Rüdiger Erben (SPD):

Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Um es vorwegzunehmen: Eine Viertelmilliarde Euro mehr bei der Finanzausgleichsmasse im Finanzausgleichsgesetz ist ein Betrag, den ich zumindest aus der jüngeren Vergangenheit nicht kenne. Es ist aber natürlich trotzdem klar - Herr Minister, ich glaube, es ging Ihnen ähnlich; Sie haben auch schon sehr viele Erfahrungen damit gemacht  , dass immer, wenn es um so viel Geld geht, mit harten Bandagen gefochten wird, auch von den Kommunen. Es ist, glaube ich, keine Besonderheit in diesem Gesetzgebungsverfahren für ein Finanzausgleichsgesetz gewesen, dass jede kommunale Gruppe versucht, irgendwie - ich sage es einmal drastisch - den Allerwertesten an die Wand zu bekommen. Das ist, glaube ich, eine ganz normale Erscheinung, wenn es um so viel Geld geht.

Die Viertelmilliarde Euro mehr ist zweifelsohne erforderlich; denn unsere Kommunen haben sowohl aufgrund des Tarifabschlusses zum TVöD in diesem Jahr als auch im Bereich von Energiekosten etc. erhebliche Mehrbelastungen zu schultern. Das Finanzausgleichsgesetz heißt aber nicht umsonst Finanzausgleichsgesetz. Wenn es nur um die Zuweisung von Geld gehen würde, würde es Finanzzuweisungsgesetz heißen.

Jetzt komme ich zu dem Gutachten zum horizontalen Finanzausgleich. Bei dem Gutachten hat sich ergeben, dass es, wenn man alle Vorschläge des Gutachters anwendet, zu einer Umverteilung von etwa 40 Millionen € kommt. Bei einer Finanzausgleichsmasse von fast 2,1 Milliarden € ist das wahrlich kein großer Betrag. Daraus ziehe ich den Umkehrschluss, dass der horizontale Finanzausgleich, wie wir ihn im geltenden Gesetz haben, so ganz falsch nicht gewesen sein kann. Das heißt, das Gutachten von Prof. Lenk ist keine Klatsche für das bisherige Gesetz und für das bisherige System gewesen, sondern eher eine Bestätigung. Das kann man bei diesen Verhältnissen sehr deutlich sagen.

Wenn wir uns die strittigen Punkte in dem Gutachten und in dem Gesetzentwurf anschauen, dann sticht natürlich die Frage nach der Höhe der Abschöpfung im Rahmen der Finanzkraftumlage heraus. Unabhängig von wissenschaftlichen Erkenntnissen muss man zunächst sagen: Es gibt keine verfassungsrechtliche Pflicht, eine Finanzausgleichsumlage zu erheben. Wir haben uns vor vielen Jahren - ich glaube, es war die Landesregierung Böhmer/Paqué; Guido Kosmehl war damals schon dabei - erstmalig für diese Finanzausgleichsumlage entschieden. Folgendes ist jedoch sehr wichtig: Eine derartige Umlage muss in einer solchen Form erhoben werden, dass auch die Starken noch in der Lage sind, Solidarität zu üben.

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Deswegen dürfen wir die sicherlich von vielen beneideten gewerbesteuerstarken Gemeinden nicht über Gebühr belasten. Ich prognostiziere, dass wir uns für das FAG 2024 über diese Frage erneut sehr intensiv unterhalten müssen. Wenn ich mir nämlich die Gewerbesteuereinnahmen des Jahres 2023 in den steuerstarken Gemeinden anschaue, dann komme ich zu der Erkenntnis, dass es im nächsten Jahr zu deutlich größeren Verwerfungen kommen wird, was diese Beträge betrifft. Wir werden uns sehr intensiv in das Klein-Klein des Räderwerks der FKU begeben müssen. Das finde ich schade, aber es ist nicht zu ändern.

Viel interessanter, auch für die kommunalen Spitzenverbände, als das Drehen der kleinen Schräubchen bei dem Thema, wie man den Einwohner eines Mittelzentrums veredelt, ist natürlich der vertikale Finanzausgleich. Berechnen wir die nunmehr fast 2,1 Milliarden €, die wir verteilen, überhaupt richtig? Man muss ehrlich sagen, dass wir das in dieser Wahlperiode nicht mehr schaffen und nicht mehr umsetzen werden. Das ist eine Daueraufgabe für den Landesgesetzgeber; denn dazu haben wir seit vielen Jahren keine Feststellung mehr vorgenommen. - Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)