Tagesordnungspunkt 30

Beratung

Neubau des Mehrzweckgebäudes der Kunsthochschule Burg Giebichenstein realisieren

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/3740


Einbringen wird diesen Antrag Herr Lange. 


Hendrik Lange (DIE LINKE): 

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass der Neubau für die Kunstausbildung an der Burg Giebichenstein, unserer renommierten Kunsthochschule, noch einmal Thema im Landtag werden muss, hätte ich nicht erwartet. Wir haben jetzt mehrere Ausschussberatungen gehabt. Spätestens nach der letzten Ausschussberatung im Wissenschaftsausschuss habe ich gedacht, dass allen klar geworden ist, dass dieses Projekt politisch gewollt ist und dass dieser Neubau realisiert werden sollte.

Das Schlimmste ist nun eingetreten - deswegen haben wir den Antrag gestellt  , es droht nämlich, dass der Vertrag mit dem zuständigen Architektenbüro gekündigt wird. Das darf nicht passieren, meine Damen und Herren. 

(Zustimmung bei der LINKEN) 

Die Geschichte des Neubaus für die Kunsthochschule ist sehr lang. Bereits im Jahr 1997 erwarb das Land das Gelände an der Seebener Straße 193 mit dem Ziel, ein neues Gebäude für die Kunsthochschule dort zu errichten.

Im Jahr 2008, also elf Jahre später, wurde das Projekt ins Perspektivprogramm für den Hochschulbau 2020 aufgenommen. Im Jahr 2011 bekannte sich der Wissenschaftsrat zu dem Projekt und im Jahr 2015 gab es eine symbolische Grundsteinlegung. Im Jahr 2016 hat die Burg den Bauantrag eingereicht, der dann schon im Jahr 2018 genehmigt wurde. Im Jahr 2019 gab es dann einen Planungsauftrag mit dem Hinweis auf die Durchführung eines Architekturwettbewerbs, der dann flugs im September 2020 startete und im September 2021 mit dem Siegerentscheid der Jury endete. Gewonnen hat das Architektenbüro Burger Rudacs aus München. Anfang 2022 wurde das Büro dann mit der Planung beauftragt. - So weit so gut, mag man denken. Jetzt kann es losgehen, vier Jahre nach der Perspektivplanung 2020. 

Aber warum jetzt so viel Geschichte? - Nun, meine Damen und Herren, weil die vielen Verzögerungen nicht von ungefähr kommen und viel über die Begleitumstände aussagen, die bis heute Sand im Getriebe sind. Bis zur Genehmigung des Bauantrages hat man nämlich versucht, den Neubau in der Seebener Straße zu verhindern und die Kunstausbildung weiter auf dem Hermes-Gelände zu belassen. Die Kunsthochschule musste lange um den zugesprochenen Bauplatz in der Seebener Straße kämpfen. Ihre Argumente waren immer die richtigen: Wegebeziehungen zu den anderen Standorten, Erreichbarkeit des Standortes und - das wird noch wichtig - die Verbesserung der Versorgung der Studierenden durch eine neue Mensa.

Trotzdem hielten maßgebliche Protagonisten viel zu lange an dem ungeeigneten Hermes-Areal fest - vielleicht weil mittlerweile Interessenten für das Filetgrundstück im Giebichenstein-Viertel aufgetaucht sind, vielleicht weil Hermes am potenten Ankermieter festhalten wollte. Ich will nicht weiter spekulieren. Die Entscheidung für die Seebener Straße wurde auch mit vielen Selbstbefassungsanträgen in den Ausschussberatungen durchgesetzt und steht.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Dass noch immer nicht gebaut wird, ist auch auf einen weiteren Streit zurückzuführen, der vom BLSA bis heute vehement geführt wird. Wird der Bau durch einen profanen Zweckbau realisiert oder gesteht das Bauhaus-Land Sachsen-Anhalt - modern denken - seiner international geschätzten Kunsthochschule ein architektonisches Highlight zu? Der Wunsch der Kunsthochschule war immer ein Architekturwettbewerb. Ich kürze das einmal ab, weil dieser stattgefunden hat. Aber der Weg dorthin war steinig und führte wieder über mehrere Selbstbefassungen in den Ausschüssen des Landtages.

Ich führe das deswegen aus, weil der Architekturwettbewerb von maßgeblichen Protagonisten im BLSA nicht gewollt war. Schon das ist ein Problem. Aber vollends problematisch ist es, dass das Ergebnis des Architekturwettbewerbes vom BLSA bis heute torpediert wird. Das geht bis dahin, dass man dem Architekturbüro eine unlösbare Aufgabe erteilt, nämlich einen längst unrealistischen Kostenrahmen einzuhalten, und ansonsten mit Vertragskündigung droht. Das geht nicht. Darum stellen wir heute den Antrag, meine sehr geehrten Damen und Herren. 

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN) 

Man kann nicht als Land einen Architekturwettbewerb veranstalten, als Teil der Jury einen Gewinnerentwurf küren und dann mit der Haltung darangehen, dass der Entwurf nicht mehr interessiert. Das ist unredlich und geradezu schädlich für das Image des Landes, eine Provinzposse im Bauhaus-Land. 

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN) 

Das sollte umgehend unterlassen werden.

Meine Damen und Herren! Unredlich ist auch der Umgang des BLSA mit dem Architekturbüro. Es gibt keinen richtigen Ansprechpartner. Die Rückmeldungen des Bauherrn lassen lange auf sich warten. Und es gibt einen Kommunikationsstil, der auf die Probleme, die von den Architekten aufgezeigt werden, und auf die verursachten Kosten gar nicht eingeht. Es drängt sich der Eindruck auf, dass der BLSA tatsächlich nur auf die Kündigung hinarbeitet, um seinen ausgelatschten Stiefel durchzuziehen.

Meine Damen und Herren! Ich komme im letzten Teil meiner Rede zu den Kosten und zu der Frage: Was nun? Es gibt einen angestrebten Kostenrahmen von knapp 31 Millionen €. Der BLSA hat die Kostenvoranmeldung des Architekturbüros geprüft und die Gesamtbaukosten auf 47,3 Millionen € festgestellt. Das ist zugegebenermaßen eine große Differenz. 

Neben der Tatsache, dass die erste Kostenplanung offensichtlich mit untauglichen Mitteln und veralteten Berechnungsmethoden entstanden ist, gesteht das Land schon eine Baukostensteigerung um 5 Millionen € zu. Die Burg ist bereit, Mittel in Höhe von 1 Million € aus der eigenen Rücklage beizusteuern und hat Kostendämpfungen in Höhe von 1,5 Millionen € angeboten. Die Lücke schließt sich somit auf 8,6 Millionen €. Meine Damen und Herren! Merken Sie sich: 8,6 Millionen € beträgt die Finanzierungslücke.

Nun kommen wir zu dem, was wir im Antrag als projektbezogene Kosten beschrieben haben. Bei der Kostenschätzung wurden Umstände nicht berücksichtigt, die bei der Projektplanung erst aufgetreten sind und mit dem Baugelände zusammenhängen. Es gibt dort eine Radonbelastung, die eine weiße Wanne nötig macht. Nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine wird nicht mehr auf Gas gesetzt, sondern es wird auf Geothermie und Solarenergie gesetzt. Der Boden ist kontaminiert und muss teuer saniert und entsorgt werden. - Das sind nur einige Beispiele. 

Die projektbezogenen Kosten belaufen sich auf mindestens 4,2 Millionen € und wurden bei den ursprünglichen Bau- und Erschließungskosten nicht berücksichtigt. Rechnet man sie ab, schließt sich die Finanzierungslücke im Vergleich zu der ursprünglichen Finanzierungsplanung auf 4,4 Millionen €. 

Meine Damen und Herren! Neben dem Imageverlust würde der Abbruch der Planungen mit dem Siegerentwurf des Wettbewerbs auch einen Verlust der bisherigen Kosten bedeuten. Bislang wurden Mittel in Höhe von mindestens 3 Millionen € in den Prozess investiert. Das ist verbranntes Geld, wenn wir von vorn anfangen müssten.

Zudem müsste sich die Burg länger auf dem Hermes-Gelände einmieten, was noch einmal mindestens 2 Millionen € kosten würde. An dieser Stelle ist dann schon die Kostenlücke geschlossen. Zudem würden die Baukosten mit jeder Verzögerung steigen und steigen, und es ist natürlich auch möglich, dass das Architekturbüro Kosten gegenüber dem Land geltend macht.

Meine Damen und Herren! Fatal wäre es auch, wenn nun Abstriche am Bau vorgenommen würden, die den Betrieb und die Funktionalität beeinträchtigen. 

Bei einem Neubau ist sowohl eine Investition in ein Audiovisionsstudio als auch die Berücksichtigung von Raumgrößen für Ateliers und Werkstätten sinnvoll. Nicht jedes Bild ist so klein wie die „Mona Lisa“. Wenn man im Louvre ist, dann kann man sich umdrehen - gegenüber hängt „Die Hochzeit zu Kana“ - und sehen, wie unterschiedlich groß Bilder sein können. Deswegen braucht man diese großen Raumgrößen.

Gar nicht verzichten darf man auf die Mensa, meine Damen und Herren. Das wäre ein fatales Signal an die Studierenden und für ihre sozialen Belange. Das haben wir heute in einer vorherigen Debatte schon besprochen. Darum, meine Damen und Herren: Gönnen wir der Burg ein anspruchsvolles, funktionales und soziales Gebäude am richtigen Standort! Das Land muss fair rechnen und sollte den Architektenentwurf zügig umsetzen. Billiger wird es nicht, auch nicht beim Standardbau des BLSA. Also fegen wir endlich den Sand aus dem Getriebe! In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke.