Kerstin Eisenreich (DIE LINKE): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Als im Sommer des vergangenen Jahres das 9 €-Ticket für den ÖPNV verfügbar wurde, stiegen der Nutzerzahlen erheblich, auch in Sachsen-Anhalt. Es war nicht nur der günstige Preis, sondern auch die einfache Handhabung ohne Tarifdschungel, die dafür ausschlaggebend waren. 

Die nur kurze Zeit von drei Monaten, zumal damals auch in der Sommer- und Urlaubszeit, machte es allerdings unmöglich zu untersuchen, wie sich ein solches Ticket im Alltag bewähren könnte. 

Dann kam eine lange Hängepartie und schließlich wurde nach intensivem Ringen im Mai dieses Jahres das 49 €-Ticket eingeführt. Das auch als Deutschlandticket bekannte Ticket findet viel Zuspruch. Auch die Nutzerzahlen des ÖPNV im Alltagsverkehr steigen, was die neuesten Zahlen belegen, wenngleich das Niveau des Jahres 2022, bezogen auf das 9 €-Ticket, nicht erreicht wird und die Nutzerzahlen in Sachsen-Anhalt   das wurde heute schon gesagt   am geringsten sind.

An dieser Stelle bleibt eine unserer Kritiken bestehen: Zu diesem Preis ist das 49 €-Ticket eben nicht für jeden und jede erschwinglich. Das haben wir, meine Fraktion die LINKE, schon öfter kritisiert und haben Vorschläge für sozialverträgliche Preise unterbreitet.

Vielleicht ein kleiner Exkurs dazu: In Mecklenburg-Vorpommern wurde   um nur ein Beispiel zu nennen   für Menschen ab 65 Jahren ein vergünstigtes 29 €-Ticket eingeführt. 

Auch das grundlegende Problem, dass sich gerade im ländlichen Raum viele Menschen weiterhin fragen müssen, wo denn der Bus nun bleibe, wird mit dem Deutschlandticket nicht gelöst.

Aber vor dem Hintergrund der derzeit noch immer nicht wirklich geklärten Anschlussfinanzierung des 49 €-Tickets und der Diskussionen um eine mögliche Erhöhung des Ticketpreises werden die Menschen, aber eben auch die Verkehrsverbünde und Verkehrsunternehmen weiterhin massiv verunsichert. Im Gegensatz zu dem, was Sie, Frau Ministerin, hier gerade gesagt haben, besteht diese Verunsicherung. Es gibt diese Debatten in der Öffentlichkeit.

(Beifall bei der LINKEN) 

Ich erinnere daran, dass das politische Versprechen war, die Finanzierung durch Bund und Länder mindestens bis 2025 zu sichern. 

(Guido Kosmehl, FDP: Ist es doch!) 

- Es ist eben nicht gesichert.

(Guido Kosmehl, FDP: Doch!)

Das ist aber ein Bruch. Die Diskussionen laufen so, auch im Bund. Es gab sogar Debatten darüber, das Ticket komplett einzustellen. Das wäre ein Bruch der Versprechen, die hier gemacht wurden. 

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das führt doch nur zu weiterer Politikverdrossenheit. Die dauerhafte Finanzierung des 49 €-Tickets muss also gewährleistet und endlich auch schnell umgesetzt werden. Hier muss im Bundeshaushalt zügig nachgebessert werden.

(Zustimmung bei der LINKEN) 

Wenn ich mich recht erinnere, sind es eben gerade Ihre Parteifreunde, Frau Ministerin, Herr Wissing und Herr Lindner, die dabei immer wieder auf der Bremse stehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Der Bund darf sich an dieser Stelle nicht seiner Verantwortung entziehen. Deshalb ist es durchaus zu begrüßen, dass sich die Bundesländer hierbei einig sind und dieses Ticket fortsetzen wollen und auch Zusagen zur Finanzierung gemacht haben.

Die Menschen brauchen dazu eine Preisgarantie. Auch die Finanzierung der auflaufenden Defizite muss vorsorglich festgezurrt werden. Insofern gehen sowohl der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als auch der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen in die richtige Richtung. Letztere versucht, das festzuschreiben, was eigentlich versprochen war. Okay.

Aber es bleibt eben neben dieser jetzt so drängenden Problemlösung dabei, dass der ÖPNV vor allem im ländlichen Raum ausgebaut werden muss, damit eben Menschen überhaupt die Chance haben, Bus oder Bahn zu nutzen und auf sie umzusteigen und sich dann vielleicht für ein Deutschlandticket zu entscheiden.

In dieser Hinsicht hat sich der Landtag von Sachsen-Anhalt mit seinem Entschließungsantrag zum flächendeckenden Ausbau der Infrastruktur für Bus und Bahn in der Drs. 8/1895 ganz eindeutig positioniert. Daher sind wir als Land in der Pflicht, das umzusetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Mein Vorredner hat schon auf die Investitionszahlen hingewiesen. Es gibt auch vom Bündnis „ÖPNV braucht Zukunft“ Investitionszahlen dazu, was notwendig wäre, um den ÖPNV bis zum Jahr 2030 zu verdoppeln. Dabei reden wir ab 2024 von jährlichen Investitionen im Umfang von 16 Milliarden € bis 18 Milliarden € auf der Bundesebene. Im Zusammenhang damit entstehen gleichzeitig bis zu 70 000 neue, nachhaltige Jobs im ÖPNV. Das ist vielleicht auch ein Thema, das zu bedenken wäre.

Und, geschätzte Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, wenn wir das schaffen, worüber ich zum Schluss geredet habe, diesen Ausbau, wenn wir es schaffen, dass alle Menschen diese Chance haben und sich dann für das Ticket entscheiden, das wäre eine Revolution. Das Ticket allein, na ja, das ist es nicht. Aber letzten Endes geht es darum, Daseinsvorsorge zu treffen. Das ist, glaube ich, das Entscheidende an der Stelle.

(Beifall bei der LINKEN)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Warten Sie einmal, Frau Eisenreich, es gibt noch eine Frage von Herrn Kosmehl. Wollen Sie diese beantworten? - Dann bitte, Herr Kosmehl, Sie haben das Wort.


Guido Kosmehl (FDP): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Zwei kurze Fragen. Erste Frage: Frau Kollegin Eisenreich, können Sie mir ein Zitat nennen, in dem der Bundesminister für Verkehr und Digitales gesagt hat, dass er an den zugesagten 1,5 Milliarden € pro Jahr des Bundes sparen will, also dass es weniger ist?

Die zweite Frage ist: Auch Sie haben, ähnlich wie einer Ihrer Vorredner, bereits stärker auf die Finanzverantwortung des Bundes hingewiesen. Auch dazu die Frage: Ist die LINKE-Fraktion in Sachsen-Anhalt der Meinung, dass der ÖPNV zukünftig in die alleinige Zuständigkeit des Bundes, was Finanzierungen und Ähnliches betrifft, übergehen soll, und damit nicht mehr in der Verantwortung der Kommunen und der Länder liegen soll?


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie haben das Wort.


Kerstin Eisenreich (DIE LINKE): 

Ich fange hinten an. Nein, aber wir müssen über die Gesamtfinanzierung und über den Ausbau und die Grundfinanzierung des ÖPNV, glaube ich, insgesamt reden. So, wie es gerade läuft, zu sagen, es ist einfach eine kommunale Aufgabe, deren Finanzierung jedes Jahr wieder irgendwie auf dem Prüfstand steht, während wir genau wissen, dass die Kommunen nicht ausreichend finanziert sind, das funktioniert dann natürlich nicht. 

Mit den Zitaten kann ich Ihnen jetzt leider nicht dienen, da bin ich ehrlich, weil ich mir die Zitate nicht alle zu eigen mache. Aber ich kenne die Diskussionen, die in der Öffentlichkeit laufen, und ich höre mir an, was die Menschen vor Ort sagen. Sie sagen: „Ich weiß gar nicht, was ich jetzt machen soll. Soll ich zum 31. Dezember vorsichtshalber mein Ticket kündigen? Ich weiß gar nicht, ob es noch der gleiche Preis ist oder ob es überhaupt noch finanziert wird. Gibt es das dann überhaupt noch?“ - Das ist das, was ich wahrnehme. Deswegen lautet meine Forderung, hierzu Klarheit auf der Bundesebene zu schaffen.

(Beifall bei der LINKEN)