Tobias Krull (CDU): 

Sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die aktuelle Bundesregierung ist sich in vielen Punkten nicht einig. Zumindest lassen die immer wieder öffentlich geführten Debatten darauf schließen.

In einem Punkt gibt es aber ganz offensichtlich Einigkeit - die Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken nach dem Motto: Der Markt des illegalen Konsums dieser Droge ist nicht mehr durch staatliche Behörden zu kontrollieren, dann lasst es uns einfach freigeben. 

(Konstantin Pott, FDP, lacht)

Ich verrate kein Geheimnis, wenn ich sage: Die CDU ist hierzu komplett anderer Auffassung.

(Michael Scheffler, CDU, zustimmend: Genau!)

Davon getrennt muss man übrigens die Verwendung von Cannabisprodukten aus medizinischen Zwecken betrachten, z. B. zur Behandlung von Krebspatienten. Diese medizinische Verwendung von Cannabis wird von uns unterstützt.

Ich will gern begründen, warum wir gegen die Freigabe von Cannabis zu Genusszwecken sind. An erster Stelle sehen wir die Gefahr der Verharmlosung des Konsums dieser vermeintlich weichen Droge. Ein Teil der Menschen, die bisher vom Konsum abgesehen haben, könnten ermuntert werden, es einfach einmal zu probieren, getreu dem Motto: Wenn es nicht verboten ist, dann ist es wohl relativ ungefährlich.

Ich kann, ehrlich gesagt, auch keine Konsequenz im Handeln der Bundesregierung erkennen, wenn es um nichtstoffliche und stoffliche Süchte geht. Bezüglich Tabak und Alkohol sollen die Maßstäbe für Werbung deutlich verschärft werden. Ähnliches gilt für zuckerhaltige Lebensmittel. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Gleichzeitig hat man kein Problem mit der Legalisierung einer Droge. Das scheint nicht besonders konsequent zu sein.

(Beifall bei der CDU)

Auch werden die gesundheitlichen Gefahren aus unserer Sicht nicht ernst genug genommen. Es gibt ausreichend Warnungen aus dem Bereich der Medizin, besonders was die Folgen von Cannabiskonsum bei Heranwachsenden angeht. Hierfür sind die bisher angekündigten Schutzkonzepte aus unserer Sicht nicht ausreichend. 

Es ist übrigens ein Trugschluss zu glauben, dass der Schwarzmarkt mit der Legalisierung einfach verschwinden würde. Das machen die Erfahrungen aus anderen Ländern, z. B. Niederlande oder Portugal, deutlich, insbesondere weil Cannabis, das unter entsprechenden Auflagen verkauft wird, deutlich teurer sein wird als das, was illegal angeboten wird. Damit werden gerade Käuferinnen und Käufer, die über geringe Finanzmittel verfügen, vermutlich eher zur ihrer Dealerin oder ihrem Dealer gehen. Diese werden garantiert die Chance nutzen, um noch weitere illegale Substanzen anzubieten.

Persönlich sehe ich außerdem die Gefahr einer Art Drogentourismus in den Modellregionen unseres Bundeslandes nach dem Motto: Ich reise in die Modellregion und befriedige dann mein Bedürfnis nach Drogen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Land bietet so viele touristische Höhepunkte, dass ich sie in einer solchen Rede gar nicht alle aufzählen kann. Der Drogenkonsum sollte aus meiner Sicht nicht dazugehören.

(Zustimmung bei der CDU)

Eine Frage wurde bisher noch nicht ausreichend erörtert, nämlich was mit dem Cannabiskonsum im Straßenverkehr ist. Möglicherweise kennt hier der eine oder andere die Folgewirkungen von Cannabiskonsum im Straßenverkehr. Was passiert denn gesundheitlich bei Cannabiskonsum? - Es kommt zu Selbstüberschätzung, Lichtempfindlichkeit und reduzierten Reaktionsfähigkeiten. All das macht das Führen von Fahrzeugen nach dem Konsum von Cannabis nicht nur für die Person selbst gefährlich, sondern führt auch zu Gefahren für die Allgemeinheit.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Deswegen sollte man dann nicht Auto fahren!)

Auch die Deutsche Verkehrswacht hat sich im Rahmen eines Fachtages am vergangenen Freitag unter dem Titel „Wer kifft, fährt nicht - Straßenverkehr und Cannabislegalisierung“ ausführlich mit der Thematik beschäftigt. Bei den Fachvorträgen wurde nicht nur deutlich, dass die Rauschwirkung von Cannabis auf komplett anderen biomechanischen Prozessen basiert als bei Alkohol, sondern auch, dass die Definition eines Grenzwerts aus unterschiedlichen Gründen relativ schwierig und umstritten ist.

Mir ist bewusst, dass der Konsum von vermeintlich weichen Drogen in Teilen unserer Gesellschaft als harmloses Vergnügen betrachtet wird. Das ist es aber nicht. Es geht nicht darum, die Moralkeule zu schwingen, sondern darum, die vorhandenen Gefahren klar zu benennen. Dass wir als Deutschlandkoalition hierzu unterschiedliche Auffassungen vertreten, dürfte bekannt sein und wird vermutlich heute auch in anderen Redebeiträgen noch deutlich werden. Daher beantrage ich die Überweisung des Antrages zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung und zur Mitberatung in den Ausschuss für Infrastruktur und Digitales, in den Ausschuss für Inneres und Sport sowie in den Ausschuss für Recht Verfassung und Verbraucherschutz.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Be smart - don’t start” sollte nicht nur für das Rauchen gelten, sondern auch für Cannabis - egal ob als Joint, als vermeintlich harmlose Süßigkeit oder in welcher Konsumform auch immer.

(Zustimmung bei CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr Krull, es gibt zwei Fragen. Eine Frage wurde sehr ordentlich während der Redezeit angezeigt von Frau Sziborra-Seidlitz. Frau Quade schaffte es gerade noch so vor dem letzten Wort. Es obliegt jetzt Ihnen, ob Sie beide Fragen zulassen wollen.


Tobias Krull (CDU): 

Ja.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Frau Sziborra-Seidlitz.


Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE): 

Herr Krull, ich frage etwas ganz deutlich. Denn ich verstehe den Punkt der Gesundheitsgefahren wirklich. Ich habe gerade schon klargemacht: Ich kenne Patientinnen und Patienten, die durch Cannabis in wirklich schwierige gesundheitliche Lagen gekommen sind. Ich verstehe den Punkt. Ich finde auch, dass man ihn ernst nehmen muss. Ich glaube, das habe ich deutlich gemacht.

(Zuruf von der CDU: Sie nehmen den aber nicht ernst!)

Aber akzeptieren Sie auch, dass größtenteils die gleichen Medizinerinnen, die vor den Gefahren von Cannabis warnen - was Sie jetzt dazu bringt, das zu sagen, darf auf keinen Fall legal sein  , auch vor den Gefahren von Alkoholkonsum warnen, 

(Alexander Räuscher, CDU: Jetzt sind Sie wieder bei Alkohol! - Michael Scheffler, CDU: Aber es geht doch nicht um Alkohol!)

bei dem Sie nicht den Anlass sehen zu sagen: Okay, wir verbieten Alkohol.

(Zuruf von der CDU: Es geht um Verhältnismäßigkeit!)

Der Punkt ist Gleichbehandlung. Die Frage ist: Was ist an Cannabis Ihrer Auffassung nach so viel gefährlicher als an Alkohol, dass man das eine so und das andere so behandeln muss?


Tobias Krull (CDU): 

Ich werde jetzt keine längeren Ausführungen tätigen zu dem Thema Bier als Traditionsgut in Deutschland.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das ist Hanf aber auch! - Zurufe von der CDU und von der AfD: Was?)

Hanf wird an der Produktion     Die Verwendung     Es geht einfach darum: Wenn man einmal etwas zugelassen hat - wir haben schon sehr deutliche Probleme, was Alkoholerkrankte, Alkoholtote und soziale Folgen angeht  , soll das dann eine Begründung dafür sein, dass man einen solchen Fehler das zweite Mal begeht? - Aus meiner Sicht nicht.

(Zustimmung bei der CDU - Alexander Räuscher, CDU: Ganz genau!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Herr Krull, vielen Dank. - Frau Quade.


Henriette Quade (DIE LINKE): 

Wenn Sie in der Logik bleiben, dann stellt sich für mich nun die Frage, ob Sie den Umkehrschluss ziehen und Alkohol verbieten wollen.

(Zustimmung von Sebastian Striegel, GRÜNE)

Meine eigentliche Frage ist allerdings - sie berührt auch den medizinischen Bereich; denn Sie haben damit sehr stark argumentiert  : Inwiefern befürworten Sie als CDU in Sachsen-Anhalt - insbesondere wenn es einen illegalen Markt gibt; Sie finden den offensichtlich besser als einen legalen Markt - Drug-Checking als Methode, um Substanzen auf besonders gefährliche Verunreinigungen, THC-Gehalt etc. zu überprüfen? Finden Sie das richtig oder falsch?


Tobias Krull (CDU): 

An erster Stelle möchte ich betonen, dass wir den illegalen Markt nicht gut finden

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU, und von Michael Scheffler, CDU)

und dass wir in der Verantwortung der von uns geführten Ministerien alles Mögliche tun, um den illegalen Markt auszutrocknen, z. B. durch polizeiliche Maßnahmen und Maßnahmen des Rechtsstaates. Punkt 1.

Punkt 2. Dazu gibt es durchaus unterschiedliche Auffassungen. Sie wissen das selbst. In der CDU Frankfurt gibt es diesbezüglich eine andere Auffassung als in der CDU Harz. Deswegen gibt es kein einheitliches Meinungsbild der CDU Deutschlands. Innerhalb der CDU Sachsen-Anhalts haben wir uns mit dieser Thematik noch nicht so ausführlich beschäftigt, als dass ich sagen könnte, es gibt ein geschlossenes Meinungsbild.

Ich habe eine persönliche Auffassung. Aber nach dieser haben Sie nicht gefragt. Vielmehr haben Sie gefragt, wie die Meinung der CDU ist. Dazu haben wir noch kein abschließendes Meinungsbild. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)