Tagesordnungspunkt 27

Beratung

Saubere Investments - Landesvermögen nachhaltig und klimaschützend anlegen

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/2686


Einbringen wird diesen Antrag Herr Meister. - Herr Meister, bitte, Sie haben das Wort.


Olaf Meister (GRÜNE):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Für die Anlage unseres Landesvermögens gibt es althergebracht einige grundlegende Anlagegrundsätze: Sicherheit, Liquidität und Rendite.

(Guido Kosmehl, FDP: Ja!)

In einem gewissen Sinne umschreiben diese drei Grundsätze eine angestrebte finanzpolitische Nachhaltigkeit. Selbstverständlich soll unser Vermögen so angelegt sein, dass es in seinem Bestand gesichert ist, den übergeordneten Landesaufgaben zur Verfügung steht und natürlich auch eine Rendite abwirft.

(Zustimmung bei der FDP)

Diese Grundsätze sind unbestritten.

Schon in der Vergangenheit haben wir aber die Frage aufgeworfen: Reicht das? Man kann Geld sicher, liquide und mit ordentlichen Gewinnen z. B. in der Produktion

(Unruhe)

- es ist etwas unruhig so spät am Abend - von weißem Phosphor und Streumunition anlegen, muss sich dann aber natürlich mit der Frage auseinandersetzen, ob man ethisch    

(Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Meister, einen Augenblick. Ich habe eben durchaus die Versuche aus dem Plenum selbst bemerkt, bei den Kollegen und Kolleginnen für etwas mehr Ruhe zu sorgen, sodass man dem Vortrag des Redners folgen kann. Aber es hat nicht richtig gewirkt. Deswegen muss ich das jetzt noch einmal sagen: Leute, es ist der letzte Tagesordnungspunkt. Wir alle wollen morgen nicht bis Mitternacht hier sitzen. Deswegen behandeln wir ihn jetzt noch, selbst wenn es noch Konzentration erfordert. Bitte geben Sie Herrn Meister die Gelegenheit, seinen Vortrag zu Ende zu bringen. - Herr Meister, bitte schön.


Olaf Meister (GRÜNE):

Ich versuche es. - Man kann das tun. Man muss sich dann aber mit der Frage auseinandersetzen, ob man die Produktion und den Einsatz darauf beruhender geächteter Waffen in kriegerischen Konflikten ethisch mit zu verantworten hat und ob man damit Geld verdienen möchte.

Müssen/Sollen wir uns für die uns anvertrauten Steuermittel über die schon genannten Grundsätze hinaus also weitere Grundsätze mit ethischen Kriterien geben? Vor dieser Frage standen wir auch in der vergangenen Kenia-Koalition, als wir engagiert und kontrovers über die Frage ethischer Geldanlagen diskutierten.

Die Bewertungen

(Zuruf von der CDU)

- genau  , hinsichtlich der Frage, was eine ethische Geldanlage sei und ob und wie weit man sich solchen Kriterien unterwerfen sollte, gingen weit auseinander. Als Lösung ergab sich letztlich ein Kompromiss, der auch heute durchaus noch seinen Zweck erfüllt. Es wurde ein externer Dienstleister mit einem Engagementverfahren beauftragt. Dieser identifiziert fortlaufend verschiedenste Problemlagen, poolt die Anlagen unterschiedlicher Großanleger und nimmt dann im Interesse der so zusammengeführten Anleger, auch des Landes Sachsen-Anhalts, deren eben auch ethische Interessen wahr. Die vereinigte Finanzmacht nutzend wird mit dem jeweiligen Unternehmen dahin gehend verhandelt, dass ethische, ökologische, soziale Kriterien besser berücksichtigt werden als bisher. Ein Prozess der stetigen Verbesserung soll so angestoßen werden. Wenn das nicht fruchtet, folgt am Ende eines längeren Prozesses die Empfehlung zum Ausstieg aus der Anlage.

So kam es in meinem Beispiel mit dem weißen Phosphor und der Streumunition eben genau zu diesem Ergebnis, zum Ausstieg des Landes Sachsen-Anhalts. Das Land Sachsen-Anhalt ist dort sinnvollerweise nicht mehr investiert.

Das gewählte Verfahren trägt zu einer Verbesserung bei. Es enthebt uns aber nicht der eigenen Definition, was wir für ethisch oder - schlichter - politisch vertretbar halten und was eben nicht.

Auch in Sachsen-Anhalt ist einer großen gesellschaftlichen Mehrheit klar, dass wir der Klimakrise entgegentreten müssen. Nicht alle, aber doch die meisten wissen - Herr Feuerborn hat das heute Morgen in der Debatte über Landwirtschaft durchaus zu erkennen gegeben -, wie sich das Klima auf die Landwirtschaft auswirkt. Auch in der Rede wurde die Ambivalenz durchaus klar. Aber ich meine tatsächlich: Das Problem ist deutlich und in weiten Teilen der gesellschaftlichen und der politischen Landschaft bekannt.

Die Landesregierung proklamiert Klimaschutz durchaus als wesentliches Ziel. Wie ernst das Ziel genommen wird, ist allerdings fraglich. Auch der aktuelle Koalitionsvertrag bekennt sich dazu und fordert eine wirksame Klimaschutzpolitik, die eine Querschnittaufgabe ist. - Völlig richtig.

Aktuell stehen wir vor dem Abschluss des Zukunfts- und Klimaschutzkongresses des Landes, der mit erheblichem Aufwand vorangetrieben wurde. Wenn Klimaschutz tatsächlich ein so wesentliches Ziel, eine Querschnittaufgabe des Landes ist, dann sollte das auch für unsere Finanzpolitik und für die Anlagekriterien gelten. Es ist auch eine Frage des eigenen konsequenten Handelns und der Glaubwürdigkeit.

Wenn wir als Land deutlich das Ziel des Klimaschutzes propagieren,

(Zuruf)

ist es nicht sinnvoll, noch in klimaschädlichen Investitionen engagiert zu sein. In einer Gesamtbilanz müssten wir uns ja auch die Folgen unserer Investitionen zurechnen lassen. Die Mühe, dort auszusteigen, ist eher klein. Alternativen stehen reichlich zur Verfügung. Wenn man sich die weltweite Entwicklung und die Dynamik der Veränderungen ansieht, dürfte es ziemlich naheliegend sein, dass Investitionen in Klimaneutralität auf Dauer auch unter Renditegesichtspunkten lukrativer sind als Investitionen in den fossilen Sektor.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn wir uns die Diskussionen in den letzten Wochen und Monaten über Wärmepumpen und so - ich will jetzt keine Heizungsdebatte führen - vor Augen halten, könnte einen der Verdacht beschleichen, dass es möglicherweise unter Anlagegesichtspunkten ganz schlau gewesen wäre, bevor die Debatte losbrach,

(Zuruf von Guido Kosmehl, FDP)

stärker in Wärmepumpen und weniger in Ölheizungen zu investieren. Ich meine, dass das auf Dauer tatsächlich tragen wird.

Der vorliegende Antrag konzentriert sich bewusst auf den eigentlichen in weiten Teilen des politischen Spektrums unstrittigen Aspekt der Klimaneutralität. Andere ethische Aspekte, die man auch mit Fug und Recht diskutieren kann, haben wir bewusst offener gelassen und konzentrieren uns auf diese wesentliche Frage.

Wenn Klimaschutz nicht nur eine hohle Floskel ist, müsste die im Antrag verlangte Korrektur der Anlagestrategie geradezu eine Selbstverständlichkeit sein. Die Unglaubwürdigkeit einer Klimaschutzstrategie wird offenbar, wenn so eine leichte, faktisch nachteilsfreie Maßnahme nicht ergriffen werden soll.

Wir bitten um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)