Sebastian Striegel (GRÜNE):

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dort draußen, außerhalb unseres gut gekühlten Plenarsaals, gibt es eine nie dagewesene Dürre.

(Ulrich Siegmund, AfD: 80 l hatte es letzte Woche geregnet!)

Die Nordsee liegt aktuell bei rund 5  C über der saisonalen Durchschnittstemperatur und die CO2-Konzentration in unserer Atmosphäre hat inzwischen eine gefährliche Konzentration in Höhe von rund 422 ppm erreicht,

(Unruhe - Lachen bei der AfD - Zurufe von Guido Heuer, CDU, und von Daniel Roi, AfD)

die rund 50 % höher als vor Beginn der Industrialisierung liegt.

Während all das passiert, fordern Sie, die Menschen wegzusperren, die uns mit uns mit ihrem Protest auf die Klimakrise aufmerksam machen. Ihre rechtsextreme Ignoranz gegenüber der Wirklichkeit ist gefährlich und ein neuer intellektueller Tiefpunkt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Zuruf von Daniel Roi, AfD)

Ihre Forderung ist Ausdruck eines nervösen Staats.

(Unruhe - Oliver Kirchner, AfD: Bündnis 90/Die Braunen!)

Dieser nervöse Staat nimmt als störend empfundene Aktionen zum Anlass, Restriktionen und die volle Härte des Rechtsstaats zu fordern.

Sie vergessen dabei: Die Aktionen der Letzten Generation sind vom Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gedeckt

(Zuruf von der AfD: Sind Sie nicht!)

und der Rechtsstaat reagiert grundsätzlich nicht mit voller Härte, sondern rechtmäßig und insbesondere verhältnismäßig.

(Zurufe von der AfD)

Präventivgewahrsam ist der schwerste Eingriff, den das Polizeirecht kennt. Hierbei wird einem Menschen ohne strafrechtliches Verfahren allein auf der Grundlage einer Prognoseentscheidung die Freiheit entzogen.

(Zuruf von Daniel Roi, AfD)

Das ist ein Umstand, der den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte bereits mehrfach zur Entscheidung gezwungen hat. Der Präventivgewahrsam fordert eine gegenwärtige Gefahr. Ein Szenario, das diese Voraussetzung für 14 Tage erfüllt, ist nicht nachvollziehbar und klar unverhältnismäßig.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Henriette Quade, DIE LINKE)

Ihre Forderung bedeutet, mit Kanonen auf Spatzen zu schießen. Präventivhaft nach Ihrer Vorstellung ist unbegründet.

(Guido Heuer, CDU: Klingt nach Connewitz!)

Denn so ärgerlich die Aktionen der Letzten Generation auch sein mögen, sie sprechen die staatliche Selbstverpflichtung an, Herr Heuer, sich an die eigenen Gesetze zu halten. Die Aktivist*innen der Letzten Generation fordern also geradezu ein rechtsstaatliches Handeln ein. Ihre Forderungen zielen darauf ab, die Handlungsfreiheit in der Demokratie, in unserer Demokratie, zu erhalten, indem wir schnell und entschlossen auf die drohenden klimatischen Folgen unseres bisherigen Wirtschaftens reagieren. Der ungebremste Klimawandel droht die Handlungsmacht der jungen Generation und kommender Generationen enorm einzuschränken. Ohne eine Bekämpfung der Klimakrise ist Freiheit nicht mehr möglich. Genau deswegen müssen wir an dieser Stelle endlich aktiv werden.

Wenn die Klimakrise ungebremst fortschreitet, wird es zu massiven sozialen Verwerfungen kommen. Ungebremster Klimawandel bedroht insbesondere die Menschen, die nicht finanziell unabhängig von Arbeit, Wohnort und natürlichen Gegebenheiten sind.

Für uns ist klar: Die Präventivhaft bleibt der Ausnahmefall. Wir setzen auf Rechtsstaatlichkeit und wir werden die Grundrechte auch von Klimaschützer*innen verteidigen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Henriette Quade, DIE LINKE)