Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Kaum hört DIE LINKE mit dem Thema Schulsozialarbeit auf, fangen die GRÜNEN damit an. Jetzt also eine Aktuelle Debatte. Was ist denn an der Forderung nach einem Landesprogramm für Schulsoziarbeiter so aktuell, dass eine Aktuelle Debatte das passende Format wäre? - Gar nichts. Die Forderung nach einem Landesprogramm für Schulsozialarbeit ist der ranzigste Ladenhüter aus Ihrem politischen Angebot. Das Ganze wurde bis zum Erbrechen wiedergekäut. Das ist keine Aktuelle Debatte, das ist eine Debatte nach dem Motto: Uns fällt nichts Neues mehr ein, deshalb gießen wir unseren alten Kram zum x-ten Mal wieder auf.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE)

Aber gut, wenn Sie das Thema Schulsozialarbeit zum x-ten Mal auf die TO setzen lassen, dann bekommen Sie von uns auch zum x-ten Mal unseren Standpunkt im Detail erläutert.

Sie behaupten, Schulsozialarbeit sei eine wichtige Maßnahme gegen hohe Schulabbrecherquoten. Darauf erwidern wir, dass diese Behauptung statistisch nicht belegbar ist. Denn unbeeindruckt vom Einsatz der Schulsozialarbeiter schwankt die Schulabbrecherquote in Sachsen-Anhalt schon seit Jahrzehnten um die 10 %. Das ESF-Programm „Schulerfolg sichern“ hat alles gemacht, nur nicht den Schulerfolg gesichert.

Darauf erwidern Sie dann üblicherweise, dass die Schulabbrecherquote ohne Schulsozialarbeit noch viel höher wäre. Eine Behauptung, die sich schlechterdings nicht beweisen lässt. Da diese luftige Hypothese Sie wohl selbst nicht zufriedenstellt, bringen Sie hilfsweise noch das Argument, Schulsozialarbeiter würden Lehrer von unterrichtfernen Aufgaben entlasten und so dem Lehrermangel entgegenwirken. Wir haben es erst wieder gehört. Darauf erwidern wir, dass diese unterrichtsfernen Aufgaben entweder genuine Aufgaben der Lehrer darstellen, wie die Pausenaufsicht, oder gar nicht an die Schule gehören. Darauf erwidern Sie, dass wir heute anders als früher viele soziale Probleme an der Schule hätten, dass die Schülerschaft heterogener geworden sei und dass es deshalb der Schulsozialarbeiter bedürfe.

Damit nähern wir uns des Pudels Kern. Es stimmt ja, dass es soziale Probleme gibt. Aber weshalb haben wir denn die sozialen Probleme, die Schulsozialarbeit angeblich notwendig machen? - Diese Probleme sind nicht vom Himmel gefallen, sie sind kein Schicksal. Wir haben diese Probleme wegen Ihrer Politik.

(Beifall bei der AfD)

Sie überfordern die Schule mit Aufgaben, die keine schulischen sind, und fordern dann zur Bewältigung dieser Aufgaben Schulsozialarbeiter. Sie sorgen durch die von Ihnen betriebene Masseneinwanderung für soziale Probleme an Schulen

(Zuruf: Eu, eu, eu!)

und machen aus diesen selbstgeschaffenen Problemen dann ein Argument für die Einstellung von Schulsozialarbeitern. Sie unterminieren durch eine bizarre Minderheitenpolitik alle Traditionen, die unsere Gesellschaft zusammenhalten. Zur Lösung der Probleme, die sich aus der von Ihnen mutwillig herbeigeführten Heterogenität ergeben, fordern Sie dann was? - Schulsozialarbeit. Sie setzen mit Gewalt die Idee der Inklusion durch. Wenn der gemeinsame Unterricht von Schülern auf unterschiedlichsten Niveaustufen nicht nur nicht funktioniert, sondern auch erhebliche soziale Folgeprobleme erzeugt, soll wer es richten? - Schulsozialarbeiter.

Schulsozialarbeit ist nichts anderes als die angebliche Lösung für Probleme, die Sie selbst geschaffen haben.

(Beifall bei der AfD)

Dazu sagen wir: Schluss mit dieser fruchtlosen Systemkuriererei. Es geht ja nicht nur um die Schulsozialarbeiter. Schon seit Längerem fordern Sie auch die Einrichtung von Dauerstellen für Schulpsychologen und sprechen von multiprofessionellen Teams: Lehrer, Schulsozialarbeiter, Schulpsychologen. Was nicht noch? Was kommt als Nächstes? - Der Schulernährungsberater, weil so viele Schüler übergewichtig sind? Der Schulhygienecoach, weil immer mehr Schüler sich nicht waschen? Der zertifizierte Translotse, weil zu viele Schüler sich noch immer eindeutig als Mann oder als Frau definieren?

(Lachen bei der AfD)

Schließlich der Drogenberater, damit die kleinen Racker bei ihren ersten Gehversuchen in Sachen Drogenkonsum nicht draufgehen?

(Beifall und Lachen bei der AfD)

Abgesehen davon, dass mit dieser Aufblähung des Schulpersonals eine Verwässerung des schulischen Bildungsauftrages einhergeht, sind dem Steuerzahler die Kosten für den multiprofessionellen Zirkus auch nicht zumutbar. Besser wäre es, die Probleme an der Wurzel zu kurieren, sodass wir keine multiprofessionellen Teams brauchen, sondern einfach nur das, was an die Schule gehört, nämlich Lehrer in ausreichender Zahl.

(Beifall bei der AfD)

Also: Sonderklassen für Flüchtlingskinder statt Schulsozialarbeiter zur Betreuung der Flüchtlingskinder in den Regelklassen. Schluss mit der Inklusion statt Schulsozialarbeiter, die sich um die Inklusionsprobleme kümmern. Leistungshomogene Klassenverbände statt einer krampfhaften Herstellung von Heterogenität, die nur dazu führt, dass in den Schulen immer weniger gelernt wird und unterrichtsferne Probleme entstehen. Grundsätzlich: Statt immer mehr Minderheitenförderung eine neue Politik, die sich am normalen Durchschnittsbürger orientiert, und zwar innerhalb der Schule wie außerhalb der Schule.

(Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE)

Nicht zuletzt: Den Kindern wieder Disziplin und Fleiß anerziehen. Würden wir all das, würden wir den Strauß der Maßnahmen, den ich angedeutet habe, umsetzen, dann brauchten wir keinen einzigen Schulsozialarbeiter.

Weshalb also tun Sie das nicht? Weshalb schaffen Sie Probleme, für die Sie dann untaugliche Lösungen anbieten? - Die Antwort ist: Sie haben mit Ihrer Altparteienpolitik ein sich selbst legitimierendes und sich selbst nährendes abgehobenes parasitäres System geschaffen.

(Beifall bei der AfD - Juliane Kleemann, SPD, lacht)

Die Schulsozialarbeiter rekrutieren sich auch größtenteils aus dem linksliberalen Milieu, das die falsche Politik betreibt, die dann zu den Problemen an der Schule führt, die den Ruf nach Schulsozialarbeit untermauern. Sie können überhaupt kein Interesse daran haben, dass die sozialen Probleme an unseren Schulen gelöst werden, weil dann Heerscharen von Schulsozialarbeitern arbeitslos würden und nicht mehr wüssten, was sie mit sich anfangen sollen.

Ganz gleich strukturiert ist übrigens die Asylindustrie. Zuerst fördert man nach Kräften eine ungezügelte Masseneinwanderung, um dann für die Bewältigung der dadurch geschaffenen Probleme Stellen für die einschlägigen Vereine zu fordern, die ihrerseits überhaupt kein Interesse an einer restriktiven Einwanderungspolitik haben können, weil es dann keine Integrationsprobleme zu lösen gäbe und dadurch ihre Existenz gefährdet wäre. Teilweise überschneidet sich die Asylindustrie auch mit der Schulsozialarbeiterlobby, weil oft dieselben Vereine sowohl Flüchtlingsbetreuung als auch Schulsozialarbeit anbieten.

Die Aufgabe der AfD aber, ja, eines unserer Hauptziele, für das wir angetreten sind, besteht darin, solche Ausbeutungsmechanismen stillzulegen. Wir müssen die linke Ideologie, die nichts anderes ist als ein System, einen Haufen linker Nichtsnutze auf Staatskosten leben zu lassen, auf allen Ebenen angreifen und widerlegen.

(Beifall bei der AfD - Zuruf von der AfD: Jawohl!)

Ja, wir müssen den Ausstieg aus der Schulsozialarbeit in Angriff nehmen.

(Juliane Kleemann, SPD: Den Ausstieg aus der AfD!)

Das ist nicht einfach, aber es ist möglich. Unser Schulsystem hat schließlich einmal ohne Schulsozialarbeit funktioniert und es hat damals besser funktioniert als jetzt.

Zu Beginn der Einführung von Schulsozialarbeit in Sachsen-Anhalt wurde diese noch überwiegend durch die EU finanziert. Damals, als es noch kaum Nachfrage nach Schulsoziarbeit gab, weil man noch keine Erfahrung damit hatte, wurde das Ganze nach dem Motto „einem geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul“ eingeführt. Zahlt ja zu 80 % die EU. Weshalb sich also nicht einmal einlassen auf das Wunder der Schulsozialarbeit.

Dann aber sind mit der Zeit Begehrlichkeiten und Abhängigkeiten entstanden. Wer vorher noch gar nicht gewusst hat, was ihm fehlt, der meint jetzt, ohne Schulsoziarbeit nicht mehr auszukommen. Jetzt zieht sich die EU zurück und das Geschrei ist groß. Man ruft nach einem Landesprogramm. Wer in dieser Situation fordert, dass ein Landesprogramm aufgelegt wird, um die EU-Förderung zu ersetzen, der findet sich damit ab, in die Falle getappt zu sein.

Bei diesem schlechten Spiel dürfen wir nicht mitmachen. Die Lösung ist kein Landesprogramm als Ersatz für EU-Gelder, sondern eine schrittweise Reduktion der entstandenen Abhängigkeiten. Wir müssen die tieferen Ursachen der sozialen Probleme an der Schule bekämpfen - ein langwieriger, aber keineswegs aussichtsloser Prozess. Die Schule muss von allen nicht schulischen Aufgaben entlastet werden. Die Integration von Ausländern mit dauerhaftem Bleiberecht ist keine Aufgabe der Schule. Ausländer ohne Bleiberecht gehören sowieso unverzüglich abgeschoben.

Die Schule muss auch nicht die Utopie der Inklusion verwirklichen. Die Schule kann und soll auch keine Versäumnisse des Elternhauses korrigieren. Notwendig ist ein solcher Mentalitätswandel, angestoßen durch die Politik.

Parallel dazu muss mit den Erfolgen dieser neuen Politik die Schulsozialarbeit schrittweise reduziert werden. Die Finanzierungsmodelle der Landesregierung sind ein erster behutsamer Schritt in diese Richtung. Alles, was dazu führt, dass wir erst einmal etwas weniger Schulsozialarbeit im Land haben, ist gut.

Es müssen aber weitere Schritte folgen. Vor allem muss ein grundlegender Wandel der Bildungspolitik folgen. Denn Sozialarbeit gehört in das Sozialamt, meinetwegen auch in das Jugendamt, aber nicht an die Schule. - Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke, Herr Tillschneider. Es gibt Frage von Frau Gorr. Möchten Sie diese beantworten? - Bitte, Frau Gorr.


Angela Gorr (CDU):

Ich dachte, es wäre eine Intervention.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Das ist richtig, korrekt.


Angela Gorr (CDU):

Ich habe versucht, den Unterschied zwischen Frage und Intervention deutlich zu machen.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Ich war mir bloß nicht sicher. Alles klar.


Angela Gorr (CDU):

Herr Dr. Hans-Thomas Tillschneider, Ihre Ausführungen sind in gewisser Weise unerträglich

(Zustimmung bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

und gehen völlig an der Realität an unseren Schulen vorbei. Sie schießen sich bei dem Thema Schulsozialarbeit damit ins Abseits.

Ich muss ganz ehrlich sagen     Ich stand ja eben schon einmal hier am Mikrofon. Ich hatte in Erinnerung, dass Ihre Fraktion schon einmal eine gewisse Sinnhaftigkeit in der Schulsozialarbeit konstatiert hat. Aber davon sind Sie jetzt weit entfernt.

Eine Reaktion auf meine Intervention benötige ich wahrhaftig nicht.

(Zustimmung bei der CDU - Olaf Meister, GRÜNE, lacht)


Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):

Ja, das verstehe ich. Denn Sie haben auch nichts gesagt.

(Lachen bei der AfD - Zurufe von der AfD: Genau! - Zuruf von Dr. Andreas Schmidt, SPD)

Sie haben im Grunde Ihre Meinung bekundet, dass Sie mich unerträglich finden.

(Angela Gorr, CDU: Nicht Sie, Ihre Worte!)

- Meine Worte finden Sie unerträglich. - Gut. Ich finde Ihre Worte auch     Wie soll ich sagen? - Nein, so aufwerten will ich sie gar nicht. Ich finde sie weder erträglich noch unerträglich, sondern sie sind mir egal.

(Angela Gorr, CDU: Schade!)

Etwas anderes. Sie haben unseren Standpunkt falsch verstanden. Unser Standpunkt hat sich nicht geändert. Wir fordern keinen sofortigen Totalausstieg, sondern einen schrittweisen Abbau. Wenn Sie mir richtig zugehört hätten, dann hätten Sie festgestellt, dass ich gesagt habe: Natürlich sind Abhängigkeiten entstanden, darauf müssen wir Rücksicht nehmen. Aber wir müssen versuchen, nicht noch weiter in diesen Teufelskreis hineinzukommen, sondern jetzt behutsam auszusteigen. Langsam, Schritt für Schritt.

Ich habe das Programm der Regierung sogar gewürdigt.

(Zuruf von Sandra Hietel-Heuer, CDU)

Denn nach Ihrem Programm wird es weniger Schulsozialarbeit geben. Das finden wir gut. Weshalb greifen Sie mich überhaupt an? Es ist einer der wenigen Momente, in denen ich einmal würdige, was dort aus der Ecke kommt.

(Beifall und Lachen bei der AfD)