Markus Kurze (CDU): 

Nur kein Neid, Herr Kosmehl. - Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es wurde tatsächlich schon viel über die Inhalte des Vierten Medienänderungsstaatsvertrags gesagt. Sicherlich, wenn man alles aneinanderreiht, dann waren das bisher nicht die großen Würfe, die wir uns auch gewünscht hätten. Es liegt noch ein langer, schwerer Weg vor uns, wenn wir den öffentlich-rechtlichen Rundfunk wirklich fit für die Zukunft machen wollen. 

(Zuruf von der AfD: Abschaffen!)

Wenn er zukunftsfest gestaltet werden soll, dann muss er kleiner, schmaler und schlanker werden; denn so opulent, wie er in den letzten zig Jahren gewachsen ist, kann er am Ende nicht bleiben. Er ist so nicht mehr bezahlbar. Wir würden uns als diejenigen, die seit Jahren daran arbeiten, den Beitrag stabil zu halten, die Strukturen zu verschlanken, natürlich wünschen, dass im Gesamtchor der Bundesrepublik mehr mitmachen würden.

Nun hat sich in den letzten Jahren doch eine gewisse Dynamik ergeben. Es hat natürlich damit zu tun, dass zutage getreten ist, wie man an der einen oder anderen Stelle mit dem Gebührengeld, mit dem Beitrag umgegangen ist, nicht gerade wirtschaftlich und effizient, sondern mehr oder weniger - wie soll man es sagen? - überschwänglich, verschwenderisch etc. pp., sage ich nur.

Ich will heute nicht alle Skandale wieder vortragen. Dazu haben wir nicht die Zeit bzw. wir haben es schon mehrfach gemacht. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk muss Vertrauen zurückgewinnen; denn seit seiner Gründung nach dem Krieg, was richtig und wichtig war - er ist auch heute noch richtig und wichtig  , hat er in der Größe und der Art und Weise, wie er sich darstellt, an Vertrauen verloren. Es geht also auf der einen Seite um den Beitrag und auf der anderen Seite auch darum, was er präsentiert. Er ist beitragsfinanziert, soll also ausgewogen Bericht erstatten, soll neutral Bericht erstatten. Wenn er das immer so richtig machen würde, 

(Guido Kosmehl, FDP: Ja! Macht er!)

dann würden nicht zig Umfragen in Deutschland ergeben, dass die Menschen kein Vertrauen mehr in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben, 

(Guido Kosmehl, FDP: Was heißt denn „kein Vertrauen“? Das ist keine Mehrheit!)

dass sie nicht mehr bereit dazu sind, fast 20 € jeden Monat zu bezahlen, ob sie gucken, hören oder nicht. Es gibt immer mehr Menschen, die das Angebot nicht mehr nutzen, die einfach abschalten, weil es ihnen am Ende zu viel wird. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, muss man in solchen Debatten zumindest einmal anreißen. Ich weiß natürlich, dass wir uns nicht in die Inhalte einmischen dürfen. 

(Zuruf von der AfD)

Das ist richtig. Die Menschen sagen uns aber natürlich auch, wenn ihr politisch darüber debattiert, dann muss es einmal zur Sprache kommen, dass wir kein Belehrungsfernsehen haben möchten.

(Zustimmung bei der CDU)

Wir brauchen ausgewogene, ehrliche Berichterstattung. Wir brauchen am Ende Informationen für die Bürger, so wie es im Kernauftrag auch festgeschrieben ist, in den einzelnen Gesetzen zum Rundfunk.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Aber nicht im CDU-Parteiprogramm!)

- Bitte, Herr Striegel? 

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Nicht im CDU-Parteiprogramm!)

- Ja, Herr Striegel, Ihre unqualifizierten Bemerkungen verwundern mich nicht. Ich will aber nicht näher darauf eingehen. Es geht uns hier um die Sache. 

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Das haben wir mehrfach betont. Von daher werden wir den Staatsvertrag auch mit unterstützen. Es ist wieder ein richtiger Weg in die richtige Richtung. Es sind zwar bloß kleine Schritte, aber lieber kleine Schritte als gar keine. Von daher würde ich Sie bitten, der Überweisung an den zuständigen Ausschuss zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Vielen Dank, Herr Kurze. Es gibt zwei Fragen, einmal von Herrn Kosmehl und einmal von Herrn Rausch, wenn Sie sie zulassen wollen.


Markus Kurze (CDU): 

Ja.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Ja. - Bitte, Herr Kosmehl.


Guido Kosmehl (FDP): 

Herr Kurze, können Sie noch einmal darstellen, welche Umfragen Sie haben, dass die Menschen kein Vertrauen in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben?

(Zuruf: Nicht in der Redezeit! Schafft er nicht!) 

Sie sind Mitglied der Enquete-Kommission, aber nicht immer da. Dort haben wir mehrere Studien zur Mediennutzung behandelt. Wir haben - das will ich an der Stelle sagen - einen Rückgang des Vertrauens in den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesehen, aber die Zahlen sind gemessen an den Zahlen für die Politiker noch extrem hoch.

(Eva von Angern, DIE LINKE: Das stimmt! - Sebastian Striegel, GRÜNE, lacht)

Vielleicht haben Sie andere Studien. Aus Ihrer Umfrage ist ja nur die Meinung zum Beitrag veröffentlicht worden.

(Stefan Gebhardt, DIE LINKE: Wir hatten die Studie von der Konrad-Adenauer-Stiftung! - Eva von Angern, DIE LINKE: Und die war gut!)


Markus Kurze (CDU): 

Das war eine gute Studie, nicht? - Sehr geehrter Herr Kollege Kosmehl, ich weiß nicht, woher Sie Ihre Informationen tagtäglich nehmen. Wir nehmen sie aus den Tageszeitungen, aus den Medien, im dualen System, die uns zur Verfügung stehen. 

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Quellenangabe!)

Ich würde die Frage zurückgeben: Welche Umfrage     Herr Striegel, 

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Quellenangabe!)

stellen Sie eine Frage. Dann können Sie auch eine Antwort bekommen. Ja?

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Quellenangabe, Herr Kollege!)

Aber das dämliche Dazwischengequatsche kann einem auf den Senkel gehen.

(Zustimmung bei der CDU - Beifall und Jawohl! bei der AfD - Sebastian Striegel, GRÜNE: Seien Sie nicht so unsouverän! - Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Er kann gar nicht aufhören!)

Jedenfalls will ich noch einmal den Gesprächsfaden aufnehmen. Es gibt zahlreiche Umfragen, die man monatlich wahrnehmen kann und in denen es darum geht, welches Vertrauen der öffentlich-rechtliche Rundfunk hat, ob die Bürger bereit sind, den Beitrag weiterhin zu zahlen, oder ob sie bereit sind, eventuell noch einen höheren Beitrag zu zahlen. Genau diese Umfragen und Studien nehmen wir für unsere Politik als Grundlage. Sie bilden am Ende ab, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk an vielerlei Stellen einen großen Vertrauensverlust erlitten hat.

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE - Zuruf: Er kann es einfach nicht lassen!)

Wir als Politik wollen gemeinsam mit den Rundfunkanstalten den Öffentlich-Rechtlichen fit machen. Denn wir sind es immer wieder, die sagen: Er ist richtig und wichtig, wir brauchen ihn; aber er ist zu groß und zu teuer.

Warum machen wir es nicht so wie Österreich? Dort hat man den Beitrag von 29 € halbiert auf etwa 15 €. Es geht doch. Aber wenn wir dort heranwollen, Herr Kosmehl, dann müssen wir natürlich auch an die Struktur heran.

(Zustimmung von Andreas Schumann, CDU)

Ich würde die Dreierstruktur nicht so lassen, wie Sie sie vorhin vorgetragen haben. Ich denke schon, es gibt viel Spielraum, den man nutzen könnte, um die gesamte Struktur einfach schlanker darzustellen. Über die Details dazu haben wir hier schon oft mehrfach diskutiert. Den Ursprungsvorschlag dazu hat unser Herr Robra einmal unterbreitet. Mittlerweile gibt es viele Menschen in Deutschland, die sagen: Man könnte sich mit diesem Vorschlag anfreunden.

Es geht darum, dass man wirklich darüber nachdenkt, ob es zwei weitere Vollprogramme geben muss, ob es die vielen Radiosender geben muss, ob es am Ende auch die vielen Rundfunkanstalten geben muss, die letztlich Milliarden verschlingen. Sie verschlingen nicht nur ein paar Cent, sondern wirklich Milliarden.

Es gibt viele fleißige Journalisten, die tagtäglich harte Arbeit leisten und die am Ende selbst auch die Nase rümpfen, wenn sie die Gehälterstrukturen der, sage ich einmal, Chefetagen sehen. Ich sage: Das kann man auch den Menschen draußen nicht mehr erklären. Wir müssen langsam einen Deckel darauflegen.

Aber wir brauchen einheitliche Strukturen. Wir dürfen nicht bloß an der einen Stelle anfangen. Einen Flickenteppich brauchen wir nicht. Entweder haben wir einheitliche Standards für die Gehälter oder nicht. Sie liegen deutlich über denen im öffentlichen Dienst. Diesbezüglich muss man etwas tun. Denn am Ende ist es für den Beitragszahler, der jeden Morgen früh aufsteht und für kleine und mittlere Gehälter - bei den vielen Abgaben, die man zahlt - zur Arbeit geht, nicht mehr vermittelbar, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr Kurze, das war keine schmale Antwort. Aber es gibt eine Frage von Herrn Rausch.


Tobias Rausch (AfD):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Herr Kollege Kurze, Sie führten aus, dass das Vertrauen schlecht ist und die Menschen dem öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht vertrauen. Sie wollen, dass objektiv berichtet wird. Es ist in der Tat so, dass die Bielefelder Studie bzw. einige Insa-Umfragen dazu ausführen, dass die Menschen den Medien generell nicht mehr vertrauen, explizit auch dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht. 90 % der GRÜNEN-Anhänger vertrauen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, 60 % der FDP-Anhänger z. B. nicht. Das kann man sich in den Umfragen erlesen.

Meine Frage an Sie lautet aber: Wie wollen Sie dafür Sorge tragen, dass die Menschen dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk, hier dem MDR, wieder mehr vertrauen, wenn doch aber die Landesregierung gerade dort führende Journalisten bezahlt? Wie ist es generell vereinbar, dass Journalisten quasi von der Regierung bezahlt werden und diese dann aber kritisch hinterfragen sollen? Sie regieren hier im Land und Sie haben auch im Bund regiert. Wie wollen Sie das Problem jetzt konkret lösen?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr Kurze, bitte.


Markus Kurze (CDU): 

Sehr geehrter Herr Rausch, ich habe über den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesprochen. Das fängt beim Deutschlandradio an und geht über die ARD mit ihren Länderprogrammen bis hin zum ZDF. Ich habe hier explizit nicht den MDR in den Mittelpunkt gestellt. Denn unser Landessender hat an vielerlei Stellen gute Angebote. Er hat sich am Ende in der Gesamtdarstellung anders aufgestellt als andere Anstalten. Er ist in den Personal- und den Produktionskosten schmaler aufgestellt. Er ist also zukunftsfitter als das andere sind. Ich habe den MDR auch nicht in den Vordergrund gestellt, wenn es um unausgewogene Berichterstattung geht.

Am Ende ist es so, dass man den gesamten Öffentlich-Rechtlichen in die Betrachtung nehmen muss. Es gibt fast wöchentlich Beispiele dafür, meist aus großen Sendeanstalten, dass man über das Ziel hinausschießt und nicht mehr ihrer Informationspflicht nachkommen. Informationen sollen neutral und ausgewogen dargestellt werden.

Am Ende kann man als Zuschauer das Gefühl bekommen, dass es sich um ein Belehrungs- oder Erziehungsfernsehen handelt. Das macht die Leute, so will ich sagen, an mancherlei Stelle sehr unzufrieden. In vielen Umfragen meinen sie am Ende auch das gesamte System, die gesamten Medien. Wir haben ein duales System: Wir haben die Privaten und die Öffentlich-Rechtlichen. 

Daher glaube ich schon, dass wir mit den einzelnen Medienstaatsverträgen     Wir erwarten einen fünften Medienänderungsstaatsvertrag, der dann vielleicht wirklich auch einmal, was die Struktur angeht, ein größerer Wurf ist. Dann kann es nicht mehr neun Landesrundfunkanstalten geben. Man muss eben schauen, dass man innerhalb der ARD den inneren Finanzausgleich vielleicht auch so weit zurückfährt, dass man am Ende sagt: Das Saarland und Bremen können doch in die großen Rundfunkanstalten mit hineingehen, ohne ihre Regionalität zu verlieren. Das muss doch möglich sein. Darüber muss man doch ehrlich diskutieren können.

Tom Buhrow hat doch nicht ohne Grund gesagt - sicherlich könnte man kritisieren und sagen, dass er in seiner Amtszeit vieles hätte machen können  : Machen wir nichts, dann wird es die Öffentlich-Rechtlichen so in zehn Jahren nicht mehr geben. Wir sagen: Wir wollen mithelfen, dass es sie weiterhin gibt. Aber von uns aus können sie natürlich etwas schmaler und schlanker aufgestellt sein. Hauptsache, sie berichten ausgewogen und neutral.

(Zustimmung von der CDU und von Andreas Silbersack, FDP)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Jetzt kommt Herr Rausch noch mit einer ganz kurzen Nachfrage.


Tobias Rausch (AfD):

Jawohl. - Ich wollte jetzt gar nicht so stark auf die Reformen eingehen. Das habe ich alles verstanden. Ich würde von Ihnen jetzt nur gern konkret wissen: Finden Sie nicht, dass Journalisten in einem Interessenkonflikt stehen, wenn sie von der Regierung Geldzahlungen annehmen für irgendwelche Dienstleistungen, die sie erbringen, dann diese Regierung aber kritisch hinterfragen sollen?

(Dr. Katja Pähle, SPD: Nein, nicht per se!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr Kurze.


Markus Kurze (CDU): 

Also, ich glaube, Journalisten, die ihre Verantwortung ordentlich wahrnehmen,

(Frank Otto Lizureck, AfD: Wer beißt die Hand, die einen füttert?)

müssen am Ende auch ihr tägliches Brot verdienen. Dazu gehört sicherlich Ähnliches.

Ich bin nicht der Meinung, dass man alles skandalisieren muss. Wir haben vielerlei gute Dinge im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Das habe ich in den Reden immer wieder dargestellt. Aber wir müssen gemeinsam etwas tun. Dafür sind wir bereit. - Vielen Dank.

(Frank Otto Lizureck, AfD: Wer Neutralität will, der muss jemanden bezahlen!)