Kosten konfrontiert wurden, kommen dann mit dem großen Klagelied.

(Zuruf: Nein!)

Oh doch. Und dann soll es der Staat richten. Dann wollen wir da mal wieder ein bisschen Geld hingeben. Und die Leute fragen sich, was das eigentlich soll. Sie sagen: „Ihr nehmt uns vorn bei den Energiepreisen das Geld weg und hintenherum gebt ihr uns ein bisschen zurück.“ Das passt hinten und vorne nicht. Und das hat auch einen Grund, warum wir in Deutschland weltweit mit die höchsten Energiepreise haben. Das zumindest haben wir vollbracht. Und das zeigt auch, dass wir diesen Prozess, diesen Umschwung, diesen Ausstieg aus der Atomkraft, raus aus den fossilen Energieträgern, hin zu erneuerbaren Energien, bisher nicht so vollzogen haben, wie man es hätte machen müssen oder können. Wir bezahlen das alle jeden Tag mit unserer Rechnung. Und das kann uns doch nicht zufrieden machen, sondern muss uns Sorgen machen.

Natürlich kann man dann auch die Märkte beklagen. Natürlich kann man beklagen, dass sich gerade China mit Australien streitet und die Australier deswegen keine Kohle nach China bringen. Deswegen sagen die Chinesen: Wenn wir frieren, dann heizen wir eben mit Gas. Davon haben wir wenig. Dann kommt der Amerikaner und bringt uns das Flüssiggas. Der bringt uns das Flüssiggas, das uns dann in Europa wieder fehlt. Und dadurch haben wir dann hier die Knappheit, die sich jetzt andeutet. Das führt dann dazu, dass man versucht, die Speicher zu füllen, dass man jetzt hektisch an den Märkten wird, dass man kauft, fast um jeden Preis. Und das führt im Ergebnis dazu, dass wir gerade diese Preisentwicklung haben, die wir haben.

Da muss man wirklich sagen, wir sind dabei die Leidtragenden. Das ist auch ein Zeichen für uns, dass wir uns bei der eigenen Energieversorgung ein Stück weit unabhängiger machen müssen. Deswegen ist die Nord-Stream-Pipeline 2, die wir immer gefordert haben, die wir auch unterstützen, genau die richtige Antwort darauf. Denn, wir mögen uns nicht ausmalen, was wäre, wenn wir diese Leitung nicht hätten, auch nicht in der Perspektive.

(Beifall)

Denn neben der Bezahlbarkeit der Energiepreise hat auch meine Fraktion immer eine Forderungssicherheit gefordert. Es muss auch sicher sein, dass diese Energieversorgung kommt. Ansonsten nützen uns die günstigsten Preise nicht, wenn wir nicht genügend Strom zur Verfügung haben.

Und wenn Sie sich dann einmal dieses Jahr 2021 anschauen, dann stellen wir ganz nüchtern fest: Es hatte nicht so viel Wind wie manch anderes Jahr. Wir haben also Energiedefizite. Und obwohl Windstille ist, obwohl heute nicht die Sonne scheint, obwohl wir weniger Fotovoltaikleistung haben, soll alles funktionieren.

Dann brauchen wir die Ersatzkraftwerke, dann brauchen wir die Grundlastkraftwerke.

(Beifall)

Und insoweit haben wir gesagt, Kohle wollen wir nicht mehr. Wir machen das mit Gas. Ein Fünftel der Energie in Deutschland erzeugen wir durch Gaskraftwerke. Jetzt müssen diese den Strom erzeugen, und zwar genau mit dem teuren Gas, das jetzt auf dem Weltmarkt zur Verfügung steht. Das verteuert natürlich den Strom. Das ist dann die Logik, die wir dabei haben, dass wir sagen, wir machen zwar sauberen Strom, aber es kostet eben Geld. Auch das gehört zur Wahrheit. Dann muss man auch einmal formulieren, dass das eben Geld kostet. Denn niemand wird sich heute auf den Markt stellen und ankündigen: Ich will Euch schon einmal sagen, liebe Bürger, Eure Strompreise im nächsten Jahr - dazu gibt es die ersten Schätzungen - könnten bei 40 Cent liegen. Das erzählen wir genau den Leuten, denen wir gerade gepredigt haben, doch ihre Gewohnheiten zu ändern und ihre Lebensgewohnheiten zu ändern und möglichst mit erneuerbaren Energien zu leben.

Meine Damen und Herren! Wir können wir nun helfen? Ich bin der Landesregierung außerordentlich dankbar, dass es hier erste Vorschläge gab. Natürlich müssen wir überprüfen, welche Kosten wir national oder auch europäisch auf die Energiepreise aufgeschlagen haben. Es sind schon einige Worte gefallen: EEG-Umlage muss herunter, die Stromsteuer muss gesenkt werden. Auch den Zertifikatehandel muss man dann temporär auch einmal aussetzen dürfen. Das haben wir in den Coronajahren auch gemacht oder machen müssen. Gott sei Dank ist es uns auch gelangen, dass wir dabei beispielsweise auch die Mehrwertsteuer gesenkt haben, um erst einmal diese größten Spitzen abzufangen, um das Ganze für den Verbraucher bezahlbar zu halten.

Dafür stehen wir und dafür werden wir uns auch im Rahmen unserer Möglichkeiten starkmachen. Ich lade Sie alle herzlich ein, uns dabei zu unterstützen.

Zweitens müssen wir es lernen, dass wir nicht falsche Anreize setzen, die sich im Nachhinein mit etwas Verzögerung als falsch oder nicht mehr richtig erweisen. Ich kann mich noch gut an Diskussionen hier im Haus erinnern, da haben wir den Benzinmotor aufgrund der hohen CO2-Belastungen verteufelt und haben gesagt: Leute, kauft euch lieber einen Dieselmotor, der ist an der Stelle viel sauberer.

Zwei bis drei Jahre später ist dann den Leuten aufgefallen, der Dieselmotor ist auch nicht so chic. Warum? Der macht ja so viel Ruß, so viel Feinstaub. Das ist also auch nichts Gutes, wenn man ein Feinstaubauto hat. Dann kann man noch Lastenfahrräder fordern. Da kann man auch fordern: Fahrt alle mit Bus und Bahn. Das macht vor allen Dingen Sinn in der Krise, die wir gerade hatten, wo wir gesagt haben: soziale Kontakte vermeiden, gerade auf dem flachen Land. Man wusste, warum man da Autos braucht und warum man auch Individualverkehr braucht.

(Zuruf)

Und jetzt sagen wir: Leute, kauft Euch Stromautos und wir verteuern auch gerade jetzt wieder den Strom, wobei das Ende noch nicht in Sicht ist.

Meine Damen und Herren, das sorgt doch nicht für Akzeptanz bei unseren Bürgerinnen und Bürgern, sondern das sorgt für Kopfschütteln, zu Recht für Kopfschütteln.

Dann können Sie noch nachlesen, dass sie auch heute noch staatliche Förderung bekommen, wenn sie in eine Gasheizung investieren. Wenn Sie also von Ihrem Ölkessel weggehen und eine Gasheizung installieren, dann fördern wir selbst das noch mit Subventionen - und das bei dem hohen Gaspreis, weshalb die neuen Häuslebauer gar keine Genehmigung mehr für eine Gasheizung bekommen, sondern alles mit einer Luftwärmepumpe realisieren müssen, die nun auch wieder Strom verbraucht. Und der Strom wird auch wieder teurer.

Dann gibt es noch die ersten Gedanken, die wir in einer Baugenehmigung gleich mit fordern, dass auch noch Fotovoltaik auf das Dach soll, dass der Häuslebauer angesichts seiner Kostenbelastung zum Schluss gar nicht mehr weiß, wie er damit klarkommen soll.

Meine Damen und Herren! Das ist eine falsche Entwicklung. Da sagen wir: Erneuerbare Energien ja, aber nicht um jeden Preis, sondern wenn, dann mit Augenmaß und Vernunft.

(Beifall)

Meine Damen und Herren! Wir haben in den letzten Wochen alle Wahlkampf gemacht. Wir waren alle in vielen Gesprächen auf den Straßen. Natürlich erzählen uns die Leute, wo der Schuh drückt und wo die Sorgen sind. Ich habe niemanden erlebt, der sagt, er will wieder in alte Technologien zurück. Aber er sagt: Wenn ihr das mit der Energiewende macht, dann haltet es bitte bezahlbar für uns, haltet es überschaubar für uns, sonst geht die Akzeptanz verloren. Und dann nehmen wir die Leute nicht mehr mit.

Wir haben hier die eine oder andere Diskussion auch zu Corona, COVID-19 und dergleichen mehr geführt. Allein diese Diskussionen sorgen jetzt bei den betroffenen Leuten nicht für Sicherheit, sondern auch nur für die Frage: Ja, was ist denn nun das Richtige? Und wenn wir das gemeinsam schaffen wollen mit einer Energiewende - und da sind wir in Sachsen-Anhalt ein Vorreiterland -, dann müssen wir das auch gemeinsam durchtragen.

Aber wir müssen offen darüber reden, was es kostet und zu welchem Preis es eben nicht machbar ist, an welchem Punkt wir also sagen: Das werden wir nicht zulassen.

Abschließend möchte ich deutlich sagen, dass wir als CDU schon immer vor diesen Folgen gewarnt haben. Das macht mich heute nicht glücklicher. Aber Sie können zumindest in den Protokollen der letzten Jahre nachlesen, dass wir das immer wieder diskutiert haben. Ich will hier eindeutig sagen: Wir wollen eine Energiewende nicht um jeden Preis, sondern eine mit Augenmaß, damit das wichtige Grundgut, nämlich Energie, Wärme, Licht und Strom, für jeden bezahlbar bleibt und niemand Angst davor haben muss, dass er in Zukunft weniger Strom verbrauchen darf und womöglich den Thermostatregler etwas herunterdrehen muss. Diese Sorge müssen wir den Menschen nehmen, und darüber sollten wir gemeinsam in den Ausschüssen beraten. Wir haben ja erste Anträge im Wirtschaftsausschuss, anhand derer wir das Thema noch vertiefen werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Thomas, es gibt eine Frage von Frau Frederking. Wollen Sie die beantworten?


Ulrich Thomas (CDU):

Das mache ich ausgesprochen gerne, Herr Präsident.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Ob gerne oder ungerne, entscheidend ist, dass Sie sie beantworten. Dann kann Frau Frederking sie stellen. - Bitte.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Herr Thomas, ich kann bestätigen, dass Sie in den vergangenen Jahren immer das Gleiche erzählt haben und sich nicht widersprechen, auch heute nicht. Ich habe mich schon all die Jahre über Ihre Ausführungen gewundert. Auch heute haben Sie wieder erklärt, dass die Ursache für die hohen Strompreise bei den erneuerbaren Energien zu suchen ist. Es geht aber doch bei der jetzigen Energiepreisexplosion um fossiles Erdgas. Wie passt das zusammen?


Ulrich Thomas (CDU):

Frau Frederking, das ist ja genau das, was ich zu sagen versucht habe. Der Erdgaspreis ist nur ein Teil der ganzen Energiefrage. Ich stelle fest, in den letzten 20 Jahren, seitdem wir mit erneuerbaren Energien unterwegs sind, hat sich der Strompreis verdoppelt - verdoppelt! Sie fordern ja immer wieder, dass wir wegkommen von den fossilen Energieträgern, also auch vom Erdgas. Sie fordern mehr Einsatz von Strom, und gleichzeitig wird der Strom immer teurer. Wo ist da Ihre Logik? Die kann ich nicht erkennen.

Das Einzige, was ich Sie auch gerne einmal fragen würde - das können Sie mir vielleicht auch mal in Ruhe erklären -, ist dieses: Sie haben hier gestanden und haben gesagt, der Strompreis wird in den nächsten Jahren deutlich sinken. Das haben Sie hier gesagt. Das kann man in den Protokollen nachlesen. Wir stellen jetzt fest, dass wir weltweit mit die höchsten Strompreise haben. Das haben wir geschafft. Und das finden Sie auch noch gut.

(Beifall)

Ich sage Ihnen für die CDU-Fraktion, da haben wir eine andere Meinung. Das werden wir Ihnen so lange und so oft sagen, bis auch Sie erkennen, dass Sie auf unseren Pfad einschwenken müssen, damit wir auch zukünftig bezahlbare Energien haben.

(Beifall)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Ich habe jetzt noch Fragbedarf bei Frau Eisenreich gesehen und vermute mal - in dubio pro reo -, dass diese sich schon vor dem Ende Ihres Redebeitrags gemeldet hat. Sie nickt; dann glaube ich das jetzt. Frau Eisenreich, falls Herr Thomas Ihre Frage beantworten will, können Sie sie stellen. Das will er offensichtlich. Dann können Sie sie jetzt stellen.


Kerstin Eisenreich (DIE LINKE):

Sehr geehrter Kollege, Sie haben in Ihrem Redebeitrag angeführt, dass Sie als CDU auf die Unabhängigkeit des Strommarktes in Deutschland drängen. Ich habe jetzt noch nicht so richtig die Lösung dazu vernehmen können, zumal ja Deutschland doch ein relativ rohstoffarmes Land ist. Können Sie dazu vielleicht noch etwas ausführen?


Ulrich Thomas (CDU):

Das mache ich sehr gerne. Zunächst aber möchte ich Ihren Lösungsansatz wiederholen. Das habe ich mitgeschrieben, weil ich mit einer solchen Frage gerechnet habe. Sie fordern ja europäische und nationale Strategien. Wie diese Strategien auch immer aussehen mögen, haben Sie uns heute nicht erklärt. Sie haben noch die Chance, uns mal zu erklären, wie das nach Ihren Vorstellungen gehen soll.

Natürlich müssen wir bei der Energieerzeugung, bei der Energiegewinnung auf den Energiemix setzen, den wir immer hatten. Und natürlich müssen wir zukünftig von Subventionen wegkommen. Insbesondere dann, wenn jemand selbst Energie erzeugt, mit Photovoltaik z. B., muss er stärker den Eigenverbrauch in den Fokus nehmen. Genau diese Projekte der dezentralen Energiegewinnung könnten, glaube ich, hilfreich sein, um hier voranzukommen.

Aber - jetzt kommt das große Aber - um es sich leisten zu können, sich solch eine Anlage aufs Dach zu setzen, ist wieder ein großes Portemonnaie gefragt. Das können sich derzeit nur die Menschen leisten, die gut verdienen, und die profitieren dann auch noch von der günstig erzeugten Energie. Das ist schlichtweg nicht gerecht. Da müssen wir Wege finden, dass jeder davon profitiert.

(Beifall)