Andreas Henke (DIE LINKE):

Der Retter in der Not. - Herr Präsident, vielen Dank. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Ich bin Kommunalpolitiker seit 1990. Das war ich nicht nur im Hauptamt, sondern über viele Jahre auch im Ehrenamt, bis heute bin ich Kreistagsmitglied.

Die von Ihnen aufgeworfene Frage, mal schauen, ob es sich hierbei tatsächlich um ein strukturelles Problem handelt oder nicht, die stellt sich für mich nicht. Denn meine Erfahrung sagt mir etwas ganz anderes. In der Tat haben wir ein strukturelles Problem. Das wird an vielen Stellen von vielen Partnern auch gesagt.

Und ich habe an dieser Stelle hier in diesem Hause nicht zum ersten Mal bei der Debatte über die Kommunalfinanzen an dieser Stelle betont, dass die Kommunen in Sachsen-Anhalt neben den Städten und Dörfern natürlich und ganz besonders auch die Landkreise, die dazu zählen, nicht - ich erlaube mir an der Stelle mal eine bildhafte Sprache aus früheren Jahrhunderten - als Bittsteller am Katzentisch sitzen dürfen, sondern so, wie sie es erwarten und auch verdient haben, nämlich als Partner auf Augenhöhe mit uns, wenn es um die grundsätzliche Frage geht, was es dann in der Tat an finanzieller Ausstattung braucht, um neben den gesetzlich verankerten Aufgaben auch das leisten zu können, was eben nicht ausdrücklich im Gesetz verankert ist, 

(Zustimmung von Stefan Gebhardt, DIE LINKE)

aber so sehr gebraucht wird, um den Menschen im Land, egal, ob sie in großen oder in kleinen Städten, in Ortschaften oder in Ortsteilen leben, in ihrem Lebensumfeld auch eine vielschichtige Lebensqualität bieten zu können.

An der Stelle erinnere ich an das Grußwort des Ministers Robra bei der Landkreisversammlung am 5. Oktober 2023. Er hielt das Grußwort im Auftrag der Landesregierung. Dort hat er gesagt, dass genau diese Bedeutung eine der wichtigsten der Landkreise ist, nämlich für vernünftige Lebensqualität zu sorgen. Er sagte auch, dass es im umgekehrten Maße unsere Aufgabe ist, der Landesregierung genauso wie der Landespolitik, dafür zu sorgen, dass die Landkreise auch entsprechend in die Lage versetzt werden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wenn es um Rechtsverpflichtungen der Landkreise aus den Sozialgesetzgebungen geht, dann tragen in der Tat die Landkreise und die kreisfreien Städte die Hauptlast. Und wenn wir uns die Ausgabenentwicklungen in den letzten Jahren anschauen, dann stellen wir fest, dass sie in der Tat kontinuierlich angestiegen sind. Diese Kosten werden zwar vom Bund und vom Land getragen.

Aber diese hohen Sozialausgaben sind auch oftmals ein Indikator für eine viel zu geringe Steuerkraft der Mitgliedsgemeinden, sodass den hohen Sozialausgaben unzureichende Einnahmen der Landkreise gegenüberstehen, zum einen im Bereich der Landeszuweisungen und zum anderen natürlich auch wegen der nicht ausreichenden Kreisumlagen. Da bleibt nicht viel Luft, um überaus wichtige freiwillige Aufgaben der Selbstverwaltung realisieren zu können.

Dazu zählen neben den vielen notwendigen Investitionen in die kreisliche Infrastruktur vor allem Aufgaben im Bereich der Förderung von Projekten in der Kultur und in der Kunst - der Kollege Gebhardt hat die Finanzierung des Theaters in Eisleben beschrieben - oder die Unterstützung von Vereinen im Sport, in der Heimat-, der Brauchtums- und der Traditionspflege, in der Kinder-, Jugend und Seniorenarbeit und an vielen anderen Stellen mehr.

Dabei lösen auch unsere höheren im FAG beschlossenen Zuweisungen an die Kommunen nicht das Grundproblem der nicht auskömmlichen Ausstattung der Kommunen mit Finanzmitteln, was jetzt aufgrund der aktuellen Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes noch verschärft wird. Deshalb gibt es noch mehr Unterstützung für die Forderungen, die auch der Landkreistag formuliert hat.

Kollege Kosmehl, ich gebe Ihnen recht; es gibt in der Tat keine einfache Lösung. Dazu ist das Problem viel zu komplex. Aber wenn wir uns hier und heute darin einig sind, dass wir versuchen, das Bestmögliche, das Bestmachbare, das, was in unserem Rahmen möglich ist, auch für die Landkreise und für die anderen Kommunen tun zu wollen, dann sind wir, glaube ich, schon ein Stück weiter. - Vielen Dank. 

(Zustimmung bei der LINKEN)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Danke, Herr Henke. - Es gibt noch eine Nachfrage von Herrn Ruland.


Stefan Ruland (CDU):

Danke, Herr Präsident. - Lieber Kollege Henke, der letzte Satz war natürlich noch eine Mega-Steilvorlage. Sie wollen ja das Beste für die Landkreise tun und bestimmt auch für den Landkreis, in dem die Stadt liegt, in der Sie mal Oberbürgermeister waren. 

Wie bewerten Sie es denn auf einer Fairnessskala von null bis zehn, wenn eine Gemeinde eine privatrechtliche Gesellschaft in 100 % öffentlicher Hand unterhält, die über Ergebnisabführungsverträge Gewinne von anderen Kommunalunternehmen am Haushalt vorbei logischerweise für freiwillige Aufgaben quasi bedarfserhöhend abführt? Wie finden Sie es, dass diese Gewinnausschüttung auf der Grundlage eines Ergebnisabführungsvertrages am Haushalt vorbei jongliert wird? Ist das das, was Sie als möglichst fairen und auskömmlichen Umgang mit Ihrem Landkreis definieren würden? 

(Wulf Gallert, DIE LINKE: Das ist Notwehr! - Guido Kosmehl, FDP, lacht)


Andreas Henke (DIE LINKE):

Sie zielen ja mit Ihrer Frage genau darauf ab. Kollege Guido Heuer hatte zu Beginn meiner Rede darauf hingewiesen; jetzt kommt die NOSA GmbH. Ich weiß ja genau, auf was Sie hier anspielen. 

Halberstadt hat zu dieser Zeit nichts anderes gemacht als das, was Gesetze vorgegeben haben und was Gesetze als Möglichkeit eingeräumt haben. Jede andere Kommune hätte das auch machen können. Und mittlerweile gibt es viele Beispiele dafür, dass Kommunen das machen, dass sie ihre kommunalen Beteiligungen sozusagen in einer Holding zusammenfassen, um über Ergebnisabführungsverträge das zu finanzieren, was ansonsten mit dem Haushalt nicht mehr möglich gewesen wäre, nämlich die Kinder- und Jugendarbeit,

(Zustimmung bei der LINKEN)

die Sportarbeit oder andere Sachen in der sozialen Arbeit.

(Guido Kosmehl, FDP: Darunter leiden die anderen Kommunen!) 


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Ja. 


Andreas Henke (DIE LINKE): 

Ja, dann 


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Danke, Herr Henke. 


Andreas Henke (DIE LINKE): 

dürfen Sie das aber nicht den Kommunen vorwerfen, sondern dann ist es eine Frage der Gesetzlichkeit.

(Zuruf von der CDU)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Herr Henke. 

(Zustimmung bei der LINKEN - Zurufe von der CDU)

- So, damit sind wir am Ende der Debatte.