Dr. Tamara Zieschang (Ministerin für Inneres und Sport):

Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Das mit den Zwangsaussiedlungen in den Jahren 1952 und 1961 verbundene Unrecht ist unbestritten. Es hat zu schweren Belastungen für die Betroffenen geführt. Es wurde schon gesagt: Das kann durch kein Geld der Welt wiedergutgemacht werden.

Allein in Sachsen-Anhalt wurden nach Erhebungen der Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn insgesamt 2 520 Personen zwangsausgesiedelt, davon 2 148 im Jahr 1952 und 372 im Jahr 1961. Betroffene Orte waren z. B. Hötensleben in der Behörde, Jübar in der Altmark und Benneckenstein im Harz. Noch heute erinnern Gedenksteine und Infotafeln daran, welches Schicksal den dort früher lebenden Menschen widerfahren ist.

Die Zwangsausgesiedelten sind aber nicht, wie es in dem Antrag unzutreffend heißt, aus allen Rastern der Wiedergutmachung oder der Entschädigung nach der Wende gefallen. Das seit dem 1. Juli 1994 geltende verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz bestimmt ausdrücklich, dass die Zwangsaussiedlungen aus dem Grenzgebiet der früheren DDR mit den tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaats schlechthin unvereinbar sind. Dies gilt auch für die mit der Zwangsumsiedlung verbundenen Eingriffe in Vermögenswerte.

Mit dieser gesetzlichen Feststellung entfällt die ansonsten erforderliche Einzelfallprüfung, ob mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbare Maßnahmen tatsächlich vorliegen. Der Gesetzgeber hat das Vorliegen dieser Voraussetzung per se unterstellt. Der Bundesgesetzgeber hat den Zwangsausgesiedelten damit eine im Vergleich zu anderen Opfergruppen starke Rechtsposition zugewiesen.

Nach der verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung können die Antragsteller sodann Ansprüche nach dem verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz geltend machen. Das heißt, ihnen stehen Rückübertragungen oder die Rückgabe enteigneter Grundstücke bzw. eine Entschädigung nach dem Vermögensgesetz, dem Investitionsvorranggesetz oder dem Entschädigungsgesetz zu.

Einer weiteren landesrechtlichen Entschädigungsregelung stehen verfassungsrechtliche Gründe entgegen. Die Wiedergutmachung des SED-Unrechts gehört nach Artikel 74 des Grundgesetzes zum Gebiet der konkurrierenden Gesetzgebung. Macht der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz durch eine abschließende Regelung Gebrauch, entfällt die Befugnis der Länder zur Gesetzgebung. Genau dieser Fall liegt vor. Die Ansprüche der Zwangsausgesiedelten sind im verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetz abschließend geregelt.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)