Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich kann mich bei diesem Thema nur wiederholen. Der Landesregierung sind die Bedeutsamkeit und die Wirkung von Schulsozialarbeit für Schule sehr bewusst. Gerade deshalb hat das Land große Anstrengungen unternommen, um die Schulsozialarbeit im ersten Förderzyklus im bisherigen Umfang zu fördern.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Bei den für die Projektauswahl zugrunde gelegten Kriterien steht - das möchte ich hervorheben - die Sicherung des Schulerfolgs - das ist Ihnen sicherlich allen bekannt - an allen Schulformen im Fokus. Dabei sind sozialpädagogische Projekte der bedarfsorientierten Schulsozialarbeit der Förderschwerpunkt des ESF+-Programms „Schulerfolg sichern“. Ziel ist es dabei, zur Herstellung von Chancengleichheit, Durchlässigkeit und Teilhabe im Bildungssystem Sachsen-Anhalt beizutragen.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Insofern wird versucht, die Schulen mit dem größten Bedarf zu unterstützen - ich betone: die mit dem größten Bedarf. Daher wird auch die Ausschreibung für den zweiten Förderzyklus - vielleicht haben auch einige den Schulbriefschulleiterbrief dahin gehend missverständlich interpretiert - wieder für alle Schulformen gelten.

Lassen Sie mich aber an dieser Stelle zu der aktuellen Situation oder Diskussion über die vermeintliche Benachteiligung der Grundschulen, der Gymnasien und eventuell der Berufsschulen etwas sagen bzw. lassen Sie mich dies entkräften. Hinsichtlich des Projektauswahlkriteriums zur Abschlussgefährdung trifft es zu, dass an den Grundschulen natürlich kein Schulabschluss vergeben wird - das ist uns allen klar  , jedoch wird dieser Umstand durch die Vielzahl der weiteren anzuwendenden Projektauswahlkriterien ausgeglichen.

Ich darf daran erinnern, dass die Erhöhung des Schulerfolgs und die Vermeidung von vorzeitigen Schulbeendigungen ohne anerkannten Abschluss natürlich das Metaziel des ESF+-Programms „Schulerfolg sichern“ sind. Bei den Gymnasien wird das Projektauswahlkriterium von den Gymnasien bedient. Hierzu verweise ich auf die geltenden Regelungen gemäß der Abschlussverordnung der Sekundarstufe I sowie der Versetzungsverordnung.

Des Weiteren weise ich darauf hin, dass die sogenannten jugendhilferechtlichen Projektauswahlkriterien seitens der Jugendämter nur sozialraumbezogen bzw. territorial erhoben werden, und zwar von den jeweiligen Trägern, den Landkreisen. Damit geht einher, dass der für den Sozialraum errechnete Faktor auf die Gesamtschülerzahl der jeweiligen Schule in dem betreffenden Sozialraum angerechnet wird. Auch kommt dem Konzept mit einer Wichtung von immerhin 40 % eine nicht unerhebliche Bedeutung zu.

Ferner ist die Projektauswahl auch maßgeblich von der Antragslage abhängig - das ist klar. Wie Sie wissen, steht der Umsetzung des Programms „Schulerfolg sichern“ ein begrenztes Mittelvolumen zur Verfügung, sodass eine Unterstützung von bedarfsorientierter Schulsozialarbeit auf der Grundlage von „Schulerfolg sichern“ nicht an allen Schulen zum Tragen kommen kann.

In dem vorliegenden Antrag der Fraktion DIE LINKE ist von zusätzlichem Personal in Form von bis zu 400 unbefristeten Stellen neben dem ESF+-Programm „Schulerfolg sichern“ die Rede. Diese zusätzlichen Stellen sollen zudem ausschließlich mit qualifizierten Fachkräften besetzt werden, die nicht Teil des ESF+-Programms sind.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Eine unbefristete Beschäftigung von Fachkräften für Schulsozialarbeit ist grundsätzlich immer zu begrüßen - hierbei sind wir sicherlich alle einer Meinung. Eine solche Maßnahme ist derzeit aber nicht umsetzbar, auch aufgrund der Förderkriterien und auch mit Blick auf die bereitgestellten EU-Mittel.

Bereits jetzt ist dieser Bereich, wie auch bereits andere Bereiche, von einem Fachkräftemangel betroffen. Die Stellen können sowohl auf der Basis des ESF-Programms „Schulerfolg sichern“ als auch auf der Basis der Zuwendungsverträge zur Förderung von Kooperationsprojekten zwischen Jugendhilfe und Schule nicht vollständig mit adäquaten Fachkräften besetzt werden.

Ferner bleibt unklar, wie sichergestellt werden soll, dass Fachkräfte des ESF+-Programms nicht ihr bereits bestehendes Beschäftigungsverhältnis auflösen, um anschließend zu dem zusätzlichen Personal außerhalb des Programms zu gehören. Dies würde die Umsetzung des ESF+-Programms enorm gefährden.

Eine solche Maßnahme könnte daher perspektivisch erst mit Beendigung des ESF+-Programms „Schulerfolg sichern“ ins Auge gefasst werden. Darüber müssen wir uns natürlich im politischen Raum gemeinsam verständigen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Feußner, Sie haben vier Minuten und 58 Sekunden gesprochen und damit Ihre Redezeit überzogen. Jetzt kommt noch Herr Lippmann mit einer Frage und Sie haben die Chance zu weiteren Ausführungen.

(Unruhe - Zuruf von der AfD: Nee!)


Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Na, schön.

(Lachen bei der AfD)


Thomas Lippmann (DIE LINKE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ich habe zwei ganz kurze Fragen. Erstens. Bei dem Neustart der nun anlaufenden Förderperiode hat es eine Umverteilung unter den Landkreisen und den kreisfreien Städten gegeben. Um das auszugleichen, hat das Land 14 eigenfinanzierte Stellen auf den Weg gebracht. Was wird ab den Jahren 2024/2025 mit diesen Stellen geschehen? Wird es sie weiterhin geben?

Zweitens. Bei der Übergabe der Petition heute hat aus der Sicht der Kommunen eine Rolle gespielt, welche Diskussionen vor Ort, gerade auch gegenüber den Trägern, geführt werden, wenn Schulen durch Umverteilung ihre Schulsozialarbeit verlieren - also vor allem jetzt nach zwei Jahren. Was sagen Sie diesen Schulen? Wird es dafür einen Ausgleich geben?


Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Ich beginne mit der Antwort auf die zweite Frage: Ich beteilige mich jetzt nicht an Spekulationen darüber, ob eine Schule einen Schulsozialarbeiter verliert oder nicht verliert.

Ich gehe erst einmal davon aus, dass die Schulen, die jetzt eine Schulsozialarbeiterin oder einen Schulsozialarbeiter haben und das auch bereits vorher im ersten Förderzyklus konzeptionell gut untersetzt haben, wiederum ein Konzept einreichen werden. Entscheidend sind dabei unter anderem auch die Prioritätenlisten der Landkreise, der Jugendhilfeausschüsse. Wir haben den Landkreisen zugesichert - weil sie sich zukünftig mit 20 % beteiligen sollen  , dass sie einen größeren Einfluss auf die Jury bekommen sollen.

Natürlich muss das Konzept mit den beantragten inhaltlichen Punkten bei der EU-VB genehmigungsfähig sein - das ist keine Frage, das gehört dazu  , und wenn das der Fall ist, wird sich die Jury sicherlich nicht dagegen stellen, die Prioritätenlisten entsprechend so abzuarbeiten, wie die Landkreise das in ihren Ausschüssen vorgesehen haben.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Frau Feußner.


Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Nein, ich bin noch nicht fertig.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Noch nicht?


Eva Feußner (Ministerin für Bildung):

Nein. - Es gab noch eine weitere Frage zu den 14 Stellen. Dazu müssen wir uns mit den Koalitionsfraktionen abstimmen. Diese Stellen sind im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens im Haushaltsplan vorgesehen worden. Diesbezüglich haben wir noch bis zur Aufstellung des Haushaltsplans für das Jahr 2024 Gesprächsbedarf. Deshalb würde ich das heute an dieser Stelle zurückstellen wollen.