Andreas Schumann (CDU):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vieles wurde jetzt schon gesagt. Aber ich möchte Sie noch einmal auf eine kleine Zeitreise mitnehmen. Wir schreiben drei Jahre nach der Gründung der DDR. Ein rund 5 km breiter Streifen, eine sogenannte Sicherheitszone, wird abgeriegelt. Mit der Aktion „Ungeziefer“ - Herr Striegel hat es gerade betont; was für ein schlimmes Wort das ist - startet das Ministerium für Staatssicherheit die Zwangsaussiedlung tausender Bewohner und Bewohnerinnen. Die Aktion leitet das MfS und die Volkspolizei war maßgeblich an deren Durchführung beteiligt.

Die SED-Führung reagierte aufgrund wachsender Abwanderung mit einer Verschärfung ihres Grenzregimes. Die Grenze zur Bundesrepublik wurde ein 10 m breiter Kontrollstreifen, gefolgt von einem 500 m breiten Schutzstreifen; übrigens wiederum eine verharmlosende Bezeichnung für eine Fläche, auf der später scharfe Hunde oder gar Selbstschussanlagen installiert und Hunderte Freiheit suchende Menschen von Grenzsoldaten ermordet wurden. Dazu kam das 5 m breite Sperrgebiet. Insgesamt nahm das Gebiet der Grenze mit einer Länge von 1 400 km Grenze eine Fläche von 3 000 km ein.

Wilhelm Zaisser - er war der erste Minister für Staatssicherheit - hat die gesamte Aktion federführend geleitet. Alle in der Sperrzone lebenden Bürger wurden überprüft und ihre Grundhaltung zur DDR wurde eingeschätzt. Willkür und Denunzierungen waren an der Tagesordnung.

Die ausgewiesenen Personen mussten innerhalb weniger Stunden die Sperrzone meist nur mit Koffer oder mit dem, was sie an sich trugen, verlassen ohne zu wissen, wo sie künftig wohnen würden. Allein die politische Führung entschied darüber, wohin die Menschen umgesiedelt wurden, welchen Arbeitsplatz sie bekamen und ob sie überhaupt so etwas wie eine Entschädigung erhielten.

Die Durchführung der Zwangsaussiedlungen war generalstabsmäßig geplant. Mit den Listen der auszuweisenden durchkämmte die Volkspolizei Dörfer und Städte. Am 15. Juni 1961, zwei Monate bevor in Berlin die Mauer errichtet wurde, sagte der damalige SED-Chef den legendären Satz: „Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten.“

Mit der Aktion „Ungeziefer“ wurden Tausende DDR-Bürgerinnen und -Bürger als unsichere bzw. kriminelle Elemente stigmatisiert und innerhalb weniger Wochen aus der Sperrzone abtransportiert. Knapp zehn Jahre später, kurz nach dem Bau der Mauer, ordnete die DDR-Führung eine weitere Zwangsaussiedlung an. Erneut verloren Tausende Menschen ihre Heimat.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Niemand wird hier leugnen können, die DDR war ein Unrechtsstaat.

(Beifall bei der CDU)

Und: Auf die rechtlichen Bedingungen des Antrages wurde hier des Öfteren hingewiesen. Deshalb bitte ich darum, stimmen Sie unserem Alternativantrag zu. Dort sind alle rechtlich gangbaren Maßnahmen erwähnt. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)