Wulf Gallert (DIE LINKE): 

Liebe Kollegen von der Koalition, das hat mich jetzt nicht sonderlich überrascht. Die harten Fakten kann doch niemand bestreiten. Das ist nicht nur bei den Patenanmeldungen. 

Etwas, worüber Sie gar nicht geredet haben, ist die FuE-Intensität, eine viel aussagekräftigere Zahl. Wie hoch sind die Aufwendungen für Forschung und Entwicklung gemessen am Bruttoinlandsprodukt? Wir reden dann nicht mehr über Patente, sondern wir reden darüber, wie viel Geld dort hineingeht. Mit 1,59 % haben wir tatsächlich den allerletzten Platz. Wir haben ihn nicht nur bei den Patenten, wir haben ihn auch beim regionalen Entwicklungsboard, wir haben ihn bei der F&E-Intensität. Diese drei Fakten zusammen lassen sich nicht bestreiten.

Das tun Sie jetzt auch nicht mehr, aber Sie sagen: Darüber darf man nicht reden; denn wenn man darüber redet, dann macht man das Land schlecht. Dazu sage ich: Gut, bleiben Sie in Ihrer Welt sitzen, wenn Sie das gern so möchten, aber Sie werden an der Situation nie etwas verändern. Übrigens: Dass das demnächst alles viel besser wird, das hören wir seit ungefähr 15 Jahren. Doch es ist in den 15 Jahren nicht besser geworden.

(Guido Kosmehl, FDP: Ah!)

- Gucken Sie sich das einmal an seit 2016. Gucken Sie sich die Patente an.

(Zurufe von Guido Kosmehl, FDP, und von Ulrich Thomas, CDU)

- Dann muss ich jetzt sagen: Herr Thomas und Herr Kosmehl, wissen Sie, die wirtschaftliche Entwicklung war übrigens auch von 1990 bis 1994 nicht besser als danach. Über diese Situation brauchen wir uns hier nicht mehr zu streiten.

(Ulrich Thomas, CDU: Das war Ihr Erbe!)

Wenn man jetzt noch einmal 30 Jahre zurückgeht und sagt, deswegen sei das hier alles so schlimm, dann sollte man einmal überlegen, ob man für die Zukunft noch Verantwortung übernehmen will, wenn man 30 Jahre zurückguckt und sagt: Das war damals die Ursache.

Noch einmal: Wir haben doch nicht den Vergleich mit Baden-Württemberg. - Okay, das kann ich gern machen. Patentanmeldungen in Sachsen-Anhalt im Jahr 2022 - 122, in Baden-Württemberg - mehr als 13 000. 

(Zuruf: Und warum? - Weitere Zurufe)

Das hat hier nur nie jemand gemacht.

Wir haben mit Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg verglichen, mit Thüringen und Sachsen, die alle die gleiche Geschichte haben. Auch gegenüber denen haben wir an Boden verloren, und zwar zusehends an Boden verloren.

Dann kann man schon einmal die kritische Frage stellen: Was läuft denn landespolitisch schief, wenn Mecklenburg-Vorpommern in der Entwicklung und Forschung besser ist als Sachsen-Anhalt?

(Beifall bei der LINKEN)

Dann kann man sagen: Diese Frage darfst du nicht stellen; denn dann redest du dieses Land schlecht. - Dann sagen wir: Gut, machen wir; davon lassen wir uns nun wirklich nicht abhalten.

(Unruhe)

Jetzt noch ein Beispiel aus der Innovationsstrategie. Die ist gar nicht so schlecht, das würde ich nicht sagen. Aber ich will die politische Debatte einmal mit einem Zitat kennzeichnen. Wenn es darum geht, was jetzt passieren muss, lese ich einmal zwei Sätze vor, mehr nicht: 

„Um die angestrebten Ziele des Innovationssystems insgesamt sowie der Querschnittsbereiche und Leitmärkte zu erreichen, setzt das Land ineinandergreifende Instrumente ein, welche auf die skizzierten Handlungsbedarfe eingehen und die Akteure im Innovationssystem stärken. Dadurch soll der anstehende Transformationsprozess [z. B.] bei der Digitalisierung, [die Entwicklung einer] nachhaltigen Mobilität [oder beim] Übergang zu einer nachhaltigen Energie- und Rohstoffbasis durch die Stärkung der Innovationskraft, der im Innovationssystem Sachsen-Anhalt engagierten Akteure unterstützt und beschleunigt werden.“ 

Jetzt wissen alle, was los ist. Das ist im besten Fall Phrasenschwein und ChatGPT. Das wird uns nicht weiterhelfen. Deswegen lassen Sie uns darüber diskutieren, wie wir in Zukunft besser werden und die Realitäten zur Kenntnis nehmen, liebe Kolleginnen und Kollegen.