Olaf Meister (GRÜNE):

Nun war ich hin- und hergerissen. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag ist tatsächlich etwas merkwürdig. Insofern kann ich den Verzicht auf die Redebeiträge verstehen.

Die Idee des Ehrenbürgerrechtes ist historisch mit den bedeutsamen städtischen Bürgerrechten verbunden, die ehrenhalber an Personen verliehen wurden, die gar nicht in der Kommune lebten und dort kein Bürgerrecht besaßen. Diese Herleitung, dieser Charakter der Ehrung, setzt immer lebende Personen voraus, weil nur dann die Verleihung eines Bürgerrechtes Sinn macht. Auf eine postume Zuerkennung einer Staatsbürgerschaft käme heute auch niemand. Eine verstorbene Person kann also nicht mehr Bürgerin oder Bürger sein, auch nicht als Ehrenbürger.

Für die Ehrung Verstorbener gibt es daher andere Formen, seien es Benennungen, Ehrengräber oder schlicht die Nennung als verstorbene Ehrenbürgerin oder als verstorbener Ehrenbürger. Dort wird nichts aus irgendwelchen Listen gelöscht, sondern die Kommunen führen tatsächlich solche Listen, die man einsehen kann und die den Vermerk enthalten, wann jemand verstorben ist.

Die AfD-Fraktion will dieses Prinzip ändern. Ich finde das nicht gut. Ich finde auch die Verbindung zu Größen aus der NS-Zeit und so, und welche naheliegenden Diskussionen man plötzlich darüber hat, nicht gut. Das will ich hier zumindest anmerken. Dazu haben Sie in Ihrer Rede erfreulicherweise nichts gesagt, aber es ist schon ein bisschen irritierend, wieso wir zu solchen Dingen kommen.

(Oliver Kirchner, AfD: Man kann es auch umgekehrt sagen, Herr Meister! - Weiterer Zuruf von Oliver Kirchner, AfD)

Ich will noch auf eine Praxisfrage eingehen. Eine Stadt wie Magdeburg hat seit etwa 200 Jahren Ehrenbürgerrechte vergeben. Die Kriterien dafür haben sich naturgemäß im Laufe der Zeit verändert. Würde man die vorgeschlagene Regelung einführen, müsste die Stadt Magdeburg, aber natürlich auch die anderen Kommunen, entscheiden, welche der dutzenden Ehrungen heute wiederaufleben sollen und welche lieber nicht.

Bei vielen der im 19. Jahrhundert Geehrten - das waren in Magdeburg ganz oft die örtlichen Festungskommandanten; schon nach ganz kurzer Zeit, nach zwei bis drei Jahren, bekamen sie eine solche Ehrung; das war damals eine gesellschaftliche Geschichte; das machte man so - würde man heute nicht auf die Idee kommen, ihnen wieder eine Ehrenbürgerschaft zu verleihen oder einen neuen Beschluss des Rates herbeizuführen; das wäre tatsächlich unsinnig.

Es ist nicht sinnvoll, mit unserem heutigen Wertekanon, mit den heutigen Auffassungen, Entscheidungen des 19. Jahrhunderts bewerten zu wollen. Das ist zumeist ausgesprochen widersinnig. Die mit dem Antrag an die Kommunen letztlich gerichtete Aufforderung, die Ehrenbürgerschaften der letzten 200 Jahre noch einmal durchzugehen, zu beurteilen und die neu zu Würdigenden herauszusuchen, ist wirklich abstrus.

(Zustimmung von Susan Sziborra-Seidlitz, GRÜNE)

Das sollte man nicht machen. Der Antrag ist abzulehnen.

(Beifall bei den GRÜNEN)