Rüdiger Erben (SPD): 

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Herr Kirchner, ein paar Worte zu den unsäglichen und widerlichen Vergleichen, man muss sogar sagen, 

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Gleichsetzungen der Bundesinnenministerin mit dem Stasi-Chef Mielke 

(Oliver Kirchner, AfD: Ja!)

und mit den Nationalsozialisten.

(Zuruf von der AfD: Und schon wieder sind es die Nationalsozialisten!)

Ich glaube, damit haben Sie heute wieder einmal einen neuen Tiefpunkt in Ihren eigenen Debattenbeiträgen erreicht.

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Oliver Kirchner, AfD: Das müssen Sie sich schon gefallen lassen!)

Ich werde noch mehrmals darauf zurückkommen. Und wenn Sie hier anfangen, die Vertreter der Kirchen in dieser Weise zu diskreditieren, dann will ich das gleichfalls auf das Schärfste zurückweisen.

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

- Nicht derjenige, der am lautesten brüllt, hat recht, Herr Kirchner. 

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Als katholischer Christ bin ich sehr stolz darauf, wie Bischof Feige auftritt. Herr Kirchner, ich habe Sie noch gut vor meinem inneren Auge, 

(Eva von Angern, DIE LINKE: Nein!)

als wir am 26. Januar 2023 am Denkmal „Magda“ standen und der Herr Bischof dort gesprochen hat. 

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Ich hatte den Eindruck, Sie versinken dort im Asphalt. Sie wurden immer kleiner. 

(Lachen und Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN) 

Sie waren gemeinsam mit Ihrem Fraktionsgeschäftsführer auf dem Platz schon fast gar nicht mehr zu sehen. Der Mann hat Ihnen eine Ansage gemacht und die Trefferwirkung war an diesem Tag deutlich zu bemerken. 

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Oliver Kirchner, AfD: Die war super!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt vieles, was die Anhänger unterschiedlicher Diktaturen unterscheidet, aber es gibt eines, was sie alle eint, nämlich die Umdeutung von Begriffen. Es geht Ihnen darum   Herr Kirchner, Sie haben es heute gezeigt  , Debatten zu vergiften,

(Oliver Kirchner, AfD: Das machen Sie schon selbst! - Lachen bei und Zurufe von der AfD)

Menschen zu manipulieren und Werteorientierungen umzudrehen. Das folgt immer dem gleichen schlichten Muster. George Orwell hat es in seinem Roman „1984“ als „Neusprech“ bezeichnet. 

(Zustimmung - Lachen bei der AfD - Daniel Rausch, AfD: Das macht ihr doch mit der Gender-Sprache! - Unruhe bei der AfD)

Ich will daraus zitieren: „Krieg ist Frieden; Freiheit ist Sklaverei; Unwissenheit ist Stärke“. 

(Oliver Kirchner, AfD: Wie bei Herrn Mielke! - Weitere Zurufe von der AfD)

Nach diesem Prinzip wird in Ihrem Antrag aus dem Handlungspaket zum Schutz eines Rechtsstaates ein   Zitat   „Putsch“. Aus dem freiheitlichsten Staat, den es auf deutschem Boden jemals gegeben hat, wird eine   Zitat   „DDR 2.0“ 

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Unruhe bei der AfD)

und die Gegner dieser Demokratie stilisieren Sie in Ihrem Antrag hoch zu   Zitat   „Dissidenten“. Mit Verlaub, Herr Kirchner, meine Herren von der AfD, das ist so dreist wie blöd. 

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Was im Roman funktioniert, das funktioniert in einer Demokratie mit aufgeklärten mündigen Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern eben noch lange nicht. 

(Lothar Waehler, AfD: Die Geschichte wird das irgendwann einmal anders sehen!) 

Die zahlreichen Demonstrationen der letzten Wochen beweisen das sehr genau. 

(Zurufe von der AfD: Nein, nein! - Ach, nein! - Unruhe)

Wie nervös Sie das macht, das haben Sie heute in Ihrer Rede sehr deutlich herausgearbeitet. Sie arbeiten immer gern mit Umfragen. 

(Zurufe bei der AfD)

Ich persönlich halte von solchen Wasserständen nicht sonderlich viel, aber welche Nervosität minus 5 % in einem Monat auslösen, das haben Sie heute hier unter Beweis gestellt. 

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Zurufe von der AfD: Das sagt eine Dreiprozentpartei! - 3 % SPD!)

Ich begrüße ganz ausdrücklich, dass die Bundesinnenministerin mit ihrem Maßnahmenkatalog deutlich macht, dass der Schutz der Demokratie nicht nur Sache der Zivilgesellschaft ist. 

(Zuruf von Daniel Roi, AfD - Lachen bei der AfD) 

Der Staat nimmt seine Verantwortung zum Schutz der Verfassungsordnung wahr. Die Instrumente der wehrhaften Demokratie werden genutzt, und wenn notwendig, müssen sie auch neu geschärft werden. 

(Oliver Kirchner, AfD: Ja! Die Demokratie so hinbiegen, wie man sie braucht!)

Deswegen ist es richtig, Rechtsextremisten zu entwaffnen, und deswegen ist es richtig, genau hinzusehen, welche Finanzströme dort laufen. 

(Oliver Kirchner, AfD: Rechtsbeugung, nichts anderes!)

Wenn Sie oder Ihr Ko-Vorsitzender auf einer Veranstaltung um 1,3 Millionen € für seine politische Arbeit wirbt, dann muss man auch darauf sehr genau schauen. 

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das Geld kommt als Nächstes!)

Dass das nötig wird, dazu muss ich sicherlich nicht im Einzelnen ausführen. 

(Oliver Kirchner, AfD: „Correctiv“-Finanzierung! Die kommt von der SPD!)

Die Machtergreifungsfantasien der extremen Rechten kennen wir nicht nur aus den kruden Plänen des Prinzen Reuß und seiner spätgeborenen Reichsbürger, wir hören sie auch in den AfD-Reden bei fast jedem Tagesordnungspunkt hier im Hohen Haus. 

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN) 

Deswegen möchte ich gern einen Aspekt ganz besonders herausgreifen, nämlich ihre internationale Vernetzung. Es gab diese internationalen Verbindungen schon immer.

(Jan Scharfenort, AfD: Herr Erben weiß Bescheid!)

Heute kumulieren sie jedoch in der Bewunderung für den Diktator und Aggressor Wladimir Putin. 

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN) 

Das ist nichts anders als in den USA, wo Donald Trump Russland ausdrücklich dazu einlädt, europäische Staaten anzugreifen und mit Ihnen   Zitat   „zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen“. 

Die politische Praxis von Ihnen und Ihren Mitgliedern ist keinen Deut besser. Ob es Ihre ständige Polemik gegen die Selbstverteidigung der Ukraine ist, die Reisepläne von Herrn Tillschneider und anderen in die annektierten Gebiete oder aber auch erst jüngst die geschmacklose Bemerkung ihres Parteichefs Chrupalla zum Tod von Nawalny. 

(Zustimmung bei der FDP)

Weil Sie die Feindschaft zur freiheitlichen Demokratie mit ihm verbindet, wollen Sie, dass der russische Diktator für seine militärische Aggression in Europa freie Bahn bekommt. Zu diesen internationalen Vernetzungen gehört natürlich auch, sich mit Ausländern wie Martin Sellner zu verbünden, 

(Oh! bei der AfD - Daniel Rausch, AfD: Leute, übertreibt es mal nicht! Mein Gott!)

der in Deutschland gegen Deutschland und seine Verfassungsordnung Wühlarbeit leistet, 

(Zuruf von der AfD)

wie unlängst bei der Deportationsberatung bei Potsdam. Dass gegen solche Personen Reisebeschränkungen und ein Einreiseverbot nach Deutschland verhängt werden, das halte ich für eine Selbstverständlichkeit, und nicht für einen Putsch. 

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Unruhe bei der AfD) 

Ich könnte das jetzt an allen 13 Punkten durchdeklinieren. 

(Oliver Kirchner, AfD: Genau!)

Bei allen geht es darum, unsere Demokratie wirksam vor ihren Feinden zu schützen. Spätestens durch die Enthüllungen aus der Vertreibungskonferenz am Lehnitzsee ist Ihnen die Maske vom Gesicht gerissen worden. 

(Unruhe bei der AfD)

Mit Ihrer Rede, Herr Kirchner, haben Sie das heute gleichfalls unter Beweis gestellt. Ich sage: „Nie wieder ist jetzt!“, 

(Oliver Kirchner, AfD: Genau! - Zuruf von der AfD: Nie wieder SPD!)

das gilt nicht nur auf dem Domplatz, das gilt auch in den Parlamenten. - Herzlichen Dank. 

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN) 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Offensichtlich hat Herr Tillschneider das Bedürfnis nach einer Intervention. - Sie haben das Wort. 


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD): 

Den Vorwurf, dumm und dreist zu agieren, kann ich zu 100 % auf Sie zurückwerfen. 

(Beifall bei der AfD) 

Sie kommen mit George Orwell.

(Lachen bei der AfD) 

Aber, wissen Sie, dieser Vergleich hinkt; denn wenn Sie das Buch gelesen hätten, dann hätten Sie gemerkt, dass es dort die Regierung ist, die die Begriffe umdeutet. 

(Zuruf von Daniel Roi, AfD)

Die Opposition kann das doch gar nicht. Wir haben doch überhaupt nicht die Macht dazu. Wir haben kein Ministerium und auch kein Wahrheitsministerium. 

Dass Sie so überaus empfindlich auf diese SED-Vergleiche reagieren, 

(Dr. Falko Grube, SPD, lacht)

das sagt schon sehr viel. 

(Jan Scharfenort, AfD: Jawohl!)

Ich finde, die Opposition muss das Recht haben, zu kritisieren, 

(Olaf Meister, GRÜNE: Hat sie!)

damit die Regierung unter Kontrolle bleibt. Wenn es der Opposition verboten ist, z. B. eine Regierung mit der DDR-Regierung zu vergleichen, 

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das ist nicht verboten!)

dann könnte sich diese Regierung im Rahmen einer Fehlentwicklung zu einer DDR 2. 0. entwickeln und wäre nicht mehr kritisierbar. Und genau das wollen Sie! Denn wenn ich Sie hier stehen sehe   jetzt sage ich einmal ein persönliches Wort   und Sie mit Ihrem   man erlaube mir diesen Anglizismus   Mindset betrachte, dann besteht kein Unterschied zwischen Ihnen heute und dem jungen NVA-Berufsoffizier von einst. 

(Beifall bei der AfD) 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Wenn Sie wollen, dann können Sie antworten. 


Rüdiger Erben (SPD): 

Ja, das will ich gern tun. - Erstens, Herr Tillschneider, habe ich nicht von dumm und dreist gesprochen, sondern von blöd und dreist, aber das nur nebenbei. 

(Zurufe von der AfD: Was? - Nein! - Oh! - Olaf Meister, GRÜNE: So viel Zeit muss sein! - Daniel Roi, AfD: 1 : 0 für Herrn Erben! - Zuruf von der AfD: Das klingt gleich ganz anders! - Lachen - Unruhe)

- Wollen Sie nun eine Antwort oder wollen Sie keine? 

Zweitens, Herr Tillschneider, gehöre ich zu denjenigen, die die DDR erlebt haben. Ich glaube, das Schicksal teilen wir beide nicht. 

(Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Gelebt, ja, gelebt! - Weitere Zurufe von der AfD)

Drittens will ich daran erinnern, dass falsche Tatsachenbehauptungen auch hier im Plenarsaal nicht zugelassen sind. Ich bin nie Berufsoffizier der NVA gewesen und ich wollte es auch nicht werden. 

(Dr. Andreas Schmidt, SPD: Lügner! Wie immer: gelogen!)

Ich weiß nicht, woher Sie die Erkenntnis haben. 

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und bei den GRÜNEN) 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Es gibt eine weitere Intervention, und zwar von Herrn Scharfenort. Herr Scharfenort, Sie haben das Wort. Bitte sehr. 

(Unruhe)


Jan Scharfenort (AfD): 

Die heutige Diskussion soll auch dazu dienen aufzuzeigen, wo der Landtag hierbei steht. Denn   das finde ich doch positiv   auch in den Fraktionen der anderen Parteien, auch im Bundestag, mehren sich die Stimmen der Kritiker. Jeder, der sich durchliest, was Nancy Faeser vorhat, der kann diesem Gesetzentwurf als Demokrat niemals zustimmen. Ich hoffe einfach, dass weitere Kritiker aufstehen und ihre Stimme dagegen erheben, so wie es mittlerweile auch viele Staatsrechtler machen. Darum geht es uns heute hier in der Debatte. - Danke. 

(Zustimmung bei der AfD) 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Sie können antworten, bitte. 


Rüdiger Erben (SPD): 

Sie haben eben von einem Gesetzentwurf gesprochen. Ich kenne keinen Gesetzentwurf. 

(Jan Scharfenort, AfD: Nein, die Debatte, aber ist egal!)

Frau Ministerin hat vorhin zutreffenderweise darauf hingewiesen; ich glaube, dass meine Kenntnislage richtig ist; es gibt keinen Gesetzentwurf. 

(Jan Scharfenort, AfD: Der wird aber kommen!)

Ich wüsste auch nicht, welcher Staatsrechtler, wie Sie eben gesagt haben, 

(Jan Scharfenort, AfD: Rupert Scholz z. B.!)

sich zu einem Gesetzentwurf, den es nicht gegeben hat    

(Jan Scharfenort, AfD: Rupert Scholz z. B.!)

- Ich glaube, gerade der hat sich bestimmt nicht zu einem Gesetzentwurf geäußert, den es nicht gibt.