Jörg Bernstein (FDP):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf für die Fraktion der Freien Demokraten sagen: Die Schulsozialarbeit spielt für uns derzeit auf jeden Fall eine bedeutende Rolle. Sie spielt eine bedeutende Rolle bei der individuellen Förderung, bei sozialer Integration und bei der Prävention von Problemlagen unserer Schülerinnen und Schüler in Sachsen-Anhalt.

Durch ganzheitliche Unterstützung der Schülerinnen und Schüler

(Lothar Waehler, AfD: Ganzheitlich!)

wird Bildungsgerechtigkeit gefördert und ihre individuelle Entwicklung gestärkt. Um den Bedarf zu decken und eine ganzheitliche Bildungsgerechtigkeit zu gewährleisten, setzen wir als Freie Demokraten uns auch für eine verlässliche Finanzierung ein.

Im Gegensatz zu den Initiatoren der heutigen Aktuellen Debatte sehen wir dabei allerdings nicht allein das Land in der Verpflichtung. Der Rechtsrahmen - darauf wurde hier schon hingewiesen - findet sich nun einmal im Landesrecht, explizit im Schulgesetz - das wurde schon zitiert - und natürlich auch im Sozialgesetzbuch.

(Zustimmung von Sandra Hietel-Heuer, CDU, und von Guido Heuer, CDU)

Wenn ich mich recht erinnere, dann haben wir uns mit dem Beschluss zum Haushalt 2022 als regierungstragende Fraktion darauf verständigt, dass wir auch die Kommunen angemessen an der Finanzierung beteiligen wollen. Das war damals ausdrücklich die Maßgabe zu sagen: Okay, wir erkennen an, dass es gewisse Notwendigkeiten gab, hierbei über den ursprünglich vorgesehenen Rahmen hinaus zu unterstützen. Aber es wurde auch klar gesagt, dass es eine Abschmelzung dieser Unterstützung gibt.

Noch einmal zurück zu den Inhalten von Schulsozialarbeit. Worin sehen wir als Freie Demokraten die Bedeutung von Schulsozialarbeit? Eine flächendeckende und gut ausgestattete Schulsozialarbeit ist unerlässlich, um Schülerinnen und Schülern individuelle Unterstützung zu bieten und Chancengerechtigkeit in unserem Bildungssystem zu sichern.

Wir sind davon überzeugt, dass die Schulsozialarbeit einen wichtigen Beitrag zur Stärkung unseres Bildungssystems insgesamt leistet. Bereits erfolgreich laufende Schulsozialarbeitsprojekte sollten weitergeführt und unterstützt werden. Kontinuität und Nachhaltigkeit solcher Projekte sind von großer Bedeutung, um positive Effekte für die Schülerinnen und Schüler zu erzielen. Wir Freien Demokraten setzen uns dafür ein, dass bewährte Schulsozialarbeitsprojekte entsprechend anerkannt und finanziell gesichert werden. Gleichwohl - das sage ich auch aus persönlicher Erfahrung mit Schulsozialarbeit im schulischen Alltag - ist eine kontinuierliche Evaluierung aus unserer Sicht unerlässlich, um die Wirksamkeit der Schulsozialarbeit zu sichern und auch zu legitimieren.

Wenn man sich mit Kollegen in der Praxis unterhält oder wenn man wie ich persönliche Erfahrungen gemacht hat, dann denkt man sich: Doch, dabei gibt es an der einen oder anderen Stelle noch Luft nach oben, was die Arbeitsumsetzung anbelangt, was z. B. auch die Zusammenarbeit in der Schule angeht. Ich habe von meiner Schulleitung regelmäßig gehört, dass es durchaus wünschenswert wäre, dass es mehr direkten Einfluss auf die Schulsozialarbeiter geben könnte.

(Eva Feußner, CDU: Gibt es aber nicht!)

- Das ist ja das Problem. Dazu müssen wir uns eventuell einmal verständigen. Denn wenn dann so etwas kommt wie: Du hast jetzt gar nichts zu sagen, dann ist das auch nicht immer die richtige Lösung. Das meinte ich mit dem Thema Evaluierung, auch der Zusammenarbeit an den Schulen.

Wie stellen wir uns eine verlässliche Finanzierung vor? Die Landtagsfraktion der Freien Demokraten setzt sich für planbare Rahmenbedingungen für die Schulsozialarbeit ein. Dies umfasst eine verlässliche Finanzierung sowie eine kontinuierliche Weiterentwicklung der Angebote. Nur so kann es gelingen, die Wirksamkeit der Schulsozialarbeit nachhaltig und umfassend zu sichern. Problematisch ist dabei immer die kurzfristige Projektfinanzierung. Gleichwohl erkennen wir an, dass angesichts des angespannten Landeshaushalts die Nutzung von Fördermitteln des angesprochenen ESF-Projektes unerlässlich ist.

Wir fordern deshalb, verschiedene Finanzierungsquellen zu prüfen, um eine angemessene Landesbeteiligung und - das ist uns ganz wichtig - auch eine der Kommunen sicherzustellen.

(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP, und von Guido Kosmehl, FDP)

Die bereits von den Kommunen finanzierten Stellen in der Schulsozialarbeit sollten bei der Berechnung des kommunalen Eigenanteils allerdings auch Berücksichtigung finden. Dies gewährleistet aus unserer Sicht eine faire Verteilung der finanziellen Verantwortung und unterstützt die Kommunen dabei, die finanziellen Belastungen stemmen zu können.

Zur Rolle der Kommunen bei der Auswahl und der Definition von Bedarfen. Die Kommunen spielen eine zentrale Rolle bei der Umsetzung der Schulsozialarbeit. Das ist eine ihrer Aufgaben, das haben wir hier schon an der einen oder anderen Stelle deutlich festgestellt. Um eine bedarfsgerechte Ausgestaltung sicherzustellen, ist es wichtig, die Kommunen angemessen zu unterstützen und ihre finanziellen Belastungen nicht übermäßig zu erhöhen. Die Bedarfe vor Ort sollten von den Kommunen ermittelt werden, da sie eine umfassende Kenntnis über lokale Gegebenheiten haben. Die finale Auswahl der Schulsozialarbeitsprojekte sollte von den Kommunen, unabhängig von den Schulformen und den jeweiligen Rahmenbedingungen, getroffen werden können.

(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP, und von Guido Kosmehl, FDP)

Die derzeitigen Auswahlkriterien für Schulsozialarbeitsprojekte sollten aus unserer Sicht überprüft und angepasst werden. Es ist notwendig, unabhängig von der Sicherung von Schulabschlüssen - Stichwort: Schulerfolg sichern! - Schulsozialarbeit in allen Schulformen zu ermöglichen. Auch Schülerinnen und Schüler aus Schulen in den quasi besten Lagen haben unter Umständen spezifische Bedarfe, die es gilt, angemessen zu berücksichtigen.

Neben dem Schulsozialindex als Auswahlinstrument - der allerdings aus unserer Sicht nicht das alleinige Instrument sein sollte - sollten auch andere Möglichkeiten geprüft werden, um hier bedarfsgerecht Schulsozialarbeitsprojekte realisieren zu können.

Zur Zukunft der Schulsozialarbeit. Ich habe es vorhin schon einmal kurz angedeutet. Zumindest auf mittelfristige Sicht wird kein Weg an einer bedarfsgerechten Schulsozialarbeit vorbeiführen.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Wenn man jetzt aber einmal ganz neutral auf die Probleme blickt, bei denen Schulsozialarbeit als ein Lösungsansatz herangezogen wird, so kommt man aus meiner Sicht zu folgendem Schluss. Eine Vielzahl von Problemen hat aus meiner Sicht ihren Ursprung in gesamtgesellschaftlichen Verwerfungen,

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

die die Schule allein nicht wird lösen können.

(Zustimmung bei der FDP)

Wir dürfen die Schule nicht zum Reparaturbetrieb der Nation machen. Was meine ich mit den angesprochenen Verwerfungen? Es sind ganz grundlegende Dinge. Es sind mangelhafte Umgangsformen im Alltag, unabhängig vom Alter. Das habe ich gerade letztens hier bei uns, neben dem Landtag erlebt. Ich saß mit Kollegen in einem Café und ein älterer Herr hat sich in einer unmöglichen Art und Weise gegenüber der Bedienung danebenbenommen. Das sind diese Dinge, bei denen ich manchmal denke: Was passiert in unserer Gesellschaft?

(Zustimmung von Anne-Marie Keding, CDU, und von Xenia Sabrina Schüßler, CDU - Zurufe von Eva von Angern, DIE LINKE, und von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Ein Punkt, der auch dazu gehört, ist die Frage der Leistungsbereitschaft. Wie stehen wir zu Leistung, die wir zu erbringen haben? Wie steht es um die Fähigkeit, kultiviert Konflikte auszutragen?

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Wie sieht es aus mit dem Setzen von Grenzen für Kinder in der Erziehung durch ihre Eltern?

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Das alles sind aus meiner Sicht Dinge, über die es sich lohnt, einmal nachzudenken. Ich glaube, wenn wir diese Themen angehen, dann können wir viele Probleme lösen, die wir jetzt in unseren Schulen unter anderem mit Schulsozialarbeit versuchen zu lösen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP - Zustimmung bei der CDU)