Gordon Köhler (AfD):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es vergeht wohl keine Sitzung in der deutschen Parlamentslandschaft, in der nicht das Thema der Fachkräfte zumindest angeschnitten wird, und zwar völlig zu Recht. Denn in vielen Bereichen drohen massive personelle Engpässe mit weitreichenden Konsequenzen für jeden Einzelnen. Mal ist man direkt betroffen, wenn es vielleicht um einen Facharzttermin geht, und mal auch indirekt. Ich denke dabei an den Lehrermangel als ein omnipräsentes Thema im Bildungsausschuss, wir reden häufig über das Problem des Nachwuchsmangels im Handwerk, ich denke an den medizinischen Bereich, wenn es um Pflegefachkräfte geht, oder es geht, wie in der heutigen Debatte, um das Fachpersonal in den Kindertagesstätten.

Bevor wir also über den Antrag reden, sollten wir an dieser Stelle einmal grundsätzlich werden. Das Grundproblem ist der - gern verniedlichend so bezeichnete - demografische Wandel, der letzten Endes nichts anderes bedeutet, als dass die Bevölkerung vergreist und wegstirbt. Im vergangenen Jahr gab es im Bundesland Sachsen-Anhalt insgesamt 14 500 Geburten. Das ist ein Tiefstand seit 1994. Dem gegenüber standen im letzten Jahr 37 000 Todesfälle. Das bedeutet letzten Endes nichts anderes, als dass eine Kreisstadt wie Burg still und leise aus Sachsen-Anhalt verschwunden ist. Das heißt nichts anderes, als dass die Fachkräfte, über die wir so häufig im Plenum reden, nie geboren wurden. Zur Wahrheit gehört auch: Mittels Schlauchboot werden keine neuen Fachkräfte kommen. Das muss als Wahrheit einmal gesagt werden.

(Zustimmung bei der AfD - Guido Kosmehl, FDP: Aah!)

Dennoch sind wir angehalten, uns wieder mit einem dieser Symbolanträge zu befassen, in welchem die Folgen und der Istzustand zwar aufgegriffen und beschrieben werden, aber keinesfalls die Ursachen benannt werden.

Zurück zum Antrag. Ja, es fehlen Erzieher. Das ist ein ernstes Problem. Auch, wie im Antrag beschrieben, wissen wir nicht, wo das ausgebildete Fachpersonal abbleibt. Im Antrag selbst wird auch gefordert, Wünsche und Bedürfnisse der entsprechenden Zielgruppen zu identifizieren und daraus Konsequenzen bzw. Handlungsleitfäden abzuleiten. Das kann selbstverständlich unterstützt werden. Die praxisintegrierte Ausbildung bewerten auch wir als AfD-Fraktion positiv und unterstützen grundsätzlich den Gedanken einer weiteren finanziellen Verstetigung in den damit verbundenen weiteren Ausbildungsjahrgängen.

Zu der im Antrag erwähnten Anerkennung der ausländischen Fachkräfte. Ja, in den überschaubar geringen Mengen, in denen diese tatsächlich vorhanden sind, ist das unter größter Sorgfalt zu erledigen. Das gleiche gilt für die Nichtschülerprüfung. Denn auch in dieser schwierigen Situation dürfen wir nicht an der Qualität sparen und müssen sicherstellen, dass wir an klaren Standards festhalten.

Eine große Schwäche des vorliegenden Antrages ist der Versuch, aus anderen Bereichen wie Bildung, Erziehung oder Gesundheitswesen Personal abzuwerben. Natürlich ist es aus der Sicht der Kindertagesstätten sinnvoll, Logopäden, Sozialarbeiter oder Heilpädagogen abzuwerben. Das würde aber letztlich zur Folge haben, dass wir in einer der folgenden Plenardebatten wieder Anträge bspw. aus der Sicht der Schule oder dem medizinischen Bereich sehen würden, woher wir dann wiederum diese Fachkräfte bekommen. Das wird nur wieder unnötig an anderen Stellen Löcher aufreißen, und zwar in sensiblen Bereichen, in denen bereits ein Fachkräftemangel vorliegt. Das führt letztlich nur zu einer Verlagerung der Probleme und damit ist am Ende keinem geholfen.

Die Lösungen müssen in der Bevölkerungsentwicklung liegen und danach können wir Schwerpunkte auf Attraktivität und Ausbildung legen. Gleichwohl möchte ich hier den Vorschlag machen, etwa Möglichkeiten zur nebenberuflichen Ausbildung parallel zu einem bestehenden Anstellungsverhältnis durchaus weiter zu eruieren. Menschen, die mitten im Leben stehen, lassen sich wohl eher für einen Spurwechsel motivieren und in den Bereich der Kindertagesstätten einbinden, wenn ihr Lebensstandard dadurch nicht gekippt wird.

Kurzum: Wir halten den Antrag in der jetzigen Form für ungeeignet, das Problem zu lösen, würden aber einer Ausschussüberweisung dennoch grundsätzlich zustimmen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der AfD)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Es gibt eine Frage von Herrn Kosmehl. - Bitte.


Guido Kosmehl (FDP):

Herr Köhler, ich habe eine Frage. Ihre Hauptlösung ist ein Bevölkerungszuwachs. Stimmen Sie mir zu, dass wir, wenn wir diese Lösung jetzt weiter verfolgen würden und wenn wir jetzt plötzlich mehr Geburten hätten, frühestens in 18 bis 19 Jahren möglicherweise Personen zur Verfügung hätten, die dann zu Fachkräften werden könnten, und dass wir damit das Fachkräfteproblem, das wir jetzt haben, nicht lösen können?

(Zurufe von der AfD)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Pst!


Gordon Köhler (AfD):

Herr Kosmehl, ich würde es vielleicht so beantworten: Vielleicht stimmen Sie mir zu, dass seit vielen Jahrzehnten die etablierte Politik die Bevölkerungsentwicklung nicht auf dem Schirm hat und sie einfach total versagt hat. Deswegen reden wir heute an dieser Stelle über genau dieses Problem.

(Zustimmung bei der AfD)