Tagesordnungspunkt 8

Beratung

Biogaserzeugung in Sachsen-Anhalt fördern

Antrag Fraktionen CDU, SPD und FDP - Drs. 8/2688

Änderungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/2706


Zu dem Tagesordnungspunkt wurde eine Fünfminutendebatte verabredet. Er gehört zu dem Prioritätenblock. Einbringen wird den Antrag Frau Abg. Kleemann. - Frau Kleemann, bitte.


Juliane Kleemann (SPD):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben in den vergangenen Monaten vor dem Hintergrund der Klimaschutzaufgaben und der Folgen des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine in fast jedem Plenum über die Themen Energie, Energiewende oder Sicherung der Energieversorgung diskutiert.

(Sandra Hietel-Heuer, CDU: Ja!)

Wir haben zuletzt im Umweltausschuss noch einmal klar und deutlich gezeigt bekommen, dass wir aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe schnellstmöglich aussteigen müssen wegen des Klimawandels und auch wegen zukünftig steigender Kosten für Importrohstoffe. Wir haben an dieser Stelle mehrfach festgestellt, dass wir die erneuerbaren Energien ausbauen müssen.

Nachrichten wie bspw. gestern oder vorgestern in der „Mitteldeutschen Zeitung“ über die Ansiedlung des Unternehmens NexWafe in Bitterfeld mit der Produktion von Wafern, Grundlage der Solarmodule, sind ein sehr wichtiges Zeichen für die Region, für unser Land und für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Es zeigt: Hierin liegt Zukunft, auch wirtschaftlich.

(Zustimmung von Holger Hövelmann, SPD)

Ein Baustein bei den Erneuerbaren, der weniger im Fokus steht, ist die Erzeugung und die Nutzung von Biogas. Biogas ist ein erneuerbarer Energieträger, der durch die Vergärung von organischen Materialien wie Biomasse und Abfallprodukten entsteht. Diese Biomasse kann z. B. aus landwirtschaftlichen Reststoffen, Lebensmittelabfällen, Grünschnitt oder Gülle gewonnen werden. Durch die Verarbeitung in Biogasanlagen können diese organischen Materialien effizient zur Energiegewinnung genutzt werden.

Ein großer Vorteil von Biogas ist seine vielseitige Verwendungsmöglichkeit zur Strom- und Wärmeversorgung, zur Einspeisung in das vorhandene Erdgasnetz oder als Kraftstoff für Fahrzeuge. Biogas ist damit ein wichtiger Baustein für eine dezentrale Energieversorgung. Biogas kann dabei als klimaneutral gelten, da bei der Verbrennung von Biogas nur so viel CO2 freigesetzt wird, wie die Ausgangsstoffe während ihres Wachstums aufgenommen haben. Ich will das hier betonen: Wir sprechen hierbei von einem echten Kreislauf, anders als bei Erdöl oder Erdgas.

Darüber hinaus bietet Biogas auch wirtschaftliche Chancen. Die Produktion von Biogas schafft Arbeitsplätze in der Landwirtschaft und im Bereich der erneuerbaren Energien. Biogas trägt also so zur Stärkung der regionalen Wirtschaft bei und mindert die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern.

Viele von uns haben selbst diverse Anlagen besucht und deren Vielfältigkeit kennengelernt. Nach einem Fachgespräch im Umweltausschuss im Februar haben wir uns als Koalition vorgenommen, uns die vorgetragenen Anliegen zu eigen zu machen. Mit diesem Antrag wollen wir den Sektor Biogas in Sachsen-Anhalt unterstützen und voranbringen.

Es soll geprüft werden, wir Betreiberinnen und Betreiber bestehender Biogasanlagen bei dem Umbau zu einer flexiblen Produktion unterstützt werden können. Das bedeutet: Produktion dann, wenn Bedarf besteht, Speicherung des Gases in Zeiten hoher Einspeisung erneuerbarer Energien anderer Erzeuger wie PV oder Wind sowie Bau und Ausbau lokaler Nahwärmenetze. Dafür gibt es im Land schon gute Beispiele.

Außerdem ist zu prüfen, wie Betreiber bei dem Umstieg auf weitere Einsatzstoffe, die in keiner Flächenkonkurrenz zur Nahrungs- und Futtermittelproduktion stehen, unterstützt werden können. Dazu zählt z. B. die Nutzung bisher ungenutzter Pflanzenbestandteile wie Bodenstängel in den Biogasanlagen. Wer im Netz einmal auf die Suche geht, der findet beeindruckende Dokumentationen über andere Versuchsanordnungen, um z. B. aus Hühnerkot Biogas zu entwickeln. Es ist also ordentlich Musik im System. Ich bin jedenfalls beeindruckt, wie kreativ Menschen sind, um dieser Stoffe in einen Kreislauf zu bringen.

Wir wollen, dass zukünftig noch mehr Biogasanlagen in Sachsen-Anhalt Bioabfälle verwerten, stärker als bisher geschieht. Hierin liegt eine gehörige Portion Potenzial, welches es zu nutzen lohnt.

Im Moment stehen in Sachsen-Anhalt vier Anlagen, die Bioabfälle verwerten: in Bernburg, Halle-Lochau, Dessau sowie Weißenfels. Aktuell werden ca. 90 000 t Bioabfall pro Jahr in Sachsen-Anhalt leider noch nach wie vor in offenen Mietenkompostierungen unter Freisetzung von CO2 und Methan in die Atmosphäre entlassen, ohne jegliche energetische Nutzung.

Spannend wird es, wenn als mögliche Ausbaustufe das CO2 aus dem Aufbereitungsprozess von Biogas zu Biomethan zukünftig verflüssigt und z. B. für industrielle Anwendungen nutzbar gemacht wird. Auch dazu gibt es tolle Projekte, im Ruhrgebiet z. B. „Spin“, die dabei sehr weit vorn sind und Beispiele zeigen, wie auch ein ehemalig anlassindustriell aufgestelltes Gebiet in der Bundesrepublik an dieser Stelle sozusagen weiterhin seine Potenziale nutzt und neue Wege geht. All das finde ich sehr ermutigend.

Ein weiterer Aspekt ist die Nutzung der Reststoffe nach der Gewinnung des Biogases. Kompost oder Flüssigdünger können der Landwirtschaft der Umgebung zur Verfügung gestellt werden und z. B. Kunstdünger substituieren. Das sollten wir nutzbar machen und damit nebenbei für eine langfristige Entsorgungssicherheit von Bioabfällen in der Region und die Sicherung der Energieerzeugung vor Ort sorgen. Das kann wiederum zu weiteren Gewerbeansiedlungen aus der Entsorgungs- und Energiewirtschaft führen und zu Gewerbesteuereinnahmen verhelfen.

(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP)

Mit dem Programm „RepowerEU“ hat die EU-Kommission zudem einen Plan vorgelegt, der unter anderem die Biomethanerzeugung bis zum Jahr 2030 auf 35 Milliarden m³ steigern soll. Schwerpunkt des Ausbaus ist dabei die nachhaltige Produktion, d. h. die Produktion von Biomethan aus organischen Abfällen und Reststoffen sowie aus Forst- und landwirtschaftlichen Rückständen. Negative Auswirkungen auf die Landnutzung und die Ernährungssicherheit sollen so vermieden werden.

Es gibt ein Land, das dabei als positives Beispiel vorangeht: Dänemark. Dänemark fördert den Ausbau der Biomethanerzeugung massiv mit dem Ziel, dass bereits im Jahr 2034  100 % des Bedarfs gedeckt werden sollen. Auch an dieses Beispiel wollen wir mit unserem Antrag andocken und schauen, wie wir die Umrüstung bestehender Biogasverstromungsanlagen auf Biomethaneinspeisung bzw. die Errichtung neuer Biomethananlagen auch im Land Sachsen-Anhalt weiter unterstützen können.

Deswegen bitten wir um Zustimmung zu unserem Antrag, der sich auch in der Erfüllung des Koalitionsvertrages sieht, bis zum Ende dieser Legislaturperiode eine CO2-Reduktion um 5 600 000 t zu erreichen. - Vielen herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Frau Kleemann. Es gibt eine Frage von Herrn Roi, wenn Sie diese zulassen.


Juliane Kleemann (SPD):

Ja.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Roi, bitte.


Daniel Roi (AfD):

Ich habe nur eine kurze Frage zu Punkt 6 in Ihrem Antrag. Zu dem Antrag selbst spreche ich gleich noch. Sie schreiben, Sie wollen das Thema Biogasanlagen in Sachsen-Anhalt im Rahmen des Zukunfts- und Klimaschutzkongresses begleiten.


Juliane Kleemann (SPD):

Ja.


Daniel Roi (AfD):

Ist Ihnen bekannt, dass der Klimaschutzkongress am 21. Juni endet und an jenem Tag die Abschlussveranstaltung stattfindet?


Juliane Kleemann (SPD):

Ja.


Daniel Roi (AfD):

Dort wird doch nicht über Biogas gesprochen.


Juliane Kleemann (SPD):

Doch.


Daniel Roi (AfD):

Mich würde jetzt interessieren - die GRÜNEN haben beantragt, den Satz herauszustreichen  :

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Ja, weil wir blickig sind!)

Was ist Ihr Plan?


Juliane Kleemann (SPD):

Auf dem Zukunftskongress ist über Biogas gesprochen worden. In der Tat ist die Formulierung unglücklich gewählt, weil sie suggeriert, dass wir noch länger in diesem Prozess sind. Gleichwohl ist es so, dass wir den Zukunfts- und Klimaschutzkongress in der bestehenden Form, wie wir ihn jetzt mit vier Tagungen hatten, am 21. Juni beschließen werden. Danach wird es in irgendeiner Art und Weise Konsequenzen geben.

Insofern haben wir das Thema Biogasanlagen auch im Rahmen des Zukunfts- und Klimaschutzkongresses besprochen. In der Arbeitsgruppe, in der ich gewesen bin, war das jedenfalls regelmäßig Thema.

(Wolfgang Aldag, GRÜNE: Ja!)