Kathrin Tarricone (FDP):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Freien Demokraten schätzen lebensnahe und pragmatische Politik.

(Unruhe)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Kurze, bitte nicht ganz so laut. Das dröhnt hier wirklich; tut mir leid. - Frau Tarricone.


Kathrin Tarricone (FDP):

Ich wiederhole diesen schönen Satz jetzt, weil der wichtig ist: Wir Freien Demokraten schätzen eine lebensnahe und pragmatische Politik. Dazu gehört in diesem Zusammenhang, dass viele Menschen auf dem Land auf ein eigenes Fahrzeug angewiesen sind. Das haben wir hier des Öfteren schon besprochen. 

Für junge Leute in Berufsausbildung gilt das womöglich in besonderem Maße, zumal im dualen System Schul- und Arbeitsort nicht identisch sind. Es gehört auch zur Lebensrealität, dass nicht überall Bus und Bahn so zur Verfügung stehen, wie das in den Städten fast schon selbstverständlich ist. Wir werden auch kein Berufsschulnetz vorhalten können, mit dem gewährleistet werden könnte, dass die Wege zur Berufsschule wenigstens nicht viel weiter als die zur allgemeinbildenden Schule wären. Je spezieller die Ausbildung ist, desto wahrscheinlich geht es auch nicht ohne Internat. Die einbringende Fraktion erkennt das an.

Etwas Abhilfe für lange Anfahrtswege mag hier die Digitalisierung schaffen, wenn der eine oder andere geeignete Lerninhalt zu Hause oder in der Betriebsstätte absolviert werden kann. Richtig bleibt, dass die Erreichbarkeit von Ausbildungsbetrieb und Berufsschule sicherlich ein wichtiges Kriterium für angehende Auszubildende ist, ob sie sich für oder gegen eine Ausbildung entscheiden.

(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP)

Im ländlichen Raum spielen Auto und Moped bei diesen Wegen seit jeher eine große Rolle. Trotzdem wird kaum jemand infrage gestellt haben, dass der Erwerb des Führerscheins zu den Qualifikationen zählt, die dem privaten Lebensbereich zugerechnet werden. Das halte ich nach wie vor für grundsätzlich richtig, allein schon deshalb, weil die persönlichen Vorteile einer Fahrerlaubnis auf der Hand liegen.

Ein Anrecht auf die Förderung einer Fahrerlaubnis für Pkw durch die Agentur für Arbeit oder beim Jobcenter gibt es derzeit ausdrücklich nicht. Allerdings wird sie wohl in Einzelfällen durchaus gewährt. Dabei können die jeweiligen Umstände abgewogen werden.

In der Ausschussberatung wird sicherlich erörtert werden, wie die Erfolgsaussichten Ihres Antrages sind. Bei dem Vorschlag der AfD-Fraktion kommt es hingegen darauf nicht an. Es würde sich um eine pauschale Leistung handeln. Mit einer Fahrerlaubnis erwirbt man freilich nur das Recht, ein Fahrzeug zu führen. Ob man sich dann tatsächlich auch eines leisten kann, stünde dann auf einem anderen Blatt. Frau Hohmann hat es gerade erwähnt. Folglich würde das automatisch die Frage aufwerfen, warum konsequenterweise nicht auch noch ein Zuschuss für ein Kfz vorgesehen ist. 

Auszubildende sind zudem im Normalfall noch nicht 18 Jahre alt. Sie müssen sich mit einem Mopedführerschein begnügen, wenn sie diese Förderung für den Weg zur Berufsschule oder Ausbildungsstätte nutzen wollten.

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Ausweislich der Begründung möchte die AfD-Fraktion, dass die Förderung zurückverlangt werden soll, wenn der Abschluss nicht in der regulären Ausbildungszeit erreicht wird.

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Auch hierzu hätte ich Zweifel, inwieweit das wirklich praktikabel ist.

Nicht zuletzt gibt es auch jenseits verkehrlicher Fragen Stellschrauben, um die berufliche Ausbildung attraktiver zu machen. Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger hat zu diesem Zweck Ende des letzten Jahres die Exzellenzinitiative „Berufliche Bildung“ gestartet, die unter anderem Verbesserungen insbesondere beim Aufstiegs-Bafög enthält.

(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP - Marco Tullner, CDU: Sind wir mal gespannt, ob da auch was kommt!

Ich würde mich freuen, wenn auch diese Themen in den Beratungen im Sozialausschuss und im Wirtschaftsausschuss eine Rolle spielen würden. In diese beiden Ausschüsse wollen wir den Antrag überweisen. Und weil danach gefragt wurde: Der Sozialausschuss soll federführend sein.

(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP)