Nicole Anger (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Ich fange einmal mit dem offensichtlichen an, nämlich mit dem Schaufensterantrag der extrem Rechten hier im Haus.

(Oh! bei der AfD)

In diesem Antrag geht es doch lediglich darum, Hannes Loth und seine Wahlversprechen reinzuwachsen. Es geht doch nicht um Inhalte. Das wäre doch einmal etwas komplett Neues an der Stelle.

(Oh! und Lachen bei der AfD)

Dieser Antrag der Fraktion rechtsaußen hat keinerlei Qualität und bietet nur Schlagworte. Tiktok wird es wahrscheinlich nicht einmal hinterfragen.

Werte Frau Ministerin! Ein kurzer Blick ins Internet und eine kurze Nachfrage zu Öffnungszeiten von Kindertageseinrichtungen in Niedersachsen ergibt: Beispielsweise die Johanniter-Kita „Bundstifte“ in Hannover hat von Montag bis Freitag von 6:30 Uhr bis 19 Uhr geöffnet. Das ist nicht die einzige. Auch die Kitas dort haben bereits länger geöffnet. Das hat sich mittlerweile auch in den westlichen Bundesländern geändert.

Dass Sie die Berechnungen hier nicht gleich nennen konnten, dass Sie ad hoc keine Summe zur Hand hatten sowie Ihr Zaudern und Zögern zeigen doch, wie richtig wir mit der Aussage liegen, dass Intransparenz im Finanzierungssystem herrscht.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Genau das hätten und müssen wir im Sozialausschuss stärker miteinander diskutieren.

Herr Teßmann! Wir waren doch beide, zusammen mit Herrn Krull und Herrn Pott, bei Verdi und haben dort auch über die Probleme gesprochen. Wir haben mit der Praxis gesprochen. Wir haben doch gehört, wo die Bedarfe liegen. Warum benennen Sie die hier nicht einfach ganz klar und deutlich, wie sie uns das dort vorgetragen wurden?

Zeiten ändern sich einfach. Wenn die Elternbeiträge so eklatant steigen, dass die Eltern nicht mehr wissen, wie sie für das erste Kind den Beitrag zahlen sollen, dann müssen wir auch endlich darüber reden, wie wir Eltern stärker entlasten können.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Dem Kollegen Pott empfehle ich eine Fortbildung im Bereich Kinderrechte und Partizipation. Das würde sich an der Stelle bewähren. Zur Qualität bei Ihnen hat meine Kollegen Frau Hohmann schon etwas gesagt.

Frau Gensecke! Ich bin ein bisschen irritiert und weiß nicht, ob Ihnen der Unterschied zwischen Quantität und Qualität wirklich bewusst ist. Für mich sind es zwei verschiedene Dinge. Die sollten wir bei der Kita auch immer deutlich im Blick haben.

Zur Gegenfinanzierung. Das würden wir gern deutlich darstellen. Dafür reicht auch eine zehnminütige Redezeit mitunter nicht aus. Der Ort dafür wäre wirklich der Sozialausschuss. Dort hätten wir das alles schön miteinander diskutieren können. Dort hätten wir auch über Finanzierungskonzepte miteinander diskutieren können, um uns auf den Weg zu machen.

Nun noch ein kleiner Hinweis: Wohngeld und Kita-Beitrag geht nicht mehr miteinander einher. Die Berechnungsgrundlagen sind verschieden.

Letztlich bleibt mir eigentlich nur noch zu sagen, dass wir bereits in der letzten Legislaturperiode angekündigt hatten, diesen Gesetzentwurf qualifiziert und überarbeitet wieder einzubringen. Wir sind an der Situation dran. Wir hören den Eltern zu. Wir hören den Familien zu. Wir schauen auf die Kinder. Wir hören den Fachkräften zu. Das ist genau das, was wir mit Ihnen diskutieren wollen und was wir auch aufnehmen, um die Bedarfe entsprechend zu verändern. Ich verspreche Ihnen an der Stelle: Wir bleiben am Thema dran. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der LINKEN)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Zunächst haben wir jetzt eine Frage von Herrn Pott. - Wollen Sie die zulassen? - Ja. - Herr Pott, Sie können sie stellen.


Konstantin Pott (FDP):

Frau Anger, Sie haben bereits in den Haushaltsverhandlungen im Sozialbereich Änderungsvorschläge mit einem Volumen von mehr als 120 Millionen € gemacht ohne eine Gegenfinanzierung vorzuschlagen. Jetzt würde so etwas noch dazukommen. Dazu würde mich schon interessieren, was zumindest Ihre Ansätze für eine Gegenfinanzierung sind. Oder möchten Sie ernsthaft, dass die Landesregierung die Verfassung des Landes bricht?


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie haben das Wort.


Nicole Anger (DIE LINKE):

Danke. - Herr Pott, zum einen haben wir für einzelne Stellen eine Gegenfinanzierung genannt.

(Konstantin Pott, FDP: Das waren die ohne! Es waren 120 Millionen € ohne!)

- Dann ist das gerade akustisch untergegangen. Es gab eine kleine Störung im Hintergrund.

Für einige haben wir eine Gegenfinanzierung vorgeschlagen, aber nicht für alle. Aber es ist nicht zwingend immer unsere Aufgabe, gleich zu sagen, woher das Geld kommen soll.

(Zurufe von der CDU: Doch!)

Wenn wir uns in einer gemeinsamen Debatte befinden, dann können wir darüber diskutieren und erst einmal um die Sache ringen und darum, das Bestmögliche für die Menschen in diesem Land zu erreichen, um dann zu sagen, dies ist unser Ziel. Danach schauen wir gemeinsam, wie die Gegenfinanzierung gewährleistet werden kann. Wäre das kein praktikabler Weg, bevor Sie immer alles, was wir auf den Tisch packen, ablehnen?


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Wir gehen weiter. Herr Schmidt hat eine Frage. Wollen Sie sie zulassen.


Nicole Anger (DIE LINKE): 

Ja.


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Bitte schön.


Dr. Andreas Schmidt (SPD): 

Herr Präsident, eine Intervention.


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Dann ist es eine Intervention. Sie hat es ohnehin zugelassen. - Sie haben das Wort.


Dr. Andreas Schmidt (SPD): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Zwei Dinge, Frau Anger. Erstens Beitragsfreiheit. Mit mir müssen Sie sich über die Beitragsfreiheit nicht streiten. Ich bin dafür. Anders als Sie gehöre ich aber einer Fraktion an, die sich über das Geld Gedanken machen muss und die nicht einfach sagen kann, wir fordern das erst einmal und dann werden wir schon sehen.

(Guido Kosmehl, FDP: Darüber müssen sich alle Abgeordneten Gedanken machen!)

Das bedeutet, dass das nicht ganz so einfach ist. Ich bin für die Beitragsfreiheit, weil ich finde, die Leistung frühkindliche Bildung wendet sich an Kinder. Das Motiv, Eltern zu entlasten, ist nun wirklich nicht sachgerecht. Für die Eltern, die nicht wissen, wie sie den Beitrag für das erste Kind bezahlen können, greift die Erstattung nach § 90 SGB VIII. Wir nehmen Kita-Gebühren inzwischen nur noch von anständig verdienenden Eltern, weil alle anderen bis in den prekären Wohlstand hinein, aus der Bezahlung heraus sind.

(Zustimmung bei der SPD)

Ob in der Abwägung der Ressourcen, wenn sie knapp sind, das erste Motiv ist, Eltern zu entlasten, bezweifle ich stark.

Zweitens. Die Gehälter in einer Welt, in der die Kosten für eine Kita prospektiv verhandelt werden, spitz abzurechnen, ist keine sinnvolle Idee. Dann ist es einfacher, die 30 000 Erzieherinnen in den Staatsdienst zu übernehmen und ihnen über die Bezügestelle ein Gehalt anzuweisen. Sie brauchen mindestens 2 000 Menschen, um diese Spitzabrechnung durchzuführen.

Vor vielen Jahren hatten wir eine Ministerin, die getrieben vom Transparenzgedanken, die Idee hatte, die Kinder spitz abzurechnen. Die Sozialdezernentin in Halle hat monatelang nicht mir ihr geredet, bis sie einen verträglichen Weg gefunden hat, eine Pauschalierung vorzunehmen. Diese Idee    


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Wir haben jetzt das Problem, Herr Schmidt, dass die monatelange Diskussion jetzt die Debatte sprengt. Sie sind bei einer Redezeit von anderthalb Minuten.


Dr. Andreas Schmidt (SPD): 

Ich wäre schon fertig gewesen.


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Jetzt sind Sie fertig, danke. - Frau Anger, Sie können antworten, wenn Sie wollen.


Nicole Anger (DIE LINKE): 

Ich antizipiere, dass ich Ihre Intervention an der Stelle vollständig verstanden habe. Der § 90 SGB VIII - damit beginne ich - greift nicht für alle, sondern es gibt eine Einkommensgrenze. Es gibt eine Kappungsgrenze und keine Staffelung. Wenn man um 3,50 € über dieser Grenze liegt, dann profitiert man nicht davon. Das ist genau das Problem.

Ich freue mich aber, dass Sie sich für diese Beitragsfreiheit aussprechen; denn ich bin der Überzeugung, dass Bildung in jedem Alter kostenfrei sein muss, und zwar für jedes Kind; denn kein Kind kann etwas für seine Eltern.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Mit Blick auf die Abrechnung der Personalkosten ist es durchaus möglich, die Personalkosten der Träger einmal im Jahr spitz zu berechnen. Unser Vorschlag ist, dies zum 31. August zu tun und dies für das nächste Jahr vorzuhalten. Im Moment besteht das Problem, das wir zwar eine Berechnungsgrundlage haben, diese aber sehr intransparent und undurchschaubar ist. Wahrscheinlich weiß niemand mehr, woher sie eigentlich kommt. Wir reichen Pauschalen aus, von denen wir nicht wissen, wohin sie gehen. Das wollen wir klarer und transparenter gestalten.

Es müsste Sie als Regierungskoalition eigentlich freuen, dass wir das Finanzierungssystem verbessern wollen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Herr Lizureck möchte intervenieren. - Bitte sehr.


Frank Otto Lizureck (AfD): 

Dass Sie Hannes Loth ansprechen, zeigt, wie verlogen und wie verleumderisch Sie als LINKE vorgehen. Hannes Loth - Sie spielen auf die Kita-Beiträge an - hat einen Haushalt übernommen, der vollkommen desolat war und keine Möglichkeit gegeben hat, diese Wahlversprechen einzulösen.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Das wusste er vorher! - Unruhe)

Geben Sie ihm ein wenig Zeit, dann werden sich entsprechende Erfolge einstellen.

(Zustimmung bei der AfD - Unruhe)