Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat die Verzweiflung insbesondere bei den jungen Menschen sollte nicht noch weiter um sich greifen. Wenn Sie einen Kopfhörer finden, dann geben Sie ihn im Fundbüro ab.

Ich möchte mich zunächst bei Ihnen bedanken, vor allen Dingen bei den PGF, dass dieser Tagesordnungspunkt von heute früh auf heute Mittag verschoben wurde. Das hat mir die Teilnahme ermöglicht. Ich saß heute früh im KMK-Präsidium in Berlin. Es erscheint mir auch sinnvoll, dass der zuständige Minister darüber redet, und zwar über das, was Sie ursprünglich beantragt haben, was eingebracht wurde, nämlich der Antrag, ein Gesetz über Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern vorzulegen.

Ich bin, ehrlich gesagt, ein wenig gerührt. Ein Gesetzentwurf, der jetzt vorgelegt wurde, der so vieles von dem aufgreift, was wir uns in der Koalition vorgenommen haben und bereits vorgestellt haben, das freut mich. Das zeigt zunächst, dass wir offenbar gemeinsam eines Sinnes sind; nämlich, dass in diesem Bundesland die Bürgerinnen und Bürger angemessen an Erträgen von Windenergieanlagen beteiligt werden müssen. - Das ist erfreulich.

(Olaf Meister, GRÜNE: Wann kommt es denn?)

Weil es vorhin die Frage gab, ob wir denn nun mehr ausbauen sollen oder wollen oder ob das ein Wunsch der GRÜNEN ist. 

(Olaf Meister, GRÜNE: Ja, doch, doch!)

Nein, ich kann Ihnen versichern, das ist es nicht. Das ist eine gesetzliche Verpflichtung   sie steht im Wind-an-Land-Gesetz  : 2,2 % unserer Landesfläche bis zum Jahr 2032. Wir sind ein ganzes Stück weit davon entfernt; wenn wir den Ausbau beschleunigen wollen, müssen wir ihn attraktiver gestalten. Deshalb brauchen wir ein Beteiligungsgesetz.

Was enthält nun der Entwurf, der in meinem Hause gefertigt wird? - Das wird Sie nicht wundern, er wird aufgeführt, dass wir die 0,2 ct/kWh wollen, und zwar obligatorisch, verpflichtend, so wie es auch Herr Abg. Gallert angesprochen hat. 

Natürlich steht es seit geraumer Zeit bereits im EEG als Kannvorschrift formuliert. Von dieser Kannvorschrift ist eben nicht überall Gebrauch gemacht worden, deshalb ist es klug, dass man daraus etwas Verpflichtendes macht.

Das gilt gleichermaßen für Windkraftanlagen wie für Fotovoltaik. Die Werte, die Sie genannt haben, entsprechen den Werten, die wir im Sommer bereits verkündet haben. Das sind nämlich in etwa die Werte, die man auf der Grundlage der Ertragskraft heranziehen kann: etwa 30 000 € pro Jahr pro Windrad, etwa 2 000 € pro Hektar bei PV. - So weit so gut. 

Das kann man jetzt innovativ nennen oder nicht, das ist auch gar nicht entscheidend. Entscheidend ist es, dass es für die Bürgerinnen und Bürger möglichst bald kommt und dass wir in die Lage versetzt werden, dort Beteiligungen, also auch wirtschaftliche Beteiligungen, zu erlauben, wo es sie bisher nicht gibt. Denn   das wissen Sie, wenn Sie in der Kommunalpolitik sind  :

Man hätte überall in den letzten Jahren solche Vereinbarungen schließen können. Sie wurden aber nicht geschlossen, weil eben das Verhandlungsgeschick möglicherweise unterschiedlich ist, weil es offenbar für manchen Kommunalvertreter schwieriger war, sich an dieser Stelle durchzusetzen, und weil man vielleicht auch andere Erwartungen hatte, z. B. in Bezug auf die Gewerbesteuererträge, die nicht erfüllt wurden. Das alles mag dazu geführt haben. Deshalb brauchen wir eine obligatorische Lösung. Deshalb schlagen wir die Ihnen auch vor.

Entscheidend ist auch, dass diese Regelung für Neuanlagen gilt. Sie gilt übrigens auch für die repowerten Anlagen. Das ist schon einmal wichtig bei der Geschichte. Die Bestandsanlagen sind das Problem. Ich bedauere es immer, Herr Gallert, dass Sie als Grundschullehrer eine gewisse Sorge vor juristischen Einwänden haben. Ich will das nicht übertreiben. Aber was ich vor allen Dingen möchte, ist Folgendes. Ich möchte ein Gesetz auf den Weg bringen, das danach nicht drei Jahre beim Verfassungsgericht liegt,

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP) 

weil man darüber streitet, ob man es überhaupt umsetzen kann. Ihr Hinweis auf Mecklenburg ist an dieser Stelle tückisch. Sie wissen nämlich, dass Mecklenburg drei Jahre lang vor dem Bundesverfassungsgericht versucht hat, sein Gesetz zu verteidigen, bis dann endlich die Erkenntnis kam, dass man es so machen kann, wie es in Mecklenburg ist. 

Das Einzige, was übersehen wurde, war, dass das in Mecklenburg derart kompliziert ist, dass man bislang so gut wie kein einziges Projekt danach hat realistisch umsetzen können. Deshalb sind übrigens die Mecklenburger auch der Auffassung, dass man etwas lösen sollte, und zwar etwa in dem Sinne, wie wir es jetzt auch haben.

(Unruhe) 

Meine Damen und Herren! DIE LINKE schlägt einen Gesetzentwurf vor, der im Wesentlichen dem entspricht, über den jetzt gerade auch in Thüringen beraten wird. Das ist gut. Diesen Gesetzentwurf kannten wir. Wir lassen ihn in unsere Überlegungen einfließen. Ich will Ihnen auch sagen, dass wir ihn keineswegs in toto für falsch halten. 

(Unruhe) 

Sie habe ja schon gehört, dass er sich an vielen Stellen mit dem, was die Landesregierung auch will, deckt.

Allerdings halte ich ihn für zu kompliziert. Ich halte ihn vor allen Dingen bei einer Regelung, die zwangsweise die Windparkbetreiber verpflichten soll, auf bestimmte Wünsche, die die Kommunen in Form des Beteiligungsmanagements künftig haben, für hochgefährlich. 

(Zustimmung bei der FDP)

Das ist nämlich Kontrahierungszwang. Und ein solcher Kontrahierungszwang führt Sie garantiert zum Verfassungsgericht - garantiert. Ich will hier kein Gesetz in den Raum stellen, zu dem uns nachher die Kommunalvertreter sagen: Schön, dass ihr das erlassen habt, aber es wäre auch schön, wenn es irgendwann einmal wieder angewendet werden könnte. Zurzeit können wir das nämlich nicht, weil es beklagt wird. - Nein, meine Damen und Herren, das machen wir nicht.

Jetzt noch ein Weiteres: Wir sind nicht die Letzten, lieber Herr Gallert. Ja, ein bisschen Polemik darf sein. Wir sind die Dritten. Wir sind die Dritten in dieser Bundesrepublik, die überhaupt mit einem Beteiligungsgesetz angefangen haben.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Sie haben die beiden anderen Länder genannt, nämlich Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Mecklenburg hat das im Jahr 2017 gemacht. Es geschah aus hoher Not, weil die Kommunalvertreter nämlich gesagt haben, wir haben bisher wirklich nichts davon, weil sich die Erwartungshaltung insbesondere in Bezug auf die Gewerbesteuererträge nicht erfüllt hat. Aber die Regelung - ich habe es gerade schon ausgeführt - ist viel zu kompliziert. Mecklenburg wird umbauen. Ich kann Ihnen darüber berichten. Wir haben in der letzten Woche mit der Energieministerkonferenz in Wernigerode getagt und darüber gesprochen.

Brandenburg - das Land ist seit dem Jahr 2019 mit einer Regelung am Start - wird ebenfalls anpassen, weil die Regelung zwar sehr einfach ist - pro Windrad gibt es dort eine Pauschale -, aber überhaupt nicht die Leistungsfähigkeit abbildet, die man abbilden muss; denn natürlich sollen die, die mehr Erträge erzielen, auch mehr abgeben. Das ist einfach ein Gerechtigkeitsmodell. Da setzen wir an und das tun andere Länder auch.

Jetzt können Sie zum Schluss fragen: Warum geschieht das eigentlich so spät? Es geschieht erst jetzt, weil alle Bundesländer gedacht haben, das Bundeswirtschaftsministerium fasst sich ein Herz und sagt, das regeln wir bundesweit. Die Regelung in § 6 EEG, die jetzt noch fakultativ ist, machen wir zu einer obligatorischen, und das ist dann die Rechtsgrundlage, auf der ihr in Zukunft solche Abgaben erheben könnt. 

Dann hätten wir nämlich bundeseinheitlich eine Regelung. Darauf haben wir gedrängt, und zwar bis zur Energieministerkonferenz in Merseburg im März dieses Jahres. Dort hat Bundesminister Habeck erklärt, dass man sich aus Verfassungsgründen nicht in der Lage sieht, das so zu tun. Deshalb sind die Länder jetzt am Start und dabei, so schnell wie möglich solche Regelungen in Kraft zu setzen.

Wir wollen das. Die Koalition hat sich auf Grundsätze verständigt. Ich habe die ersten Eckpunkte dazu vorgestellt. Der Referentenentwurf ist nahezu fertig. Die letzten Abstimmungen laufen. Wir werden im Dezember ins Kabinett gehen und hier gemeinsam im Parlament Anfang 2024 beraten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit 

(Zustimmung bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Prof. Willingmann, ich stelle fest, dass Sie die Redezeit um zwei Minuten überzogen haben. 

(Oh! bei der CDU) 

Es gibt Fragen, zum einen von Frau Frederking. Dann folgt eine Intervention von Herrn Lizureck und danach folgt noch eine Frage von Herrn Gallert. - Frau Frederking, Sie machen den Anfang.

(Unruhe)


Dorothea Frederking (GRÜNE): 

Herr Willingmann, in Ihrem Redebeitrag haben Sie schon auf viele Frage geantwortet, die ich jetzt stellen würde. 

Für mich stellt sich tatsächlich die folgende Frage. Vielleicht können Sie das noch ein bisschen besser ausführen. Sie haben gesagt, Sie wollen nur bei den 0,2 ct bleiben und die verpflichtend machen. Zu allen weiteren Beteiligungsmöglichkeiten - denkbar ist z. B. ein vergünstigter Stromtarif, denkbar ist es, dass den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit eröffnet werden muss, dass sie auch mit Anteilen an Windparks oder Solaranlagen beteiligen können - sagen Sie, dass Sie Bedenken haben, dass das vor dem Verfassungsgericht scheitern wird. 

Meine Frage lautet: Könnte man in einem Gesetz diese weiteren Beteiligungen, die gerade Energiegenossenschaften anbieten und damit zeigen, dass da durchaus noch Luft nach oben ist, also Potenzial vorhanden ist, um Menschen vor Ort zu beteiligen, festschreiben? In welcher Form könnte man das in das Gesetz schreiben, ohne dass es verfassungsmäßig angegriffen wird?

Meine zweite Frage ist: Der Bund hat jetzt eine Sollregelung. 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, eine Frage.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ist die Sollregelung auch aus verfassungsrechtlichen Gründen gemacht worden? Und wenn ja: Könnte das Land nicht mit Sollregelungen weitere Beteiligungen möglich machen?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Prof. Willingmann.


Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt): 

Danke schön. - Ich greife kurz die zweite Frage auf. Der Bund hat seinerzeit tatsächlich Sollregelungen erlassen, weil er von Verfassungs wegen gesagt hat, es seien ihm die Hände gebunden, eine verpflichtende Regelung zu erlassen; deshalb von unserer Seite aus die verpflichtende.

Frau Frederking, die Idee hinter der Gesetzgebung, jedenfalls soweit ich in diesem Haus dafür Verantwortung habe, ist, dass wir versuchen müssen, das möglichst verständlich zu machen und einfach handhabbar für jedes Kommunalparlament, für jeden Gemeinderat und für jeden Bürgermeister. Aus diesem Grund regeln wir, was unbedingt zu regeln ist.

(Zustimmung bei der FDP) 

Das ist die zwingende Beteiligung. Dann kommt eine Experimentierklausel; nennen wir sie einmal so technisch. Die erlaubt alle anderen Formen, die es selbstverständlich sowieso gibt; denn nirgendwo in Deutschland ist jemand daran gehindert, eine Genossenschaft zu gründen,

(Guido Kosmehl, FDP: Richtig! - Andreas Silbersack, FDP: So ist es!)

sich an einer zu beteiligen und dergleichen. So baut man das Gesetz vernünftigerweise auf. Es macht bloß weniger angreifbar. Aber gestatten Sie mir als Luhmann-Fan: Reduktion von Komplexität ist an dieser Stelle dringend geboten.

(Kathrin Tarricone, FDP, lacht)

Gesetze, die verständlich sind, müssen erlassen werden. Und das wollen wir. Das erklärt vielleicht auch, warum es dann drei Wochen länger dauert. 

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP) 

Es dauert länger, weil wir weniger aufschreiben wollen und es trotzdem richtig regeln.

(Beifall bei der CDU - Kathrin Tarricone, FDP, lacht)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Lizureck, bitte. 


Frank Otto Lizureck (AfD): 

Ohne respektlos zu wirken, muss ich sagen, dass diese ganze Politik die größte Narretei ist, die man sich überhaupt vorstellen kann. Ich möchte das auch begründen. 

(Zuruf) 

Wenn ich in den Sommermonaten durch die Lande fahre, dann weiß ich, es sind ein Haufen Planungsbüros unterwegs, die lauter Solarparke errichten. Dann sehe ich bei Wind Windkrafträder, die einfach einmal abgestellt werden.


Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt): 

Ja. 

(Zurufe: Ja! - Unruhe) 


Frank Otto Lizureck (AfD): 

Die werden abgestellt, weil nämlich die Solarenergie zu viel Strom produziert. So. Der Verbraucher aber, der bezahlt auf der Grundlage des EEG diese Energie weiterhin. Der Windkraftbetreiber kriegt sein Geld. Wir sprechen hier über riesige Subventionen. Und da meinen Sie, 0,2 ct würden der Kommune Geld einbringen. Nein, eben nicht, weil die Bürger es mit ihrem Geld bezahlen, und zwar die Leute, die arbeiten gehen.

Ich möchte dazu noch etwas sagen. Im Augenblick kriegen wir im Durchschnitt für eine Megawattstunde exportierte Energie 38,60 €. Wissen Sie, was wir bezahlen müssen, wenn wir importieren: 97,20 €, also das 2,5-fache. Herzlichen Glückwunsch! 

Der Strom kommt aus unseren Nachbarländern. Wir sorgen mit diesem Verhältnis dafür, dass der Strompreis in unseren Nachbarländern unten bleibt, weil wir unseren Strom teilweise verschenken müssen bzw. noch Geld dafür bezahlen müssen, dass wir den Strom dort einspeisen dürfen, weil wir nämlich Strom herstellen, wenn ihn niemand braucht, wenn er zum Massenprodukt wird, wenn er zu Müll wird, weil er einfach zu einem Zeitpunkt produziert wird, an dem ihn niemand braucht. Wie lange wollen wir denn hier weitermachen? Wie lange wollen wir die Bürger ausnehmen? Nehmen Sie das doch endlich einmal zur Kenntnis. 

Wenn Sie mir jetzt sagen, ja, also später werden wir Wasserstoff herstellen, 

(Zuruf: Ja!) 

dann wissen Sie ganz genau     Ich habe Sie vor ein paar Monaten gefragt, was 1 kWh Wasserstoff kosten soll. Da haben Sie nicht geantwortet, weil Sie es nicht wollen, weil Sie wissen, dass eine Kilowattstunde Wasserstoff einen nicht marktfähigen Preis erzielen würde, weil er nämlich aus subventionierter Energie kommt. Ach, so ein Zufall, ehrlich.

Wenn Sie dann davon sprechen, dass wir die Energie auch speichern wollen, dann wissen Sie selbst, dass das Speichern von Elektroenergie so viel Geld kostet, dass es sich eigentlich niemand leisten kann. So wollen wir denn noch hin mit unserem Energiepreis? Wir haben jetzt schon den höchsten Energiepreis der Welt. - Danke.

(Zustimmung bei der AfD - Zuruf)


Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt): 

Mir geht es ähnlich wie dem Abg. Gallert, Herr Lizureck. Auf diese wirklich wundervoll rückwärts gewandten Ausführungen jetzt auch noch zu antworten, fällt ja wirklich schwer.

(Unruhe - Zurufe: Warum nehmen Sie es nicht ernst?)

- Nein, das sind - - Ja, natürlich. 

Wenn Sie ein Interesse daran hätten - -

(Zuruf von der LINKEN: Wir hören hier nichts!)

- Entschuldigung. - Wenn Sie ein Interesse daran hätten, dass wir uns dazu inhaltlich auseinandersetzen, dann müssen wir natürlich aufhören, dem anderen immer etwas zu unterstellen, was er irgendwo irgendwie gesagt hat.

Ich will Folgendes festhalten: Dass wir Strom importieren und exportieren, täglich hin- und herschieben und dass die Preise sich an einem Tag mehrfach verändern, weiß jeder. 

Das, was Sie jetzt gerade genommen haben, ist eine Momentaufnahme. Wir haben tatsächlich im Sommer abgeschaltete Windenergieanlagen, weil wir tatsächlich eine Überproduktion haben. Der Abg. Gallert hat es richtig dargelegt, und wo er recht hat, hat er recht. Wir importieren mitunter Strom von woanders her, weil er dort billiger ist. Das ist auch sehr vernünftig innerhalb der Europäischen Union. Wir sind nicht das Land, das Sie gerne hätten, nämlich irgendwie abgegrenzt, nationalbewusst und irgendwie mit dem Versuch, eine autarke Wirtschaft zu erzeugen.

Wir brauchen den europäischen Verbund. Den haben wir schon seit Jahrzehnten auf dem Strom- und Energiemarkt. Und da funktioniert er auch. Deshalb bitte: Wir können das während der Gesetzesberatungen im Einzelnen noch einmal fortsetzen. Aber ich finde es ermüdend.

(Zustimmung bei der SPD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Jetzt hat Herr Gallert noch eine Frage.


Wulf Gallert (DIE LINKE): 

Erst einmal Herr Minister, sozusagen ein nicht ganz ernst gemeinter, aber unter Umständen wichtiger Hinweis: Wenn Sie sich an der Ostseeküste östlich von Rostock aufhalten, dann sprechen Sie bitte nicht von dem Bundesland Mecklenburg, sondern immer von dem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Ansonsten müssen Sie sich über die Reaktion 

(Zuruf) 

da oben nicht wundern. Mal abgesehen davon: Wir sind nicht die Dritten. Also, wir haben zwei beschlossene Gesetze. 


Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt): 

Ja, einmal.


Wulf Gallert (DIE LINKE): 

Wir haben einen Beratungsgang im Parlament in Thüringen erst jetzt. Wir haben es in Nordrhein-Westfalen. Wir haben es meines Wissens auch in Niedersachsen und in Schleswig-Holstein bereits im Landtag. In Bezug auf Bayern bin ich mir nicht ganz sicher. Also, wir hängen da ziemlich hinterher. Deswegen ist es wichtig, dass wir jetzt einmal aus dem Knick kommen. 

Auch ich habe gehört, dass Sie im Sechswochenabstand seit Beginn des Jahres angekündigt haben, diesen Gesetzestext vorzulegen. Nun soll er irgendwie im Jahr 2024 erscheinen.

Meine Frage ist jetzt aber einfach nach dem, was ich jetzt bei Ihnen gehört habe, die folgende. Nehmen wir jetzt mal an, der Bund macht Artikel 6 EEG obligatorisch, also verpflichtend: Hätte sich dann Ihr Gesetz erledigt?


Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt): 

Jetzt fällt es mir außerordentlich schwer, dem Pädagogen Gallert zu widersprechen. Darf ich es ausdrücklich wiederholen? Sie sprachen davon, wir seien die Letzten. Ich darf Sie zitieren: die Letzten. Jetzt fällt es Ihnen schon schwer, mehr als vier Bundesländer aufzuzählen, die auch schon dabei sind. 

Da unser Bundesstaat aus 16 Bundesländern besteht, darf ich darauf hinweisen, nein, wir sind nicht die Letzten, wir können es nicht sein, Herr Gallert. Und wir sind die Dritten; das will ich Ihnen sagen. Wir waren die Dritten, die mit diesem Konzept auf den Markt der Eitelkeiten getreten sind. Das geschah, als wir nämlich im Sommer vorgestellt haben, wie wir es machen wollen. Ob das in Thüringen so verabschiedet wird - schauen wir mal. Ob es in Nordrhein-Westfalen so verabschiedet wird? - Natürlich. Natürlich muss es jetzt möglichst zügig kommen. 

Aber ich sage Ihnen noch einmal: Wir haben uns in der Energieministerkonferenz darauf verständigt, dass wir versuchen, das ein Stück weit zu harmonisieren. Der NRW-Entwurf ist meines Erachtens arg kompliziert. Der Entwurf in Thüringen ist arg anfällig. Unserer wird einfacher und praktikabel sein. Lassen Sie mir deshalb einfach diese sechs Wochen noch, um da zu finalisieren. Dann haben wir hier reichlich Gelegenheit.

Ob wir dann als Vierter oder als Siebenter durch das Ziel gehen, ist Wurst. Entscheidend ist, dass wir im Jahr 2024 diese Erträge haben, die bei den Bürgerinnen und Bürgern ankommen müssen, und zwar möglichst schnell und gesichert.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Minister. 


Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt): 

Jetzt haben Sie gerade gefragt, ob sich unser Gesetz erledigen würde. Erstens. Der Bund wird keine Regelung erlassen. Wir reden über etwas Hypothetisches. Der Bund hat endgültig erklärt, er erlässt keine Bundesregelung. 

Aber selbst wenn man das einmal als Arbeitshypothese unterstellen würde, dann würde sich unser Gesetz insoweit nicht erledigen, als wir andere dann Regelungen, nämlich bspw. die Frage von Verteilmechanismen, hier im Land regeln müssen. Das geht nur dann sehr viel schneller. Deshalb hatten wir bei Habeck dafür geworben, eine Bundesregelung zu erlassen. Deshalb sind 16 Bundesländer, sagen wir einmal, enttäuscht, dass der Bund diese Möglichkeit nicht ergriffen hat.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Gallert, ein Satz.


Wulf Gallert (DIE LINKE): 

Ein Satz. - Meine Aussage, wir sind die Letzten, bezog sich auf den Sonderfall. Es gibt drei Länder, in denen massenhaft Windräder stehen, und die Leute haben kein Eigentum daran. Das sind die Länder Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Unter diesen drei sind wir die Letzten.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Ja! - Weitere Zurufe: Ja! - Das stimmt!) 


Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt): 

Das lassen wir einmal im Raum stehen. Einverstanden?

(Lachen)

Allerdings sei von mir etwas oberlehrerhaft gesagt, das Eigentum daran zu begründen, diese Gelegenheit bestand in der Vergangenheit schon immer. Dass das nicht geklappt hat, ist außerordentlich ärgerlich. Deshalb jetzt die künftige verpflichtende Regelung. Bitte bringen Sie das gemeinsam mit uns auf dem Weg. Stellen Sie sich hinter den Vorschlag, den die Koalition einbringen wird. Es wäre doch schön, wenn wir ein Gesetz mit ganz breiter Unterstützung durchbrächten. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Guido Heuer, CDU)