Konstantin Pott (FDP):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Wir sprechen heute erneut über die aktuelle Situation der Krankenhäuser in Sachsen-Anhalt. Aus meiner Sicht passt die Aktuelle Debatte heute; denn dieses Mal liegt der Fokus nicht nur auf den Dingen, die auf der Bundesebene passieren, sondern auch auf dem Krankenhausgutachten des Landes, das inzwischen vorliegt. Herr Siegmund, ich hätte mir schon gewünscht, dass Sie auch darauf eingehen, schließlich war das das Thema, das wir in der Vergangenheit immer wieder angesprochen haben, dass wir abwarten wollen, bis das Krankenhausgutachten vorliegt, um uns dann auf Landesebene darüber auszutauschen. Jetzt zu sagen, es liegen keine neuen Erkenntnisse vor, stimmt einfach nicht.

(Beifall bei der FDP, bei der CDU und bei der SPD)

Nicht nur auf der Bundesebene ist die Situation der Krankenhäuser von zentraler Bedeutung, sondern auch auf der Landesebene nimmt die Diskussion jetzt Fahrt auf, gerade aufgrund des nun fertigen Gutachtens. Die Möglichkeit der Ausgestaltung der Krankenhauslandschaft wird konkreter. Darüber hinaus gibt es zukünftig mehr Aspekte, über die wir vertiefend diskutieren müssen.

Bevor ich auf das Krankenhausgutachten vertiefend zu sprechen komme, möchte ich kurz auf die Krankenhauslandschaft im Land eingehen. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass Sachsen-Anhalt ein Flächenland ist, das viele kleine Krankenhausstandorte aufweist, und dass es für Spezialisierungen und eine gute Behandlungsqualität in diesen Bereichen längere Fahrtzeiten braucht. Auch hat Sachsen-Anhalt im Bundesdurchschnitt überdurchschnittlich viele Krankenhausbetten, jedoch eine unterdurchschnittliche Belegung. Das ist nur ein Aspekt, den das Krankenhausgutachten hervorbringt und kritisch betont.

Doch was genau hat es mit diesem Gutachten auf sich? - Es hat die Krankenhauslandschaft in all ihren Facetten untersucht und beleuchtet. Auf dieser Grundlage erschließen sich verschiedene Erkenntnisse und Handlungsempfehlungen für das Land und die weitere Krankenhausplanung.

Etwas, das mich bei dem Redebeitrag von Frau Anger etwas überrascht hat, ist: Es waren Sie, Frau Anger, die immer wieder dieses Krankenhausgutachten kritisiert haben und sich gefragt haben, ob es überhaupt Aussagen gibt; jetzt greifen Sie sich einzelne Aspekte heraus und versuchen, damit Ihre Argumentation zu untermauern. Ich glaube, so geht eine seriöse Behandlung mit diesem Thema nicht. Wir sollten schon etwas vertiefender hinschauen. Ich werde im Laufe meiner Rede auf einzelne Dinge noch genauer eingehen.

Die Landesregierung hat bereits mehrfach die Haltung verdeutlicht, dass am Ende das Landesinteresse, gerade bei den Dingen, die auf der Bundesebene diskutiert werden, eine ganz entscheidende Rolle spielt. Beispielsweise hat bei den ersten Reformvorschlägen, die von Herrn Lauterbach kamen und die aus der Sicht des Landes nicht haltbar waren, die Landesgesundheitsministerin das mit den anderen Gesundheitsministern der Länder, die ähnlich betroffen waren, klar an die Bundesebene adressiert.

(Beifall bei der FDP und bei der SPD)

Ich glaube, angesichts dessen zu sagen, das Landesinteresse würde nicht widergespiegelt werden, geht ins Leere.

Die Ergebnisse und Erkenntnisse aus dem Gutachten zeigen, dass es gerade in den Randgebieten im Norden und im Osten des Landes bereits jetzt und auch bei Zentralisierung zu verlängerten Fahrtzeiten kommen kann, aber - und das muss man, wenn man darüber spricht, auch klar betonen - die angrenzenden Bundesländer wurden eben nicht mit betrachtet. Das gehört zur Vollständigkeit dazu, wenn wir in dieser Debatte über diese Themen sprechen, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das haben Sie, Frau Anger, nicht erwähnt.

Die im Gutachten geschilderte Lage fällt somit positiver aus, als sie auf den ersten Blick erscheinen mag. Das betonen auch die Gutachtenden. Dies werden sie vermutlich auch in der Diskussion im Sozialausschuss noch einmal deutlich machen.

Im Bereich der Rettungsmittel ist die Etablierung eines weiteren Rettungshubschraubers im Norden des Landes nahegelegt worden.

(Matthias Büttner, Staßfurt, AfD: Rubabrauber! - Lachen bei der AfD)

Ebenfalls im Norden soll eine Verbesserung von Schlaganfallbehandlungen durch die Eröffnung einer Stroke-Unit erreicht werden.

Was sind nun aber die Empfehlungen der Gutachter für Sachsen-Anhalt? - Elf Empfehlungen sind es, die sehr klar an das Land gerichtet wurden: die Ambulantisierung, ein gestuftes Versorgungssystem vom Basisversorger zum spezialisierten Versorger, die Etablierung von Leistungsbereichen zur bestmöglichen Verlegung und Bettenauslastung, die Stärkung der sektorenübergreifenden Zusammenarbeit, der Ausbau der Telematikinfrastruktur und die länderübergreifende Zusammenarbeit und Analyse.

Auf einzelne Empfehlungen möchte ich jetzt ein bisschen intensiver eingehen. Als erster Punkt wären da die Zentralisierung und die Spezialisierung. Die Zentralisierung von spezialisierten Eingriffen und Behandlungen stellt erst einmal nichts Neues dar. Trotzdem muss immer wieder betont werden: Sachsen-Anhalt ist ein Flächenland, dementsprechend dürfte klar sein, dass nicht jede spezialisierte Leistung überall in der Fläche angeboten werden kann. Das ist weder personell sinnvoll, noch macht es medizinisch Sinn.

Ziel muss es sein, eine funktionierende Kooperation unter den Häusern zu erreichen, um dort eine Spezialisierung voranzutreiben. Innerhalb des Gutachtens sind außerdem die Mindestmengen von einzelnen Behandlungsschwerpunkten beleuchtet worden. Auch diese deuten darauf hin, dass Spezialisierungen unausweichlich sind, genau wie eine damit verbundene verstärkte Kooperation der einzelnen Standorte. Nur so ist es möglich, die Krankenhauslandschaft zu stärken und für die Zukunft flächendeckend aufrechtzuerhalten.

Politisch sollten wir dafür den Rahmen vorgeben. Ich halte es für sinnvoll, dass die Krankenhäuser selbst auch darüber diskutieren, wie Kooperationen aussehen können, um ggf. einzelne Kapazitäten und Ressourcen zusammenzulegen und zu bündeln, um für den Patienten eine bestmögliche Versorgung in der Fläche zu ermöglichen. Es zeigt sich, dass die Krankenhäuser selbst inzwischen ein Interesse daran haben. Ein Beispiel wurde vorhin schon genannt. Wir müssen Wege für die Krankenhäuser ermöglichen, in Kooperationen zu gehen, aber sie müssen auch selbst einen Teil dazu leisten.

(Beifall bei der FDP)

Ich sehe es ein bisschen kritisch, wenn wir als Land das vorgeben, weil wir meinen, die Krankenhäuser müssten in dieser oder jener Richtung zusammenarbeiten, diese Bedarfe gäbe es hier und andere Bedarfe gäbe es vielleicht dort. Ich glaube, das wissen die Krankenhäuser vor Ort selbst am besten. Wir sollten ihnen die Freiheit geben, entsprechend zusammenzuarbeiten.

(Beifall bei der FDP)

Spezialisierung und Schwerpunkte sind auch ein wichtiger Aspekt, wenn es um die Attraktivität für junges Fachpersonal geht. Dazu müssen wir ganz klar festhalten, dass Standorte, wo nur eine Basisversorgung stattfindet, deutlich unattraktiver gerade für junges Fachpersonal werden und dass daher gewünscht wird, dort auch spezialisierte Eingriffe vorzunehmen. Daher ist es wichtig, dass wir in der Fläche nicht nur auf Basisversorgung setzen, sondern auch dort Schwerpunkte vorsehen, um die Attraktivität für junge Ärztinnen und Ärzte sicherstellen zu können.

Mit Zentralisierung und Spezialisierung kommt immer auch die Frage der Qualität auf. Das Gutachten bestätigt etwas, das nichts Neues ist: Standorte, die gerade komplexere Eingriffe häufiger durchführen, erreichen qualitativ bessere Ergebnisse und verursachen weniger Komplikationen. Mehr Eingriffe führen zu Routine und Sicherheit beim ausführenden Fachpersonal. Ein stärkeres Maß an Spezialisierung mittels Kooperation ist daher für uns sehr zielführend.

Aus der Sicht der Freien Demokraten müssen dieser Spezialisierungsaspekt und die Qualitätssteigerung jedoch nicht allein von den Universitätskliniken ausgehen. Es sollten generell Möglichkeiten eröffnet und die Rahmenbedingungen gesetzt werden, um in Sachsen-Anhalt eine sehr gute Behandlungsqualität zu erreichen.

Ein weiterer Aspekt, der nicht neu ist, der sich aber durch das Gutachten zieht, ist das Thema der Ambulantisierung. Die Medizin hat sich in den vergangenen Jahren zügig weiterentwickelt. Entsprechend haben sich auch die Behandlungsmethoden und  möglichkeiten verändert. Das hat dazu geführt, dass kürzere Aufenthalte in Krankenhäusern notwendig sind oder diese teilweise sogar komplett entfallen können, sprich Ambulantisierung. Das ist ein Trend, den es schon länger in der Medizin gibt. Deshalb wird es in Zukunft darum gehen, wie die Sektoren besser zusammenarbeiten können, um den Patienten eine optimale Versorgung anbieten zu können und entsprechende Kapazitäten zu bündeln.

(Beifall bei der FDP)

Auch hierbei kann im Übrigen eine gute Kooperation zwischen den Häusern helfen.

Ich komme zum Fazit. Es zeigt sich, dass wir über das Krankenhausgutachten noch weit mehr als nur in einer zehnminütigen Debatte diskutieren können und müssen, so komplex es am Ende ist und so komplex die gelieferten Ergebnisse und die daraus folgenden Schlussfolgerungen sind. Um diese Debatte transparent zu führen, werden wir uns innerhalb des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung dazu vertiefend nach der Sommerpause austauschen. Ich denke, dann hatte jeder Zeit, die 200 bis 300 Seiten, die es am Ende geworden sind, intensiv zu studieren, um dann in einen intensiven Austausch dazu einzutreten. Ich denke, das ist der richtige Weg. Ich freue mich auf die weitere Debatte im Sozialausschuss. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)