Dr. Heide Richter-Airijoki (SPD): 

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Der Zahn der Zeit 

(Lachen)

nagt selbst an den Zahnärztinnen und Zahnärzten in Sachsen-Anhalt. 

(Lachen)

Mehr als die Hälfte ist über 55 Jahre alt. Die Kassenzahnärztliche Vereinigung Sachsen-Anhalt beschreibt eine sich anbahnende, zum Teil bereits bestehende kritische Unterversorgung, insbesondere in ländlichen Regionen. 

Ich möchte in diesem Zusammenhang Herrn Dr. Benz, den Präsidenten der Bundeszahnärztekammer, zitieren, der kürzlich in der „Tagesschau“ sagte: Es ist kein Mangel an Köpfen, sondern ein Verteilungsmangel. Und das, meine Damen und Herren, ist unser eigentliches Problem. 

An der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg werden jedes Jahr 40 junge Zahnmedizinerinnen und  mediziner ausgebildet, aber sie bleiben nicht im Land. 75 % eines Jahrgangs gehen nach dem Studium lieber in die urbanen Zentren, als in der Altmark oder im Jerichower Land in eine Praxis einzusteigen. Das, meine Damen und Herren, ist richtig schade, schade für das Land, schade auch um die verpassten Chancen für junge Menschen, die in unseren ländlichen Regionen hervorragend leben und arbeiten, eine Praxis führen oder in einer Praxis angestellt sein könnten. 

Die Rahmenbedingungen müssen stimmen: Berufsperspektiven auch für die Partner, gerechte Vergütung, familienfreundliche Arbeitszeiten, gute Kitas und Schulen, ÖPNV-Anbindung, hochwertiger, bezahlbarer Wohnraum, Förderung von Kultur- und Freizeitaktivitäten, um nur einige Punkte zu nennen. Für die Gewinnung auch ausländischer Fachkräfte zählen dazu auch Berufssprachkurse, zügige Anerkennungsverfahren und insgesamt eine gute Willkommenskultur. 

Ein sehr wichtiger Ansatzpunkt ist, dass wir junge Menschen aus Sachsen-Anhalt motivieren, sich im Gesundheitssektor und insbesondere im Bereich der Zahnmedizin ausbilden zu lassen. Sie sind hier ausgebildet, kennen die Vorzüge der Region und werden in ihrer Heimat arbeiten wollen. 

Des Weiteren müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass viele junge Menschen heute anders arbeiten wollen. Sie wollen nicht unbedingt eine eigene Praxis führen und ein hohes wirtschaftliches Risiko eingehen, sondern sie wollen lieber angestellt sein. Die Möglichkeit, im Angestelltenverhältnis zu arbeiten, ist auch für ausländische Fachkräfte, die keine großen Investitionen auf sich nehmen können, attraktiv. Beispiele zeigen, dass etwa zahnmedizinische Versorgungszentren gut funktionieren können und gut angenommen werden. Dabei kommt es wesentlich darauf an, wer sie betreibt. Ein Trend hin zu versorgungsfremden Investoren, etwa internationalen Private-Equity-Firmen, ist in Sachsen-Anhalt noch nicht eingetreten. Das wäre aus meiner Sicht auch keine begrüßenswerte Entwicklung. 

(Zustimmung von Hendrik Lange, DIE LINKE)

Eine Erhöhung der Studienplätze an der MLU, wie sie oft gefordert wird, kann das Problem nicht lösen; denn die bundesweiten Zulassungsverfahren lassen nur wenig Spielraum. Wir würden dann weiterhin im Wesentlichen für andere Bundesländer ausbilden. 

(Sandra Hietel-Heuer, CDU: Stipendien wären doch eine Idee!)

- Darauf komme ich noch zu sprechen. - Ich weiß, dass die Landesregierung ihre Prüfung für die Einführung einer Landzahnarztquote fast abgeschlossen hat. Auch bei einem positiven Ausgang, auf den ich hoffe, müssen wir uns vor Augen führen: Es geht um ganze drei Plätze und es werden in den nächsten Jahren Hunderte zusätzliche Zahnärzte gebraucht. Die Finanzierung eines Auslandsstipendiums durch Landkreise und Kommunen zusammen mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung kann maßgeschneidert helfen, einen Engpass zu überwinden, aber nicht im großen Maßstab als Lösung für die Fläche. 

(Zuruf von Sandra Hietel-Heuer, CDU)

Das Problem ist nicht die Zahl der Zahnmediziner und Zahnmedizinerinnen in Deutschland, sondern es ist die Verteilung. Es steht ein großer Elefant im Raum, meine Damen und Herren. 

(Beifall bei der SPD)

Die völlige Niederlassungsfreiheit ist ein wesentlicher Grund dafür, dass sich im ländlichen Raum zu wenige Zahnärztinnen niederlassen.

Wir müssen zurück zu einer Steuerung der Niederlassung durch die Kassenzahnärztliche Vereinigung, sonst können wir das Problem nicht lösen. 

(Zuruf von Juliane Kleemann, SPD)

Deshalb ist auch über eine entsprechende Bundesratsinitiative zu beraten. 

Ich empfehle eine Überweisung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung sowie zur Mitberatung in den Ausschuss für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt. - Vielen Dank. 

(Beifall bei der SPD)