Andreas Henke (DIE LINKE): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Werte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Minister! Wir hatten in den vergangenen Sitzungstagen am Montag und Dienstag bereits intensiv und, wie es die unterschiedlichen Sichten zu diesem Thema nicht anders erwarten ließen, natürlich auch sehr kontrovers über das Thema Haushaltsnotlage und Schuldenbremse debattiert. Das wurde schon in den ersten Minuten wieder deutlich. 

Letztlich hat der Landtag die außergewöhnliche Notsituation für das Jahr 2023 festgestellt und damit die Voraussetzung geschaffen, um heute den Nachtragshaushalt für dieses Jahr beschließen zu können. 

Letztlich geht es um eine Kreditermächtigung, und zwar darum, das Corona-Sondervermögen und dessen Maßnahmen - Kollege Schmidt hat es soeben angerissen - mit Blick auf die Schuldenbremse auf eine rechtssichere Grundlage zu stellen. 

Das Corona-Sondervermögen ist ein Parallelhaushalt und in der Nachverfolgung seiner Umsetzung in der Transparenz, welche Ministerien greifen auf welche Titel zu, welche Mittel fließen ab und warum fließen andere nicht ab, manchmal schwer zu durchdringen. 

Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass die Maßnahmen und deren Umsetzung gebraucht werden und dass es im Land ein sachliches Erfordernis dafür gibt, wenngleich - an dieser Stelle stimme ich dem Kollegen Meister zu - es bei der einen oder anderen Maßnahme durchaus viel Fantasie bedarf, um einen unmittelbaren oder zumindest einen mittelbaren Zusammenhang erkennen zu können. 

(Beifall bei der LINKEN)

Gäbe es die restriktiven Regeln der Schuldenbremse nicht, hätten wir natürlich einen Großteil dieser Aufgaben selbstredend im laufenden Kernhaushalt darstellen müssen. 

Worum geht es dabei? - Ich denke, Minister Richter hat es am Montag deutlich herausgestellt. Das Corona-Sondervermögen wurde beschlossen, um nicht nur die Akutfolgen, sondern eben auch die Langfristfolgen der Pandemie zurückzudrängen. Deshalb gab es nicht wenige Maßnahmen, die auf Mehrjährigkeit angelegt waren, und zwar für Investitionen in den Gesundheitssektor, in die Schulen, in die Hochschulen, in die Wirtschaft oder in die Kultur. 

Dass allerdings in der ersten Hälfte des Jahres von vorgesehenen 603 Millionen € lediglich 52 Millionen € abflossen sind, mag erklärbare Gründe haben, kritikwürdig bleibt es dennoch allemal. 

Die Coronapandemie hat die Menschen in ihren persönlichen Lebensbereichen mit unterschiedlichen Wirkrichtungen und Wirkungen getroffen - das ist keine Frage  , aber auch die Gesellschaft insgesamt und das Gemeinwesen hat in vielen Bereichen die Auswirkungen der Krise deutlich zu spüren bekommen. 

Schulen waren nicht darauf vorbereitet, ohne Regelbetrieb, ohne analogen Präsenzunterricht Lerninhalte zu vermitteln. Distanzunterricht war wegen fehlender Technik und fehlender digitaler Voraussetzungen nur bedingt oder gar nicht machbar. Bis heute sind längst nicht alle Lernrückstände aufgeholt. Wir wissen, dass nicht aufholte Lernrückstände irgendwann in der Wirtschaft ankommen, und zwar wenn Schulabgänger nicht die erforderlichen Voraussetzungen mitbringen, die für erfolgreiche Ausbildungsabschlüsse notwendig sind. 

Mittlerweile gibt es Software mit digitalen Tools, mit Algorithmen, die Lerndefizite ihrer Anwender erkennen, die personifizierte Aufgabenstellungen erarbeiten, um diese Lernrückstände wieder auszugleichen, aber die Software bzw. die Tools und die technischen Voraussetzungen müssen vorhanden sein. Sie müssen angeschafft werden. Sie müssen implementiert werden. Dafür braucht es natürlich auch Geld. 

Das Gleiche gilt für die digitalen Angebote an Hochschulen, bspw. für die krisenfeste IT-Infrastruktur, die bis zum Jahr 2026 in Form einer Hochschul-Cloud errichtet werden soll. 

In der Wirtschaft, werte Kolleginnen und Kollegen, war die Tourismuswirtschaft am stärksten von der Krise betroffen. Deshalb sind im Corona-Sondervermögen eine Reihe von Digitalisierungsmaßnahmen und Marketingmaßnahmen für Tourismusakteure vorgesehen, insbesondere für regionale Tourismusverbände, für Stadtmarketingverbände, für Städte, Gemeinden, Landkreise und selbst für Vereine mit touristischer Ausrichtung. 

Ähnlich wie die Tourismusbranche sind noch immer viele Kulturbereiche, Kulturbetriebe, Kulturprojekte in der Krisenresilienz im Nachholbedarf. Projekte in der Kinder-, Jugend oder Soziokultur, in der Traditionspflege, in der Heimatpflege oder der musealen Arbeit sind noch immer stark betroffen. 

Eine ganz wichtige Säule in der Krisenresilienz ist das Gesundheitswesen. An dieser Stelle braucht es nach wie vor das Sondervermögen, um digitale Infrastruktur oder Klima- und Luftreinigungstechniken in Kliniken und Pflegeeinrichtungen nachzurüsten. 

Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich will an der Stelle nicht verhehlen, dass auch in meiner Fraktion das Thema Nachtragshaushalt respektive Corona-Sondervermögen aus sehr unterschiedlichen Sichten diskutiert wurde. Aber letztlich alles in allem: Wir werden uns dem Nachtragshaushalt nicht in den Weg stellen. - Vielen Dank. 

(Beifall bei der LINKEN)