Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):

Vielen Dank. - Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Erzieherinnen und Erziehern vertrauen wir unser Wertvollstes an. Wir geben unsere Kinder nicht nur zur Aufbewahrung und Betreuung in ihre Hände, sondern sie tragen auch bei zu umfassender, frühkindlich beginnender Bildung, zum Blick in die Welt und auf die Welt, zu Selbstbewusstsein und Bewusstsein für andere. Sie helfen uns, dass aus unseren Kindern Leute werden. Sie tun das umfassend, fundiert ausgebildet und professionell.

Wer einen Beruf erlernt, möchte diesen auch entsprechend seines Berufsethos ausüben, will gelernte Qualitätsstandards umsetzen, will den Ansprüchen wissenschaftlicher Erkenntnis Genüge tun und will seinen Job einfach gut machen. Das gilt erst recht, wenn der Beruf unmittelbar mit der Betreuung, Begleitung und Erziehung von Menschen einhergeht. Man will diesen Menschen gerecht werden. Persönlich kenne ich das aus der Pflege. Wenn knappe Personalressourcen und eng getaktete Zeitabläufe die Arbeit bestimmen und wenn das Gefühl an einem nagt, den überantworteten Menschen nicht gerecht werden zu können und eigene Gütekriterien nicht erfüllen zu können, dann verursacht das Stress und, wenn es dauerhaft stattfindet, eine geradezu existenzielle Unzufriedenheit. Die eigene Arbeit genügt dann einfach nicht. Man bleibt den zu pflegenden oder zu betreuenden Menschen einfach etwas schuldig. Genau das berichten auch Fachkräfte in den hiesigen Krippen, Kitas und Horten. Sie können ihren eigenen Ansprüchen als Fachkraft nicht gerecht werden, weil die Arbeitssituation es nicht zulässt.

Die nötigen Voraussetzungen, damit junge Fachkräfte bei uns in Sachsen-Anhalt bleiben und dauerhaft arbeiten, liegen daher eigentlich auf der Hand. Arbeitsbedingungen, die ihrer hoch qualifizierten Ausbildung gerecht werden, mehr Fachberatung, mehr Zeit für Fortbildungen und mehr Personal in besonders herausgeforderten Einrichtungen sind die Antworten darauf noch aus der Kenia-Koalition. Es sind Antworten, die weiterhin stimmen. Gerade die Sonderförderung von Einrichtungen mit besonderen Bedarfen ist ein pragmatischer Weg, um gutes Arbeiten zu fördern. Es ist ein Weg, der dringend ausgebaut werden muss. Ehrlich gesagt, ist es egal, ob es dafür Bundesmittel gibt oder nicht. Dieser Weg gehört ausgebaut.

Natürlich ist die grundlegende Lösung eine Verbesserung des Personalschlüssels inklusive der Anerkennung von Vor- und Nachbereitungszeiten. Wenn man genau hinhört, dann sind auch im politischen Raum immer wieder einmal Äußerungen zu vernehmen im Ausschuss, im Plenum und in Arbeitsrunden, die das für die nahe Zukunft nicht ganz ausschließen. Das sind zumindest Worte in die richtige Richtung. Lassen Sie ihnen Taten folgen.

Neben guten Arbeitsbedingungen gibt es natürlich auch ganz praktische Gründe, warum junge Menschen nach der Erzieherinnenausbildung im Land bleiben, bspw. wenn sie bereits eine Einrichtung, einen Träger kennengelernt haben. Der - salopp genannt - Klebeeffekt ist nicht zu unterschätzen. Den von der LINKEN geforderten Ausbau der praxisintegrierten Ausbildung unterstützen wir an dieser Stelle deshalb ausdrücklich. Dann haben nämlich Einrichtungen über die gesamte Zeit der Ausbildung die Möglichkeit, von sich zu überzeugen, für sich zu werben und sich als möglichen, attraktiven Arbeitgeber zu präsentieren. 

Ein wirkliches Informationsdefizit, wie wir junge Menschen davon überzeugen können, in unseren Horten, Kitas und Krippen zu arbeiten, haben wir, glaube ich, in Sachsen-Anhalt nicht. Natürlich schadet eine Befragung und Erhebung dazu auch nicht. Vielmehr kann sie selbst auch Wertschätzung und Anerkennung vermitteln. Wenn das Land aktiv auf die Absolventinnen mit Fragen zugeht - was braucht ihr? was wollt ihr, um hier zu arbeiten? was ist euch wichtig?  , dann kann eine solche Befragung selbst schon zu einem Instrument der Fachkräfteanwerbung und der Fachkräftebindung werden.

Wir begrüßen und unterstützen den Antrag der LINKEN ausdrücklich.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Die Beschlussempfehlung zum vorliegenden Antrag „Daseinsvorsorge für die Jüngsten stärken: Qualität der Kindertagesbetreuung weiter ausbauen und Fachkräfte der Kindertagesbetreuung entlasten“ unter Tagesordnungspunkt 5 b) ist auch nicht wirklich schlecht. Aber sie beschränkt sich doch im Grunde auf die Adressierung der Bundesebene und die Fortführung der bestehenden Einzelmaßnahmen in diesem Feld. Wirklich gut im Sinne von Voranbringen und Vorwärtsgehen ist sie also nicht. Eine Enthaltung unsererseits sollte dazu also mehr als genügen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und von Stefan Gebhardt, DIE LINKE)