Tagesordnungspunkt 4

a)    Aktuelle Debatte

Aktuelle Proteste ernst nehmen - Bundespolitik endlich neu justieren

Antrag Fraktion CDU - Drs. 8/3630

b)    Beratung

Unser täglich Brot ist in Gefahr

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/3619


Eine gesonderte Einbringung des Antrages ist nicht vorgesehen. Die Einbringung wird im Rahmen des Redebeitrags der LINKEN erfolgen. Wir haben eine Zehnminutendebatte verabredet.

(Unruhe)

Die Voraussetzung dafür ist allerdings auch eine gewisse Aufmerksamkeit im Plenum, um die ich hiermit bitte. Ich erteile Herrn Fraktionsvorsitzenden Heuer das Wort. - Bitte schön. 


Guido Heuer (CDU):

Danke, Frau Präsidentin. - Wir kommen einmal zu einem ganz anderen Thema. 

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Oh!)

Wir kommen zu einem Demonstrationsgeschehen, welches wir in den letzten Wochen in vielen Großstädten in Sachsen-Anhalt - in Deutschland auch  , z. B. in Halle und in Magdeburg, erlebt haben. Das war der Protest der Landwirte, Forstwirte, Handwerker, Spediteure, Gastronomen etc.

(Ministerin Dr. Tamara Zieschang führt ein Gespräch mit Andreas Silbersack, FDP) 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Zieschang, könnten Sie bitte das Gespräch draußen führen. - Entschuldigung. Bitte Herr Heuer. 


Guido Heuer (CDU):

Der Protest der Bauern ist nicht neu. Er ist aber deutlich lauter geworden. Ich zitiere einmal ein Sprichwort; das habe ich gestern auch auf dem Neujahrsempfang der IHK in Halle gehört - ich glaube, Herr Wansleben hat das zitiert  : Teile unseres Landes wissen nicht, dass sie mit der Verfrühstückung des Saatgutes die Ernte verhindern. 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Was?)

Das sagt einiges aus. Wir als CDU-Fraktion sagen ganz eindeutig: Liebe Bauern, Handwerker, Spediteure, Gastronomen, Selbstständige, wir stehen an Ihrer Seite. 

(Zustimmung bei der CDU)

Es ist das gute Recht, friedlich zu protestieren. Das ist im Grundgesetz verankert. Das Märchen, dass diese Proteste in Sachsen-Anhalt von Rechtsextremen unterwandert sein sollten, ist ein Armenmärchen. Ich danke den Bauernverbänden und Wirtschaftsverbänden recht herzlich dafür, dass das nicht passiert ist. 

(Zustimmung bei der CDU)

Die Streichung der Agrardieselrückerstattung war nur der Höhepunkt einer Reihe von Entscheidungen einer praxisfernen Politik der Ampel in Berlin. Naturschutz geht nicht ohne unsere Landwirte. Wer die Landwirte ignoriert, wird auch unserer Natur in keinster Weise helfen. Wenn wir einmal auf den Agrardiesel zu sprechen kommen, dann muss man eines ganz klar sagen: Unsere Landwirte fahren überwiegend auf dem Acker. Aber wenn es um Wettbewerbsfähigkeit geht, dann muss man einfach einmal feststellen, was in den Mitgliedstaaten der EU los ist. Die brauchen teilweise gar keine Steuern zu zahlen, wie in Belgien, oder sie müssen deutlich weniger zahlen, wie z. B. in Frankreich. Was hat das eigentlich noch mit Wettbewerbsgleichheit zu tun? Dem muss in Deutschland Rechnung getragen werden. 

(Zustimmung bei der CDU)

Darum fordern wir, dass diese Rücknahmen zurückgenommen werden - ganz einfach. 

(Ulrich Thomas, CDU, zustimmend: Jawohl! Gleich heute noch!)

Ich kann einmal ein Beispiel nennen. Uns wird vorgeworfen: Wir sind verantwortlich für den Ausstieg aus der Atomenergie. Ja, das sind wir. Wir haben uns aber revidiert und haben gesagt: Es ist eine falsche Entscheidung. Wenn man eine falsche Entscheidung trifft und sie nicht korrigiert, dann begeht man sofort den zweiten Fehler. 

(Zustimmung bei der CDU)

Das, was in diesem Land mit unserer Wirtschaft passiert, ist eine stetige Verteuerung. 

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Da war wohl jemand beim Neujahrsempfang der IHK gestern!)

- Ja, genau. Das habe ich gesagt. Ich habe gerade gesagt: Ich zitiere den einen oder anderen Spruch des gestrigen Neujahrsempfangs. Herr Lange, Sie waren auch zugegen, oder? 

Die Podiumsdiskussion, an der unser Minister Schulze teilnahm, war eine hervorragende Diskussion, die einmal offengelegt hat, worin die Probleme in unserem Land wirklich liegen. Wir haben in diesem Land kein Einnahmeproblem, wir haben ein Ausgabeproblem.

(Zuruf: Das stimmt!)

Das hat übrigens - das sage ich auch des Öfteren - unser Minister gestern auch gesagt. Das ist die Wahrheit in diesem Land.

(Zustimmung bei der CDU - Hendrik Lange, DIE LINKE: Ich fand Herrn Gropp ganz gut mit der Schuldenbremse!)

- An diese Stelle kommen wir auch gleich noch, Herr Lange. Ja, die Schuldenbremse ist richtig. Das hat auch nichts mit dem Vertrauen zu     Herr Gropp sagte, dass wir dann kein Vertrauen in unsere Politik hätten. Nein, es ist ein Bestandteil unseres Grundgesetzes. Das ist gut so. Wir haben es in unserer Landesverfassung auch stehen, damit wir sicher sind, dass es hier nicht aufgelöst wird, auch wenn wir als CDU einmal nicht in der Regierung sitzen. So einfach ist das. 

Gehen wir aber einmal weiter. Wir haben ein Problem des Wettbewerbs. Unsere Landwirte haben auf viele Dinge einfach keinen Einfluss. Sie müssen sich diesem Wettbewerb aber stellen. EU-Richtlinien, EU-Vorgaben, Weltmarktpreise - und dann bekommen sie von uns in Deutschland, von unserer Regierung weitere Knüppel zwischen die Beine geworfen. Eines habe ich schon genannt: die Wegnahme, die Streichung der Steuerrückerstattung beim Agrardiesel. 

Ein weiteres Problem sind die steigenden Erwartungen in Hinsicht auf die Umsetzung zum Tierwohl und damit einhergehend die fehlende Planungssicherheit, z. B. beim Stallbau. Ich weiß, wie sehr wir uns in der letzten Wahlperiode über die Vorgaben zum Stallbau gestritten haben. Das Problem ist bis heute nicht gelöst. Das ist ein Riesenproblem. Worauf sollen sich denn unsere Landwirte überhaupt noch einlassen? Wer traut sich denn überhaupt im Moment, einen Stall tierwohlrecht umzubauen, wenn er nicht weiß, ob es überhaupt nachher rechtlich richtig ist? Das kostet Geld.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

- Genau, liebe Kollegin Lüddemann, in der letzten Wahlperiode stand ich dazu auch des Öftren hier vorn und wir haben darüber diskutiert. Wir haben bis heute nicht den Rinderstall in der Altmark in Iden fertig. Warum nicht? Ihre Ministerin hat es nicht umgesetzt. Wir hatten 400 000 € dafür im Haushalt stehen. Ich kann das nur einmal so sagen. Das haben wir durchgesetzt. 

(Ulrich Thomas, CDU: Wie die Seilbahn im Harz!)

- Ja, das ist auch solch ein Thema. - Unsere Bauern, unsere Handwerker wissen überhaupt nicht mehr, wie sie zuverlässig Preise gestalten sollen. Ich komme selber aus einem Großhandelsunternehmen. Wir hatten teilweise unterjährig Probleme, weil wir Jahrespreise gemacht haben. 

Jetzt kommt das Nächste. Wenn ich die Handwerker sehe, was ist dann eigentlich mit der Erhöhung der Maut? Das sind Dinge, die unsere Wirtschaft exorbitant belasten und die unsere Wettbewerbsfähigkeit einfach nur einschränken. 

Ich denke an die abenteuerlichen Gesetzesbezeichnungen, die wir haben. Eines geht gerade mehr oder weniger durch die Medien: das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.

(Elke Simon-Kuch, CDU: Schwachsinn!)

Und noch eines - das gab es einmal von 2000 bis 2013 in Mecklenburg-Vorpommern  : Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz. Also ehrlich: Wenn wir es mit der Entbürokratisierung nicht endlich einmal ernst meinen, dann geht unsere Wirtschaft weiterhin am Stock, dann wird die Situation für unsere Betriebe immer schlechter - allen voran für die Bauernbetriebe. 

(Zustimmung von Ulrich Thomas, CDU)

An dieser Stelle muss vor allen Dingen der Bund in die Pflicht genommen werden. 

(Ulrich Thomas, CDU: Genau, der Bund!)

Die meisten Entscheidungen fallen dazu in Berlin. Wie man es besser machen kann, zeigt die Deutschlandkoalition hier im Land; 

(Kerstin Eisenreich, DIE LINKE: Aha!)

denn wir diskutieren diese Dinge hinter verschlossenen Türen und kommen mit Lösungen - und nicht mit einem Hü und Hott und mit einem Rein und Raus. Das nenne ich Arroganz und Eitelkeit der Regierung in Berlin. Sie streut Unsicherheit. Sie verunsichert Menschen. Das muss ein Ende haben. 

Der ganze Grund ist - man hat es vor allen Dingen bei Ricarda Lang bei Herrn Lanz gesehen  : Es geht den GRÜNEN in der Regierung nur noch um Alimentierung. 

(Dorothea Frederking, GRÜNE: Was?)

Es geht nicht mehr um fordern und fördern. Es geht nur noch um Emotionen und um das Heben auf eine weitere Metaebene. 

(Zustimmung bei der CDU)

Ich fordere die Bundesregierung auf: Machen Sie endlich Schluss. Machen Sie Politik für die Menschen und für die Unternehmen in diesem Land, für die Mehrheit der Menschen. 

(Zuruf von der AfD)

Deutschlands Wirtschaft darf nicht weiter sehenden Auges an die Wand gefahren werden. Anstatt Krisen zu lösen, werden diese Krisen nur verstärkt. Wie kriegen wir denn die Menschen in diesem Land von den Rändern weg? - Indem wir nicht über Probleme reden, sondern in dem wir diese Probleme lösen. 

(Zustimmung bei der CDU)

Das ist doch das, was die Menschen zu Recht von uns erwarten. Das Ergebnis ist: ein Bundeskanzler, der nicht führt; eine FDP, die als Korrektiv in Berlin kaum noch wahrgenommen wird; dümmlichste Debatten über Heizungsgesetz, Zwangseinführung von Wärmepumpen, Ankündigung weiterer Klimasteuern. Allein wenn wir über diesen Fleischcent reden, dann, ganz ehrlich, graust es mir. Es wird Zeit, dass dieses Theater in Berlin spätestens 2025 endet. 

(Zustimmung bei der CDU)

Wir als CDU-Fraktion stehen an der Seite unserer Landwirte, unserer Forstwirte, unserer Handwerker; an der Seite aller Selbstständigen, Gastronomen aus allen Ländern dieser Erde, die in Deutschland wirtschaften.

Ich glaube, das haben sie auch verdient. Denn die Wirtschaft ist das Rückgrat des sozialen Wohlstandes unsers Landes

(Zustimmung bei der CDU)

und nichts anderes und nicht umgekehrt.

(Zustimmung bei der CDU und von Andreas Silbersack, FDP)

Ohne eine erfolgreiche deutsche Wirtschaft können wir diesen Sozialstaat nicht finanzieren. - Vielen Dank. 

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Vielen Dank, Herr Heuer. - Es gibt zwei Fragen, wenn Sie diese zulassen, und zwar zum einen von Herrn Lizureck und zum anderen von Frau Frederking.

(Oh! bei der AfD)

Gut. - Dann bitte, Herr Lizureck.


Frank Otto Lizureck (AfD): 

Herr Heuer, vielen Dank für Ihre flammende Rede für die Bauern. Nun haben sich die Bauern auch über die ausufernde Bürokratie beschwert. Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag quasi manifestiert, dass Sie Bürokratie einschränken wollen. Meine Frage: Was haben Sie denn in dieser Legislaturperiode für die Bauern getan?

(Ulrich Thomas, CDU: Geld mehr ausgezahlt! - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Außer große Reden zu schwingen?)


Guido Heuer (CDU): 

Was wir alles getan haben? - Unser Landwirtschaftsminister kann das bezeugen: Wir geben Geld aus für Junglandwirte, wir geben Geld aus für Gewässerrandstreifen, wir geben Geld aus für Wiederaufforstung,

(Ulrich Thomas, CDU: Praxisgutscheine!)

wir geben Praxisgutscheine aus. Wir haben also einiges getan. Darüber hinaus reden wir genau über eines: Bürokratieabbau.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Denn wir als Koalition fordern dringend eine Aufgabenkritik, um die Entbürokratisierung ein deutliches Stück nach vorn zu bringen.

(Beifall bei der CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Es gibt nur eine Wortmeldung aus der Fraktion. Deswegen, Herr Lizureck, sind Sie noch einmal an der Reihe, aber fassen Sie sich bitte kurz.


Frank Otto Lizureck (AfD): 

Ja, aber ich habe ein Recht auf eine Nachfrage.

(Lachen bei der CDU)

Ich habe Sie jetzt ganz konkret    


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Nein, ein Recht haben Sie nicht. Ich habe soeben gesagt    


Frank Otto Lizureck (AfD): 

Okay, ist gut.


Guido Heuer (CDU): 

Das machen wir bilateral.


Frank Otto Lizureck (AfD): 

Ich habe wirklich ganz klar und deutlich gefragt, was Sie in Richtung Bürokratieabbau für die Bauern getan haben.

(Elke Simon-Kuch, CDU: Hören Sie doch zu!)


Guido Heuer (CDU): 

Wir reden im Hinblick auf den Bürokratieabbau für die Bauern darüber, was wir auf Landesebene tun können. Und das werden wir auch tun. Aber zuerst müssen die Dinge in Berlin gelöst werden. Denn unsere Regelungen setzen auf den Berliner Regelungen auf und nicht anders.

(Beifall bei der CDU - Ulrich Thomas, CDU: Richtig! Genau so ist es!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Frau Frederking, jetzt sind Sie an der Reihe.

(Oh! bei der AfD - Zuruf: Jetzt wird mal Luft aufgeblasen! - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD, lacht)


Dorothea Frederking (GRÜNE): 

Ich habe zwei Fragen. Zum einen: Wer hat das Programm für die Jugendlandwirtinnen und -landwirte aufgelegt?

Die zweite Frage betrifft das Thema Planungssicherheit beim Tierwohl. Ist Ihnen bekannt, dass es schon eine Baurechtsnovelle gegeben hat, die ein privilegiertes Bauen für Frischluftställe für die Schweineställe ermöglicht, sodass bereits jetzt Anträge gestellt werden können für mehr Licht, mehr Luft und mehr Platz? Ist Ihnen bekannt, dass das Tierwohl jetzt schon angefasst wird und die Betriebe Anträge stellen können?


Guido Heuer (CDU): 

Sehr geehrter Kollegin Frederking, das Programm für Landwirte haben wir gemeinsam in der letzten Koalition auf den Weg gebracht.

(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Ah! Wer war damals Landwirtschaftsministerin? Na? Na?)

- Ja, aber warum hat sie das getan? Warum hat sie das getan? - Weil wir als CDU wollten, dass Landwirte ihre Betriebe überhaupt noch übergeben können und dass es überhaupt noch junge Leute gibt, die landwirtschaftliche Betriebe übernehmen wollen.

(Minister Sven Schulze: Genau!)

Das ist doch der Punkt.

(Beifall bei der CDU)

Wenn es nach Ihrer Grünen Jugend geht, dann wird es gar keine Unternehmer mehr geben. Denn die Grüne Jugend fordert z. B. eine Erbschaftssteuer von 100 % - das bloß einmal so am Rande. 

Zu der zweiten Frage. Man kann anfangen zu bauen     Kollegin Frederking, wenn Sie eine Antwort wollen, dann müssen Sie zuhören.

(Elke Simon-Kuch, CDU, lacht)

Sonst braucht man nicht zu fragen. - Wenn man will, dass man baut, dann braucht man z. B. zuallererst eine Stallgröße, eine Größe der Buchten etc. Es gibt für nichts konkrete Vorgaben. Die Bauern fühlen sich verhohnepipelt, weil es keine Reglementierung gibt und man nicht weiß, wie es ausgehen soll. Sonst würden viel mehr tierwohlgerechte Ställe entstehen. Denn unsere Bauern wollen eines: Tierwohl. Das sind die Ersten, die das wollen. Denn auch sie wissen, dass es ein Verkaufsargument ist, wie die Tiere leben. Das ist doch der Punkt. Und das verhindern Sie in Berlin. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Frau Frederking, aber kurz. 


Dorothea Frederking (GRÜNE): 

Herr Heuer, ich habe eine Nachfrage. 

(Zurufe von der CDU: Nein! - Nein, setz dich hin!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Dann nicht.


Dorothea Frederking (GRÜNE): 

Dann kann ich nur sagen und feststellen, dass die Aspekte, die rechtlich schon verankert wurden, bei der CDU noch nicht bekannt sind. Ich werde dann einmal eine Aufklärungskampagne durchführen.

(Oh! bei der CDU und bei der AfD)