Olaf Meister (GRÜNE): 

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Verfahren im Ausschuss muss man nichts sagen. Wir haben uns kurz angeschwiegen. 

(Kristin Heiß, DIE LINKE: Ja! - Hendrik Lange, DIE LINKE, lacht)

Zum Inhalt: Mit dem Entwurf eines Nachtragshaushaltsgesetzes 2023 rückt die Koalition zum Reparatureinsatz aus, um die Rechtswidrigkeit des laufenden Haushaltsplans zu beseitigen. Das ist erst einmal ein Fortschritt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vor drei Wochen wurde im Finanzausschuss noch die Auffassung vertreten, es sei alles super und wir müssten nichts tun. 

Die zentralen Probleme und Kritikpunkte am Corona-Sondervermögen sind damit leider nicht im Ansatz ausgeräumt oder werden auch nur angegangen. Dies betrifft die weitgehende nicht ordentliche Ausweisung der konkreten Maßnahmen trotz des erheblichen Gewichtes des entsprechenden Einzelplans. Das wird seit zwei Jahren kritisiert, ohne dass hierbei ein Fortschritt erkennbar wäre. Haushaltsklarheit, Haushaltswahrheit - das ist immer der Slogan - werden nach der langen Zeit, so muss man annehmen, bewusst nicht hergestellt. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Außerdem ist die nicht immer, aber häufig fehlende Kausalität zwischen der Ursache der Notlage und den konkreten Maßnahmen anzusprechen. Ich habe dazu bereits am Montag ausgeführt. Das ist nicht hypothetisch, sondern für einige Punkte mit Antworten der Landesregierung auf entsprechende Fragen konkret belegt.

Natürlich ist die Übernahme von normalen Aufgaben des Kernhaushaltes durch die Notlagenkredite für Notmaßnahmen eine Umgehung der Schuldenbremse und damit rechtswidrig. Was mich nach der gestrigen Debatte zur Schuldenbremse staunend zurücklässt, ist die Tatsache, dass zum Teil Kollegen, die vollmundig Eide auf die Schuldenbremse schwören, kein Problem damit haben, an dieser Stelle einer Verschuldung in einem heftigen Umfang zuzustimmen. Nachtragshaushalt: 150 Millionen €. Haushalt 2024: 640 Millionen €. 

Die Maßnahmen - Kollege Bernstein sprach es an - mögen notwendig sein. Man muss sich aber Gedanken über eine vernünftige Finanzierung machen und kann nicht auf Dauer mit dem Instrument der Notlage kommen. Wenn Sie das Problem erkennen, dann muss man sagen, es stimmt etwas mit dem gesamten restlichen Setting nicht; da müssen wir ran. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hinzu kommt beim Haushaltsplan 2024 die überzogene globale Minderausgabe. Der Haushalt ist völlig aus dem Leim gegangen. Trotzdem geriert sich gerade die FDP als treu sorgender Kassenverwalter. Es tut mir leid, dass ich mich so an der FDP abarbeite; ich meine das nicht persönlich und es hat auch nichts mit der politischen Farbe zu tun, sondern es macht die moralische Fallhöhe deutlich.

(Guido Kosmehl, FDP: Wieso denn? Wie viel wird im nächsten Jahr getilgt?) 

Wenn man das als grundsätzlichen Punkt anführt, dann muss man auch liefern. 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP - Weitere Zurufe von der FDP) 

Wir haben in Sachsen-Anhalt ein massives Neuverschuldungsproblem. 

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP - Unruhe)

- Schauen Sie in den Haushalt. - Erstaunlich ist, dass wir seitens der Koalition trotz klarer Zahlen geradezu kontrafaktische Reden hören. Die aktuelle Koalition ist aber nicht die erste Regierung, die jemals Haushaltsprobleme hatte.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zurufe)

- Das ist so, natürlich. - In der Vergangenheit war es gerade unter den Finanzern so, dass man die Probleme auch klar benannte. Das wäre schon einmal die Grundvoraussetzung, um über Lösungen nachzudenken. Das findet nicht statt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Selbst hier bestreiten Sie das noch aktiv. Stattdessen gibt es recht martialische Äußerungen für die Zukunft nach dem Motto: Bei den aktuellen Haushalten könne man nichts machen, aber 2025 solle die globale Minderausgabe auf 1 % gedrittelt werden und die Notlage entfalle.

Allein dadurch hat der Haushalt im Jahr 2025 überschlägig ein Loch in Höhe von 600 Millionen €. Wenn das so leicht geht - wieso machen wir es nicht jetzt? - Die Antwort ist klar: Es ist nicht leicht. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das geht nicht gleich. Das kann man nicht mal eben machen; das ist doch klar. Es bräuchte jetzt die hässlichen Klassiker: Prioritätensetzung - schwierig. Aufgabenkritik und gucken, welche Aufgaben man machen muss - davon sind wir weit entfernt. Wir nehmen einen landesbedeutsamen Triathlon im Landeshaushaltsplan auf. - Echt, ein landesbedeutsamer Triathlon?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Eine Aufgabenkritik wäre es in der Tat, auf die Aufgaben zu schauen. 

Zur Personalplanung. Die Älteren werden sich erinnern: 18,7. Wenn ich früher die Zahl 18,7 genannt habe, wussten alle, er spricht über Personal. Ich glaube, das ist heute niemandem mehr bewusst, dass es einmal ein solches Ziel gab. Das wurde aber nie aufgehoben.

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Die Zahl haben wir alle vergessen! - Lachen bei der FDP)

Wir müssen in der Tat diese Klassiker bemühen, um Ausgabenwünsche und Erfordernisse an die tatsächliche Leistungsfähigkeit auf Dauer wieder anzunähern. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das ist nichts, was man mit einem Reisschwenk macht. Meine Sorge ist, dass die Regierung nach 2026, wie immer sie aussieht und wer immer daran beteiligt ist - ich weiß nicht, wer das ist    

(Unruhe) 

2026 werden sich die Kollegen die Frage stellen müssen: Wir haben keine Notlage, oder soll Corona noch einmal verlängert werden? - Das ist schwer vorstellbar. - Wollen wir uns an eine globale Minderausgabe von 1 % halten? - Wie bekommen sie dann ihren Haushalt zu? Das ist nicht die nächste Generation; das ist in zwei Jahren. 

(Siegfried Borgwardt, CDU: Das ist die letzte Generation!) 

Ich bin kein Freund von Aktionismus. Zu diesem Zeitpunkt eine globale Minderausgabe von 1 % festzulegen, halte ich nicht für sonderlich sinnvoll. Ihr nehmt euch damit Spielräume, die ihr vielleicht braucht, um den Haushalt überhaupt zuzubekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Punkt. 


Olaf Meister (GRÜNE): 

Meine Zeit ist abgelaufen. - Danke.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Deine Zeit ist abgelaufen. 

(Lachen bei der CDU und bei der FDP)


Olaf Meister (GRÜNE): 

Es ist, wie es ist. 


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Genau. - Aber, Herr Meister, ich würde das nicht ganz so ernst nehmen mit dem Ablaufen. Es gibt nämlich noch eine Frage. Herr Kosmehl möchte Sie noch etwas fragen. Wenn Sie möchten, dürfen Sie sogar darauf antworten. 


Guido Kosmehl (FDP): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Herr Kollege Meister, Sie haben so ein bisschen versucht, hier darzustellen, dass die FDP nicht auf solide Finanzen achten würde. Würden Sie mit mir darin übereinstimmen, dass nachher auch ein Antrag auf dem Tisch liegt, der die Auflösung des Corona-Sondervermögens und damit die Tilgung von 1,4 Milliarden € vorsieht, und dass dadurch eben keine zusätzlichen Schulden durch den Nachtragshaushalt oder den nächsten Haushalt entstehen, sondern dass wir kontinuierlich Schulden tilgen?


Olaf Meister (GRÜNE): 

Also, Herr Kosmehl! - Ich darf?


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Bitte.


Olaf Meister (GRÜNE): 

Herr Kosmehl, Sie haben Schulden aufgenommen, 

(Stefan Ruland, CDU: Aufnehmen müssen!)

und jetzt verkünden Sie es als kühne Maßnahme, dass Sie die - dazu sind Sie rechtlich gezwungen - zurückzuzahlen als Tilgung? Also wirklich, das ist doch nicht Ihr Ernst!

(Lachen und Zustimmung bei den GRÜNEN - Stefan Ruland, CDU: So funktioniert das bei den Finanzen!)

Das ist doch nicht Ihr Ernst! Das sind die Schulden, die wir aufgenommen haben. Sie gehen jetzt zurück, weil sie es müssen, natürlich. Das ist der Punkt.

Schauen Sie einmal in den Haushaltsplan hinein. 640 Millionen € im nächsten Haushaltsjahr; 150 Millionen € stimmen Sie jetzt gerade mit großer Begeisterung zu. Das sind Schulden. Das sind Schulden!

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der AfD)

Dafür stehen Sie. 

Ich wäre entspannt, wenn man tatsächlich einen Weg erkennen würde, wie wir aus dieser Situation wieder herauskommen, wie wir die Ausgabenwünsche und die Leistungsfähigkeit wieder zusammenkriegen. Das sehe ich nicht. Ich sehe diese Bewegung gar nicht. Die Diskussionen finden nicht statt. Das besorgt mich.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der AfD - Daniel Roi, AfD: Die FDP ist die neue Verschuldungspartei! - Zuruf von Jan Scharfenort, AfD)