Jörg Bernstein (FDP):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Fachfrage bezieht sich auf den Themenbereich Einstellungen ausländischer Lehrkräfte, insbesondere jener, die ihre Berufsqualifikation im Ausland erworben haben. 

Kurz zum Hintergrund: In Sachsen-Anhalt gibt es eine Verordnung zur Anerkennung im Ausland erworbener Berufsqualifikationen als Lehrerinnen und Lehrer für eine Tätigkeit im Land Sachsen-Anhalt. Sie ist vom 26. Oktober 2015. 

Ich frage die Landesregierung: Ist das Verfahren nach dieser Verordnung zu durchlaufen, und zwar auch dann, wenn durch die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen eine im Ausland erworbene Berufsqualifikation als Lehrerin oder Lehrer gleichgestellt wurde? 

Für den Fall, dass diese Frage mit Ja beantwortet wird, frage ich die Landesregierung: Sieht die Landesregierung Änderungsbedarf mit Blick auf die oben genannte Verordnung, um den Berufseinstieg für ausländische Lehrkräfte zu vereinfachen und attraktiver zu gestalten?


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Frau Feußner, bitte.


Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Sehr geehrter Herr Präsident! Lieber Herr Bernstein, Sie sprechen eine Verordnung an, die sich auf die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse bezieht. Die KMK diskutiert bereits sehr lange und intensiv darüber; denn wir haben die Problematik: Wenn wir Lehrkräfte aus dem europäischen und aus dem nichteuropäischen Ausland einstellen, dann sind die Anerkennungstatbestände immer schwierig. In der Regel sind das Ein-Fach-Lehrkräfte, und diese haben wir bei uns in Deutschland nicht als anerkannte Lehrkräfte im Portfolio, weil bei uns in Sachsen-Anhalt für die Grundschule mindestens drei - in einigen Bundesländern sind es auch nur zwei - und für die weiterführenden Schulen immer zwei Fächer absolviert werden müssen.

Wir sind als KMK sehr nah daran, eine Möglichkeit zu finden. Wir, insbesondere ich, werden im Rahmen der noch anstehenden Schulgesetzänderung entsprechende Paragrafen formulieren, die im Nachgang in einer geänderten Verordnung münden werden. Damit schaffen wir die Möglichkeit, sogenannte ausländische Abschlüsse auch auf andere Weise anzuerkennen. Ich warte auf die Vereinbarung der KMK; denn wir wollen das in den Bundesländern alle gleichermaßen vollziehen. Aber wir werden schon eine entsprechende Formulierung in das Schulgesetz einbringen, die später die Möglichkeit schafft, in der Verordnung die Details zu klären.

An dieser Stelle betone ich: Wir haben schon eine Vielzahl ausländischer Lehrkräfte in unser System aufgenommen, insbesondere als Seiteneinsteiger, weil eine Anerkennung bisher nicht erfolgen konnte. Bei einigen ist die Anerkennung erfolgt. Wir sind im Bereich Seiteneinstieg sehr intensiv unterwegs, insbesondere wenn es um die Sprachkenntnisse geht. Dafür bietet das LISA für Bewerber im Seiteneinstieg Kurse an, sodass sie mindestens das Niveau C1, besser noch C2 ablegen können, sofern ihre - ich sage es einmal in Anführungszeichen - derzeitige Qualität der deutschen Sprache noch nicht ausreicht, um vor einer Klasse zu stehen. Es geht ja nicht nur um das Unterrichten, man muss auch in anderen Bereichen kommunikativ werden, bspw. bei Elterngesprächen, Schülergesprächen außerhalb des Unterrichts usw. Es gibt eine Vielzahl von Dingen, die eine Lehrkraft mitteilen muss. 

Ich nenne einmal eine Zahl. Wir hatten im Seiteneinsteigerportal im Jahr 2023   474 Anmeldungen von Personen mit einer anderen Muttersprache als Deutsch. Bei 106 Personen ist ein Stellenangebot bestätigt worden, also die sind eingestellt worden. Insgesamt wurden 248 Gespräche geführt. Manche sind noch dabei, einen Kurs am LISA abzulegen, um das C1-Niveau für Deutsch zu erreichen. Sobald sie es erreicht haben, sind sie in der Lage, das Bewerbungsverfahren fortzusetzen. 

Wir haben auch ukrainische Lehrkräfte eingestellt. Darüber habe ich bereits berichtet. 

Ich will an der Stelle vielleicht noch über eine ganz kleine persönliche Gegebenheit berichten. Ich war neulich zum Neujahrsempfang der Stadt Merseburg. Dort sprach mich der Vater von Herrn Striegel an. Er sagte, hier sind zwei Personen, die gern einmal mit mir sprechen würden. Das waren zwei männliche Personen türkischer Herkunft - sie haben mit mir ein Foto gemacht  , die sich ausdrücklich bei mir bedankt haben, weil ich oder wir - ich stelle sie nicht ein; das macht das Landesschulamt bzw. das Ministerium bzw. das Land Sachsen-Anhalt - ihnen eine Möglichkeit geschaffen haben, eingestellt zu werden.

Sie sagten mir, dass sie eine Whatsapp-Gruppe gegründet haben - sie sind auch alle miteinander vernetzt - und dass schon jetzt Personen aus Berlin und auch aus Frankfurt am Main nach Sachsen-Anhalt gezogen sind, um hier Lehrkraft zu werden, weil sie die entsprechende Ausbildung haben. Sie haben sich bedankt, haben den Kontakt zu mir hergestellt und wollten sozusagen auch noch einmal ein Gespräch mit der Gruppe, die zufällig entstanden ist. Sie haben mir bestätigt, dass das in anderen Ländern wesentlich schwerer vonstattengeht bzw. fast unmöglich ist. Ich weiß, dass auch andere Länder Lehrkräfte mit ausländischem Hintergrund eingestellt haben. 

Ich will anhand der Schilderung einer solchen Begebenheit deutlich machen, dass wir in der Richtung gar nicht schlecht unterwegs sind. Aber das reicht eben noch nicht. Es geht um die vollständige Anerkennung. Daran arbeiten wir. - Vielen Dank.