Thomas Lippmann (DIE LINKE): 

Vielen Dank, Herr Präsident. - Im Rahmen des Bewerbungs- und Auswahlverfahrens für die Modellprojekte für eine verbesserte Zusammenarbeit von Grundschule und Hort haben die Horte bzw. die Hortträger als wesentliche Partner auch drei Wochen nach Schuljahresbeginn weder vonseiten des Sozialministeriums noch vonseiten des Bildungsministeriums eine direkte Rückmeldung erhalten, ob und wann sie mit einem Start des Modellprojekts rechnen können.

Die Kommunikation erfolgt offenbar ausschließlich über die Grundschulen und die Horte werden in diesem Prozess nur als Anhängsel wahrgenommen. Sie erhalten ihre Informationen nur von ihren kooperierenden Grundschulen oder aus der Zeitung.

So sollten nach der bisher einzigen Mitteilung an die Träger über das Verfahren zur Interessensbekundung von Mitte April ursprünglich nur 30 Projekte ausgewählt werden, während jetzt nach Wochen des Stillstandes offenbar eine Entscheidung getroffen wurde, nun doch alle der über 100 Anträge zu genehmigen, allerdings in zwei Jahresscheiben.

Seit Langem ist festzustellen, dass aufseiten der Landesregierung völlig unterschiedliche Vorstellungen über das Verfahren, die Rahmenbedingungen und die Ziele des Modellprojekts bestehen, sodass bisher völlig unterschiedlich agiert wird. 

Ich frage deshalb die Landesregierung, was künftig geschehen soll, damit sich im Rahmen der Modellprojekte eine Kooperation zwischen Grundschulen und Horten auf Augenhöhe entwickeln kann, die beide Institutionen als gleichberechtigte Partner zusammenbringt und den Horten nicht weiter den Eindruck vermittelt, dass sie nur am Gängelband der Grundschulen hängen.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Bevor die Ministerin antwortet, begrüßen Sie mit mir Schülerinnen und Schüler der Sekundarschule „An der Weinstraße“ in Höhnstedt. - Seien Sie herzlich willkommen im Hohen Haus!

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Grimm-Benne, bitte.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Zur Frage von Herrn Lippmann haben Frau Kollegin Feußner und ich uns darauf verständigt, dass ich beginne und Frau Feußner anschließend Ergänzungen vornimmt.

Wie Sie aus der Zeitung entnehmen konnten, hat am Montagabend der Koalitionsausschuss dazu noch einmal getagt, um über die 102 Interessenbekundungen, die eingegangenen sind, nachdem Frau Kollegin Feußner und ich sowohl an unsere Hort- als auch Kitaträger und die Grundschulen ein gemeinsames Schreiben verfasst haben, in dem wir erläutert haben, wie wir damit umgehen.

Sie haben auch mitbekommen, dass Frau Kollegin Feußner der Meinung war, dass alle Interessenbekundungsverfahren jetzt gleichzeitig in die Modellphase gehen sollen. Wir haben uns an dem Abend darauf verständigt, dass wir in unserem Hause nach den Kriterien, die wir gemeinsam aufgestellt haben, 30 Modelle aus diesen 102 Verfahren ausgesucht haben. Wir haben uns auf eine regionale Ausgewogenheit und unterschiedliche Konstellationen verständigt und auch gemischte Einrichtungen oder Horte, die von einer Grundschule weiter entfernt sind, einbezogen.

Alle diese müssen wir betrachten, um zu schauen, wie wir dort eine Verbesserung zum Wohle der Kinder erreichen. Es geht immer darum, wie wir das Nebeneinander, das viele, auch viele Eltern hinsichtlich der Entwicklung der Kinder beklagt haben, sowohl in den Grundschulen als auch in den Horten gestalten.

Deshalb haben wir uns jetzt auf 30 Modelle verständigt. Wenn ich es richtig verstanden habe, werden wir alsbald gemeinsam bekanntgeben, welche 30 Modelle infrage kommen. Es geht erst einmal nicht darum, die Finanzierungssysteme zu verändern, sondern darum zu schauen, wie die Einrichtungen zum Wohl der Kinder besser kooperieren können, insbesondere hinsichtlich der Hausaufgabenbetreuung und anderer Integrationsmöglichkeiten wie Sprachförderung etc.

In dem Zusammenhang haben wir - jedenfalls kann ich das für unser Haus sagen - auch 23 Grundschulen und Horte identifiziert, die die Anträge gemeinsam unterschrieben haben und die nicht kooperieren wollen, sondern die Ganztagsschule anstreben, weil sie eine räumliche Nähe haben, weil sie schon ein Campus sind, weil sie beide die gleiche Trägerschaft haben und es jetzt schon eine enge Zusammenarbeit gibt. Wir haben uns entschlossen, diesen 23 auch die Möglichkeit zu geben, den Zuschlag über das Bildungsministerium zu erhalten und Ganztagsschule zu werden, weil wir dann die Verzahnung haben und sehen können, wie wir das vormittags und nachmittags zu gestalten haben.

Wir haben als Ministerium und auch im Koalitionsausschuss dafür Vorsorge getroffen, dass das, was Sie, Herr Lippmann gesagt haben, nicht zutrifft. Es ist nicht so, dass die Horte nur dazu dienen sollen, den Bereich des Nachmittags zu gestalten und man in der Ganztagsschule schlechter gestellt wird. Die Koalitionspartner haben eine Vereinbarung getroffen, dass der Rechtsanspruch auf Hortbetreuung auch in der Ganztagsschule gewährleistet wird, nämlich dass die fünfeinhalb Stunden und die Ferienbetreuung weiterhin abgesichert werden. Dazu haben sich alle drei Koalitionspartner bekannt.

Ich habe zugesichert, dass ich, wenn es zu einer Entlastung kommt, weil der Hort dann in der Ganztagsschule aufgeht, die Mittel, die frei werden, dem Bildungsministerium zur Verfügung stellen kann, damit eine offene oder gebundene Ganztagsschule entstehen kann. Das ist die Vereinbarung. 

Wir wollen das Modell bis zum 31. Dezember 2025 evaluieren und die 30 Modelle begleiten. Deshalb sollen im nächsten Schuljahr, also im Schuljahr 2024/2025, auch diejenigen von den Ergebnissen der Evaluierung partizipieren und nachrutschen, sodass wir sagen können, wir haben, wenn ich es richtig gesehen habe, dann jede vierte Grundschule zumindest in einer besseren Kooperation. Ich hoffe, dass das Schule macht, sodass sich alle auf den Weg machen, um das, was wir unter Ganztagsschule verstehen, im Grundschulbereich umzusetzen.

Mir selbst ist sehr daran gelegen, weil die Hortträger im Augenblick sehr verunsichert sind, weil ich mich bisher zurückgehalten habe. Aber wir werden jetzt alle drei Gruppen, die ich beschrieben habe, gemeinsam anschreiben und für die Sicherheit sorgen, dass sie sich auf den richtigen Weg gemacht haben. Das werden wir mit Kollegin Feußner sehr kurzfristig lösen.

Ich will noch einmal deutlich machen: Wir erfüllen jetzt schon den Rechtsanspruch, den der Bund ab dem Jahr 2026 vorsieht. Deshalb müssten wir eigentlich nichts verändern. Aber wir haben ein tolles Bildungsprogramm „Bildung elementar“, wir haben immer noch einen schlechten Personalschlüssel in den Horten, und wir wollen versuchen, das zum Wohle der Kinder zu verbessern. Alle Studien sagen uns, wie wichtig es ist, einen Ganztagsanspruch zwischen schulischem Unterricht    

Sie kennen alle diese Studien. Brandenburg hat auch schon eine Evaluierung gemacht. Das wollen wir für unsere Kinder im Grundschulalter auch erreichen, damit wir mehr Kinder dazu bekommen, in weiterführende Schulen zu gehen, dass wir darüber unsere Schulabbrecherquoten senken, dass wir die Übergänge zwischen Kita und Grundschule besser hinbekommen. Ich glaube, das sind alles hehre Ziele, über die beide Ministerinnen zukünftig in beiden Ausschüssen berichten werden. Das ist im Grunde genommen das, was wir vereinbart haben.

Dafür werden wir sicherlich noch dicke Bretter bohren müssen; ich schaue einmal in Richtung der Finanzpolitiker. Eine Ganztagsschule braucht nach wie vor, selbst wenn ich meine Mittel aus dem Hort herausgebe, ein Mehr im Bildungsbereich. Wenn wir wirklich offene und gebundene Ganztagsschulen machen wollen, müssen wir sehr viel Geld in die Hand nehmen. Ich finde es hervorragend, dass wir das in der Koalition haben so bereden können.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Danke. 


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):

Ich hoffe, dass ich alles gesagt habe.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger: 

Ich wollte gerade sagen, das klingt wie „alles abgeräumt“. Aber es gibt eine Nachfrage von Herrn Lippmann. - Bitte.


Thomas Lippmann (DIE LINKE): 

Ich wolle erst den zweiten Redepart abwarten, aber er kommt nicht. Ich habe eine Nachfrage, warum bisher keine Fachverbände der Kinder- und Jugendhilfe für die Begleitung der Modellprojekte vorgesehen sind, um die Beachtung jugendhilfespezifischer Aspekte sicherzustellen. Denn aus unserer Sicht haben weder die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung noch das Lisa und schon gar nicht das Landesschulamt dafür die erforderlichen Kompetenzen, da sie vor allem auf die schulischen Verfahren fokussiert sind.


Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung): 

Ich muss Ihnen hinsichtlich der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung auf jeden Fall sagen, dass das so nicht richtig ist. Denn der bundesweite Deutsche Kita-Preis wird auch von der Stiftung organisiert. Sie haben ja mitbekommen, dass wir mit Halle-Süd in Sachsen-Anhalt dieses Mal wieder den ersten Preis bekommen haben für hervorragende Konzeptionen, insbesondere auch für Partizipation und Elternarbeit.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der FDP)

Wir planen - deswegen hatte sich Frau Kollegin Feußner schon aufgemacht  , die Kinder- und Jugendstiftung damit zu beauftragen, uns, wie sie es im schulischen Bereich bereits getan hat, in diesem Prozess zu begleiten. Insbesondere die Modelle hinsichtlich der Zusammenarbeit und auch die Ganztagsschulen, die wir ausgesucht haben, brauchen noch eine Begleitung, um zu gucken, was tatsächlich gut funktioniert und was weniger funktioniert.

Wir wollen evaluieren - das haben wir schon in unseren ersten Ankündigungen gesagt - und wir wollen sie auch konzeptionell begleiten. Dazu kann vielleicht Frau Feußner etwas sagen; ich glaube, sie hat auch angekündigt, dafür Geld einzuplanen.

(Ministerin Eva Feußner: Ja, alles erledigt!)