Tagesordnungspunkt 4

Beratung

Verursacherprinzip stärken: LKW-Maut auf Landes- und kommunalen Straßen einführen.

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/3256


Einbringen wird diesen Antrag Frau Abg. Lüddemann. - Frau Lüddemann, bitte schön.

(Unruhe)

- Meine Damen und Herren! Jetzt wird es ernst. Ich bitte darum, die allmorgendlichen Begrüßungsgespräche einzustellen. Denn jetzt hat die Rednerin das Wort.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Unser Antrag fordert die Landesregierung auf, dem Landtag ein Gesetz vorzulegen, um eine Lkw-Maut auf Landes- und kommunalen Straßen einzuführen.

Warum plädieren wir GRÜNE für diese Lkw-Maut? - Weil wir sie selbstverständlich für ein wirksames Mittel halten. Das hat die Maut auf der Bundesebene bewiesen.

(Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Lüddemann, einen Augenblick. Sie müssten das Rednerpult bitte ein bisschen höher fahren. Nach den Signalen aus dem Plenum sind Sie teilweise wohl schlecht zu verstehen.

(Dr. Gunnar Schellenberger, CDU: Sie müssen grün sehen!)


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Aber es ist grün.

(Daniel Rausch, AfD: Fahren Sie es noch ein Stück …)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Ja, aber sie sagen     Auch hier auf der Seite?

(Zuruf von der AfD: Klingt quietschig!)

So vielleicht? - Jetzt probieren wir es noch einmal.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Es hat sich nichts verändert. Es ist immer grün. 

(Zuruf von der AfD: Noch schlechter als vorher!)

Ich würde jetzt fortfahren, Frau Präsidentin. - Wir sind davon überzeugt, 

(Zuruf von der AfD: Es blinkt halt grün!)

dass die Umsetzung dieser Ziele wichtig, richtig und notwendig ist.

Worum geht es uns dabei? - Wir wollen zum ersten Preisehrlichkeit. Wir wollen, dass das Verursacherprinzip gilt. Wir wollen einen faireren Logistikmarkt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen zweitens unser Entscheidungsrecht wahrnehmen. Denn unsere Straßen - unsere Entscheidung. Wir müssen uns um unsere Straßen kümmern.

(Zuruf von der AfD: Das nächste Verarmungsprogramm!)

Drittens - das mag manche überraschen - setzen wir uns schon seit Längerem dafür ein, dass wir fahrbereite und top sanierte Straßen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN - Guido Kosmehl, FDP: Oh! - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Sie wollen, dass die teurer werden! - Oliver Kirchner, AfD: Das haben wir bei der A 14 gesehen!)

Viertens. Die Antriebswende muss auch für den Schwerlastverkehr kommen.

Fünftens. Der Klassiker: Mehr Güter auf die Schiene.

Sechstens. Die Stärkung regionaler Unternehmen und regionaler Wirtschaftskreisläufe wird durch die Maut gefördert. 

Last, but not least natürlich die Mobilitätswende.

Alle diese Ziele unterstützt eine Lkw-Maut. Es war also keine schlechte, vielleicht sogar eine richtig gute Idee der großen Koalition im Jahr 2005, diese Maut auf der Bundesebene einzuführen. Ebenso sinnvoll sind die Erweiterungen, die die Ampelkoalition jetzt vornimmt. Zudem existiert eine Lkw-Maut auch in der gesamten EU.

Schauen wir uns die Gründe näher an. Ich will mit dem Verursacherprinzip beginnen. Jeder Lkw, der auf unseren Straßen fährt, verursacht Infrastrukturkosten, Lärmkosten, führt zu Unfallkosten, trägt zur Luftverschmutzung bei, verursacht Sanierungsbedarf an den Häusern entlang der Durchgangsstraßen in unseren Dörfern und Gemeinden. Auch die Staus verursachen Kosten. Wir haben im Petitionsausschuss und im Ausschuss für Infrastruktur und Digitales regelmäßig Bürgerinitiativen oder Einzelpersonen zu Gast, die das anmahnen.

Man macht sich oft nicht klar: Die Kosten, die dabei entstehen, tragen bisher die Allgemeinheit, 

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Die Allgemeinheit profitiert auch von den Waren!)

die öffentliche Hand, der Steuerzahler insgesamt. Ein Großteil davon - im Landeshaushalt kann man es beziffern; im Moment sind es schon 87 Millionen € - fließt in Sanierungsarbeiten; ein Großteil verursacht eben durch diesen Schwerlastverkehr.

Ohne jetzt weiter auf diese Details einzugehen, ist es wohl recht und billig, an dieser Stelle festzustellen: Straßen werden durch Lkw und Schwerlastverkehr deutlich stärker beansprucht als durch Pkw. 

(Beifall bei den GRÜNEN)

Der hohe Sanierungsaufwand entsteht durch Schwerlastverkehr. Im Moment ist es Teil des Geschäftsmodells von Speditionen, dass sie diese öffentlich zur Verfügung gestellte Infrastruktur kostenfrei verschleißen dürfen, zumindest auf Landes- und kommunalen Straßen.

(Guido Kosmehl, FDP: Also, das ist doch unfassbar! Geschäftsmodell!)

So werden mit der bestehenden Maut die Infrastrukturkosten sowie die Kosten im Zusammenhang mit Lärm und Luftverschmutzung auf die Speditionen umgelegt. Mit der neuen Maut ab dem 1. Dezember werden nun auch die Klimakosten einbezogen. Das heißt, wir erlangen mit dieser neuen Maut ein neues Stück Preisehrlichkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir wollen das für alle Straßen. Dürfen wir das? Ist es überhaupt legitim, hier im Landtag darüber zu reden oder Entscheidungen anzustreben? - Tatsächlich hat der Bund diese Möglichkeit in die Hände der Länder gelegt. Als Bundesgesetzgeber selbst tätig zu werden, ist im Rahmen des Dritten Gesetzes zur Änderung mautrechtlicher Vorschriften diskutiert worden. Vielleicht haben Sie die Medienberichte in den vergangenen Wochen wahrgenommen. Auch die Ampelfraktionen haben das Thema Maut auf Landes- und kommunalen Straßen in ihren Diskussionen hin- und hergewogen. Teil der Debatte war auch, dieses in den Entschließungsantrag zum Mautgesetz aufzunehmen. Letztlich vertrat aber wohl das Bundesverkehrsministerium die Ansicht, eine Bundesinitiative sei überhaupt nicht nötig, weil die Länder eigenverantwortlich in Sachen Maut aktiv werden könnten. Daher wurde dieses Anliegen, wie bekannt, nicht in den Entschließungsantrag aufgenommen.

Es wurde also klar festgestellt: Die Gesetzgebungskompetenz liegt bei den Ländern. Die Bundesregierung, die Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages und der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst hier im Hohen Hause haben dies gleichermaßen festgestellt.

Auf welcher Grundlage könnte das geschehen? - Es ist relativ simpel: Unser Straßengesetz formuliert in § 14 Abs. 3 die Notwendigkeit, etwaige Gebühren nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung zu erheben. Man braucht also ein eigenes Landesgesetz. Wir stellen heute zur Diskussion, ob das gewollt ist. Das Kommunalabgabengesetz ist für dieses Anliegen einer landesweiten Maut für Landes- und kommunale Straßen keine geeignete Rechtsgrundlage; das will ich gleich hinzufügen.

Ein Lkw-Maut-Landesgesetz auf der Grundlage unseres Straßengesetzes muss natürlich die Richtlinien und die Bedenken, die die EU uns anheimgegeben hat, beherzigen.

(Guido Kosmehl, FDP: Aha!)

Zur Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge ist das erfolgt. Weitere Regelungen sind analog zum Bundesfernstraßenmautgesetz zu formulieren und auf die hiesigen Straßen anzuwenden, damit gesetzlich klar ist, in welchem Fall die Gebühr in Form einer Maut anfällt, wer Gebührenschuldner ist und wie hoch die Maut konkret ausfällt. Diese Detailregelungen beantragen wir heute. Die Landesregierung soll sie vorlegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wichtig für die Debatte ist festzuhalten: Das Land kann hierzu gesetzgeberisch tätig werden.

(Guido Kosmehl, FDP: Warum machen Sie es nicht?)

Zum technischen Hintergrund können wir uns an Baden-Württemberg orientieren. Dort hat man ähnliches vor wie das, was wir heute in die Debatte einbringen. Sie haben bereits mit Toll Collect gesprochen.

(Beifall bei den GRÜNEN - Guido Kosmehl, FDP: Oh! Das wird ja ein Scheuer-2-Projekt!)

Es wäre überhaupt kein Problem, das technisch zu realisieren. Das zeigt auch, dass anzustreben und wünschenswert ist - auch das besagt unser Antrag  , eine bundesweite Regelung zur Verfügung zu haben, nicht nur, um für die Logistiker keinen Flickenteppich entstehen zu lassen, sondern auch, um tatsächlich technisch einheitliche Lösungen zu präferieren. Es geht also um politischen Willen.

Wir wollen aber auch mehr Preisehrlichkeit. Wir wollen das Verursacherprinzip stärken

(Beifall bei den GRÜNEN - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Der Verursacher sind Sie!)

und damit ganz im Sinne der Bundesmaut auch hierzulande „Straße finanziert Straße“ zur Wirkung kommen lassen. Gute Straßen für alle sind ein grünes Ziel,

(Guido Kosmehl, FDP: Oh! - Unruhe)

mitfinanziert durch eine Maut ist das noch besser. Sie erinnern sich: Das war unser drittes Ziel.

Natürlich setzen wir damit auch Anreize für die Antriebswende. Lkw mit alternativem Antrieb sind im Landesgesetz natürlich genauso zu befreien, wie es das Bundesgesetz vorsieht.

(Oliver Kirchner, AfD: Genau! Wir verkabeln die ganzen Straßen! Super! - Lachen bei der AfD)

Denn natürlich braucht es ökonomische Anreize, um den Hochlauf von emissionsfreien Lkw zu fördern. Der Bund finanziert bis zu 80 % der Mehrausgaben für umweltfreundliche Nutzfahrzeuge mit Batterie, Brennstoffzellen oder Hybridelektroantrieben im Rahmen des Programms „Klimaschonende Nutzfahrzeuge und Infrastruktur“. Diesen Weg unterstützen wir sehr gern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Fraunhofer-Institut stellte so etwas bereits im Jahr 2021 in seiner Studie „Lieferverkehr mit Batterie-Lkw. Machbarkeit 2021“ fest. Auch bei uns im Land gibt es Unternehmen und Speditionen, die bereits mit E-Lkw arbeiten.

Der ADAC hat uns in dem Gespräch zu unserem Antrag sehr klar dazu gratuliert, dass wir die Antriebswende für alle Autos, für alle Pkw und Lkw vorantreiben. Eine Empfehlung an die Unternehmen auszusprechen, den Umstieg jetzt zu prüfen und anzupacken - ganz im Sinne des ADAC  , ist eine gute Möglichkeit, um hierbei tatsächlich voranzugehen.

Die neue Maut hat dieses Vorhaben betriebswirtschaftlich noch sinnvoller gemacht. Ja, ich weiß, dass bei dem aktuellen Bundeshaushalt über Einsparungen an dieser Stelle ab dem Jahr 2025 diskutiert wird. Ich halte es nicht für den richtigen Weg, bei der Ladeinfrastruktur für E-Lkw und der sogenannten Kaufprämie zu sparen; das kritisieren wir GRÜNE auch auf Bundesebene sehr deutlich. Das soll nicht so bleiben.

Nichtsdestotrotz: Die Antriebswende ist die vierte tragende Argumentationssäule unseres Antrages und braucht, fünftens, einen Impuls für mehr Güter auf den Schienen. Das ist der Klassiker. Das wird seit vielen Jahren versucht. Wir alle wissen, dass die Bahn deutlich hinter den Zielen her ist. Aber das muss angestoßen werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn es einerseits Straßengebühren gibt und andererseits kostenfreie Landes- und kommunale Straßen, dann passt das nicht zusammen. Wir wollen einen fairen Wettbewerb zwischen Schiene und Straße.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Daher wollen wir neben der Maut auch die Förderung von Gleisanschlüssen ausbauen. Ich kenne Unternehmen, die seit zwei Jahren auf eine Förderung warten und einen Antrag darauf eingereicht haben. Ich sehe Bedarfe, die wir im Moment noch nicht abdecken können. Wir sollten darüber reden, ob das vielleicht im nächsten oder im übernächsten Haushalt möglich sein wird.

(Anhaltende Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Frau Lüddemann, darüber sollten wir in geordneter Form reden. - Ich bitte darum, die Gespräche jetzt wirklich einzustellen. Es hat sich ein Klangteppich herausgebildet,

(Ulrich Siegmund, AfD: Der ist unerträglich!)

der es kaum ermöglicht, dem Vortrag zu folgen.

(Ulrich Siegmund, AfD: Eine Qual!)

Frau Lüddemann, bitte.

(Zurufe von der AfD)


Cornelia Lüddemann (GRÜNE): 

Wenn Sie es nicht hören wollen, dann gehen Sie hinaus.

(Beifall bei den GRÜNEN - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Sie sind schwer zu verstehen, Frau Lüddemann! - Oliver Kirchner, AfD: Auch inhaltlich! - Lachen bei der AfD)

Unternehmen, die die Möglichkeit haben oder haben wollen, ihre Güter direkt ab Werk auf die Schiene zu bringen, sind dabei zu unterstützen. Jede Lkw-Fahrt, die dadurch vermieden wird, schont unsere Straßen, schont das Klima und schont die Nerven der Anwohnerinnen und Anwohner an Durchgangsstraßen.

Natürlich wollen wir auch Anreize setzen, Transportwege zu minimieren, Leerfahrten noch unattraktiver zu machen und letztlich die regionale Wirtschaft und die Unternehmen in den Regionen zu stärken.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn es einen kleinen finanziellen Unterschied macht - ich komme noch dazu, dass dieser Unterschied wirklich klein ist  , ob ich meine Waren aus 600 km Entfernung beziehe oder bei einem Unternehmen um die Ecke kaufe, dann setzt eine Maut eben auch Anreize, regional einzukaufen. Wenn wir dafür kleine Impulse setzen, verringern wir den Verkehr, verringern wir Emissionen, verringern wir Staus und stärken wir regionale und kleinteilige Wirtschaftskreisläufe. Immer mehr Lkw auf unseren Straßen sind nämlich kein Ausdruck für Wohlstand und Wachstum, sondern schlicht Symptom einer verfehlten Verkehrspolitik.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zur Wahrheit gehört natürlich auch: Das ist eine sachgerechte Möglichkeit, mehr Einnahmen in die öffentlichen Kassen zu bringen. In welcher Höhe diese ausfallen, hängt stark von der konkreten Ausgestaltung des Landesgesetzes oder der bundeseinheitlichen Regelung ab. 

Baden-Württemberg hat für seine knapp 22 000 km Landes- und Kreisstraßen mit ca. 100 Millionen € Einnahmen für die bestehende Maut gerechnet. Mit der Maut ab dem 1. Dezember dürften es dann knapp 150 Millionen € bis 170 Millionen € werden, wenn man davon ausgeht, dass sich die Maut je nach Einzelfall zwischen 40 % und 85 % erhöht.

In Sachsen-Anhalt haben wir ein etwa ein Drittel so langes Straßennetz, also, könnte ich grob mit 50 Millionen € rechnen, aber nur als groben Wert. Mit diesen Geldern könnten wir die Straßen instand halten und den Umweltverbund stärken. Den Ausbau des ÖPNV, insbesondere den Ausbau der Radwege, sollten wir auch mit den Mauteinnahmen finanzieren und als siebentes Ziel der Mobilitätswende zufließen lassen. Gerade für Radfahrerinnen und Radfahrer ist es an Landesstraßen sehr gefährlich, gemeinsam im Mischverkehr mit Lkw unterwegs zu sein. Da ist es geboten, die Dinge auseinanderzuzerren.

Oder einmal anders formuliert: Auch wir GRÜNE wollen, das Güter auf unseren Straßen transportiert werden. Anders kann es gar nicht gehen. Aber wir wollen, dass die Risiken für alle Verkehrsteilnehmer so gering wie möglich sind.

Die Lkw-Maut - jetzt will ich am Ende meiner Rede mit einer Mär aufräumen - ist kein Preistreiber der Verbraucherpreise.

(Alexander Räuscher, CDU: Ha, ha, ha, ha! - Zuruf von Ulrich Thomas, CDU - Lachen bei der CDU und bei der FDP - Zustimmung)

Der Bundesverband Spedition und Logistik hat selber bekannt gegeben: Die Gesamtkosten setzen sich zusammen aus 51,9 % der Personalkosten - ich glaube, das ist gut, richtig und wichtig; wir alle kennen den Fachkräftemangel im Logistikgewerbe  ,

(Tobias Rausch, AfD: Aha, Kosten werden umgelegt! - Ulrich Thomas, CDU: Die Heute-Show am Morgen! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Hören Sie doch einmal zu! - Ulrich Thomas, CDU: Das sagt der Richtige! - Unruhe)

10,2 % Treibstoff - das wird noch steigen  , 33,7 % Sachkosten und eben 4,3 % Maut. Preiskalkulationen, die auf der Grundlage der Entscheidung auf der Bundesebene erstellt wurden, gehen von einer Preissteigerung - wenn die Speditionen die Maut zu 100 % umlegen - in Höhe von maximal 0,6 % aus.

Sie können als Verbraucherinnen und Verbraucher an dieser Stelle mit Ihrem Bestell- oder Verkaufsverhalten steuern - das habe ich eben ausgeführt. Vielleicht kaufen Sie eben Ihr Bier nicht aus Bayern, sondern aus einer Brauerei hier um die Ecke. Dann können Sie sich dieses Geld sparen.

(Zuruf von Marco Tullner, CDU - Unruhe)

Das FDP-geführte Bundesverkehrsministerium stellt in der offiziellen Pressemitteilung fest: Die wahren Preise in den Geschäften begründen sich zu 0,1 % durch die Maut. Hier greift schlicht das Gesetz der großen Zahl. Auf Millionen Endkunden verdünnt, bleibt von der Maut letztlich nur eine homöopathische Belastung für den einzelnen Geldbeutel. Die Bundesregierung hält den Effekt der neuen Maut auf die Verbraucherpreise für - ich zitiere - marginal.

Zum Schluss ist mir wichtig, zu sagen: Eine bundesweite einheitliche Mautlösung für alle Straßen in Deutschland muss das Ziel sein.

(Tobias Rausch, AfD: Das lehnen wir ab!)

Unseren Antrag sehen wir als wichtigen Beitrag zu einer generellen transparenten Debatte über Kosten unserer Infrastruktur und als Möglichkeit, diese zu erhalten. - Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Lüddemann, es gibt zwei Interventionen und zwei Fragen. Die Interventionen führen zuerst Herr Lieschke, dann Herr Lizureck durch. Die Fragen stellen Herr Kosmehl und Herr Silbersack. Lassen Sie die Fragen zu? - Dann fangen wir mit Herrn Lieschke an.


Matthias Lieschke (AfD):

Ich hätte auch gern eine Frage gestellt, aber ich bin mir sicher, dass Frau Lüddemann das nicht beantwortet hätte. Deswegen mache ich eine Intervention.

Mit Ihrer einfachen Denkweise der GRÜNEN gehen Sie schlicht davon aus, dass alle Lkw hier nur durch die Gegend fahren, um die Straßen kaputt zu machen. Das muss beseitigt werden, egal was es kostet. Das ist Ihr Plan. Mit Ihrer Ausweitung der Maut auf kommunale Straßen wollen Sie nichts anderes, als alle Transportunternehmen abzuzocken. Mehr soll es nicht werden.

Wenn Sie denken, dass die Kosten, die schon jetzt aufgrund der Mauterhöhung, die nun im Dezember kommt, steigen, die Lkw-Fahrer tragen und das war es dann, dann werden Sie feststellen müssen, dass die das alles umlegen müssen und werden; denn die Margen in den Einzelgewerben sind einfach nicht so groß. 

Von daher ist Ihr Antrag wirklich weltfremd. Ich finde es krass, dass Sie wirklich selber an so etwas glauben, was Sie dort erzählen. Das ist für mich nicht zu verstehen. Sie müssen doch einmal darüber nachdenken, was Sie gerade erzählt haben. Ich kann nicht verstehen, dass Sie wirklich glauben, dass das in irgendeiner Weise die Wirtschaft nicht belastet. Das ist absolut weltfremd und wird dazu führen, dass Sie beim nächsten Mal nicht mehr im Landtag dabei sein werden.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Jawohl!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Lüddemann.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Erstens. Selbstverständlich bin ich von dem überzeugt, was ich hier vortrage. Alles andere wäre Nonsens.

(Lachen bei der AfD - Zuruf von Jan Scharfenort, AfD)

Zweitens. Wenn Sie mir tatsächlich zugehört hätten, hätten Sie gemerkt, ich habe den Bundesverband des Deutschen Logistikgewerbes und das Bundesverkehrsministerium - soweit ich weiß, haben die GRÜNEN auf beide Institutionen wenig Einfluss  

(Guido Kosmehl, FDP: Gott sei Dank!)

zitiert. Aber Sie können mir glauben oder nicht. Es würde mich wundern, wenn wir einer Meinung wären.

(Zuruf von der AfD: Ja!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Lizureck.


Frank Otto Lizureck (AfD):

Das, was Sie hier von sich geben, spottet jeder Beschreibung und zeigt eigentlich, dass Sie von Wirtschaft überhaupt gar nichts verstehen. Sie sprechen davon, dass die neuerliche Erhöhung Lkw-Maut bei den Bürgern nicht ankommt. Was haben denn die letzte Lkw-Maut oder die letzte Erhöhung der CO2-Steuer gemacht? Die sind genau beim Bürger angekommen. Die Nächste wird es auch wieder tun, es wird einen Wert von 7,62 Milliarden € haben. 

Gestern haben Sie sich hierhin gestellt und haben gesagt: Bürgergeld musste erhöht werden. Die Leute müssen irgendwie klarkommen. Mindestlohn ist auch viel zu wenig. - Na, was meinen Sie denn, was als Nächstes passiert? Wollen wir wieder das Bürgergeld erhöhen? Wollen wir wieder den Mindestlohn erhöhen? Wir treiben die Inflation mit Maßnahmen an, die völlig unsinnig sind. Ich sage Ihnen eines: Wenn Sie statt Ihrer Windmühlen und statt Ihrer Solarparks die Götzenbilder der Osterinseln hier aufgestellt hätten, hätte es den gleichen Klimaeffekt gehabt, nämlich überhaupt keinen.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD, und Jörg Bernstein, FDP, lachen)

Das, was wir hier in fünf Jahren einsparen, das schießt China in ein bis zwei Tagen heraus. Also, entschuldigen Sie einmal bitte. Hören Sie auf.

(Beifall bei der AfD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Intervention heißt nicht, dass man auf den Beitrag reagieren muss.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Ich weiß, dass ich darauf nicht reagieren muss. 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Bitte, Frau Lüddemann.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Danke, Frau Präsidentin.- Ich war tatsächlich versucht, ernsthaft darauf einzugehen, aber mit dem letzten Satz haben Sie sich derartig diskreditiert, damit hat sich jede Diskussion erübrigt.

(Beifall bei den GRÜNEN)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Jetzt kommt Herr Kosmehl mit einer Frage und danach Herr Silbersack.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Ja.


Guido Kosmehl (FDP):

In Baden-Württemberg gibt es ja keinen Gesetzentwurf. Sie haben die Pressemitteilung des Verkehrsministers genommen, der ja auch nur Zahlen in den Raum gestellt hat, also auch nichts berechnet hat.

Was mir dabei gefehlt hat und was mir bei Ihnen gefehlt hat, ist ein Punkt: Welche Anfangskosten sehen Sie denn für die Aufstellung der Überprüfungssäulen für die Maut? Denn die haben wir bisher nur an Bundesstraßen und bräuchten sie plötzlich, ich sage einmal, an jeder Straßenecke. Wenn Sie eine Kreisstraße auch durch eine Gemeinde führen lassen, dann müssen Sie irgendwo schauen, wie Sie das erhöhen, damit Sie die Kilometer erfassen können, die ein Lkw fährt, d. h., Sie müssten flächendeckend im ganzen Land, in den Gemeinden, in den Landkreisen flächendeckend solche Geräte aufstellen. Haben Sie einmal überlegt, was das kostet und was Sie für das Betreiben und für die Kontrolle dieser Geräte brauchen?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Lüddemann, bitte.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Nein, wir haben das natürlich nicht durchgerechnet; 

(Sven Rosomkiewicz, CDU, lacht - Zuruf von Siegfried Borgwardt, CDU)

denn es geht jetzt erst einmal darum, tatsächlich die Entscheidung zu treffen. Es gibt auch technische Lösungen, die ohne diese Säulen auskommen. Das wäre dann eine Frage im parlamentarischen Prozess, dass man sich über die unterschiedlichen technischen Lösungen unterhält.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Silbersack, bitte.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Und wenn Sie jetzt sagen, also     Es geht nicht darum, an jeder Ecke eine Kamera aufzustellen.

(Guido Kosmehl, FDP: Muss doch!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Silbersack. - Frau Lüddemann, bitte jetzt nicht noch einen Nachtrag. - Herr Silbersack.


Andreas Silbersack (FDP):

Frau Lüddemann, ich halte Ihre Aussage, die Speditions- und Logistikunternehmen haben die Zerstörung der kommunalen und Landesstraßen als Geschäftsmodell entwickelt, für eine schwerwiegende Herabwürdigung und Diskreditierung aller Speditions- und Logistikunternehmen hier in unserem Land.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Sandra Hietel-Heuer, CDU: Ja!)

Sie unterstellen hiermit diesen Unternehmen Vorsatz. 

Ich habe zwei Fragen. Stehen Sie zu dieser Aussage? Wenn Sie zu dieser Aussage stehen, dann bitte ich um Erklärung dieses Geschäftsmodells, von dem Sie vorgeben, das die Unternehmen selbiges haben. 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Lüddemann.


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

An welcher Stelle haben Sie das mit der Zerstörung gefunden?

(Dr. Falko Grube, SPD: Das steht in der Begründung!)

Dass es Teil ihres Geschäftsmodells ist, die zur Verfügung gestellte Infrastruktur kostenfrei zu nutzen? - Das ist korrekt. Und dass sie in Kauf nehmen, dass diese Infrastruktur durch die Nutzung über Gebühr verschlissen wird? 

(Unruhe)

Denn ein Lkw verursacht tatsächlich einen bis zu 160 000 Mal höheren Abrieb und Abnutzung als ein Pkw. - Das ist korrekt.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Frau Lüddemann. - Ach nein, zwei Fragen ist bei einer Fünfminutendebatte eigentlich    

(Tobias Rausch, AfD: Das ist eine Nachfrage auf die Frage! Das ist laut Geschäftsordnung zulässig!)

- Ich habe eben mit Herrn Silbersack geredet. Ich habe mich    

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

- Herr Rausch, ich habe eben mit Herrn Silbersack geredet. Wir hatten hier zwei lange Interventionen. Wir hatten zwei Fragen der FDP-Fraktion. Jetzt habe ich mit Herrn Silbersack Kontakt aufgenommen. Ich hätte ihm gern einen Satz ermöglicht. Aber, Herr Rausch, wenn Sie das immer alles besser wissen, dann müssten Sie sich vielleicht einmal darüber Gedanken machen, wie Sie das in eine Geschäftsordnung hineinbringen. - Herr Silbersack, eine kurze Nachfrage.

(Tobias Rausch, AfD: Darüber muss ich mir doch keine Gedanken machen! - Weiterer Zuruf von Tobias Rausch, AfD)


Andreas Silbersack (FDP):

Frau Lüddemann, Sie haben jetzt nicht dazu Stellung genommen, was Sie unter Geschäftsmodell verstehen. Können Sie bitte dazu Stellung nehmen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Hat sie doch!)


Cornelia Lüddemann (GRÜNE):

Das habe ich doch mehrfach gesagt. Ich kann das gern noch einmal sagen: Das Geschäftsmodell einer Spedition ist, Waren in großen, schweren Lkw von A über B nach C zu bringen und dafür die kostenfrei zur Verfügung gestellten öffentlichen Straßen zu nutzen. Das ist das Geschäftsmodell.

(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)