Jörg Bernstein (FDP):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Kleine Bemerkung vorweg: Nach meinem Dafürhalten ist Ihr Antrag falsch betitelt. Er müsste heißen: „Grundsteuerchaos entfachen. Menschen verunsichern.“

(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)

Sie verunsichern Menschen, und das nicht zum ersten Mal mit diesem Thema hier. Ich bringe gleich noch ein Beispiel dazu.

(Zustimmung bei der FDP, bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie berufen sich völlig korrekterweise auf das Kirchhof-Gutachten im Auftrag des Bundes der Steuerzahler und von Haus & Grund. Er hat in seinem Gutachten festgestellt, es ist verfassungswidrig. Das hält er erst einmal so fest. Das ist völlig legitim. Jetzt warten wir auf die Klagen. Mir ist keine bekannt. Es wurde vom Kollegen Henke schon angesprochen, es gibt im Land Baden-Württemberg gegen das dortige Bodenwertmodell zwei Klagen.

Kleiner Funfact: Sie berufen sich auf das Flächenmodell, das in Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen angewendet wird. Dazu gibt es auch Gutachten von der Uni Potsdam, in denen genauso die Verfassungsmäßigkeit angezweifelt wird, weil man sich allein auf die Flächen und nicht auf die Bebauung, Alter, Bodenwert usw. bezieht. Ich für meinen Teil halte das auch nicht für gerecht, aber darüber müssen Gerichte entscheiden. Das zu dem Punkt.

Verfassungsmäßigkeit des Gutachtens, Bebauung, Immobiliennutzung. Zur Verunsicherung: Ich will einmal ein Zitat bringen: „Hebesätze der Grundsteuern B und C“ sind „so anzupassen, dass den Eigentümern von Immobilien und unbebauten Baugrundstücken aufgrund der Grundsteuererhöhung, gültig ab 01.01.2025, keine zusätzlichen Belastungen entstehen.“

(Zuruf von der AfD: Genau!)

Das war ein Antrag - Sie werden ihn sicherlich kennen; er geht bestimmt durch die ganzen Kreistagsfraktionen - der Dessauer Stadtratsfraktion der AfD im Wirtschaftsausschuss zu Beginn dieses Jahres. Mit dem Thema haben wir uns dort befasst.

Jetzt haben Sie z. B. einmal - ich weiß nicht, ob das so gepasst hat - die Grundsteuer C angeführt. Ich habe mich vorhin noch einmal beim Finanzminister erkundigt. Sie wird in Sachsen-Anhalt nicht angewendet.

(Guido Kosmehl, FDP: Richtig!)

Das ist der Punkt, dass man sagt, es ist ein baureifes Grundstück, und ich will durch eine erhöhte Grundsteuer die Leute dazu bewegen, dass sie das Grundstück bebauen. Sie wird nicht angewendet. - Punkt 1. Dazu war der Antrag schon Quatsch.

Zu der Frage: Wissen Sie, wie die Hebesätze konkret bemessen sind? Das ist das, was gerade Kollege Henke sagte. Auch wenn jetzt vielleicht zu hohe Mieteinnahmen angesetzt werden, wenn bei allen gleich hohe Mieteinnahmen angesetzt werden, dann ist es doch wieder nivelliert.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Nicht! - Tobias Rausch, AfD: Eben nicht! - Daniel Rausch, AfD: Das ist doch das Problem, dass jedes Haus anders bewertet wird!)

Dann besteht doch die Möglichkeit, den Rechtsweg zu beschreiten. Das ist doch alles möglich. Ich wollte jetzt einfach sagen, wenn die gleichen Häuser unterschiedlich bewertet werden, dann ist das ein Problem. Wenn für gleiche gefühlt zu hohe Mieten angesetzt werden    

(Tobias Rausch, AfD: Ich habe vier Bescheide mit vier unterschiedlichen Zahlen! Das kann doch gar nicht stimmen!)

- Ja, sicherlich, aber, wie gesagt, dafür gibt es die Möglichkeit des Rechtswegs. Jetzt, wie es der Minister gerade gesagt hat, den fahrenden Zug aufzuhalten oder eventuell abzuspringen, das würde das Chaos verursachen. Ja? Aus dem Grund werden wir diesen Antrag ablehnen. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit

(Zustimmung bei der FDP)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Bernstein. Es gibt eine Frage von Herrn Büttner, Staßfurt. - Herr Büttner, bitte.


Matthias Büttner (Staßfurt) (AfD):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Bernstein, Sie sprachen davon, dass wir die Menschen verunsichern.

(Zuruf: Ja!)


Jörg Bernstein (FDP):

Ja.


Matthias Büttner (Staßfurt) (AfD):

Ich möchte Ihnen einmal ein Beispiel nennen. Meine Familie besitzt ja doch ein, zwei Häuserchen.

(Lachen bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Ich sage einmal Folgendes. Wir sind auch im Besitz von zwei baugleichen Häusern - es ist sogar vom Baujahr her dasselbe  , die im Prinzip auf demselben Grundstück eingefriedet sind. Das eine steht, sage ich jetzt einmal, mit dem Gesicht nach da und das andere ist eingedreht und steht andersherum. Das eine hat man bewertet. Es würde angeblich Mieteinnahmen von 8,80 €/m² einbringen, was für Staßfurt völlig utopisch ist; das andere baugleiche Objekt aus demselben Baujahr 9,90 €.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Müssen wir jetzt alle über Ihre privaten Probleme diskutieren?)

Dann erzählen Sie uns, wir würden die Menschen verunsichern,

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Könnten Sie dafür nicht einen Anwalt engagieren?)

wenn sie solche aus der Luft gegriffenen Zahlen in ihren Bescheiden lesen.

Jetzt geht es weiter. Darauf basiert am Ende die Einstufung, wie viel wert dieses Haus ist. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, der ist teilweise doppelt so hoch wie der wirkliche Wert. Dass die Leute verrückt werden, wenn sie wissen, was sie für ihr Haus einmal bezahlt haben, und das Finanzamt plötzlich feststellt, was in diesem Bescheid steht, was es wert wäre, und das ist doppelt so hoch, das liegt ja wohl auf der Hand.

Jetzt frage ich einmal, wie Sie bei solchen Bescheiden, die von den Finanzbehörden verschickt werden, auf die Idee kommen können, dass wir die Menschen verunsichern würden und nicht die Finanzbehörden.

(Beifall bei der AfD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Bernstein, bitte.


Jörg Bernstein (FDP):

Herr Büttner, ich würde die Antwort aufsplitten. Zum einen die grundsätzliche Vorgehensweise, die ich kritisiert habe: Es wird grundsätzlich erst einmal unterstellt, die gesetzlichen Regelungen seien verfassungswidrig. Dafür leben wir in einem Rechtsstaat. Dagegen kann man im Zweifel Klage erheben. Ja?

Auch Sie als Grundstückseigentümer bzw. Ihre Familie haben die Möglichkeit, wenn Sie mit dem ergangenen Bescheid nicht einverstanden sind, erst einmal Einspruch einzulegen und ggf. nachher den Klageweg zu beschreiten. Das ist völlig richtig.

Die grundsätzliche Haltung, der Staat würde sich an dem Vermögen der Bürger vergreifen, finde ich unredlich.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Habe ich nicht gesagt!)

- Doch, doch. - „Die Maßnahme ist verfassungswidrig, die wollen uns abzocken“ - das ist das, was ich mit Verunsicherung meine.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Aha!)

Ich bitte Sie, Ihre Energie dann im Kreistag des Salzlandkreises einzusetzen

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ja!)

und genau darauf zu dringen, dass die Abrechnungen vorgelegt werden. Denn die Daten werden von den entsprechenden Ämtern der Kommunen bei den Finanzämtern abgerufen. Dann wird geschaut: Wie sind die?

(Zuruf von der AfD)

- Doch. - Dann müssen die Hebesätze entsprechend angefasst werden.

(Zuruf von Daniel Rausch, AfD - Weitere Zurufe von der AfD)

Denn die Vorgabe war eindeutig: Es soll insgesamt aufkommensneutral passieren. Sie als Abgeordneter im Kreistag haben die Möglichkeit, auf die Höhe der Hebesätze Einfluss zu nehmen.