Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich habe interessiert zugehört, Herr Siegmund, und ich muss sagen: Es ist schon ein Unterschied, den man hier im Plenum feststellt im Vergleich zu den Diskussionen, die wir im Ausschuss führen, auch mit Ihren Kollegen.

(Ulrich Siegmund, AfD: Ist ja Ausschuss; logisch!)

Im Ausschuss empfinde ich es in vielen Bereichen als sachlich und fachlich. Nun ist Plenum und da oben steht eine große Kamera. Nun ist sie wieder weg. Die stand die ganze Zeit dort.

(Oliver Kirchner, AfD: Die steht wegen uns da!)

Dementsprechend war auch Ihre Rede. Ich vermute, im Laufe des Tages werden wir die dann bei Youtube, Facebook und Instagram sehen.

(Zustimmung bei der AfD - Zuruf von der AfD: Richtig!)

Die Frage ist, was diese Reden für die Galerie den Menschen in Sachsen-Anhalt nützen?

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Lieber Herr Siegmund, Sie haben soeben gesagt, die CDU bringe AfD-Positionen in die Öffentlichkeit. Ich muss jetzt tatsächlich auch noch einmal machen, eine AfD-Position in die Öffentlichkeit zu bringen. AfD-Positionen oder Positionen von Parteien werden oft von Pressesprechern in die Öffentlichkeit gebracht.

(Oliver Kirchner, AfD: Ja!)

Sie haben gerade CDU-Beschlüsse aus dem Jahr 2020 und aus anderen Zeiten zitiert. Ich zitiere jetzt einmal den ehemaligen Pressesprecher der AfD-Bundestagsfraktion Christian Lüth aus dem Jahr 2020.

(Ulrich Siegmund, AfD: Sprechen Sie als Minister oder als Mitglied der CDU-Fraktion?)

- Hören Sie einmal genau zu. Das ist damals Ihre Position gewesen. - Er hat gesagt: „Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD.“

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN -Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Der ist doch gar nicht mehr da!)

- Hören Sie mir ruhig einmal zu. Das sind Ihre Positionen. - Er hat weiter gesagt, es geht erst einmal um den Erhalt der Partei; die AfD ist wichtig.

Das sind Ihre Positionen gewesen.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Ja, der ist doch gar nicht mehr da! Der ist weg!)

So sind auch Ihre Reden aufgebaut, d. h. es geht Ihnen in erster Linie um Schaufensterdebatten. Es geht Ihnen an dieser Stelle darum, das Land schlecht zu reden.

(Beifall bei der CDU, bei der LINKEN, bei der SPD, bei der FDP und bei den GRÜNEN)

Es geht Ihnen nicht um Inhalte.

Ich als Minister könnte Dinge vortragen, wo wir im Durchschnitt besser dastehen als der Bund, wie sich Sachsen-Anhalt entwickelt. Ich stelle mir aber die Frage: Hilft das den Menschen gerade aktuell? Hilft das den Unternehmen? - Ich glaube, das Wichtigste, was man als Regierung tun muss, ist, das Vertrauen aufzubauen bei Unternehmen, bei den Menschen und bei der Bevölkerung, eine Regierung zu haben, der man zutraut, die Herausforderungen der aktuellen Zeit und der Zukunft zu lösen.

(Zustimmung bei der CDU - Frank Otto Lizureck, AfD: Eben nicht! Eben nicht!)

Auch dazu kann ich Ihnen sagen: Ich als Ingenieur schaue mir gern einmal Statistiken an; jeden Monat kommt die heraus. Zwischen 50 % und 60 % der Menschen in Sachsen-Anhalt sagen, dass diese Landesregierung eine gute Arbeit macht.

(Tobias Rausch, AfD: Das heißt, jeder Zweite nicht? - Zuruf von Lothar Waehler, AfD)

Das ist komplett anders, als Sie es hier darstellen. Wir sind im Landtag von Sachsen-Anhalt.

(Unruhe bei der AfD)

Wir sind hier nicht im Deutschen Bundestag, nicht im Europäischen Parlament. Also, können wir entsprechend die Themen diskutieren, die wir hier haben.

(Zustimmung bei der CDU)

Wenn wir, sehr geehrte Damen und Herren, über die Themen diskutieren, die wir hier lösen können, dann möchte ich schon einmal einige Punkte ansprechen, die auch wir umsetzen. Ich glaube, es könnte eigentlich fast jeder Fachminister heute hier reden, weil wir Themen haben, die wir für dieses Land umsetzen, die auch genau die Herausforderungen entsprechend ansprechen, die Sie hier genannt haben.

Sie haben den Brief von Ministerpräsident Haseloff zitiert, der an Bundeskanzler Scholz geschrieben ist, ganz bewusst, weil ich vor einer Woche mit Reiner Haseloff bei SKW war, weil wir uns über die aktuellen Herausforderungen unterhalten haben und weil er richtigerweise gesagt hat: Wenn auf der einen Seite eine Sanktion auf Gas vorhanden ist, dann muss man auf der anderen Seite auch die Produkte, die entsprechend aus Gas veredelt werden können, die nicht sanktioniert werden, auch sanktionieren; denn sonst haben Unternehmen wie SKW Piesteritz im Wettbewerb keine Chance. Das ist die Aussage gewesen.

(Zuruf von Cornelia Lüddemann, GRÜNE)

Das ist die Aussage, die auch richtig ist. Es ist auch genauso richtig, dass er im Moment gerade mit all seinen Kollegen in Brüssel ist. Die Amtskollegen, egal welcher Partei sie angehören, haben sich bspw. klar für einen Industriestrompreis ausgesprochen. Sie haben klar gesagt: Wir brauchen jetzt - ich kann es auch Brückenstrompreis nennen - kurzfristig klare Zeichen.

(Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Ich sage, es muss auch noch ein Stück weitergehen. Es ist in Brüssel deshalb diskutiert worden, weil es beihilferechtlich ein Thema ist. Wir müssen es aber auch für kleine und mittelständische Unternehmen diskutieren.

(Zustimmung bei der FDP - Kathrin Tarricone, FDP: Genau!)

Es darf natürlich nicht nur die großen betreffen, es muss auch die kleinen betreffen. An der Stelle weise ich auf Beschlüsse, die aus Sachsen-Anhalt heraus auf der Wirtschaftsministerkonferenz vor einigen Monaten gefasst worden sind, hin, wo wir klar gesagt haben: Wenn, dann müssen alle entsprechend davon profitieren und wir müssen es schnell hinbekommen.

Ich appelliere auch an die Bundesregierung, dass man hier schnell eine Einigung hinbekommt. Es hilft uns nicht, wenn dort Streit ist. Die einen wollen es, die anderen wollen es nicht. Alle Seiten haben irgendwelche Argumente, denke ich, die man diskutieren muss. Das kann man am Ende des Tages auch hinbekommen.

Heute haben wir auch wieder ein Highlight im Deutschen Bundestag: Gebäudeenergiegesetz. Das ist natürlich einer der Gründe, warum die Menschen verunsichert sind, weil dort Dinge diskutiert werden, die sie nicht verstehen

(Lothar Waehler, AfD: Das verstehen die Leute schon!)

und bei denen die Opposition herausgelassen wird. Es gibt keine Chance, das vernünftig inhaltlich zu diskutieren, wenn man es nur im Plenum macht. Es ist historisch einmalig gewesen, dass ein Bundesverfassungsgericht sagt: Lieber Bundestag, ihr müsst das noch einmal behandeln, weil die Zeit für die Abgeordneten zu kurz war. Wenn man als Bundesregierung so arbeitet, dann muss man sich nicht wundern, dass die Leute in Deutschland auch Fragen an die Zukunft haben und fragen, ob das der richtige Weg ist.

(Zustimmung bei der CDU - Guido Kosmehl, FDP: Na, na, na! - Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Deswegen fordere ich auch von hier aus die Bundesregierung dazu auf, konstruktiv mit uns Ländern zu den Themen, die wir lösen können, zusammenzuarbeiten. Wir haben es in dem Brief an den Bundeskanzler geschrieben. Wir haben es regelmäßig in den Diskussionen mit der Bundesebene angesprochen. Die Lösungen liegen auf dem Tisch. Wir müssen sie am Ende des Tages nur umsetzen.

Und ich sage auch eines, wenn es um Wirtschaft und um Wachstum geht: Wir brauchen Wachstum in der Wirtschaft; denn nur, wenn wir gut bezahlte Arbeitsplätze haben, dann haben die Leute hier eine gute Hoffnung in die Zukunft. An dieser Stelle muss es definitiv so sein, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, dass wir nicht alles immer nur danach diskutieren können, ob es eine Klimaschutzinvestition ist, sondern wir müssen es danach diskutieren, ob es Deutschland in Summe hilft. Das ist die Diskussion, die wir brauchen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das machen wir hier auch. Wir haben gestern Haushaltsdiskussionen gehabt. Der Finanzminister hat auch einige inhaltliche Punkte zu meinem Bereich gebracht. Wenn ich das Thema GRW einmal ansprechen kann: An dieser Stelle ist der Vorschlag an den Landtag der, dass wir darauf keine globalen Minderausgabe haben werden. Das hilft uns enorm,

(Zustimmung von Markus Kurze, CDU und von Ulrich Thomas, CDU)

weil wir dann am Ende des Tages mehr Geld zur Verfügung haben für kleine und mittelständische Unternehmen, die in die Kommunen investieren, die zum einen Voraussetzungen dafür schaffen, dass es hier weitere Ansiedlungen gibt, und zum anderen, dass der Mittelstand weiter investieren kann. Das ist auch ein gutes Zeichen; denn das Vertrauen in die Regierung ist vorhanden.

Es gibt seit dem letzten Jahr, anders als erwartet, keinen Rückgang von Anträgen. Im Gegenteil, wir haben für mehrere hundert Millionen Euro Projekte vor uns, die wir als Land unterstützen. Wenn man die Hebelwirkung sieht, dann sind das mehrere Milliarden Euro, die hier in dieses Land in den nächsten Jahren investiert werden, übrigens ohne Daimler Trucks, ohne Intel, ohne UPM. Das sind die mittelständischen Unternehmen, die hierin investieren. Das ist auch das, wie wir uns als Land die Zukunft vorstellen: als Landesregierung entsprechend Vertrauen zu schaffen, ansprechbar für die Menschen und für die Unternehmen zu sein und nicht nur Reden für die Galerie zu halten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Sandra Hietel Heuer, CDU: Ja!)

Ich möchte einen Punkt ansprechen, der mir wichtig. Wir müssen natürlich in der Zukunft auch die Gesetzgebung diskutieren, die uns aus Berlin heraus zwingt, Dinge umzusetzen, die wir nicht immer gut finden. Wir haben aus meiner Sicht, mittlerweile ein Missverhältnis zwischen Sozialausgaben zum einen und Wirtschaftsaufgaben zum anderen. Das Verhältnis beträgt oft eins zu zehn. Die Wirtschaft sorgt aber am Ende des Tages dafür, dass Steuern gezahlt werden, sie sorgt dafür, dass die Menschen gute Arbeitsplätze haben, sie sorgt dafür, dass wir eine Zukunftsperspektive haben.

Wir müssen uns in den nächsten Jahren überlegen, was wir wie umsetzen können. Es ist, glaube ich, gut und richtig, dass wir hier Sozialleistung zahlen können, aber wir müssen aufpassen, dass sich das Verhältnis nicht in eine Richtung bewegt, dass wir für den Wirtschaftsbereich immer weniger zur Verfügung haben. Das ist eine Aufgabe, der wir uns stellen, im Rahmen dessen, was wir machen können. Das machen wir auch sehr intensiv und gut.

(Ulrich Siegmund, AfD: Nein!)

Und vor allen Dingen - jetzt komme ich zurück auf den Beginn meiner Rede - machen wir es sehr intensiv und konstruktiv, auch mit der Opposition, in den Fachausschüssen. Darauf freue ich mich in den nächsten Monaten. Das sollten wir machen und nicht Galeriereden hier im Landtag halten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kathrin Tarricone, FDP: Ja!)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Wir haben zuerst einmal eine Intervention von Herrn Scharfenort. - Herr Scharfenort, Sie haben das Wort.


Jan Scharfenort (AfD):

Herr Schulze, für mich ist es normal, dass man in Ausschüssen sachlicher und fachlicher als im Plenum arbeitet.

(Guido Kosmehl, FDP: Aha! - Zuruf von der CDU)

Unsere Aufgabe als Opposition ist es doch, diese Missstände, gerade von unserem Landesvater Herrn Haseloff aufzuzeigen, der ständig rechts blinkt und am Ende wieder links abbiegt. Man muss nur sein Abstimmungsverhalten angucken; ob das jetzt bei der Energie ist; ob das bei den Russland-Sanktionen ist. Wir können im Bundesrat gucken. Und was ist dort? Dort stimmt er immer fleißig fein zu.

(Zuruf von Ulrich Thomas, CDU)

Diese Rückgratlosigkeit, diese Heuchelei, diese Doppelmoral, dieses falsche Verhalten - unsere Pflicht als Opposition ist es, das den Leuten draußen im Land Sachsen-Anhalt aufzuzeigen.

(Beifall bei der AfD - Oliver Kirchner, AfD: So ist es! - Guido Kosmehl, FDP: Schon bitter!)


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Darf ich antworten?


Vizepräsident Wulf Gallert:

Sie haben das Wort.


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Dann sagen Sie aber nicht nur die halbe Wahrheit. Wenn Sie, z. B. zum Brennstoffemissionshandelsgesetz die Aussagen des Ministerpräsidenten wiedergegeben hätten, der sich dazu sehr kritisch geäußert hat,

(Ulrich Siegmund, AfD: Kritisch! - Zuruf von der AfD: Er sagt es, aber macht es nicht!)

dann hätte das hier auch hineingehört. Man muss immer beide Seiten sehen.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Dann haben wir noch eine Frage von Herrn Meister. - Bitte sehr.

(Unruhe)


Olaf Meister (GRÜNE):

Sie sprachen den Industriestrompreis an. Wir hatten im letzten Wirtschaftsausschuss eine Debatte zu dem Thema. Dort hat sich die CDU-Fraktion sehr deutlich gegen den Industriestrompreis positioniert.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Huch!)

Halten Sie diese Positionierung für falsch?


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Ich vernehme nicht, dass sich die CDU-Fraktion dazu sehr deutlich positioniert hat. Meine Interpretation der Debatte, die wir hatten, war, dass wir gesagt haben: Wir müssen es für alle haben.

(Beifall bei der CDU - Sebastian Striegel, GRÜNE, lacht)

Es darf nicht so sein, dass der kleine Mittelständler, der vielleicht nur zehn Arbeitsplätze hat und der dann die Herausforderung hat, dass er nicht im globalen Wettbewerb steht, davon nicht profitiert, währenddessen ein großes Unternehmen, welches im Wettbewerb zu China, zu USA usw. steht, entsprechend davon profitiert. Also, hier zu sagen, dass wir uns komplett dagegen positionieren, das sehe ich anders.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Meister, Sie können noch eine Nachfrage stellen.


Olaf Meister (GRÜNE):

Es war eine sehr emotionale Debatte. Die CDU-Kollegen waren richtig erregt über die Frage, wie man den Industriestrompreis fordern kann. Also, gibt es jetzt eine andere Position?

(Guido Kosmehl, FDP: Nein, es ist dieselbe!)

Teilt auch Ihre Fraktion die Ansicht, dass ein Industriestrompreis gewünscht ist?


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Das ist so. Ich habe gesagt, wie es ist. Wir haben es, glaube ich, Brückenstrompreis genannt, Herr Meister. Dabei gibt es auch einmal Emotionen, aber es war immer sachlich. Da ich in der Regel an den Sitzungen teilnehme, kann ich mich daran noch gut erinnern, auch an die letzte Sitzung.

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)