Konstantin Pott (FDP): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Über die Anerkennung von erworbenen DDR-Rentenansprüchen sprechen wir hier im Landtag von Sachsen-Anhalt nicht zum ersten Mal. Bereits in der Sitzung am 15. Dezember 2022 stand das Thema auf der Tageordnung und wir haben dazu einen Beschluss gefasst. Das wurde bereits mehrfach angesprochen und ich werde darauf auch im späteren Verlauf meiner Rede noch einmal zurückkommen.

Als Erstes möchte ich aber klarstellen, dass jede Lebensleistung unabhängig von der Berufs- und der Personengruppe zu würdigen ist. Das muss natürlich unabhängig davon sein, in welchem Teil Deutschlands die Menschen gearbeitet haben. Deshalb ist es sehr bedauerlich, dass durch die Wiedervereinigung bestimmte Lebensleistungen nicht ausreichend gewürdigt wurden.

(Zuruf von der LINKEN: Ja!)

Um die vorliegende Debatte zu den ost- und westdeutschen Renten besser verstehen zu können, möchte ich aber zunächst auf dem Hintergrund eingehen. Im Jahr 1991 ist das Gesetz zur Rentenüberführung verabschiedet worden. Das trat dann im Jahr 1992 in Kraft. Geregelt wurde damit die Überleitung der DDR-Renten in das Rentensystem der Bundesrepublik Deutschland. Das, was sich erst einmal einfach anhört, ist dann in der Praxis aber häufig leider nicht einfach.

Durch den Übergang kam es zu Benachteiligungen von ostdeutschen Bürgerinnen und Bürgern. 40 Jahre lang besaßen beide Teile Deutschlands ein eigenes Rentensystem. Während das System der DDR von Zusatz- und Sonderversorgungssystemen und von einer Grundrente geprägt war, war das Rentensystem der BRD eine leistungsbezogene und dynamische Alterssicherung. Es ist offensichtlich schwierig, das zu überführen und miteinander in Einklang zu bringen. Dazu kommt der zeitliche Druck, unter dem das damalige Gesetz entstanden ist.

Bereits im Jahr 1993 kam es zu ersten Klagen von einzelnen Berufsgruppen der ehemaligen DDR. Bis heute sind nicht alle Berufs- und Personengruppen vollumfänglich übergeleitet und berücksichtigt worden. Und auch heute ist die Debatte darüber noch nicht abgeschlossen, wie es der heutige Tagesordnungspunkt und die heutige Aktuelle Debatte zeigen. Betroffen sind bspw. nach DDR-Recht geschiedene Frauen, Arbeitnehmer der Reichsbahn, Balletttänzerinnen, Krankenschwestern oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Post.

Ein erster Schritt für die Betroffenen ist der Härtefallfonds, der von der jetzigen Bundesregierung auf den Weg gebracht worden ist. Ich möchte betonen, er ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber er darf auch nicht das Ende der Debatte sein. Der Härtefall umfasst eine Einmalzahlung durch den Bund in Höhe von 2 500 € und ist an die Härtefälle der Rentenüberleitung Ost-West, Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler und jüdische Zuwanderinnen und Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion gerichtet.

Um Anspruch auf die Einmalzahlung zu haben, müssen aber weitere Kriterien erfüllt sein, bspw. ein Rentenbezug von weniger als 830 € netto, geboren vor dem 2. Januar 1952 oder ein Rentenbeginn nach dem 31. Dezember 1996, welcher zusätzlich an weitere Kriterien geknüpft ist.

Neben der Einmalzahlung des Bundes gab es für die Bundesländer die Möglichkeit, einer eigens zu dem Zweck gegründeten Stiftung beizutreten. Damit hätten sich die Einmalzahlungen auf 5 000 € verdoppelt. Die zweite Hälfte muss bzw. müsste dann mit Landesmittel finanziert werden. Ein Beitritt der Länder war bis zum 31. März 2023 möglich. Beigetreten sind der Stiftung die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg, Thüringen und Bremen.

Auch die Frist für die Antragstellung ist mittlerweile abgelaufen. Nach einer Verlängerung der Antragsfrist am 30. September 2023 war es möglich, bis zum 31. Januar 2024 Anträge für eine Einmalzahlung aus dem Härtefallfonds zu stellen.

Wie sind dann aber die Zahlen in Sachsen-Anhalt? - Die Zahl der gestellten Anträge ist gering. Das Maß der abgelehnten Anträge fällt aber recht hoch aus. Nur etwa jeder vierte Antrag wird genehmigt. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, da liegt ein zentrales Problem.

In den bereits geführten Debatten zum Thema Härtefallfonds brachten die Koalitionsfraktionen einen Alternativantrag ein, der unter anderem einen Prüfauftrag zum Beitritt zur Stiftung beinhaltete. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, so ehrlich bin ich an der Stelle: Ich finde es bedauerlich, dass man im Nachgang zu diesem Beschluss davon leider fast nichts mehr gehört hat und ich nicht weiß, wann, wie und mit welchem Ergebnis der Prüfauftrag abgeschlossen wurde.

(Zustimmung bei der FDP, von Stefan Gebhardt, DIE LINKE, und von Eva von Angern, DIE LINKE)

Klar ist der Härtefallfonds nicht die Lösung zur abschließenden Gerechtigkeit, falls es so etwas überhaupt gibt. Aber hier hätte ich mir zumindest mehr Transparenz gewünscht.

(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP)

Aus meiner Sicht ist der Härtefallfonds keine komplette Würdigung der Lebensleistung. Er ist aber ein Schritt in die richtige Richtung.

Und, liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Anmerkung sei mir am Ende der Rede auch noch gestattet: Wir müssen auch schauen, dass das Rentensystem zukunftsfähig gemacht wird. Der demografische Wandel führt dazu, dass das umlagefinanzierte System an die Grenzen kommt. Wir wollen dort weitreichende Reformen. Die Kolleginnen und Kollegen im Bund und in Berlin arbeiten daran, dass wir zu mehr Kapitaldeckung und zu einer Aktienrente kommen.

(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP, und von Guido Kosmehl, FDP)

Das dürfen wir aus meiner Sicht aus der Debatte nicht komplett ausklammern; denn bei den Renten müssen wir auch die Zukunft im Blick haben und nach vorne schauen. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der FDP)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Pott. - Es gibt eine Nachfrage von Frau Hohmann. - Frau Hohmann bitte.

Und ich bitte darum, keine Telefonate im Plenum zu führen.


Monika Hohmann (DIE LINKE): 

Herr Pott, ich habe Ihnen aufmerksam zugehört. Stutzig wurde ich, als Sie erwähnten, dass die Debatte noch nicht beendet sei, also, dass das Ende der Debatte noch nicht erreicht sei. Deshalb meine Frage: Wissen Sie dann mehr als wir? Oder was soll ganz konkret noch passieren? Denn ich erinnere daran, dass die Rentnerinnen und Rentner, die praktisch von dieser Ungerechtigkeit betroffen, nun in einem sehr hohen Alter sind. Deshalb haben wir, glaube ich, auch nicht mehr die Zeit, um das noch ewig auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben. Deshalb meine Frage: Was planen Sie?


Konstantin Pott (FDP):

Ich meinte damit das, was ich auch in der Rede betont habe: Aus meiner Sicht kann der Härtefallfonds nicht die abschließende Lösung sein, sondern wir müssen nach weiteren Möglichkeiten schauen. Der Härtefallfonds ist mit Sicherheit ein Schritt in die richtige Richtung, aber er darf eben nicht das Ende sein.

Deswegen muss die Debatte zu weiteren Möglichkeiten, die es vielleicht gibt, weitergehen. Wir müssen uns dazu mit dem Bund gemeinsam an einen Tisch setzen und schauen, welche weiteren Möglichkeiten es gibt. Deswegen habe ich gesagt, dass die Debatte aus meiner Sicht noch nicht zu Ende ist.