Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Wir alle kennen die Daten zu der demografischen Entwicklung von Sachsen-Anhalt. Uns fehlt die junge, gut ausgebildete mittlere Generation. Die demografische Spirale aus Abwanderung, Alterung unserer Bevölkerung   ich sage nicht „Überalterung“; denn ich bin selbst nicht so jung und finde eine höhere Lebenserwartung eigentlich gut; aber man sagt demografisch betrachtet auch „Überalterung“  , weiter geschrumpfter Infrastruktur als Folge davon sowie dem Fehlen von gut qualifizierten Fachkräften hat bereits heute Auswirkungen auf unsere Innovations- und Wirtschaftskraft. Davon war auch häufig die Rede.

Wir werden zukünftig im nationalen und internationalen Wettbewerb nur mithalten können, wenn wir Zuwanderung attraktiver gestalten   das ist natürlich nicht die Antwort auf alles, aber es ist auch eine Antwort  , bürokratische Hürden abbauen und die Integration verbessern.

Unser Land bietet gute Arbeits-, Bildungs- und Lebensbedingungen. Es lohnt sich, damit noch gezielter und offensiver zu werben, um Zuwanderer zu gewinnen, ihre Fähigkeiten einzubinden   auch von solchen Personen, die schon hier sind  , die Abwanderung von Talenten insgesamt zu verhindern und den einen oder die andere zur Rückkehr in das schöne Sachsen-Anhalt zu bewegen.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung sind sehr konkrete Vorhaben zur Fachkräftesicherung verankert worden. Um es noch einmal in Erinnerung zu rufen: Der Fachkräftesicherungspakt wurde in Zusammenarbeit mit Wirtschafts- und Sozialpartnern, Kammern, kommunalen Spitzenverbänden, Hochschulen, der Bundesagentur für Arbeit sowie verschiedenen Landesressorts geschlossen.

Wir stärken die Abstimmung von Maßnahmen, bei denen alle Partner verbindlich Verantwortung übernehmen: für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen, den Ausbau von Aus- und Weiterbildung und die Gestaltung der Fachkräftezuwanderung.

Das im Jahr 2020 beschlossene Fachkräfteeinwanderungsgesetz stellt bundesweit einen Meilenstein dar. Wir wollen mit dieser Grundlage die Verfahren zur Anerkennung von ausländischen Berufsabschlüssen beschleunigen. Auch davon war schon die Rede. Wir wollen die Angebote zur Berufsorientierung, Qualifizierung und Sprachförderung sowie die Unterstützungsangebote für eine langfristige Integration in unseren Ausbildungs- und Arbeitsmarkt passgenauer aufeinander abstimmen.

(Zuruf: Da bin ich sehr gespannt! Ich würde es mir wünschen!)

- Das ist doch schon einmal ein guter Wunsch; wir kommen noch darauf.

Zu den Voraussetzungen gelungener Zuwanderung gehört, dass sich Zugewanderte und Einheimische begegnen, kennenlernen und das gesellschaftliche Zusammenleben gemeinsam gestalten. Davon war auch bereits die Rede; das steht auch im Koalitionsvertrag.

Ein vermeintlich unüberbrückbarer Gegensatz zwischen gewachsener Dorfgemeinschaft und Zuwanderung, wie er gestern in einem Redebeitrag der AfD-Fraktion beschworen wurde, entspricht nicht der Lebensrealität, wenn z. B. ohne Zuwanderung die Arztpraxis nicht weitergeführt oder die Dorfgaststätte nicht mehr betrieben wird.

Wir wollen weiterhin dafür sorgen, dass geflüchtete und zugewanderte Menschen früh und praxisnah Informationen über das Leben in Deutschland, über Rechte, Regeln, Grundwerte, Traditionen und die Vielfalt an Lebensstilen erhalten und dass sie erfahren, was von ihnen verbindlich erwartet wird.

Wichtig ist, dass unser Zusammenleben nur auf der Grundlage unseres Rechtssystems und der im Grundgesetz verankerten Werte unserer Demokratie funktioniert. Das ist ganz wichtig und klar. Wir werden auch weiterhin vehement Rassismus, Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung entgegentreten.

Um sich zurechtzufinden, ist das Beherrschen der deutschen Sprache ausschlaggebend und grundlegend. Das beginnt schon in Kita und Schule. Wir wollen den Zugang von Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache in die Kitas erleichtern. Wir wollen die Schulförderung, natürlich auch für Kinder aus EU-Staaten, verbessern. Ältere Zugewanderte und Geflüchtete sollen ebenfalls die Chance erhalten, ihre Sprachkompetenz zu verbessern. Wir wollen uns dafür einsetzen, dass in diesem Sinne z. B. auch der Zugang zu Kursen erweitert wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Integration bedeutet auch Teilhabe. Wir werden die Behörden, die Ämter und die Dienste für interkulturelle Belange weiter sensibilisieren und für Menschen mit Migrationshintergrund weiter öffnen. Engagement soll auch künftig durch Lotsen und Patenschaftsprojekte und durch den Engagementfonds unbürokratisch unterstützt werden.

Wir schätzen und unterstützen die Vereine und die Verbände, die Teilhabe und Verständigung fördern, sowie das gut ausgebaute Netz an Migrationsberatungsstellen im Land. Viele weitere Ansätze finden sich auch in dem ressortübergreifend erarbeiteten Integrationskonzept der Landesregierung wieder, das erst im Dezember 2020 verabschiedet wurde.

Vor diesem Hintergrund befürworten wir die Überweisung des Antrags zur federführenden Beratung in den Sozialausschuss und zur Mitberatung in den Rechts-, den Innen-, den Europa- und den Finanzausschuss. - Vielen Dank.

(Zustimmung)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Dr. Richter-Airijoki, vielen Dank. - Zum Abschluss spricht     Herr Lippmann hat eine   was ist es?

(Zuruf: Frage!)

- Frage. - Frau Dr. Richter-Airijoki, sind Sie bereit, eine Frage zu beantworten?


Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):

Ja, sicher.


Thomas Lippmann (DIE LINKE):

Vielen Dank. - Sie haben jetzt, nicht als Einzige, auch den schulischen Bereich und die Sprachförderung für die migrantischen Kinder angesprochen, die natürlich sehr wichtig ist.

Wir hatten hier im Parlament in der letzten Legislaturperiode eine sehr intensive Auseinandersetzung darüber, dass die etwa 200 Sprachlehrkräfte, die wir mal in der sechsten Legislaturperiode unter dem damaligen SPD-Kultusminister in unseren Schulen hatten, zu Beginn der siebenten Wahlperiode, ich sage mal, Ende 2016, wieder abgeschafft wurden, indem ihre befristeten Arbeitsverträge, jedenfalls zum größten Teil - ein paar schon  , nicht verlängert wurden. Seitdem haben wir das Thema, ob sich denn die SPD in der Koalition dafür starkmachen, dass es vor allem mit dem vielen Geld, das im Moment im Personalbereich übrig ist, wieder Sprachlehrkräfte in den Schulen gibt, immer wieder auf die Tagesordnung gehoben.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Dr. Richter-Airijoki.


Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):

Es ist ganz klar, dass wir in Bildung investieren wollen und müssen. Das entspricht auch voll dem Konzept der SPD. Dazu gehört übrigens Inklusion. In diesem Zusammenhang sehe ich ganz klar die Sprachlehrkräfte. Ich kann insoweit jetzt nicht für die Regierungsseite insgesamt und für die Fraktion in dieser Situation sprechen, weil da viele verschiedene Fakten hineinspielen. Für mich persönlich ist es überhaupt keine Frage, dass es sehr wichtig ist, die Sprachlehrkräfte weiterhin und erneut zu finanzieren.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Dr. Richter-Airijoki, Sie haben in der Liste der Ausschüsse den Bildungsausschuss bisher nicht erwähnt. Dann wäre das ein weiterer Überweisungsantrag.

(Zuruf: Ja!)

Herr Krull hat es gesagt; Sie würden sich dem anschließen.


Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD):

Ja.